Religionsfreiheit in der Volksrepublik China

 
„Sinisierung des Christentums“ in voller Fahrt nach dem 100-jährigen Jubiläum der Kommunistischen Partei, 20. Juli 2021
 
Neu: US Religionsfreiheitsbericht beleuchtet Chinas Krieg gegen den Glauben, 30. April 2019
 
Der Tod eines katholischen Bischofs in Yong Nian, Hebei, China, 10. September 2007
 
Religious Persecution in the People's Republic of China, Speech by Dr Thomas Weyrauch to the “Conference on Religious Intolerance in China ” in the European Parliament, 28. November 2006
 
Organentnahmen in China: Geheimes chinesisches Konzentrationslager entdeckt - Bericht von David Kilgour und David Matas, 6. Juli 2006, pdf.Datei
 
Die Verletzung der religiösen Rechte in Tibet und China, 28. Juli 2006
 
China: Ein Jahr nach Einführung neuer Richtlinien werden die religiösen Rechte unverändert eingeschränkt HRW, 1. März 2006
 
Gao Rongrong vom stellv. Chef des Zwangsarbeitslagers durch Eletroschocks gequält und am 12. Jun 2005 den Folgen der Mißhandlungen erlegen, 12. Juni 2005
 
Acht römisch-katholische Untergrundpriester und zwei Seminaristen festgenommen, 16. August 2004
 
Jahresbericht 2004 der US-Kommission für Religionsfreiheit in aller Welt, 12. Mai 2004
 
Die Unterdrückung der Religion in China von Jamyang Norbu, 12. Dezember 2003

10. September 2007

Pressemitteilung der Kardinal Kung Stiftung

Der Tod eines katholischen Bischofs in Yong Nian, Hebei, China

Stamford, Connecticut, USA, 10. September 2007 - Der römisch-katholische Bischof der Diözese Yong Nian in der Provinz Hebei starb am 9. September 2007, um 23 Uhr Pekinger Zeit, am Ende seiner fast 8 Jahre langen Inhaftierung durch die chinesischen Behörden.  Mit Ausnahme einiger sehr engen Verwandten, die von der Regierung sehr plötzlich kurz vor seinem Tod an seinem Bett versammelt worden war, wußte keiner seiner Priester und andere Gläubige von einer schweren Krankheit oder von irgend einem anderen Grund, der zu seinem Tod geführt hat.  Auch wußten sie nichts davon, daß er in einem Krankenhaus starb.  Die Regierungsbehörde ordnete an, daß sein Leichnam unmittelbar danach, um 5 Uhr am nächsten Morgen, eingeäschert und daraufhin sofort auf einem öffentlichen Friedhof begraben werde.  All das lief ab innerhalb von nur sechs Stunden nach seinem Tod.  Folglich konnte der tote Bischof auch nur von sehr wenigen Verwandten gesehen werden, die Öffentlichkeit und andere Gläubige haben ihn nicht gesehen.  Beim Begräbnis der Urne war kein Priester und keine Gläubigen zugegen.  Der Bischof war 71 Jahre alt.  Seine letzten Worte bevor er in ein Koma fiel waren, daß er seine Kirchengemeinde bat, mehr Rosenkränze zu beten.

Bischof Han wurde am 17. Mai 1937 geboren, wurde von den chinesischen Behörden von 1960 - 1979 in ein Arbeitslager geschickt, war von 1979 - 1982 Schullehrer und führte von 1982 - 1986 ein Krankenhaus, während dessen er sich auf den Priesterberuf vorbereitete.  Er wurde am 21. November 1986 zum Priester geweiht und seine Bischofsweihe erhielt er am 19. Dezember 1989.

Bischof Han war 11 Mal von den chinesischen Behörden verhaftet worden, sein letzte Festnahme war am 20. November 1999 als er gerade für einige seiner Ordensschwestern Exerzitien hielt.  Nach ungefähr vier Jahren des Arrestes an verschiedenen Orten wurde er in ein Appartement gebracht, das im vierten Stock einer Polizeifamilienwohnung lag und wo er weitere zwei Jahre verbrachte.  Am 23. September 2005 wurde Bischof Han an einen geheimen Ort gebracht und blieb seit dem bis zu seinem Tod verschwunden.  Er verbrachte ungefähr 35 Jahre seines Lebens entweder in einem Arbeitslager oder in einem Gefängnis oder er stand unter Hausarrest.

Joseph Kung, der Vorsitzende der Kardinal Kung Stiftung sagte: "Wovor fürchtete sich die chinesische Regierung, daß sie Bischof Hans Leichnam nur sechs Stunden nach seinem Tod verbrannte und zu einer so frühen Stunde wie um 5 Uhr am Morgen?  Warum wurde den Priestern seiner Diözese nicht erlaubt, zusammen mit den Gläubigen die sterblichen Überreste des Bischofs zu segnen, für den heldenhaften Bischof zu beten und seinen Leichnam zu sehen?  Dies ist nicht nur unmenschlich und grausam, sondern auch verdachterregend.  Ich appelliere an den Vatikan, eine offizielle gerichtliche Untersuchung über den Tod von Bischof Han zu eröffnen."  Joseph Kung, Präsident der Kardinal Kung Stiftung

The Cardinal Kung Foundation , http://www.cardinalkungfoundation.org  


6. Juli 2006



Bericht zu den Organentnahmen von David Kilgour and David Matas

Organentnahmen in China - Geheimes chinesisches Konzentrationslager entdeckt

In China werden Falun Gong Anhänger, die in staatlichen Arbeitslagern festgehalten werden, für ihre Organe getötet. Dies bestätigt erstmal ein unabhängiger Bericht des ehemaligen kanadischen liberalen Abgeordneten David Kilgour und des kanadischen Menschenrechtsanwalts David Matas. Sie haben am 6. Juli 2006 einen 45-seitigen Bericht über den Organraub an lebenden Falun-Gong-Praktizierenden veröffentlicht. Als Täter bezeichnet der Bericht die Kommunistische Partei Chinas und deren ausführende Organe.

"Angesichts von Chinas verheerender Bilanz der Menschenrechtsverletzungen müssen wir diese Behauptungen ernst nehmen. Diese Untersuchung ist der erste Schritt, um alle Tatsachen ans Licht zu bringen", sagte David Kilgour.

"Kirche in Not"
Bericht über Religionsfreiheit in China

28. Juli 2006

Die Verletzung der religiösen Rechte in Tibet und China

Die christliche Wohltätigkeitsorganisation "Aid to the Church in Need"* veröffentlichte kürzlich einen Bericht über Religionsfreiheit in asiatischen Ländern und ging dabei auch auf den Stand der religiösen Freiheit in China und Tibet im Jahr 2005 ein. Hier folgt ein Auszug aus dem Bericht:

Tibet

Der tibetische Buddhismus wurde wie bisher auch im ganzen Jahr 2005 mittels Verhaftungen, Folter und Verurteilungen unterdrückt.

Am 21. November traf der UN-Sonderberichterstatter für Folter, Manfred Nowak, zu einem 12tägigen Besuch in China ein, um sich ein Bild von der Anwendung der Folter in den Haftanstalten zu machen. Der letzte Besuch eines UN-Sondergesandten in diesem Zusammenhang erfolgte Anfang der 90er Jahre.

Nowak besuchte eine Reihe chinesischer Gefängnisse, darunter auch in der tibetischen Hauptstadt Lhasa, sowie in Urumqi und Yining in dem nördlichen Xinjiang, wo mehrheitlich muslimische Uiguren leben.

Nowak sagte bei einer Pressekonferenz zum Ende seines Besuchs, die Anwendung der Folter sei in China weitverbreitet und Gerichtsverhandlungen würden häufig nicht auf faire Weise geführt.

Die Mehrheit der Muslime ist auf die Autonome Region Xinjiang konzentriert, und sie gehören der ethnischen Gruppe der turkstämmigen Uiguren an.

China rechtfertigt seine Gewaltakte mit dem Kampf gegen den islamischen Terrorismus. Die UN und verschiedene internationale Menschenrechtsorganisationen verurteilten indessen die Manipulation des Kampfes gegen den Terrorismus zu anderen Zwecken.

Die Verfolgung von Falun Gong nahm am 25. April 1999 ihren Anfang, als in Peking mehr als 10.000 Anhänger friedlich gegen die Verletzung ihrer Rechte protestierten. Nach Aussage von Falun Gong wurden seither mehr als 38.000 Menschen inhaftiert, gefoltert oder zu Tode gebracht.

