HUMAN RIGHTS UPDATE

August 1999

Inhalt
  1. Tibetischer Übersetzer in Untersuchungshaft in Qinghai
  2. Zwei Personen aus dem Westen in Verbindung mit Umsiedelungsprojekt verhaftet
  3. Australischer Senator besucht inkognito Tibet
  4. Flüchtling aus Themchen zeugt von der Ungerechtigkeit in Amdo
  5. Arbeitsbrigade in dem Kloster Bora
  6. Familie flieht, um Schulbildung für ihre Kinder zu suchen
  7. Gyaye Phuntsok aus medizinischen Gründen entlassen
  8. Arbeitsbrigade im Kloster Ragya
  9. Diskriminierung gegen Tibeter auf dem Arbeitssektor
  10. Politische Gefangene in Tibet auf lange Zeit
Teil 1

Tibetischer Übersetzer in Untersuchungshaft in Qinghai

Tsering Dorjee (26) wurde am 15. August in China in Untersuchungshaft genommen, weil er zwei Ausländer unterstützte, die die Auswirkung des Weltbank Projektes untersuchten.

Tsering Dorjee, ein Tibeter, der als Übersetzer der chinesischen Sprache arbeitete, wurde am 15. August 1999 verhaftet. Er wurde beschuldigt, zwei Ausländern, die das beabsichtigte Weltbank Projekt untersuchten, geholfen zu haben. Der aus Rebkong Distrikt in der TAP Malho stammende Tsering Dorjee wurde zusammen mit den zwei westlichen Gelehrten, dem Australier Gabriel Laffite und dem Amerikaner Daja Meston verhaftet.

Während die zwei Ausländer bereits freigelassen wurden, ist der Aufenthaltsort sowie der Gesundheitszustand von Tsering weiterhin unbekannt. Es gibt weder eine Information, nach der China offiziell Anklage gegen Tsering erhoben hätte, noch hat China die Verhaftung Tserings offiziell bestätigt.

Am 26. August äußerte sich Human Rights Watch besorgt über Tserings Verhaftung und erklärte, es bestehe bei ihm wahrscheinlich ein ernstes Risiko auf Folter. Das TCHRD, ähnliche Organisationen und andere Unterstützer befürchten ebenfalls, daß Tsering wegen seiner tibetischen Herkunft schwer bestraft werden könnte. Nach der Entlassung drückte auch Gabriel Lafitte seine große Besorgnis über die Verfassung seines verhafteten Übersetzers aus und erklärte: "Viel schlimmer noch ist das Schicksal meines Übersetzers Tsering Dorjee, der keine ausländische Regierung hat, die sich für ihn einsetzt. Wenn die Sicherheitspolizei verkündet, daß sie alles tun könne, was sie will, dann trifft dies ohne Zweifel für ihre eigenen Bürger zu, besonders für die Angehörigen einer ethnischen Minderheit wie mein Freund". "International Campaign for Tibet" zufolge wurden Tsering, Lafitte und Meston in dem Distrikt Dulan, Provinz Qinghai, auf dem Gebiet des geplanten Weltbank Projektes zur Reduzierung der Armut durch Umsiedelung verhaftet.

Noch vor wenigen Monaten versprach China der Weltbank, daß ausländische Medien und Projektforscher jederzeit das Projekt untersuchen könnten. Die chin. Behörden brachen aber ihre Zusicherung, indem sie die Gelehrten der "illegalen Nachforschung beschuldigten und sie Tsering unrechtmäßig festnahmen.

Tsering war ein junger Mittelschullehrer aus dem Distrikt Tsekok, der Tibetisch, Englisch und Chinesisch spricht. Angeblich arbeitete er 1997 als offizieller Übersetzer für die in Brüssel ansässige NGO "Medecins Sans Frontières" in Distrikt Yushul, wie auch für ein Hilfsprojekt der EU in Distrikt Darlag, Präfektur Golok, in der Provinz Qinghai.

