Februar 1999
Human Rights Update
Februar 1999
Inhalt:
  1. Inhaftiert und gefoltert wegen Wahrnehmung der Rechte
  2. Tod eines ehemaligen politischen Häftlings
  3. Verletzte Nonne identifiziert, Tod einer anderen bestätigt
  4. Zwangsdarlehen
  5. Portrait eines politischen Gefangenen: Vierzehn Jahre Gefangenschaft auf Verdacht
  6. Zeugnis einer ehemaligen politischen Gefangenen
  7. Umerziehung fortgesetzt
  8. Pressekontrolle
  9. 15 Jahre Urteil wegen Ausübung der Menschenrechte
  10. Touristen, die Tibet besuchten, berichten

Inhaftiert und gefoltert wegen Wahrnehmung der Rechte

Mönche aus dem Kloster Nalanda setzten seit den frühen 90er Jahren aktiv für die Unabhängigkeit Tibets ein. Viele von ihnen verbrachten beträchtliche Zeit im Gefängnis. Einer verbüßt eine Strafe von 12 Jahren, und doch bleibt ihr Widerstandsgeist ungebrochen. Lhakpa Wangyal, ein ehemaliger Mönch des Klosters Nalanda, gab eine Darstellung der Aktivitäten und folgenden Festnahm und Inhaftierung der Mönche aus Nalanda. Sein Bericht bezeugt die Verletzung der Menschenrechte durch die chinesischen Behörden.

1992, am 15. Tag des vierten Monats des tibetischen Kalenders, klebte Lhakpa Wangyal anläßlich der großen Pilgerfahrt zu dem heiligen Tongtse Berg an drei verschiedenen Stellen entlang des Umrundungswegs Plakate an, auf denen "Tibet gehört den Tibetern", "Hört auf Tibet zu China zu machen und den Buddhismus einen blinden Glauben zu schelten", "Erhebt euch für die Unabhängigkeit Tibets". In den folgenden Jahren hängten sie noch mehr solcher Poster auf. Bis 1995 hatten sie über 600 Pamphleten an verschiedenen Orten verteilt, darunter im Kreis Lhundrup, im Nonnenkloster Sher Gonpa und am Barkhor.

Am 22. Februar 1995 verbarg der Mönch Nyima Kelsang aus dem Kloster Nalanda eine tibetische Flagge auf seiner Brust und machte sich zum Kreis Lhundrup auf den Weg. Polizisten wurden auf die Flagge aufmerksam und nahmen ich fest und inhaftierten ihn in ihrem Haftzentrum. Am nächsten Tagen kamen drei Mönche Sonam, Migmar und Sonam Dhondup, um Nyima Kelsang in dem Haftzentrum zu besuchen. Die Beamten verhafteten nun auch den 26jährigen aus der Gemeinde Phentsa des Kreises Phenpo Lhundrup stammenden Sonam Dhondup. Penpa und Migmar mußten alleine in ihr Kloster zurückkehren.

Am Abend desselben Tages kamen jedoch 70 Kader des PSB und Milizionäre der PAP in das Kloster. Sie durchsuchten Sonam Dhondups Zimmer und fanden ein Poster, auf dem "Chinesen raus aus Tibet" stand. Nun befahlen sie den Zimmergenossen von Sonam Dhondup alle derartigen Dokumente zu bringen. Während dessen wurde einer der Mönche schwer geschlagen. Die anderen Mönche erzürnten sich und begannen aus Protest Steine auf die Staatsdiener zu werfen. Zur Vergeltung setzten die Beamten Tränengas ein und schossen auf die protestierenden Mönche. Einige Minuten lang konnten diese wegen des Tränengases ihre Augen nicht öffnen. Später kehrte die Polizeieinheit zu ihrem Kreisbüro zurück.