Im April 2005 berichtete Falun Gong über zahlreiche Verhaftungen in den Provinzen Shandong, Jiangxi, Sichuan und der Inneren Mongolei.

China

Das Jahr 2005 war geprägt von Chinas Bemühungen, der internationalen Gemeinschaft weise zu machen, daß seine Haltung bezüglich der Religionsausübung völlig legal sei.

Am 1. März 2005 wurden die "Neuen Bestimmungen für religiöse Aktivitäten" verabschiedet. Dies hielt die Regierung jedoch weder von der Verhaftung von Gläubigen und religiösen Würdenträgern ab, noch von Folterungen an Mitgliedern verschiedener religiöser Gemeinschaften, der Zerstörung oder Beschlagnahme von Andachtsstätten, dem Verbot für Kinder und Jugendliche, Schulen dieser Gemeinschaften zu besuchen, oder von der Einschränkung bzw. Verhinderung von Kontakten und Besuchen ihrer Mitglieder im In- und Ausland.  

Viele religiöse Gemeinschaften, wie die orthodoxen Christen, die Bahai, die Juden und die Mormonen, warten immer noch ihre offizielle Anerkennung durch die Behörden.

Einer Statistik der Propagandaabteilung der chinesischen Kommunistischen Partei (KPC) zufolge hängen 20 der insgesamt 60 Millionen Parteimitglieder einer Religion an und 10 Millionen besuchen regelmäßig Kirchen oder Tempel.

Die KPC versucht, dem religiösen Aufschwung innerhalb ihrer Reihen mittels einer Kampagne zur Propagierung des Atheismus entgegenzuwirken, die über Radio, Fernsehen und Internet geführt wird. Zudem werden an den Universitäten Seminare zu dieser Thematik abgehalten. Des weiteren stellte die Partei 25,5 Millionen US-Dollar für die Finanzierung einer Kampagne zur Wiederbelebung und Förderung des Marxismus bereit.

Am stärksten werden die religiösen Untergrund-Gemeinden in der Region Hebei verfolgt, wo über 1,5 Millionen Katholiken leben.

Bischof Giulio Jia Zhiguo wurde 2005 in regelmäßigen Abständen von der Polizei entführt. So wurde er im Januar, im Juli und im November festgenommen und wird gegenwärtig an einem unbekannten Ort in festgehalten.

In der Zeit unmittelbar vor dem Tod von Papst Johannes Paul II. und auch danach nahmen die Sicherheitskräfte etliche Bischöfe, Priester und Laien fest, die der Untergrundkirche angehören. Hier sei insbesondere Vikarbischof Yao Liang aus Xiwanzi genannt, der am 31. März 2005 verhaftet wurde.

Die Beziehungen zum Heiligen Stuhl sind von Ungereimtheiten und Unklarheiten gekennzeichnet. Während der letzten Tage von Papst Johannes Paul II. äußerte ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums die besten Wünsche für die Gesundung des Pontifex. Dennoch entsandte die Regierung keinen Repräsentanten zu seiner Beerdigung, noch erlaubte die Patriotische Vereinigung, daß eine Delegation von ihr daran teilnehme.

In den auf die Wahl von Papst Benedikt XVI. folgenden Monaten trafen mehrere Gruppen von chinesischen Priestern und Laien in Rom ein, um dem Papst bei öffentlichen Audienzen ihre Grüße zu entbieten, allerdings stellte sich später heraus, daß die Patriotische Vereinigung nichts von diesen Begegnungen wußte.

Die nichtoffiziellen protestantischen Kirchen standen 2005 im Zentrum einer Kampagne zur Eliminierung, wozu auch die Inhaftierung ihrer Prediger gehörte. Im November besuchte der US-Präsident Bush China und nahm an einem Gottesdienst in der offiziellen protestantischen Kirche in Gangwashi teil.

*Aid to Church in Need (Kirche in Not) ist eine internationale pastorale Hilfsorganisation der Katholischen Kirche, die jährlich weltweit über 8000 Projekte finanziell unterstützt.

Cardinal Kung Foundation
Press Release
16. August 2004

Acht römisch-katholische Untergrundpriester und zwei Seminaristen festgenommen

Pressemitteilung der Kardinal Kung Stiftung

Joseph Kung, P. O. Box 8086, Stamford, CT 06905, USA
Tel: 203-329-9712 Fax: 203-329-8415 E-Mail: jmkung@aol.com
Internet: http://www.cardinalkungfoundation.org

Stamford, Connecticut, USA - Am 6. August 2004, ungefähr um 18 Uhr, wurden im Dorf Sujiazhuang, Verwaltungsbezirk Quyang, Provinz Hebei, acht römisch-katholische Untergrundpriester und zwei Seminaristen während Exerzitien festgenommen. Unter den Festgenommenen ist Pfarrer HUO Junlong, der Verwalter der Diözese Baoding in Hebei, Pfarrer Zhang Zhenquian von Baoding und Pfarrer Huang vom Dorf Sujiazhung. Die Namen der anderen Festgenommenen sind unbekannt. Ungefähr zwanzig Polizeifahrzeuge und eine große Anzahl von Sicherheitspolizisten umzingelten das Dorf Sujiazhuang und durchsuchten jedes einzelne Haus, um die Priester und Seminaristen festzunehmen. Aufgrund der entlegenen Lage des Dorfes und der Tatsache, daß die meisten Dorfbewohner während der Razzia in ihrem Hause blieben, schien niemand zu ahnen, daß die Polizei es auf die Untergrundgeistlichen abgesehen hatte. Die gesamte Operation wurde so schnell durchgeführt, daß nur wenige Dorfbewohner überhaupt noch die Namen der Festgenommenen kennen. Sie werden momentan im Sicherheitsbüro von Baoding festgehalten.

Neun der zehn festgenommenen Geistlichen gehören zur Baoding Diözese. Baoding und die benachbarten Dörfer haben eine lange Tradition von Glaubensstärke, Mut und Martyrium. Von dort kommen auch über 40 der 120 von Papst Johannes-Paul II am 1. Oktober 2000 heiliggesprochenen Märtyrerheiligen. Bischof Su Zhi-Ming, der römisch-katholische Untergrundbischof von Baoding, wurde bereits vor fast sieben Jahren, am 8. Oktober 1997, verhaftet. Er wurde nur einmal zufällig gesehen und zwar am 15. November 2003 als Patient im Baoding Hospital. Aber als er entdeckt worden war, hat man ihn ohne jegliche Spuren zu hinterlassen wieder weggebracht. Wir wissen nicht, ob er nun tot ist oder noch lebt. Bischof AN Shuxin, der Weihbischof von Baoding, war ebenfalls von der Regierung vor über acht Jahren, im März 1996, festgenommen worden. Er war auch seit dem nicht mehr gesehen worden. Wir wissen auch nichts über seinen Aufenthaltsort und die Umstände, in denen er lebt oder ob er tot ist oder noch lebt. Es sind auch noch acht andere Priester aus Baoding in Haft, die bereits früher festgenommen worden waren. Mit diesen neun nun festgenommen befinden sich also gegenwärtig mindestens 19 Untergrundgeistliche in verschiedenen Gefängnissen.

Ein Bericht über die Verfolgung der romtreuen Katholiken in der Baoding Diözese wäre unvollständig, wenn man die Öffentlichkeit nicht auch darüber informierte, daß das Marienheiligtum in Dong Lu vollständig zerstört wurde. Dong Lu ist ein winziges Dorf in der Baoding Diözese, das eine ununterbrochene Wallfahrtsgeschichte hat. Schon seit über hundert Jahren kommen jedes Jahr Pilger aus ganz China nach Dong Lu.

Vor über acht Jahren, im April 1996, kurz bevor die jährliche Wallfahrt im Mai beginnen sollte, haben 5000 chinesische Soldaten, unterstützt von Dutzenden von bewaffneten Autos und Hubschraubern, dieses kleine Dorf hermetisch abgeriegelt. Die Soldaten haben das Marienheiligtum vollkommen zerstört und die Statue der Seligen Jungfrau Maria konfisziert. Zur gleichen Zeit nahmen sie die Bischöfe Su Zhimin und An Shuxin, wie bereits erwähnt, fest. Sie haben auch den Pastor des Heiligtums verhaftet. Nach acht Jahren Gefängnis wurde er ins Exil nach Übersee geschickt.