Urgent Action: Schließen Sie sich der TCHRD-Kampagne an, indem Sie an den chin. Präsidenten und den Präsidenten der Weltbank schreiben und um die sofortige und bedingungslose Freilassung von Tsering Dorjee bitten:

1. Jiang Zemin, The President of the PRC, Guojia Zhixi, Beijingshi, People's Republic of China
2. James Wolfensohn, President, World Bank, 1818 H Street, NW, Washington DC, 20433, USA
3. Mrs. Mary Robinson, e-mail:webadmin.hchr@unog.ch

Teil 2

Zwei Personen aus dem Westen in Verbindung mit Umsiedelungsprojekt verhaftet

Am 15. August haben chin. Beamte zwei Forscher aus dem Westen und ihren Reiseführer im Distrikt Dulan in Chinas westlicher Provinz Qinghai festgenommen und verhört. Der Australier Gabriel Lafitte, 50, und der Amerikaner Daja Meston, 29, reisten mit Touristenvisas durch die Provinz, um eine unabhängige Untersuchung durchzuführen, mit dem Ziel, die Auswirkungen des geplanten Weltbankprojektes zur Reduzierung der Armut einzuschätzen.

Während Peking der Weltbank sagte, daß es Ausländern, einschließlich Journalisten und Repräsentanten von NGOs erlaubt sei, das geplante Projekt zu untersuchen, behaupten chin. Regierungsvertreter, daß Lafitte und Meston "Aktivitäten nachgegangen seien, die nicht mit ihren Pflichten übereingestimmt haben." Sie beschuldigen die beiden, Forschung in einem Gebiet betrieben zu haben, das der Weltbank nicht anvertraut war, und daß sie Gebiete besuchten, in die zu reisen sie keine Erlaubnis hatten.

Nachdem sie fast eine Woche lang in Untersuchungshaft saßen, haben die Chinesen Lafitte schließlich am 21. Aug. ausgewiesen. Lafitte ist Forschungsbeauftragter des Instituts für Asiatische Sprachen und Gesellschaften der Universität Melbourne. Er wurde entlassen, weil er sich bei der Befragung durch die Chinesen kooperativ zeigte und weil er seine "illegalen Aktivitäten" gestanden und sich dafür entschuldigt hatte. Weil Lafitte der chin. Forderung Folge leistete, sich entschuldigte und Selbstkritik übte, wurde er anscheinend mit der Freilassung belohnt.

Meston, der für eine Wohltätigkeitseinrichtung arbeitet, die mit der Harvard Universität verbunden ist, erlitt ernste Verletzungen, als er aus einem Hotelfenster gestürzt war, um vor den Vernehmungen zu flüchten. Es gibt keine Beweise, daß er gefoltert oder aus dem Fenster gestoßen worden ist. Er wurde vor kurzem freigelassen, nachdem die Chinesen ihn zwangen, zuzugeben und sich zu entschuldigen, daß er ein "verbotenes Gebiet" betreten habe. Er kam am 26. Aug. sicher in Hongkong an, nachdem er in einem Krankenhaus in Xining behandelt worden war.

Das in Washington seßhafte Informationszentrum der Bank hat das notwendige Geld beschafft, um die enorm hohe Krankenhausrechnung zu zahlen. Bislang hat dieses Zentrum, welches NGOs unterstützt, 58.000 $ für Meston, der nicht krankenversichert war, gesammelt. Die Gruppe schätzt, daß es Monate dauern könnte, bis Meston wieder genesen ist, und daß ein Krankentransport nach Boston alleine 10.000 $ kosten könnte.

Die dritte Person, Tsering Dorjee, der als Führer und Dolmetscher arbeitete, wurde nicht mehr gesehen, nachdem die beiden festgenommen wurden.

Das Weltbank Projekt ist ein Plan von 160 Mio USDollar, um nahezu 1,7 Mio der ärmsten Menschen in China zu unterstützen. Das Projekt hat drei Komponenten: Zum ersten sollen mit 40 Mio USDollar 60.000 arme Bauern, hauptsächlich Chinesen, aus der östlichen Qinghai Provinz nach Distrikt Dulan in der westlichen Qinghai Provinz umgesiedelt werden.

Das Projekt löste einen großen Meinungsstreit zwischen China und tibetischen Unterstützern aus. China behauptet, daß bei der Umsiedelung die Armut der Menschen gelindert werde, die Tibeter befürchten hingegen, daß der Einfluß der Chinesen die traditionelle tibetische Kultur verwässern werde.