Am 28. Februar 1995 kamen wieder PAP und PSB Kräfte in drei Militärlastwagen mit einem chinesischen Arbeitsteam ins Kloster. Die PAP-Milizionäre umstellten das Kloster und riefen alle Mönche zu einem Meeting zusammen und gaben bekannt, daß noch am selben Tag der Umerziehungsunterricht beginnen werde. Die Mönche wurden in Gruppen zu je zehn eingeteilt. Für jede Gruppe wurde ein Leiter bestimmt und die Kampagne begann. Bis zum Abend waren acht Mönche, darunter auch Penpa (34), der Gesangsmeister festgenommen und in das PSB-Haftzentrum gebracht worden. In Penpas Zimmer hatten die Offiziellen nämlich eine tibetische Nationalflagge entdeckt.

Am 5. März 1995 wurden sechs weitere Mönche des Besitzes einer tibetischen Flagge, des Verteilens von Flugblättern und der Opposition gegen das Arbeitsteam beschuldigt und festgenommen. Zuerst kamen sie in das Kreishaftzentrum, wo man sie einen Tag behielt, dann wurden sie in das Seitru Gefängnis verlegt. Auf dem Weg dorthin wurden ihnen die Hände auf dem Rücken gefesselt und sie wurden von den Polizisten gestoßen. Als Penpa darum bat, daß seine Handschellen etwas gelockert würden, erhielt er als Antwort einen Schlag ins Genick, der ihn fast bewußtlos machte. Die Mönche waren 4 Monate lang in Haft, die ersten drei davon waren sie in separaten Zellen untergebracht.

Im Juli 1995 verurteilte das Mittlere Volksgericht von Lhasa Sonam Dhondrup zu 12 Jahren Gefängnis und Aberkennung der politischen Rechte für weitere fünf Jahre. Tashi Loyak wurde zu 5 Jahren verurteilt und die politischen Rechte wurde ihm für 2 Jahre entzogen. Tsewang Sonam erhielt vier Jahre Gefängnis und Aberkennung der politischen Rechte für 2 Jahre, während Penpa zu drei Jahren mit Entzug der politischen Rechte für ein Jahr verurteilt wurde. Nach wenigen Tagen wurden die Mönche in die 5. Einheit des Drapchi Gefängnisses verlegt. Dort mußten sie den üblichen Drill absolvieren und die Gefängnisregeln studieren. Gelegentlich mußten sie diese auch auswendig hersagen. Ein jeder, der dies nicht tun konnte, wurde gefoltert. Penpa wurde 1996 Zeuge des Tods eines Mitgefangenen, Sangay Tenphel. Er starb infolge der schlechten Bedingungen und der brutalen Folterung durch die Gefängniswachen.

Penpa wurde schließlich am 22. Februar 1998 nach Verbüßung seiner Strafe entlassen. Da er nicht mehr in sein Kloster zurückkehren durfte, blieb er zu Hause und bestellte den Acker. Er stand unter strenger Überwachung und seine Bewegungsfreiheit war eingeschränkt. Da er unter diesen Umständen nicht mehr weiterleben wollte, verließ er Tibet am 23. November 1998 und erreichte Dharamsala am 14. Januar 1999. Seit Beginn der patriotischen Umerziehung wurden 32 Mönche inhaftiert, und einige von ihnen schmachten immer noch in drei Haftanstalten, während 70 Mönche aus dem Kloster ausgestoßen wurden.

Lhapkpa Wangyal ist ein 31jähriger ehemaliger Mönch des Klosters Nalanda im Kreis Phenpo. Er kommt aus einer achtköpfigen Familie aus dem Dorf Phayak, Gemeinde Drokey. Lhakpa kam mit 8 Jahren zur Dorfschule (mangtsuk). Nach wenigen Monaten verließ er diese jedoch wieder wegen familiärer Probleme. Er blieb dann bei seinen Eltern, bis er 18 Jahre alt war und ins Kloster Nalanda eintrat. Zu dieser Zeit waren dort etwa 80 bis 90 Mönche. Ihre Zahl nahm stetig zu, bis sie 1995 etwa auf 180 gestiegen war. Gegenwärtig gibt es dort nur etwa 70. Viele wurden ausgestoßen oder wegen politischer Tätigkeiten inhaftiert.