Joseph Kung, der Präsident der Kardinal Kung Stiftung, sagte: "Während die ganze Welt sich in Ehrfurcht vor der Aufführung und vor dem Geist der Olympischen Spiele neigt, hat die chinesische Regierung, die die Olympischen Spiele 2008 ausrichten wird, den Respekt für diesen olympischen Geist vermissen lassen und hat ihre eigene Verfassung, welche die Religionsfreiheit garantiert, verletzt, indem sie dieses schuldlose religiöse Personal überfallen und festgenommen hat. Dieser Überfall in der Baoding Diözese ist ein starkes Beispiel für die Entschlossenheit der chinesischen Regierung, die römisch-katholische Untergrundkirche in China zu zerstören, wie sie es bereits in vielen internen Geheimdokumenten an die Kommunalverwaltungen übermittelt hat. Einige dieser Dokumente haben wir auf unsere Internetseite gestellt. Wir appellieren an die internationale Gemeinschaft und an das Internationale Olympische Komitee, zu überlegen, ob ein Land wie China mit einem solch bedrückenden Menschenrechtsregister die Ehre erhalten soll, die Olympiade auszurichten, wenn gleichzeitig solche Gräueltaten weitergehen."

Übersetzung aus dem Englischen von W.H. Ludwig, München

12. Mai 2004

Jahresbericht 2004 der US-Kommission für Religionsfreiheit in aller Welt

Der am 12. Mai 2004 veröffentlichte Bericht der United States Commission on International Religious Freedom (USCIRF) legt nach den verschiedenen Religionsgemeinschaften aufgegliedert die Verletzung des Rechtes auf Religionsfreiheit in der VR China dar.

Die USCIRF ist eine Kommission der US-Bundesregierung, die gemäß dem International Religious Freedom Act von 1998 (Public Law 105-292) zur Überwachung der Religionsfreiheit in anderen Ländern gebildet wurde und den Präsidenten, den Außenminister (Secretary of State) und den Kongreß beraten soll, wie sie dort am besten gefördert werden kann. Hier folgt der China betreffende Teil.

China

Die chinesische Regierung läßt nicht davon ab, das Recht auf Religionsfreiheit ausgesprochen gravierend zu verletzen. Das State Department hat festgestellt, daß die Menschenrechtssituation, worunter auch das Recht auf Religionsfreiheit fällt, sich 2003 eindeutig verschlechtert habe. Obendrein hat China seine beim amerikanisch-chinesischen Menschenrechtsdialog vom Dezember 2002 eingegangenen Versprechen nicht gehalten. Die chinesische Regierung kontrolliert, überwacht und schränkt die Religionsausübung ein - vorgeblich zum Schutz der nationalen Sicherheit oder der Stabilität und der öffentlichen Sicherheit oder Gesundheit. Die Maßnahmen der Regierung zur Einschränkung der Religion und ihrer Ausübung übertreffen aber jegliches legitime Schutzbedürfnis und eventuelle Sicherheitsinteressen und gehen weit über das hinaus, was von der internationalen Gesetzgebung zugelassen wird. Sowohl beliebte religiöse Führungspersönlichkeiten wie auch Laiengläubige werden weiterhin auf Grund ihrer religiösen Überzeugung inhaftiert, gefoltert und anderen Formen der Mißhandlung ausgesetzt. Bereits im vierten Jahr empfiehlt die Kommission, China müsse zum "country of particular concern" (einem Land, mit dem man sich besonders befassen muß) erklärt werden. Das Außenministerium ist endlich der Empfehlung der Kommission nachgekommen und hat China zu einem solchen erklärt.

Im vergangenen Jahr hat China seine Kampagne gegen "üble Kulte" und "häretische Sekten" ausgeweitet. Falun Gong und ähnliche Gruppierungen wurden 1999 von der chinesischen Regierung als "Kult" bezeichnet, womit sie tatsächlich verboten waren und die Regierung ihre brutale Verfolgung rechtfertigen konnte. Schätzungen zufolge wurden Hunderte von Falun Gong Anhängern ohne Prozeß zur Umerziehung in Arbeitslager oder psychiatrische Anstalten gesteckt. Die Anhänger von Falun Gong behaupten, daß 430 von ihnen infolge der polizeilichen Brutalität umgekommen seien. Laut Falun Gong übt die chinesische Regierung weiterhin Druck auf ausländische Geschäftsleute in China aus, damit diese Falun Gong Anhänger diskriminieren. Auch viele Angehörige von Behörden im Ausland berichten, sie seien von chinesischem Botschaftspersonal angegangen worden, sich nicht mehr für Falun Gong und seine Anhänger einzusetzen.

Die Kampagne der chinesischen Regierung gegen die "üblen Kulte" geht Berichten zufolge mittlerweile weit über Falun Gong und ähnliche Gruppen hinaus und zielt auf all diejenigen ab, die nicht einer der offiziell anerkannten Religionsgemeinschaften angehören. Das betrifft sowohl die neu etablierten als auch die schon länger bestehenden protestantischen und katholischen Kirchen, ebenso die Kirchenführer, die sich aus unterschiedlichen Gründen der Registrierung verweigern. Religiöse Würdenträger und ihre Anhänger werden wegen "kultischer Aktivitäten" verurteilt und inhaftiert.

Die chinesische Regierung hält ihre strenge Kontrolle über die Religionsausübung und die Andachtsstätten in Tibet weiter aufrecht. 2002 und 2003 wurden ein paar prominente tibetische Buddhisten aus der Haft entlassen. Dies war jedoch genauso wenig das Anzeichen für eine Änderung der chinesischen Politik der Religionskontrolle wie die wieder aufgenommenen Kontakte zu den Gesandten des Dalai Lama. Die chinesische Regierung räumt ein, daß sich über 100 tibetische Mönche und Nonnen in Haft befinden. Diese Zahl wird von mit Tibet befaßten Menschenrechtsgruppen bestätigt, die von der Folterung und Mißhandlung der Gefangenen in den Haftanstalten berichten. Im Januar 2003, als gerade die bilateralen Menschenrechtsgespräche vom Dezember 2002 ihrem Ende zugingen, wurden der tibetische Mönch Tenzin Delek Rinpoche und Lobsang Dhondup wegen ihrer angeblichen Beteiligung an einem im April 2002 in der Provinz Sichuan verübten Sprengstoffanschlag zum Tode verurteilt. Das Todesurteil von Tenzin Delek Rinpoche wurde ausgesetzt, Lobsang Dhondup wurde jedoch entgegen der höheren US-Regierungsvertretern gegenüber gemachten Zusicherung, der Fall würde dem Obersten Gerichtshof Chinas übergeben, hingerichtet. Ein anderer Mönch, der wegen Unabhängigkeitsbestrebungen zu neun Jahren Haft verurteilte Nyima Dragpa, verstarb, wie berichtet wird, im Oktober 2003 an den Folgen der ständigen Folterungen. Des weiteren verweigert die chinesische Regierung immer noch die Erfüllung der wiederholt von zahlreichen Diplomaten geäußerten Bitte, den 15-jährigen Knaben, der vom Dalai Lama als 11. Panchen Lama anerkannt wurde, zu Gesicht zu bekommen. Nach Aussagen von chinesischen Regierungsvertretern wird er "zu seiner eigenen Sicherheit" in Gewahrsam gehalten, während sie gleichzeitig behaupten, ein anderer Junge sei der wahre Panchen Lama.

In der größtenteils moslemischen Provinz Xinjiang wird die Freiheit der Religion und des Glaubens Berichten zufolge von der Regierung extrem eingeschränkt, die immer wieder behauptet, daß das, was die uighurischen Moslems Religion nennen, eng mit "separatistischen" oder "terroristischen" Aktivitäten verbunden sei. Seit dem 11. September 2001 nahm die Regierung die allgemeine Nervosität wegen des internationalen Terrorismus zum Vorwand, um erneut heftig in Xinjiang zuzuschlagen, wo uighurische Islamgelehrte und Studenten wegen "illegaler" religiöser Aktivitäten eingesperrt und "illegale religiöse Versammlungsorte" geschlossen wurden. Die Kampagne gegen die Moslems in Xinjiang intensivierte sich noch im Januar 2003, als der kommunistische Parteisekretär der Region ankündigte, das Ziel seiner Regierung sei es, "hart gegen religiöse Extremisten, Separatisten und Terroristen" vorzugehen. Die Folge davon war die Festnahme von noch viel mehr uighurischen Moslem-Geistlichen und Gemeindevorstehern. Wie es heißt, verboten die Behörden, Kinder unter 18 Jahre im Islam zu unterrichten, und sie verhängten Verbote über Minderjährige, Moscheen zu betreten. Zu den Restriktionen für Minderjährige kommt hinzu, daß die Regierung Lehrern, Universitätsprofessoren, Studenten und Parteimitgliedern untersagt, ihren Glauben offen zu praktizieren.