Der Plan durchlief ernste internationale Untersuchungen und Kritik, wurde aber schließlich angenommen, nachdem China öffentliche Inspektionen im Qinghai Gebiet zusicherte. Nach einer Pressemitteilung der Weltbank vereinbarten die Direktoren des Weltbank Verwaltungsrates, daß "keine Arbeit unternommen werde und keine Fonds für die 40 Mio US-Dollar Projektkomponente für Qinghai ausbezahlt werde, bis die Bank über die Ergebnisse einer Untersuchung durch ein Inspektorenteam entschieden habe."

Es wird ebenfalls bemerkt, daß die chin. Regierung mitgeteilt habe, daß sie Besuche zum Projektgelände durch Diplomaten und Regierungsvertreter, Mitglieder des Parlaments und der Medien erleichtern würde, und daß die Besucher willkommen seien, mit den Leuten vor Ort ausgiebigen Kontakt aufzunehmen, ohne daß chin. Beamte zugegen sind.

Durch die unbegründete Festnahme der zwei ausländischen Forscher hat die chin. Regierung offenkundig ihr Versprechen an die Weltbank, Inspektionen in dem Gebiet zu erlauben, gebrochen.

Nach seiner Freilassung sagte Lafitte Reportern, daß er während seiner einwöchigen Inhaftierung zwar nicht physisch mißhandelt worden sei, daß ihm aber der Schlaf verweigert wurde und er unter konstanter Überwachung stand. Er beschrieb seine Inhaftierung als eine Zeit der "kalkulierten und systematischen Grausamkeit" in den Händen der chin. Regierungsbeamten.

Anscheinend wurden Lafitte und Meston nicht in demselben Raum festgehalten. Lafitte glaubt, daß Meston durch psychische Folter zu extremen Schritten getrieben worden sein könnte, welche ihn dazu bewegten, einen Fluchtversuch zu unternehmen.

Teil 3

Australischer Senator besucht inkognito Tibet

Tibeter haben gemischte Gefühle hinsichtlich der Besuche ausländischer Regierungsvertreter in Tibet. Weil die ausländischen Diplomaten stereotyp von chin. Beamten in einer streng festgelegten Reiseroute begleitet werden und nur an Orte geführt werden, die vorher gut vorbereitet wurden, merken wie nur sehr wenig von der Realität in Tibet. Derartige von der Regierung strukturierte Reisen führen viele der Delegierten dazu, daß sie am Ende beschwichtigende Berichte zugunsten der chin. Regierung abgeben, die im Gegensatz zu jenen stehen, welche die wahre Lage objektiv schildern. Eine Quelle aus Tibet kommentiert dazu, daß "vor jedem derartigen Besuch alle Dinge genau unter Kontrolle gehalten werden, weil der Besuch eben von der Regierung organisiert ist."

Andererseits haben ausländische Politiker, die Tibet unabhängig besuchen und nicht in diplomatischer Eigenschaft, eine viele größere Chance, die Realität zu sehen und zu verstehen, und werden hinterher der Welt viel eher echte Berichte über die chin. Unterdrückung liefern. Ein kürzlicher Besuch eines australischen Senators im Gewand eines gewöhnlichen Touristen ist ein Beispiel hierfür. Senator Bob Brown, ein führendes Mitglied der Grünen, sagte nach seinem 9-tägigen inoffiziellen Besuch in Tibet im Juli 1999 bei einem Presseinterview in Peking: "Tibet ist viel stärker militarisiert als irgendein anderes Land, in dem ich bisher war, man kann in Lhasa kaum von einem Häuserblock zum nächsten laufen, ohne auf Miliz und Polizei zu stoßen". Senator Browns hauptsächlichster Eindruck war der einer "Unterwelt des Elends" für Tibeter, die "in der größten militarisierten Kolonie auf diesem Planeten leben".

"Die Straßen Lhasas stehen unter einer regelrechten Belagerung durch das chinesische Militär, während die Spannungen hoch sind zwischen den dem Dalai Lama treuen Tibetern und dem kommunistischen Regime, welches die Region seit nunmehr 40 Jahren mit eiserner Faust regiert", fügte er hinzu. "Gleich nach der Landung in Lhasa sind da die Kasernen hinter dem Flugplatz. Und bei einer Brücke auf halbem Wege zur Stadt sieht man Soldaten mit Maschinengewehren an beiden Enden und in der Mitte."