Tod eines ehemaligen politischen Häftlings

Tenpa Phulchung, ein ehemaliger politischer Gefangener, starb nach längerer Krankheit am 29. November 1998 im Alter von 63 Jahren.

Tenpa war Buchhalter bei einer Schneider-Kooperative in Lhasa. Am 15. Dezember 1987 wurde er festgenommen und zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt, weil er angeblich Free-Tibet-Plakate bei sich zu Hause aufbewahrt hätte. Nach dem Urteilsspruch kam er in die fünfte Abteilung von Drapchi.

Am 31. März 1991 hatten zwei Drapchi-Insassen versucht, dem zu Besuch weilenden US-Botschafter James Lilley einen Brief zu übergeben, der eine Klage über die schlechten Gefängnisbedingungen in Drapchi enthielt. Beide wurden sofort in finstere Isolationszellen gesperrt. Am 27. April protestierten Mitgefangene, darunter auch Tenpa Phulchung, gegen die fortsetzte Isolierung der beiden. Als Reaktion hierauf wurden die beiden Häftlinge, Tenpa Phulchung und ein vierter Gefangener an ihren Händen zusammengekettet und in das Sangyip Gefängnis überführt.

Am folgenden Tag wurden alle vier Häftlinge, die noch die Handschellen trugen, in das Powo Tramo Arbeitslager gebracht und dort in der Abteilung Damchu eingesperrt. Manchen Berichten zufolge wurde Tenpa Phulchung so schwere Zwangsarbeit aufgebürdet, daß er immer schwächer wurde.

Am 15. Dezember 1994 wurde Tenpa nach Verbüßung seiner Strafe entlassen. Am 29. November 1998 starb er nach längerem Siechtum. Der größte Teil seines Lebens war dem Kampf um die Befreiung Tibets gewidmet.

Verletzte Nonne identifiziert, Tod einer anderen bestätigt

Am 1. und 4. Mai 1998 kam es zu einem friedlichen Protest der Insassen im Drapchi Gefängnis. Die seitdem zu uns gedrungenen Informationen lassen auf den Tod von 11 Personen schließen. Doch war es bisher nicht möglich, eine vollständige Liste der Verletzten aufzustellen. Einem neuen Bericht zufolge konnte eine Nonne unter den Verletzten identifiziert werden, außerdem wurde der Tod von Lobsang Wangmo wurde von Personen, die kürzlich aus Tibet kamen, bestätigt.

Ngawang Zeden (Laienname Nyichung) aus dem Kloster Parto war eine der Nonnen, die bei dem Protest verletzt wurden, als die Aufseher das Feuer auf die Protestierenden eröffneten. Ngawang machte sowohl bei dem Protest am 1. als auch am 4. Mai mit, der zum Tod von 11 Gefangenen führte. Sie wird gegenwärtig im Armeespital in der Nähe des Klosters Sera behandelt, soll sich aber noch in kritischem Zustand befinden.

Ngawang nahm zuerst am 15. Februar 1995 an einer Demonstration zusammen mit Lobsang Wangmo, einer Nonne des Klosters Dorte Nenye in Lhasa und noch einiger Nonnen aus Lhasa teil. Lobsang Wangmo, eine 25jährige Nonne aus Phenpo Lhundup, zählt zu den Opfern bei der Niederschlagung der Proteste.

Nach ihrer Festnahme 1995 wegen ihrer Beteiligung an einer Demonstration wurden sie sofort von den PSB-Beamten in Gewahrsam genommen. Ngawang wurde zu 5 Jahren Gefängnis und Lobsang zu 4 Jahren verurteilt. Beide kamen sie nach Drapchi, so daß sie zur Zeit der Proteste noch einsaßen. Ngawang hat eine Schwester aus Michungri, die drei Jahre wegen Beteiligung an einem Protest 1995 eingesperrt war. Auch die Mutter wird wegen der politischen Aktivitäten ihrer Töchter schwer von den Behörden schikaniert.