Die Regierung unterdrückt auch weiterhin die römisch-katholische Kirche in Zentralchina. Geistliche in den Provinzen Fujian, Zhejian, Jilin und Jiangxi wurden im vergangenen Jahr häufig schikaniert, festgenommen und hinter Gitter gesetzt. Im Juli 2003 wurden drei der katholischen Kirche angehörende Priester zu drei Jahren Arbeitslager verurteilt, nachdem sie der "Betreibung kultischer Aktivitäten" überführt worden waren. Im Oktober 2003 sollen Provinzbeamte in Hebei 12 katholische Priester und Seminaristen verhaftet haben, die gerade in Klausur waren. Mindestens 10 katholische Priester sitzen im Gefängnis, darunter auch Bischof Su Zhimin, der sich seit den 70er Jahren kontinuierlich in Strafanstalten und Gefängnissen befand oder unter strengem Hausarrest und Überwachung stand.

Die Bedingungen für nicht registrierte christliche Gruppierungen haben sich im vergangenen Jahr sogar noch verschlechtert. Dem State Department zufolge sind Mitglieder von protestantischen Hauskirchen, welche die Registrierung verweigerten, Opfer von Einschüchterung, Erpressung, Schikanen, Festnahmen und Schließung ihrer Kirchen geworden. Im letzten Jahr gab es in protestantischen Hauskirchen in den Provinzen Liaoning, Yunnan und Henan, sowie in der Autonomen Region Innere Mongolei Polizeirazzien, bei denen Gemeindeglieder festgenommen und mit Geldstrafen belegt, Pastoren verhaftet und Kirchen geschlossen wurden. Im September wurde der "Hauskirchen-Historiker" Zhang Yinan zusammen mit annähernd 100 anderen Gläubigen in Nanyang, Provinz Henan, verhaftet. Außerdem schmachtet Pastor Gong Shengliang von der nicht-registrierten South China Church, der nach der Verabschiedung des Gesetzes über "üble Kulte" 1999 zum Tode verurteilt worden war, weiterhin im Gefängnis, und ihm wird, wie berichtet, die angemessene ärztliche Behandlung vorenthalten. Viele seiner Gemeinde- und Familienglieder sind ebenfalls schwerer Delikte angeklagt und befinden sich in Haft, wo sie angeblich Folter und anderer schlechter Behandlung ausgesetzt sind.

Chinesische Behörden fahren mit dem Abriß "illegaler" religiöser Stätten fort, besonders in Gegenden, wo das Interesse an Religion im Wachsen begriffen ist und wo es schon lange Zeit Spannungen zwischen "offiziellen" und "inoffiziellen" Kirchengemeinden gibt, wie etwa in den Provinzen Hebei und Henan. Im letzten Jahr sollen Berichten zufolge ortsansässige Kader in der Provinz Zhejiang 400 Kirchen, Tempel und Schreine zerstört haben.

Die Kommission war, was China betrifft, sehr aktiv. Im März und Juli 2003 veranstaltete sie zwei Roundtable-Gespräche über Religion in China, bei denen sich Vertreter des Staates, Kongreß-Angehörige, Kongreß-Personal, Experten aus Wissenschaft und Forschung und Vertreter religiöser Gruppen und anderer NGOs trafen, um darüber zu diskutieren, welchen Beitrag die USA zur größeren Religionsfreiheit in China leisten könnten. Bei dem Workshop vom Juli standen die uighurischen Moslems im Mittelpunkt.

Im Juli kritisierte die Kommission öffentlich die vorgesehenen Zusätze zu dem Artikel 23 in der Verfassung Hongkongs, dem sogenannten Basic Law. Wird dieser Artikel rechtskräftig, untergräbt er Hongkongs Autonomie völlig, denn die Gesetze müssen dann denen des Festlandes angepaßt werden, wo ein Rechtssystem herrscht, das den systematischen Mißbrauch des Begriffes der "nationalen Sicherheit" zur Unterdrückung von politischem Dissens und religiösen Aktivitäten legalisiert. Die Kommission ist besorgt, daß durch das Inkrafttreten des Art. 23 die Menschenrechte und somit auch die Religionsfreiheit aller Bürger von Hongkong bedroht sein könnten.

Ebenfalls im Juli sprach die zweite Vorsitzende der Kommission, Felice D. Gaer, vor der Exekutiv-Kommission des Kongresses zu China über das Thema "Kann die Religion unter der neuen Führung Chinas gedeihen?"

Im Vorfeld zu dem Treffen von Präsident Bush mit dem chinesischen Premier Wen Jiabao im Dezember 2003 schrieb die Kommission an den Präsidenten und bat ihn, das Thema der Religionsfreiheit bei dem Besuch unbedingt zur Sprache zu bringen. Sowohl Präsident Bush als auch Außenminister Colin Powell nahmen bei ihren Reden und Erklärungen während dieses Besuches öffentlich auf die Religionsfreiheit Bezug.

Die von der Kommission im August und später im Dezember 2003 geplanten Reisen nach China wurden beide wegen der von der chinesischen Regierung gestellten inakzeptablen Bedingungen vertagt. Im August hatte sie darauf bestanden, daß Hongkong aus der Reiseroute der Kommission gestrichen werden müsse. Im Dezember stimmte sie zwar zu, daß die Kommission Hongkong besuchen dürfe, forderte jedoch, daß dort keine offiziellen Treffen stattfänden. Diese Bedingungen waren inakzeptabel, weil sie beide das Prinzip von "ein Land, zwei Systeme" zu verletzen schienen, welches die Autonomie Hongkongs unter chinesischer Souveränität garantiert. Im Januar 2004 reiste eine Delegation von Mitgliedern der Kommission und Begleitpersonal nach Hongkong, um sich dort mit religiösen Persönlichkeiten, Fachleuten und Menschenrechtsanwälten zu treffen. Die Kommission wird ihre Forderung nach einem Besuch der VR China weiter geltend machen.

Im März 2004 verabschiedete das Repräsentantenhaus mit überwältigender Mehrheit die Resolution „House of Representatives 530", die von dem Kongreßabgeordneten Christopher Smith initiiert worden war. Diese Resolution bittet den Vertreter der USA, bei der 60. Sitzung der UN Menschenrechtskommission eine Resolution einzubringen, in der China aufgefordert wird, alle Menschenrechtsverletzungen, wozu auch die Unterdrückung der Religion zählt, einzustellen. Sowohl in dem Kongreß-Beschluß selbst als auch in mehreren Reden während der Debatte im Repräsentantenhaus wurde erwähnt, daß die Kommission sich zweimal gezwungen sah, ihren Chinabesuch zu streichen.

 

Die Kommission führte Gespräche mit chinesischen Menschenrechtsaktivisten und religiösen Oberhäuptern der Buddhisten, Moslems, Protestanten, Katholiken und anderer spiritueller Bewegungen, auch von Falun Gong. Abgesehen von dem Vorschlag, China zu einem country of special concern zu erklären, empfahl die Kommission, der US Regierung,

  • die Bemühungen zur Förderung der religiösen Freiheit in China in den Dialog- und Kooperationszyklus mit der chinesischen Regierung auf allen Ebenen, in allen Ministerien der US-Regierung und bei allen anstehenden Tagesordnungspunkten, einschließlich der Sicherheit und des Kampfes gegen den Terrorismus, einzubeziehen;

  • die chinesische Regierung aufzufordern, ihre gegenwärtige Verfolgung religiöser und spiritueller Gruppen in ganz China einzustellen, also mit Schikanen, Überwachung, Festnahmen und Verhaftungen von Personen aufgrund der Manifestation ihrer Religion oder ihres Glaubens, mit der Inhaftierung, Folterung und Mißhandlung in Gefängnissen, Arbeitslagern, psychiatrischen Anstalten und anderen Orten der Freiheitsberaubung aufzuhören, und keine Menschen mehr zu zwingen, sich von irgendeiner religiösen Überzeugung loszusagen und sie zu verdammen;

  • die chinesische Regierung zu drängen, ihr System von Gesetzen, Prinzipien und Praktiken, welche die religiösen und spirituellen Organisationen und deren Aktivitäten unterdrücken, zu ändern und diejenigen, welche das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit und die Menschenrechte der Gläubigen verletzen, zur Verantwortung zu ziehen;

  • die chinesische Regierung zu bewegen, die Universalität des Rechts auf Religionsfreiheit und andere Menschenrechte voll und ganz zu respektieren und die Internationale Übereinkunft über Bürgerliche und Politische Rechte zu ratifizieren;