Während solche unabhängigen Besuche ein Fenster auf die in Tibet herrschende Unterwelt werfen, sind derartige Begegnungen ausländischer Staatsbeamten selten. Senator Brown ist erst der zweite ausländische Politiker seit 1959, der Tibet ohne die Aufsicht der chin. Begleiter besuchte. Sich als Ferientourist ausgebend entging er den chin. Visabestimmungen, die prominenten Westlern den freien Besuch Tibets verbieten. Der andere derartige Politiker war der US Congress-Abgeordnete Frank Wolf, der im August 1997 fünf Tage lang als Tourist in Tibet weilte und danach schrieb, daß die einheimische Bevölkerung und Kultur fest vom "Todesgriff" der chin. Okkupation gepackt ist.

Ebenso wie der Abgeordnete Wolf war Senator Brown schwer betroffen von dem, was er bei seinem Besuch sah. In der Tat war er so erschüttert, daß er den australischen Botschafter in China, Ric Smith bat, ein Treffen mit chin. Vertretern und den Medien zu organisieren, um seinen Eindrücken Ausdruck zu verleihen. Der Senator hält die Zeit für gekommen, daß Australien und die Welt gegen die chin. Unterdrückung aufstehen, berichtete AFP.

Die ganze Zeit während seines Besuches kamen junge Tibeter auf Senator Brown zu, die um seine Hilfe flehten und ihre Treue zum Dalai Lama beteuerten. "Wenn man sich zu den religiösen Zentren um Lhasa herum entfernt, weg von der ständigen Gegenwart des Militärs und der Überwachungskameras, sprechen die Leute einmütig über ihr Verlangen nach einem freien Tibet und ihre Abscheu gegen die chin. Herrschaft", bemerkte er.

Anders als viele ausländische Diplomaten, die von chin. Regierungsleuten begleitet werden, war Senator Brown in seinen eigenen Worten "sehr ärgerlich, als er abreiste... besonders über jene, die auf Einladung der Chinesen in Fünf-Sterne-Hotels kommen, aber nicht hinter den Stacheldraht".

Teil 4

Flüchtling aus Themchen zeugt von der Ungerechtigkeit in Amdo

Kunsang Gyal, 23-jährig, aus dem Distrikt Themchen in der Tso-Nub Mongolischen und Tibetischen Autonomen Präfektur, Provinz Qinghai, traf am 21. Aug. 1999 in Dharamsala ein. Er gab einen genauen Bericht über das ungerechte Erziehungs- und gesellschaftliche System im Distrikt Themchen.

Die Lehrer-Ausbildungsschule: Unfaire Quoten für Tibeter und andere Minoritäten

Nach Absolvierung der Grund- und Mittelschule schloß sich Kunsang dieser Ausbildungsstätte an. Von den 380 Studenten des Instituts sind 240 Chinesen, 60 Tibeter und 60 Mongolen, die restlichen 20 aus anderen Ethnien stammend. Während die Schule für Minoritäten eingerichtet wurde, hat sie heute mehr chin. Studenten als alle anderen Minderheiten zusammen. Es gibt nun ein Quotensystem, nach dem die Zulassung auf 60 Tibeter und 60 Mongolen im Jahr beschränkt ist. Angesichts eines solchen Systems kann die Minderheitenbevölkerung keine Fortschritte in ihrer Erziehung machen, denn die Lehrer-Ausbildungsschule ist die einzige höhere Erziehungseinrichtung in Themchen.

Kunsang verabscheut dieses Quotensystem, weil "die Aufnahme von mehr chin. Studenten in direktem Widerspruch zu dem eigentlichen Zweck der Schule steht". Er vermutet, daß "die Einführung von Quoten für die Aufnahme von Tibetern und Mongolen in der Schule sie in ihrer Anzahl einschränken soll".