Zwangsdarlehen

Ein Neuankömmling aus dem Ort Rongshar in Kreis Tingri berichtete von den immer größer werdenden Schwierigkeiten der Tibeter seiner Gegend, ihr Leben zu fristen. Phuntsok kommt aus einer Familie von 6 Personen und sein Einkommen reichte einfach nicht mehr aus. Die jährliche Ernte von 30-40 khel (1 khel = 14 kg) Gerste reicht nach Abzug der hohen Steuern nicht mehr zur Ernährung der Familie. Er muß regelmäßig Geld von anderen Leuten ausleihen, um Getreide kaufen zu können. Von den 30 Familien seines Dorfes sahen sich schließlich 28 gezwungen, Geld von der Kreisbehörde zum Kauf von Gerste zu borgen.

Im Herbst 1997 kündigte die Regierung ein zinsfreies Darlehensprogramm für die Bauern und Nomaden von Rongshar an. Die Behörden gaben allen Familien Anleihen von 1.000 bis 3.000 Yuan. Viele Leute profitierten von diesem Schema. Im November 1998 ließen die Behörden plötzlich verlauten, daß sie für die Anleihen von 1997 Zinsen erheben würden, und zwar 30%. Das war ein Schock für die armen Menschen, und keiner war von diesen Zinseintreibungen ausgenommen. Der Zins wurde zwangsweise von allen, die von dem Schema profitiert hatten, eingezogen. Bis November mußten die Zinsen vollständig entrichtet werden. Viele Bauern mußten daher ihr Vieh verkaufen und in einigen Fällen sogar das Material ihrer Dächer, um die Zinsen zu zahlen. Phuntsog floh zusammen mit 16 anderen Personen desselben Dorfes nach Nepal.

Portrait eines politischen Gefangenen: Vierzehn Jahre Gefangenschaft auf Verdacht

Viele Tibeter werden ohne irgendwelche formellen Anklagen verhaftet. Oft werden sie lange Zeit in den Haftzentren ohne gesetzliche Vertretung oder regulären Prozeß festgehalten. Jene, die Indien besucht haben und zurückkehren, sind der Gefahr, verhaftet zu werden, noch mehr ausgesetzt. Die folgende Geschichte steht für solch einen Fall.

Der 30-jährige Phuntsok Wangdu stammt aus Taktse, Bezirk Lhasa. Er war ehemals Mönch in Kloster Gaden. Als Kind befand er sich in der Obhut seiner Großmutter. 2 Jahre ging er zur Mangtsuk Schule, dann half er seinen Eltern zuhause. Mit 14 Jahren trat er in das Gaden Kloster ein. 1990, als dort eine Umerziehung stattfand, wurden 18 Mönche, darunter auch Phuntsok ausgewiesen. Sie hatten den Kadern des Arbeitsteams widersprochen und sie erzürnt. Sie weigerten sich, umerzogen zu werden. Am selben Tag wurden sie in das Kreisverwaltungsamt von Taktse gebracht und dann in ihre jeweiligen Dörfer geschickt. Den Dorfvorstehern wurde Anweisung gegeben, sie nicht frei herumreisen zu lassen. Im Oktober desselben Jahres floh Phuntsok nach Indien, wo er der Buddhistischen Dialektik-Schule in Dharamsala beitrat. In den Winterferien 1993 kehrte Phuntsok nach Tibet zurück, um seine 90jährige Großmutter, an der er sehr hing, zu sehen.