  • dafür zu sorgen, daß Chinas Menschenrechtspraktiken und die Einhaltung der von China eingegangenen internationalen Verpflichtungen durch internationale und US-Gremien kritischer überwacht werden;

  • zu verhindern, daß US Gesellschaften, die in China tätig werden, sich an Praktiken beteiligen, welche eine Verletzung der Religionsfreiheit mit sich bringen, einer solchen Vorschub leisten, oder Menschen wegen ihrer Religion oder ihres Glaubens diskriminieren;

  • der Lage der uighurischen Moslems mehr Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, indem Fragen der Religionsfreiheit und Menschenrechte bei den bilateralen Gesprächen zur Sprache gebracht werden, die Bildungsmöglichkeiten für Uighuren in den Vereinigten Staaten verbessert und die Radio-Sendungen in der uighurischen Sprache vermehrt werden;

  • sich zu bemühen, eine offizielle konsularische Vertretung der US-Regierung in Lhasa, Tibet, und in Urumqi, Xinjiang, einzurichten, um die Gewährung von Religionsfreiheit und anderer Menschenrechte besser überwachen zu können;

  • die Programme zur Förderung der Rechtsstaatlichkeit auszuweiten und regelmäßige "Dialoge" über Religion und Gesetz mit Regierungsvertretern der USA, Experten aus Wissenschaft und Forschung, den Kommissionsmitgliedern und einer entsprechenden Delegation aus China zu institutionalisieren;

  • den Meinungsaustausch zwischen verschiedenen Abteilungen der chinesischen Administration und Akademikern mit US Gelehrten, Experten, Vertretern religiöser Gemeinschaften und NGOs über die Beziehung zwischen Religion und Staat, die Rolle der Religion in der Gesellschaft, die internationalen Normen für das Recht auf Religionsfreiheit und die Bedeutung und den Nutzen der Beachtung der Menschenrechte und der Religionsfreiheit zu fördern;

  • weiterhin für den hohen Grad an Autonomie, welchen Hongkong unter chinesischer Souveränität genießt, einzutreten, indem sie

  • die chinesische Regierung auffordert, das Prinzip "ein Land, zwei Systeme" beizubehalten und den Bürgern von Hongkong und ihren gewählten Volksvertretern ein Mitspracherecht bei dem Prozeß zur Vorbereitung direkter Wahlen und dem Schutz der Menschenrechte, wozu auch die Religionsfreiheit zählt, zuzugestehen, und

  • sich der Einfügung irgendeiner Klausel der "nationalen Sicherheit" in das Basic Law (Grundgesetz) zu widersetzen, welche die international anerkannten Menschenrechte, darunter auch das Recht auf die Religionsfreiheit und die Meinungsfreiheit, unterdrücken würde.
Übersetzung aus dem Englischen nach dem von International Campaign for Tibet, 1825 Jefferson Place NW | Washington, DC | 20036 | USA
Phone: (202) 785-1515 | Fax: (202) 785-4343 E-mail: info@savetibet.org, www.savetibet.org, veröffentlichten Text.
12. Dezember 2003
Die Unterdrückung der Religion in China
von Jamyang Norbu, Quelle: World Tibet News

Jamyang Norbu ist ein bekannter im Exil lebender tibetischer Publizist. Er war lange Jahre Direktor des Amnye Machen Instituts (Tibetan Centre for Advanced Studies) in Dharamsala, Indien, und Herausgeber der Zeitschrift Lungta. Außerdem wirkte er ab 1976 in verschiedenen Funktionen für die tibetische Regierung-im-Exil. Jamyang Norbu berief 1970 den ersten tibetischen Jugendkongress ein und gehörte 10 Jahre lang dessen leitendem Ausschuß an. Von 1979-1984 stand er dem Tibetan Institute of Performing Arts vor, und von 1993 bis 1996 gab er "Mangtso" (Demokratie), die größte unabhängige tibetisch-sprachige Zeitung, heraus. Jamyang Norbu hat zahlreiche Artikel zu den Belangen Tibets und Chinas geschrieben und sich auch als Vortragsreferent einen Namen gemacht.

Bei vorliegendem Text handelt es sich um einen Auszug aus dem in Kürze erscheinenden Buch
"Buying The Dragon's Teeth:
Wie Ihr Geld zur Aufrechterhaltung eines gefährlichen autoritären Regimes in China beiträgt und auf diese Weise Arbeitsplätze, Industriebetriebe und die Freiheit in Ihrem eigenen Land untergräbt".

Inhalt
  1. Einführung
  2. Populäre indigene Religionen
  3. Tibetischer Buddhismus
  4. Katholiken
  5. Protestanten
  6. Der Islam in China
Teil 1

Einführung

Die kommunistische Partei Chinas sah schon immer in der Religion einen nicht tolerierbaren Risikofaktor, der ihr vermeintliches alleiniges Recht auf den Gehorsam und sogar auf die Ergebenheit der Bürger des Landes gefährdet. Obwohl die Religionsfreiheit in der chinesischen Verfassung festgeschrieben ist, sieht die Praxis so aus, daß jede religiöse Vereinigung einen beschwerlichen Registrierungsprozeß durchlaufen muß und selbst dann noch genauestens bei ihren Aktivitäten überwacht wird. Drucklegung und Verbreitung religiöser Schriften werden von der Regierung streng kontrolliert. Sobald eine Gruppierung in den Verdacht kommt, sich der Einmischungen und strengen Kontrolle von Seiten der chinesischen Regierung entziehen zu wollen, wird sie sofort "krimineller Aktivitäten" und "illegaler Zusammenkünfte" beschuldigt. Das hat dann unweigerlich polizeiliche Maßnahmen mit routinemäßiger körperlicher Mißhandlung, Folter, langjährige Inhaftierung der religiösen Führungspersönlichkeiten und der Praktizierenden zur Folge. Nicht selten werden Kirchen, Klöster oder Moscheen vom Staat abgerissen.

Im Anschluß an andere Berichte über dieses Thema hat Human Rights Watch Asia nun ein nützliches Handbuch veröffentlicht: "State Control of Religion" . Es gehört zur Basisliteratur für jeden, der ein grundlegendes Verständnis von den Repressionsmechanismen gewinnen will, mit denen die kommunistische Partei Chinas religiöse Anschauungen unterdrückt, kontrolliert und behindert. Informationen zu der Verfolgung der einzelnen Glaubensgemeinschaften und Sekten können über deren Unterstützergruppen bezogen werden, in erster Linie das Tibet Information Network (TIN), die Cardinal Kung Foundation, die Free Church for China, das Falun Dafa Information Center, das Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD) und das Uighur Information Centre.

Am 11. Februar 2002 veröffentlichte Freedom House in Washington, D.C. einen Bericht, in dem sieben chinesische Regierungsdokumente analysiert werden . In diesen zwischen April 1999 und Oktober 2001 erstellten geheimen Dokumenten werden die Zielsetzungen und Maßnahmen der chinesischen Sicherheitsbehörden zur Repression der Religionen auf nationaler, provinzialer und lokaler Ebene genauestens erläutert. Es sind dies unwiderlegbare Beweise, daß es sich die chinesische Regierung, und zwar auf höchster Ebene, zum Ziel gesetzt hat, jegliche Manifestation von Religiosität, die sich ihrer Kontrolle entzieht, zu unterdrücken und sich zu diesem Zweck einer entschiedenen, systematischen und harten Strafverfolgung bedient. Der gegenwärtige chinesische Staatspräsident Hu Jintao, von dem einige Beobachter Chinas meinen, daß er zu einer jüngeren, liberaleren Generation von Führern der kommunistischen Partei gehöre , billigt die Verfolgung der Real God Church, wie einem Zitat in Dokument Nr. 4 zu entnehmen ist.

"Diese Dokumente liefern den nicht abzustreitenden Beweis, daß China weiterhin entschlossen bleibt, all jene Religionen, die sich seiner Kontrolle entziehen wollen, mit Stumpf und Stiel zu beseitigen und dabei auch vor extremen Taktiken nicht zurückschreckt", kommentierte die Leiterin des Zentrums für religiöse Freiheit (Freedom House) Nina Shea. "Normale religiöse Aktivitäten werden kriminalisiert und die im Dezember gegen den Pastor der südchinesischen Kirche Gong Shengliang und mehrere seiner Mitarbeiter verhängte Todesstrafe beweist, mit welch unerbittlicher Entschlossenheit die in diesen Dokumenten skizzierten Richtlinien in die Tat umgesetzt werden."