Analphabetentum in Themchen: ein nicht genügend beachtetes Problem

Nach der Bevölkerungsstatistik von 1995 wohnen in Distrikt Themchen 17.000 Personen, die überwiegende Mehrheit davon Tibeter. In der Studie heißt es, daß etwa 9.000 Tibeter Analphabeten sind. Im Gegensatz dazu behaupten die Chinesen auf der Basis einer einfachen Prüfung, die 1998 abgehalten wurde, daß nur 400 Personen des Lesens und Schreibens unkundig seien. Kunsang sagt, daß diese Examen irreführend seien. Sie werden nicht systematisch durchgeführt, nicht alle Leute werden geprüft, und Personen, die lesen und schreiben können, springen oft für ihre analphabetischen Freunde ein. Kunsang sagte, daß die Chinesen die wahre Anaphabetenquote der Tibeter verschleiern, damit sie keine Mittel zur Behebung dieses Mißstandes liefern müssen. Im letzten Jahr teilte die Verwaltung nur 5.000 yuan für den Unterricht in Lesen und Schreiben zu.

Verwaltungssystem in Themchen: Beispiele von unfairer Behandlung

Den Wahlgesetzen Chinas zufolge hat niemand die Befugnis, einen Distriktvorsitzenden zu entlassen, der vom Volkskongreß der betreffenden Region gewählt wurde. In Themchen jedoch wurden viele Tibeter, die von dem Volkskongreß gewählt wurden, wieder von den übergeordneten Präfektur-Behörden ohne ersichtlichen Grund entlassen, während die gewählten chin. Beamten ihre volle Amtszeit bleiben dürfen. Außerdem ersetzen die Präfekturvorgesetzten die entlassenen oder versetzten Tibeter durch Chinesen. Auf diese Weise werden die Rechte der Tibeter ganz deutlich verletzt.

Die Zusammensetzung der Verwaltung des Distrikts, aus dem Kunsang kommt, demonstriert die unangemessene Vertretung der tibetischen Bevölkerung infolge solch eines unfairen Wahlsystems. Von den vier stellv. Gouverneuren in Themchen sind 2 Tibeter und 2 Chinesen, obwohl die Mehrheit der Bewohner Tibeter sind. "Die Wahl wird nicht demokratisch gehandhabt, sie ist vielmehr ein Einwegverkehr", sagt Kunsang.

Ein Beispiel für die Ungerechtigkeit dieses Systems ist die Geschichte von Hrenpe, einem 38-jährigen Tibeter, der von dem Volkskongreß von Themchen im Aug. 1998 zum stellv. Gouverneur gewählt wurde. Die übergeordneten Präfekturbehörden entließen ihn später aus überhaupt keinem zu rechtfertigenden Grund und degradierten ihn auf einen niedrigeren Posten in einer Fabrik in Distrikt Wulan. Hrenpe war bekannt für seine Wohltaten der tibetischen Bevölkerung gegenüber und war ein guter Mensch.

Ein weiterer Faktor der Ungerechtigkeit ist, daß alle Kandidaten bei einer Distriktwahl von den höheren Präfekturbehörden aufgestellt werden. Deshalb können die Tibeter nur aus der fertigen Kandidatenliste wählen.

Unterdrückung der Ausdrucksfreiheit

Kunsang meint, daß jeder Mensch die Freiheit haben sollte, die Tatsachen der Geschichte zu studieren und aufzuschreiben und seine Meinung auszudrücken. Auch sollte das Recht eines jeden, die Religion seiner Wahl auszuüben, geachtet werden. Doch den Tibetern in Tibet werden diese Rechte verweigert. Die folgenden Berichte aus Amdo zeugen davon:

Chakdor Tsering, ein 30-jähriger Mann aus Amdo Lhabrang, stand unter der strengen Überwachung der Staatssicherheit und der chin. Lehrer, als er von 1989-1992 an der tibetischen Lehrerausbildungsstätte in der Stadt Tsoe studierte. Alle seine Bewegungen wurden überwacht, weil es hieß, daß er gegen die Chinesen sei und befürchtet wurde, er könne andere Studenten aufhetzen. Nach Beendigung seiner Studien arbeitete er als Herausgeber von "Daser", einer Quartalszeitschrift der Kan-Lho Tibetisch Autonomen Präfektur in der Provinz Gansu. Im Juni 1997 wurde Chakdor aus politischen Gründen verhaftet. Bis heute ist nicht bekannt, wo er sich befindet.