Am 17. Juni 1993 verhafteten PSB Offiziere Phuntsok aus Verdacht und inhaftierten ihn im Sangyip Gefängnis. Kein Grund für seine Verhaftung wurde angegeben. Im Gefängnis wurde er schwer geschlagen und dort 6 Monate ohne Prozeß festgehalten. Danach wurde er entlassen, aber seine Freizügigkeit wurde eingeschränkt. Etwa 3 Jahre lang bleib er in Lhasa. Dann wurde er am Vorabend des tibetischen Neujahres 1997 in seinem Haus zusammen mit seinem Bruder und 19jährigen Vetter verhaftet. Die 3 Männer wurden in die Gutsa Haftanstalt gebracht, wo sie brutal geschlagen wurden. Phuntsoks Füße und Arme wurden in Schellen gelegt. Im Mai 1997 wurde er in ein Polizeirevier westlich von Lhasa gebracht und eineinhalb Monate lang verhört. Er mußte Verbrechen gestehen, die er nie begangen hatte. Im Juli 1997 wurde er in die Gutsa Haftanstalt verlegt. Dort wurde er weiter verhört. Wegen des Verdachts, andere zu politischen Aktivitäten aufzustacheln, wurde er schließlich der "Spionage" angeklagt und im Juni 1998 zu 14 Jahren verurteilt. Sein Bruder und Vetter wurden für schuldig befunden, "einer Clique von Spaltern Beistand zu leisten" und zu 3 Jahren verurteilt. Beide Männer wurden in das Drapchi Gefängnis verlegt. Phuntsok wird weiterhin in Gutsa festgehalten, wo er mit der Begründung, daß er überhaupt nichts verbrochen hatte, um eine Revision an die chinesische Regierung appelliert haben soll. Es gibt keine Hinweise, ob seine Berufung angenommen wurde. Inoffiziellen Berichten zufolge soll er in letzter Zeit emotional instabil sein und ein sonderbares Benehmen an den Tag legen.

Zeugnis einer ehemaligen politischen Gefangenen

Chungdak, 42, eine frühere politische Gefangene, traf im Februar 1999 in Dharamsala ein. Nach 7 Jahren Gefangenschaft war sie 1995 aus dem Drapchi Gefängnis entlassen worden. Ende der 80er Jahre, als die Unabhängigkeitsproteste in Lhasa begannen, war sie politisch aktiv. Sie war Kauffrau in einer der Kooperativläden in der Kyire Straße am Barkhor. Erstmals nahm sie im September 1987 an einer Demonstration, die von 21 Mönchen aus Drepung angeführt wurde, teil, der ersten ihrer Art seit 1959. Bei einer zweiten größeren Demonstration im Oktober 1987 war Chungdak wieder dabei. Sie wurde von dem PSB von Kyire einbestellt und über ihre Aktivität befragt; nachdem sie ihre Teilnahme gestanden hatten, wurde sie wieder entlassen.

Ein Jahr später, im Dezember 1988, fand am Menschenrechtstag ein weiterer Protest statt, an dem Chungdak wieder teilnahm. Gewaltsam unterdrückte die PAP den Protest, wobei Demonstranten erschossen wurden. Andere wurden verhaftet, aber Chungdak konnte entkommen. Unerschrocken setzte sie ihren Kampf am 5. März 1989 fort, was mit ihrer Gefangennahme endete. In dieser Zeit, als die Chinesen das Kriegsrecht verhängten, wurden unzählige Personen festgenommen. Chungdaks Haus wurde durchsucht, und 8 Tage später wurde sie in die Gutsa Haftanstalt gebracht, wo die schrecklichen Verhöre begannen. Einen Monat lang war sie in Handschellen und wurde wegen der anderen Teilnehmer an den Protesten ausgefragt. Die ganze Zeit wurde sie mißhandelt.