Die Commission on International Religious Freedom (eine US-Bundesbehörde) sagte am 8. August 2003, nachdem die chinesischen Behörden "in letzter Minute unannehmbare Bedingungen gestellt hatten, ihre geplante Chinareise ab" . Ein Besuch der Arbeitsgruppe in Hongkong wurde ebenfalls von China vereitelt. Michael K. Young, der Vorsitzende der Kommission, meinte: "Überdies gibt dies Anlaß zu der Befürchtung, daß die Autonomie Hongkongs bereits wenige Jahre nach der Übergabe gefährdet sein könnte". In Anbetracht der Tatsache, daß China in der Vergangenheit die Besuche ähnlicher, vom amerikanischen Kongreß und dem Außenministerium entsandter Arbeitsgruppen für religiöse Freiheit in China gestattet hatte, könnte man diese Beschränkungen als Anzeichen für eine noch härtere Gangart in der antireligiösen Politik und ein neues Verhalten Pekings ansehen, diesbezügliche Bedenken der Außenwelt einfach zu ignorieren.

Teil 2

Populäre indigene Religionen

Die New York Times berichtete am 8. Februar 2001 über den Tod von weiteren sieben inhaftierten Mitgliedern der als illegal erklärten Religionsgemeinschaft Falun Gong, womit die Gesamtzahl der bekannten Todesfälle auf 112 ansteigt. Wie berichtet, sind vier von ihnen in Zwangsarbeitslagern gestorben und zwei weitere offensichtlich bei Zwangsernährungsmaßnahmen, um einen begonnenen Hungerstreik zu beenden, lebensgefährlich verletzt worden. Am 27. Juni 2001 berichtete Falun Gong, ungefähr 243 Anhänger ihrer Glaubensgemeinschaft seien in der Haft oder direkt nach ihrer Freilassung unter verdächtigen Umständen gestorben . Bis zum heutigen Tag wurden viele Tausende ihrer Mitglieder (unterschiedlich lange) in Haft gehalten; während mindestens zehntausend weitere langjährige Strafen in Zwangsarbeitslagern verbüßen. Man weiß nicht, wie viele weitere in die geschlossene Psychiatrie eingeliefert wurden. Schläge und Folter gehören zum Alltag der Inhaftierten und führten bereits zu vielen Todesfällen. Die massive und brutale Verfolgung von Falun Gong - die Intensität des Feldzuges zur Vernichtung der Glaubensgemeinschaft (mit landesweit durchgeführten öffentlichen Demonstrationen und Massenversammlungen), wobei auch die entlegensten Regionen ihr aktives Eintreten gegen die Sekte unter Beweis stellen mußten erinnert an die maoistischen Kampagnen in den 50er und 60er Jahren.

Mit Ausnahme von ein bis zwei äußerst entschlossenen Splittergruppen wurde Falun Gong in China seit September 2001 in den Untergrund gezwungen. Als sei das harte Vorgehen gegen die Glaubensgemeinschaft noch nicht genug, wurde zusätzlich eine ausgefeilte landesweite Propagandakampagne gestartet, um sie und ihren spirituellen Anführer Li Hongzhi erfolgreich zu dämonisieren. Gleichzeitig rühmte die Regierung sich der milden Behandlung der Falun Gong Mitglieder in "hellen und freundlichen" Umerziehungslagern. Damit sollte sichergestellt werden, daß die Bevölkerung ihre Regierung bei der Zerschlagung dieses (vom früheren Präsidenten Jiang Zemin so bezeichneten) "bösen Kults" unterstützt. Human Rights Watch sieht die Sache allerdings anders: "Hand in Hand mit der internen Propagandakampagne haben chinesische Behörden ständig folgende Menschenrechte mit Füßen getreten: das Recht auf Versammlungs-, Rede- und Religionsfreiheit sowie das Recht, nicht gefoltert und mißhandelt oder willkürlich inhaftiert zu werden; ferner das Recht auf eine ordentliche und faire Gerichtsverhandlung ".

Falun Gong ist von den in China unterdrückten indigenen Religionsgemeinschaften zwar die bekannteste, aber keineswegs die einzige. So wurde beispielsweise die Gruppe Zhong Gong ebenfalls heftig von der Polizei angegriffen, und auch ihr spiritueller Führer hat in den USA um Asyl nachgesucht. In den 80er Jahren wurde die spirituelle Bewegung Yiguan Dao (Weg der Einheit) von den Sicherheitskräften der Provinz Sichuan skrupellos zerschlagen; ihre Vorsteher wurden hingerichtet und Tausende ihrer Mitglieder in Zwangsarbeitslager gesteckt.

Teil 3

Tibetischer Buddhismus

Seit einigen Jahren waren die tibetischen Buddhisten einer extrem harten und zugleich wohl geplanten und koordinierten Kampagne zur Zerstörung ihrer Religion und Kultur ausgesetzt. Wegen des rigorosen Vorgehens der Behörden wurde sie von den Tibetern als "zweite Kulturrevolution" bezeichnet, der Dalai Lama sprach sogar von "kulturellem Völkermord". Verhaftungen, gnadenlose Schläge, Folterung von inhaftierten Mönchen und Nonnen und deren Vergewaltigung sind die Regel, gelegentlich kommt es gar zu Hinrichtungen. Darüber hinaus wird das religiöse Leben von offizieller Seite streng gemaßregelt, wozu die (von der Staatssicherheit oder den ständig in den Klöstern stationierten paramilitärischen Einheiten durchgeführten) täglichen politischen Schulungen der Mönche und Nonnen und das Verbot von Bildern des Dalai Lama gehören. Ebenso ist allen staatlichen Angestellten der Besitz von religiösen Gegenständen und das Aufstellen von Schreinen in ihren Privatwohnungen untersagt. Rigoros und in geradezu peinlicher Weise werden die religiösen Aktivitäten aller wichtigen Lamas und Äbte überwacht.

Nachdem sich im Jahr 2001 zwei von Pekings religiösen Vorzeige-Würdenträgern, nämlich der junge Karmapa und der Abt des Klosters Kumbum, Agya Rinpoche, in die Freiheit abgesetzt hatten, geriet die Kampagne kurzzeitig ins Stocken, wurde aber bald wieder aufgenommen. Im Sommer 2001 begannen die chinesischen Behörden mit der Zerschlagung des Buddhistischen Instituts Serthar im Larung Gar Tal in Osttibet (Provinz Sichuan). Zusammen mit einem umfangreichen Militär- und Polizeikontingent riegelten chinesische Behördenvertreter das Tal ab und zerstörten mehr als 1.000 Behausungen und andere Bauten. Das Institut beherbergte 6.000 -7.000 Mönche und Nonnen, dazu kamen über 1.000 chinesische Studenten und chinesische buddhistische Gelehrte - sie alle wurden des Instituts verwiesen und gezwungen, die Gegend zu verlassen. Der Gründer und Vorsteher dieser einzigartigen spirituellen Gemeinschaft, Khenpo Jigme Phuntsog, wurde in polizeilichen Gewahrsam genommen . Der Leser sollte einen Blick auf die Fotos des Instituts auf der Website des TCHRD werfen, denn sie vermitteln einen guten Eindruck von dem gewaltigen Umfang des Wiederauflebens der Religiosität an diesem Orte.

Am Sonntag, den 26. Januar 2003, bestätigte das Oberste Volksgericht der Provinz Sichuan in Chengdu die Todesurteile gegen den buddhistischen Lehrer Tenzin Delek Rinpoche und seinen Helfer und Verwandten Lobsang Dhondup . Der offiziellen chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua zufolge wurden die Angeklagten der "Sabotage an der Einheit des Landes und der Einheit unter den verschiedenen ethnischen Gruppen" sowie des "Terrorismus" für schuldig befunden. Kurz darauf wurde Lobsang Dhondup hingerichtet. Tenzin Delek Rinpoches eigentliches "Vergehen" scheint jedoch sein enormer religiöser und moralischer Einfluß auf die Bevölkerung von Lithang in Osttibet zu sein. Wang Lixiong, der chinesische Autor eines Buches über Tibet, der in den vergangenen Jahren des öfteren die Gegend von Lithang besucht hatte, meint, Tenzin Delek werde von den Bewohnern dieser Bergregion, die durch anhaltende Unterdrückung, Armut und Alkoholismus ihren Lebensmut eingebüßt hatten, deshalb so sehr verehrt, weil "er ihnen einen neuen Weg gezeigt" hat. "Er wollte ein moralisches Beispiel setzen und machte einen großen Eindruck auf die Menschen", sagte Wang, "doch die Regierung sah eine Bedrohung in ihm" .