Im Oktober 1989 wurde Chungdak von dem Mittleren Volksgericht hinter verschlossenen Türen der Prozeß gemacht. Anscheinend ärgerte sie die Richter, weil sie ihren eigenen Ansichten freien Lauf ließ und während der Verhandlung Parolen rief. Sie wurde zu 7 Jahren Haft und 2 Jahren Verlust der Bürgerrechte verurteilt. Einen Monat später wurde sie nach Drapchi verlegt. Auch dort blieb sie politisch aktiv. 1992 protestierte sie mit den politischen Gefangenen der 3. Abteilung. Die Frauen hatten sich geweigert, die Gefängnisuniform am Tag des tibetischen Neujahres zu tragen und wurden alle geschlagen, weil sie die Gefängnisregel übertreten hatten. Dabei wurde Chungdak mit einem Elektrostab auf das Gesicht getroffen. Sie kam für eine Woche nach Outridu, wo sie in Handschellen gelegt und wieder geschlagen wurde. Politische Gefangene werden oft nach solchen Vorfällen von den anderen getrennt. Weil sie sich weigerte, ein sozialistisches Lied im Gefängnis zu singen, wurde sie für einen Monat in Einzelhaft gesteckt.

Schließlich wurde sie im März 1995 entlassen, auf internationalen Druck hin bereits ein früher, nach 6 Jahren. Drei Jahre lang arbeitete sie dann in einem Laden in Lhasa, wurde aber ständig von dem PSB und der Sicherheitspolizei belästigt. Diese Leute kamen oft in ihr Haus und fragten sie aus. Wie viele andere politische Gefangene wurde sie bei jeder Gelegenheit in Verdacht gezogen. Daher beschloß Chungdak schließlich, aus Lhasa zu fliehen. Sie zahle 20.000 NRs. an einen Schleuser, der sie nach Nepal brachte. Sie verließ Lhasa am 14. Januar 1999.

Umerziehung fortgesetzt

Nonnen aus dem Rating Samtenling Kloster in Kreis Phenpo werden seit Juli 1998 der Umerziehung unterworfen, wie das TCRHD gerade von einer ehemaligen Nonne aus diesem Kloster erfuhr. Über 80 Nonnen seien davon betroffen worden. Entweder müssen sie die Einschränkungen auf sich nehmen oder das Kloster verlassen. Als die Kader im Kloster anwesend waren, durchsuchten sie die Zelle aller Nonnen und verlangten, daß sie politische Gelöbnisse unterschrieben, wie Kritik am Dalai Lama und Anerkennung, daß Tibet ein Teil des "Mutterlandes" China sei, und sich an die Verordnungen hielten. Alle Nonnen weigerten sich heftig, den Dalai Lama zu verunglimpfen, aber äußerten sich nicht direkt zur tibetischen Unabhängigkeit. Die Kader schalten sie und sagten, sie hätten keine Ahnung von dem chinesischen Gesetz. Den Nonnen wurde nur eingeschränkt der Kontakt zu ihren Familien erlaubt und sie durften nicht mehr nach Hause gehen. Weil die Nonnen die Verpflichtung nicht unterschrieben, wurden die Klassen der Umerzieher um 2 Monate verlängert, während derer die Arbeit intensiviert wurde. Auch Verwandte der Nonnen wurden durchsucht. Als Folge wurde 80 Nonnen, die nicht willfährig waren, verboten, religiöse Zeremonien zu besuchen und Riten für Außenstehende durchzuführen. 14 Nonnen wurden sofort hinausgeworfen, und nun sind nur noch 105 in dem Kloster. Rating Samtenling ist das größte von Tsongkhapa Chenpo, dem Gründer der Gelugpa Tradition, gegründete Frauenkloster.

Pressekontrolle

Eine ehemalige tibetische Journalistin, die für eine größere Zeitung in der Provinz Qinghai arbeitete, berichtete über ihre Erfahrung. Chakmo Tso, 30, aus der Tibetisch Autonomen Präfektur Tsonub war Journalistin für die Tsognon Tageszeitung. Dieses Blatt ist für die tibetische Minorität der 6 Regionen der Provinz Qinghai gedacht, aber die tägliche Ausgabe erscheint nur auf Chinesisch. Chakmo Tso arbeitete für die tibetischen Ausgabe, bei der es sich um eine direkte Übersetzung der chinesischen Version handelt und die jeden 2. Tag erscheint. Von den 500 Mitarbeitern des Blattes sind 38 Tibeter, die alle in der tibetischen Redaktion arbeiten. Die Zeitung wurde vor 40 Jahren gegründet und wird vom Staat kontrolliert. Information über tibetische Bauern und Nomaden der Gegend ist beschränkt und darf nicht in Umlauf gebracht werden, während die Redaktionsartikel mit einem Loblieb auf die chinesische Regierung beginnen müssen. Chakmo Tso sagte, daß alle Geschichten, welche die chinesische Besatzung Tibets gutheißen, begrüßt, während andere Vorkommnisse vor dem Publikum verborgen würden.