Der noch im Knabenalter befindliche Panchen Lama ist Tibets zweithöchster religiöser Würdenträger und zugleich der jüngste politische Gefangene der Welt. Seit er 1995 im Alter von sechs Jahren von den Behörden in Gewahrsam genommen und heimlich an einen unbekannten Ort gebracht worden war, weiß niemand, wo er sich aufhält. Die britische Autorin Isabel Hilton verfaßte über dieses bizarre und tragische Geschehen ein genau recherchiertes und exzellentes Buch mit dem Titel "The Search of the Panchen Lama".

Der aktuellste Bericht aus erster Hand über die religiöse Unterdrückung in Tibet stammt von dem Korrespondenten der Washington Post Philip P. Pan, der im Laufe einer achttägigen Reise durch Tibet zahlreiche Interviews geführt hat . Hier folgen einige Auszüge aus seinem Artikel:

"Die Regierung kontrolliert die tibetischen Klöster weiterhin äußerst streng und schränkt die Anzahl der Mönche und Nonnen, die an den Zeremonien teilnehmen dürfen, ein. Religiöse Lehrveranstaltungen, in denen die Behörden einen politischen Unterton wittern, werden ebenso untersagt wie das Ablegen von Prüfungen, durch welche die Mönche in ihren Studien weiter fortschreiten könnten. Zur Leitung der Klöster wurden sogenannte "Democratic Management Committees" eingesetzt; doch die Mönche, die in diesen Komitees tätig sind, räumen ein, daß sie nicht mehr von ihren Mitbrüdern gewählt werden".

"Demokratisch ist das für uns nicht, das Komitee ", sagte Nyima Tsering, der stellvertretende Vorsteher von Lhasas größtem Heiligtum, dem Jokhang Tempel. Seiner Aussage zufolge wurde er zusammen mit sechs weiteren Mönchen von der Regierung in das Komitee berufen, nachdem man zuvor ihre patriotische Gesinnung überprüft hatte. In dem Komitee sitzen auch zwei Regierungsvertreter, die in allem das letzte Wort haben. "Jeden März ordnet die chinesische Verwaltung die Aufstellung von Arbeitseinheiten an, um sicherzustellen, daß die in ihrem Dienst Stehenden nicht etwa allen Verboten zum Trotz dennoch den Geburtstag des Dalai Lama feiern, und sie droht mit Entlassung, falls die Aufpasser einen der Angestellten bei solchem Tun erwischen. Weiterhin hat die Partei allen Regierungsbediensteten das Aufstellen von Fotos des Dalai Lama in ihren Privatwohnungen untersagt sie wollte sie sogar noch zur Entfernung von buddhistischen Statuen zwingen. Vertreter der Universität Lhasa sagten, es sei den Studenten verboten, Gebete in Tempeln zu verrichten oder an sonstigen religiösen Aktivitäten teilzunehmen. Bei Zuwiderhandlung würden sie der Hochschule verwiesen. Den Schülern von Gymnasien und Mittelschulen wird ebenfalls nahegelegt, sich von religiösen Praktiken fernzuhalten. Außerdem versucht die Regierung, der Tradition der Landbevölkerung, ihre Kinder zum Studium in die Klöster zu schicken, ein Ende zu setzen".

Teil 4

Katholiken

Bis zu einhundert Millionen Christen riskieren täglich ihr Leben in China, weil sie dem Verbot der freien Religionsausübung trotzen. Katholische Organisationen und Gemeinden, welche die geistliche Oberhoheit des Papstes anerkennen, sehen sich gezwungen, in den Untergrund zu gehen; chinesische Bischöfe, Priester und Laien werden regelmäßig verhaftet, gefoltert und schikaniert. Angehörige der Sicherheitskräfte haben sogar Morde an Priestern begangen, als Beispiel sei der Fall von Vater Yan Weiping aus der Provinz Hubei genannt. Nachdem er im Mai 1996 verhaftet worden war, wurde er in einer Straße in Peking erschlagen aufgefunden. Man weiß mit Gewißheit von mindestens zehn Bischöfen und neunzehn Priestern, die derzeit inhaftiert sind , während das Schicksal von über vierzig weiteren Kirchenleuten gänzlich ungeklärt ist. Die Behörden verweigern jegliche Auskunft über ihre Verhaftung oder ihren eventuellen Tod. Viele katholische Laien teilen ein ähnliches Schicksal mit ihren geistlichen Hirten.

Der gebrechliche 81 Jahre alte Bischof Zeng Jingmu aus der Provinz Jiangxi wurde, kaum hatte er eine dreijährige Gefängnisstrafe verbüßt, am 14. September 2000 wieder verhaftet. Er hatte bereits früher 30 Jahre lang im Gefängnis gesessen, nämlich von 1955 bis 1995. Am 11. September 2000 umstellten über 70 Sicherheitskräfte das Haus des im Untergrund lebenden und 82 Jahre alten katholischen Priesters Ye Gong Feng, der von ihnen so grausam gefoltert wurde, daß er ins Koma fiel. Nach Aussage des römisch-katholischen Bischofs von Hongkong, Joseph Zen, im Februar 2003 ist die Verfolgung der katholischen Kirche im chinesischen Kernland drastisch verschärft worden . Er fügte hinzu, die chinesischen Behörden hätten ein katholisches Priesterseminar in China geschlossen, doch hätten sie es jetzt mit einer jüngeren Priestergeneration zu tun, die wesentlich weniger gehorsam als ihre älteren Amtsbrüder sei. Am 28. Mai 2003 berichtete ein Chinaexperte in Rom, drei kürzlich eingegangenen Dokumenten zufolge habe Peking eine strengere Kontrolle der Aktivitäten der chinesischen Katholiken angeordnet .

Teil 5

Protestanten

Ebenso wie die Katholiken müssen alle protestantischen Glaubensgemeinschaften der "Three-self"-Richtlinie nachkommen, die fordert, daß sie keinerlei Unterstützung von ausländischen Missionsgesellschaften annehmen dürfen, daß sie ihre Unterschiede in Theorie, Doktrin und Liturgie aufgeben und sich einer "post-konfessionellen christlichen Kirche" anschließen müssen, die sich loyal zur kommunistischen Partei Chinas verhält. Die "Three-fix"-Richtlinie verlangt, daß alle Kongregationen an feststehenden Orten zusammenkommen, daß sie einen ständigen und professionellen Leiter haben und ihre Aktivitäten auf eine bestimmte geographische Region beschränken. Protestantische Gruppen, die nicht zur offiziellen Kirche gehören, von Laien geführt werden und durch evangelikale Missionierung Mitglieder werben, werden durch diese Regelung in ihrem Wachstum eingeschränkt und einer offiziellen Kontrolle unterworfen. Deshalb haben viele Kirchen versucht, unregistriert zu bleiben, doch sobald sie entdeckt werden, haben ihre Vorstände und Mitglieder mit Verhaftung, Schlägen und Folterung zu rechnen.

In dem Gebiet Zhoukou in Henan haben derartige nicht registrierte "Hauskirchen" sich zu vermehren begonnen, und damit einhergehend intensivierte sich auch die staatliche Verfolgung der Gläubigen. In den ersten Monaten des Jahres 1995 nahm die Polizei dort über 200 Protestanten in Gewahrsam. Ihre Führer wurden zu dreijährigen Haftstrafen verurteilt. Das evangelikale Netzwerk des Zhoukou-Gebiets besitzt auch auswärtige Verbindungen. Bei einer Razzia im November 1994 wurden 152 Kirchenführer verhaftet, viele davon waren von auswärts.

Am 18. Februar 1995 führten Angehörige der Sicherheitspolizei in der Kirche des Predigers Li Dezian aus Guangzhou eine Razzia durch. Wie berichtet wird, schlugen fünf Beamte Li mit einer Bibel ins Gesicht und auf seinen Hals und versuchten, seine Luftröhre zu treffen. Mit Stahlstangen brachen sie seine Rippen und fügten ihm Verletzungen am Rücken und an den Beinen zu. Als er bereits am Boden lag, sprangen sie auf seinen geschundenen Körper und versetzten ihm Fußtritte, bis er Blut erbrach. Alle in der Kirche Anwesenden - etwa einhundert Gläubige - wurden weggeschleppt.