15 Jahre Urteil wegen Ausübung der Menschenrechte

Jigme Gyatso wurde wegen politischer Betätigung mit 15 Jahren Haft bestraft. Er stammt aus der TAP Gansu, Provinz Gansu. Er ist das einzige Kind seiner Vaters, der 1958 von der PLA umgebracht wurde. Seine Mutter starb 1997. Jigme ist derzeit im Drapchi Gefängnis inhaftiert.

Mitte der 80er Jahre besuchte Jigme kurz Indien, um an einer religiösen Initiation teilzunehmen. Nach seiner Rückkehr 1997 trat er dem Kloster Gaden bei, wo er die Unabhängigkeitsproteste mitmachte. Er verteilte Flugblätter und klebte Plakate an den Klostermauern an. 1988/89 war Jigme der Anführer eines geheimen Jugendbundes namens "Vereinigung tibetische Freiheitsbewegung". Er konnte sogar den Besuchern im Kloster Blätter verteilen, weil er in der Verwaltungsabteilung tätig war. 1992 organisierte Jigme eine der großen Demonstrationen in Lhasa. Viele wurden verhaftet und vom PAB festgehalten. Damals wurde Jigme nicht verhaftet, obwohl die PSB ihn verdächtigte. Deshalb stand er unter strenger Überwachung und alle seine Bewegungen wurden kontrolliert. Da er diesen Zwang nicht mehr aushalten konnte, sah er sich gezwungen, das Kloster zu verlassen.

Ein anderes Mitglied des Geheimbundes, Samdup Tsering, wurde im Juli 1993 verhaftet. Damals gab es auch einen Verhaftungsbefehl gegen Jigme Gyastso und noch ein weiteres Mitglied Jamyang Tsultrim, worin sie als "Spalter" gegeißelt wurden. Die Zimmer beider Männer wurden durchsucht. Samdup Tsering wurde wegen Anstachelung zu konterrevolutionärer Propaganda überführt und zu 5 Jahren Haft verurteilt. Die Behörden suchten bis 1996 nach Jigme Gyatso. Seine Freunde wurden vorgeladen und über ihn ausgefragt und dabei auch gefoltert. Am Morgen des 30. März 1996 war Jigme in dem Restaurant Tsongla Yangzom vor dem Jokhang Tempel, wo er von Milizen der PAP und des PSB umringt wurde. Jamyang Tsultrim, sein Freund, hatte ein Restaurant, wo sich die Mitglieder des Bundes zu treffen pflegten. Das Restaurant wurde daraufhin geschlossen.