Auch aus anderen Provinzen wie Shenyang, Xi'an, Fuzhou, Guilin, Tianjin und einigen Gegenden in Sichuan, sowie aus der Sonderwirtschaftszone Shenzhen in Südchina berichtete Human Rights Watch Asia über Razzien, Geldstrafen und Inhaftierungen.

Im Dezember 2001 wurden zwei Vorstandsmitglieder einer chinesischen christlichen Sekte zum Tode verurteilt. Es handelt sich hierbei um die ersten nach dem 1999 verabschiedeten "Anti-Kult-Gesetz" vorgenommenen Exekutionen . Den Informationen des Center for Human Rights and Democracy in Hongkong zufolge wurden Gong Shengliang, der Gründer der nicht-autorisierten South China Church, und seine Nichte Li Ying in der Provinz Hubei in Zentralchina unter anderem wegen "Rowdytum und Vergewaltigung" zum Tode verurteilt. Nach weltweiten Protesten wurde ihre Strafe am 10. Oktober 2002 in lebenslänglich umgewandelt. In einem Bericht über diesen Fall kam die New York Times zu folgendem Schluß: "Nach Ansicht von Diplomaten wollen die chinesischen Behörden die internationale Kritik im Hinblick auf das für diesen Monat in den USA geplante Gipfeltreffen zwischen Jiang Zemin und Bush entschärfen" .

Kürzlich wurde der Hongkonger Bürger Li Guangqiang verhaftet, weil er für eine verbotene evangelikale Gruppe mit Textkommentaren versehene Bibeln nach China geschmuggelt hatte. Er wurde unter der äußerst ernsten Anklage des Versuchs, "mit Hilfe eines religiösen Kultes die Regierung zu stürzen", hinter Gitter gesetzt. Das hätte die Todesstrafe für ihn bedeuten können. Im Hinblick auf eine "positive Atmosphäre" für den Peking-Besuch von Präsident Bush am 21. Februar 2002 wurde Li jedoch lediglich zu zwei Jahren Haft verurteilt . Zwei andere Gläubige, Wang Xuexiao und Liu Xishu, die in der Provinz Anhui unter ähnlich schwerer Anklage standen, wurden dem Center for Human Rights and Democracy in Hongkong zufolge mit drastischen Strafen belegt.

Viele andere einheimische protestantische Sekten wie die "Rufer" , die "Jünger", die Ling Ling Religion, die Holistische Sekte und die Beiliwang-Sekten wurden als illegal erklärt, und die Behörden drohten, sie würden sie alle "zur Strecke bringen und streng bestrafen".

Teil 6

Der Islam in China

Die Zahl der Muslime in China wird auf 17 Millionen angesetzt, ihre tatsächliche Anzahl liegt jedoch vermutlich um 50% darüber. Mit etwa 8,6 Millionen sind die Hui, die auch ethnisch und linguistisch gesehen Chinesen sind, die größte offiziell anerkannte muslimische Gruppierung. Gemeinden der Hui-Minderheit findet man überall in China, denn sie haben kein traditionelles Siedlungsgebiet.

Die Uiguren sind die wichtigste Gruppe unter den turk-stämmigen Muslimen. Mit mehr als 7,2 Millionen bilden sie die vorherrschende Bevölkerungsgruppe in Xinjiang, das eine Gesamtbevölkerung von ungefähr 15 Millionen hat. Die Beziehungen der Hui und der Turk-Muslime zu den Han-Chinesen sind unterschiedlich, auch sind die beiden Volksgruppen keine natürlichen Verbündeten. Erstere werden häufig als "chinesische Muslime" bezeichnet und stehen dem Mainstream der breiten chinesischen Bevölkerung kulturell näher. Die Hui besitzen keine eigentliche Verbindung zu den turk-stämmigen islamischen Gruppen, sie übten in der Vergangenheit jedoch häufig eine gewisse Brückenfunktion zwischen diesen und Peking aus. Trotzdem haben auch die Hui unter der Diskriminierung durch die Han-Chinesen zu leiden, und bei zahlreichen Gelegenheiten haben sie ihr Verlangen nach größerer kultureller und religiöser Freiheit zum Ausdruck gebracht.

In Xinjiang ist der Islam untrennbar mit der dortigen kulturellen und nationalen Identität verbunden, worin die Chinesen eine besondere Bedrohung ihres Herrschaftsanspruchs sehen. Deshalb wurden Moscheen und religiöse Schulen, die als Brutstätten der Regierungsfeindlichkeit gelten, regelmäßig geschlossen und religiöse Aktivisten inhaftiert und schikaniert. Während der Kulturrevolution (1966-1976) wurden in Xinjiang, wie auch überall sonst in China, viele Moscheen zerstört oder geschlossen, altehrwürdige religiöse Stätten entweiht und die geistlichen Würdenträger inhaftiert oder exekutiert. In den achtziger Jahren besserte sich die Lage etwas. Nach Dr. Paul George, einem kanadischen Forscher auf dem Gebiet der internationalen Sicherheit und Entwicklung, "wurden Moscheen neu erbaut oder wieder eröffnet, auch wurde ein gewisser Austausch zwischen den chinesischen Muslimen und den islamischen Gesellschaften außerhalb Chinas gestattet. Der Anteil von chinesischen Muslimen an den jährlichen Hadsch-Wallfahrten nach Mekka wuchs ab Mitte der 80er Jahre stetig, was dazu führte, daß viele gewöhnliche Leute sich mit dem internationalen islamischen Gedankengut und den politischen Entwicklungen auseinandersetzen konnten. Gleichzeitig wurde ausländischen Muslimen der Besuch von islamischen Stätten in China erlaubt; was die Aufmerksamkeit für die weltweite muslimische Glaubensgemeinschaft erhöhte" .

In den frühen 90er Jahren wurden jedoch die Mittel für den Bau und die Renovierung von Moscheen erheblich gekürzt, die öffentliche Übertragung von Predigten außerhalb von Moscheen wurde ebenso verboten wie der Religionsunterricht, religiöses Material durfte nur noch vom staatlichen Amt für Religionsangelegenheiten veröffentlicht werden, religiöse Aktivisten wurden aus staatlichen Stellen entfernt und die Hadsch-Pilgerfahrten wurden streng kontrolliert, wobei die Teilnehmer über 50 Jahre alt sein mußten .

Die alte arabische Schrift, die in dieser Region mehr als tausend Jahre lang verwendet war, wurde jetzt von der chinesischen abgelöst. Tausende traditioneller historischer Bücher wurden vernichtet. Mitglieder der Uyghur American Association bezeugten vor der China-Kommission des US-Kongresses, daß an der Universität Xinjiang selbst der Gebrauch der uigurischen Sprache untersagt wurde .

Die ersten ernsthaften Ausbrüche von Gewalt gegenüber den chinesischen Behörden sind auf die Einführung dieser restriktiven Maßnahmen zurückzuführen und spiegeln Wut und Frustration der uigurischen Volksgemeinschaft über Pekings Wendung um hundertachtzig Grad bei der Gewährung größerer religiöser Freiheit wider.

"Zwar sind sich die Muslime von Xinjiang in den letzten Jahren ihrer ethnischen und religiösen Wurzeln immer mehr bewußt geworden, doch kann dies nicht mit den Anfängen eines islamischen Fundamentalismus gleichgesetzt werden", meint Dr. Paul George. "Abgesehen von wenigen Ausnahmen kann man die Uiguren überhaupt nicht als Fundamentalisten bezeichnen. Eine organisierte, tödliche Kombination von Religion und Gewalt, die in der islamischen Welt von Algerien bis Afghanistan zu beobachten ist, ist in Xinjiang bis jetzt noch nicht in Erscheinung getreten "

Man weiß von einigen wenigen Muslimen aus Xinjinag, die mit den Mujaheddin in Afghanistan und später auch mit den Taliban gekämpft haben. Doch beteuern die uigurischen Volksführer im Exil, daß es sich bei der East Turkestan Islamic Movement (Islamische Bewegung von Ostturkestan), die von den Vereinigten Staaten unlängst der Liste der terroristischen Organisationen hinzugefügt wurde, um eine obskure Gruppierung handle, von der die meisten Uiguren gar nichts wissen. Die weltweiten politischen Auswirkungen dieser Entscheidung auf die uigurische Freiheitsbewegung und auch auf die (sich ständig verschlechternde) Menschenrechtssituation in Ostturkestan sind katastrophal. Der Sprecher der Uighur Information Agency in Washington D.C. erklärte, auf diese Weise würde "Chinas aggressives Vorgehen gegen jedwede Form des Protestes von Uiguren, egal, wie gewaltlos und friedlich dieser auch sein möge, legitimiert".

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