Nach der Verhaftung wurde Jigme sofort in das Anti-Revolte-Büro gebracht, das an derselben Straße wie Drapchi liegt. Dort wurde er einen Tag und eine Nacht festgehalten und unter Mißhandlungen ausgefragt. Danach kam er in das Gutsa Haftzentrum, wo er bis März 1997 festgehalten wurde. Die ersten 6 Monate dort wurde er in eine "Verhörszelle" gesetzt, wo er wegen einer schriftlichen Notiz, die er seinem Freund Gonpo Tseten zukommen ließ, ausgefragt und gefoltert wurde. Die nächsten 6 Monate waren seine Hände und Beine in Schellen gelegt. Sein Fall wurde auch von dem Radio "Voice of America" erwähnt, was zu einer Verschärfung der Mißhandlungen führte. Er wurde im Mai 1997 formell vor Gericht gestellt. Er verweigerte gesetzlichen Beistand, weil er ihn ohnehin für nutzlos hielt. Während des Prozesses akzeptierte er die gegen ihn vorgebrachten Anklagen. Als das Gericht ihn fragte, ob er seine Taten bereue, antwortete er "Nein, meine Handlungen waren friedlich und gewaltlos". Er bat auch darum, daß alle Belastungen und Strafen für seine Freunde auf ihn übertragen würden. Er sagte, seine Freunde seien unwissend und deshalb für nichts verantwortlich. Jigme wurde schließlich zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt, der Verbreitung konterrevolutionärer Propaganda, Aufstachelung und illegaler Gründung des "Bundes Freiheitsbewegung" angeklagt. Seine Freunde (Dargay, 28, aus Meldro Gyama, Yeshi, 30, aus Tsang, Lobsang Wosel, 30 und Tseten, beide aus Meldro) wurden zu je 5 Jahren Gefängnis verurteilt.

3 Monate nach der Urteilsprechung wurden Jigme Gyatso und drei seiner Freunde nach Drapchi verlegt. Im Oktober 1998 kamen einige Sicherheitsbeamte aus Kansu in Jigmes Zelle. Sie hielten ihn fest, schlugen ihn gegen die Wand und trafen ihn mit einer Bierflasche als Strafe für seine politischen Aktivitäten in seinem Heimatort in Kansu. Sie ließen Jigme bewußtlos zurück. Später schleppten sie ihn an einen unbekannten Ort, wo sie ihn 9 Tage lang wieder schwer schlugen und folterten. Dann wurde er nach Drapchi zurückgebracht, wo ihm das Besucherrecht entzogen wurde. Eine Quelle, die kürzlich Drapchi besuchte, sagte, daß Jigmes Kopf verbunden sei und er an Gelbsucht leide. Nach den Protesten im Drapchi Gefängnis vom Mai 1998 wurde Jigme wieder in Einzelhaft gesetzt. Sein derzeitiger gesundheitlicher Zustand ist besorgniserregend. Im September 1998 wurde ein Mitglied des Bundes, Lobsang Wosel, aus medizinischen Gründen entlassen, die anderen befinden sich weiterhin in Haft.

Touristen, die Tibet besuchten, berichten

Nach einem unbestätigten Bericht von einem Tibet-Reisenden fand am 29. November 1998 um 16 Uhr ein kurzer Solo-Protest vor dem Jokhang Tempel in Lhasa statt. Ein älterer Mann rief "Free Tibet". Zwei chinesische Polizisten waren sofort zur Stelle, aber verhafteten ihn nicht unmittelbar, weil westliche Touristen zuschauten. Sie folgten jedoch dem Mann, der fortfuhr, um den Tempel herum Parolen zu rufen. Auch die Touristen folgten dem Mann. Als sie an der Polizeistation ankamen, stießen die Polizisten den Mann von hinten hinein. Die zwei Touristen versuchten ihn vor Mißhandlung zu schützen. Aber ein Offizier befahl, daß der Mann an einen anderen Ort gebracht wird, worauf er an den Touristen vorbei über den Jokhang Platz geführt wurde. Er leistete den Polizisten keinen Widerstand. Beim Laufen verschränkte einer der Polizisten gewaltsam die Arme des alten Mannes hinter seinem Rücken, so daß dieser gebeugt gehen mußte. Der Tourist griff nach dem Arm des Polizisten und zog ihn weg, worauf der alte Mann auf den Boden fiel. Die Polizisten schrieen den Touristen an, während eine ältere Tibeterin flehte, ihn freizulassen. Eine Menschenmenge sammelte sich an, und mehr Polizisten kamen zur Stelle gerannt. Einer von ihnen zog den alten Mann aus der Menge und brachte ihn zurück zur Polizeistation. Den Leuten wurde befohlen, sich zu entfernen.