Die Geschichte von Menlha Kyab, einem berühmten tibetischen Komödianten und Schriftsteller aus Tsolho TAP in Qinghai, gibt auch ein Bild der Ungerechtigkeit den Tibetern gegenüber. Menlha wurde zusammen mit 28 anderen Tibetern im Juli 1993 vor einem Besuch des chin. Präsidenten Jiang Zemin in seiner Provinz verhaftet. Sie standen unter dem Verdacht während des Besuches Unabhängigkeitsmaterial verteilen zu wollen. Menlha soll neulich wegen der Qual in der Gefangenschaft einen schweren mentalen Zusammenbruch erlitten haben.

Ein weiterer Mann namens Monlam, ein Sänger aus Lhabrang in der Provinz Gansu, wurde irgendwann 1997/8 verhaftet und nach 3-monatiger Haft freigelassen. Der Grund war, daß er ein Lied mit politischen Anspielungen komponiert hatte.

Teil 5

Arbeitsbrigade in dem Kloster Bora

Sonam Choephel ist ein 20-jähriger junger Mann aus Bora in dem Distrikt Sangchu in der Gansu TAP. Er stammt aus bäuerlichem Hintergrund und ging 5 Jahre zur Grundschule von Bora. Dort wurden Tibetisch, Chinesisch und Mathematik gelehrt. Danach ging er zur Mittelschule, wo er 1 ½ Jahre lernte, aber als er 15 war, sitzenblieb. Im selben Jahr wurde er Novize in dem Kloster Bora. Dieses Kloster wurde während der Kulturrevolution zerstört. Vor 1979 lebten dort 300 Mönche. Es wurde 1980 durch Unterstützung der lokalen Bevölkerung renoviert, während die Regierung keinen einzigen yuan dazu gab. Die Renovierung war 1995 beendet, und nun wohnten wieder wie zuvor 300 Mönche dort.

Von 1994 bis 1997 sandte das Religionsbüro des Distrikts 7 Kader pro Jahr, um die Tätigkeit des Klosters zu überwachen und die üblichen Meetings abzuhalten. Im Juni 1998 kam zum ersten Mal eine 4-köpfige chinesische Arbeitsbrigade aus dem PSB des Distrikts in das Kloster. Sie machten Photos von allen Mönchen und stellten jedem gegen Zahlung von 10 yuan einen Ausweis aus. Sie versammelten die Mönche in der Hauptgebetshalle und ermahnten sie zum Patriotismus. Nach 2 Tagen gingen sie wieder. Etwa einen Monat später im Juni 1988 kam eine 7-köpfige chin. Arbeitsbrigade in das Kloster. Damals waren dort 350 Mönche, von denen 310 einen Ausweis bekamen. Die restlichen, die alle zwischen 60 und 70 Jahre alt waren, bekamen keine Ausweise. Wieder wurde eine Gebühr von 10 yuan von allen Ausweisbesitzern eingefordert.

Wenige Tage später kam eine neue Brigade von 13 Personen, die aus Kader aus Provinz-, Präfektur- und Distriktebene bestand. Damit begann die formelle patriotische Umerziehung. Alle Mönche wurden versammelt, und die 30 Novizen, die unter 13 Jahre alt waren, wurden nach Hause geschickt, wo sie zur Schule gehen sollten. 36 weitere, die zwischen 13-18 waren, wurden hinausgeworfen, und es wurde ihnen verboten, in ein anderes Kloster einzutreten. Im ganzen wurden 66 Mönche ausgewiesen. Die übrigen 285 Mönche wurden in 4 Gruppen geteilt und für jede wurde ein Leiter bestimmt. Politische Literatur wurde verteilt. Vier Tage lang kam die Arbeitsbrigade um 8.00 morgens und blieb bis 5.00 abends. In diesen vier Tagen sammelten sie alle Bilder S.H. des Dalai Lama und von Gedun Choekyi Nyima, der Reinkarnation des Panchen Lama, ein. Sie bestimmten auch den Studienplan für die Gruppen. Jeden Tag mußten die Mönche fünf Stunden lang die politische Literatur studieren, und jeder Mönch mußte dem Gruppenleiter schriftlich über das Studium berichten. Diese Ordnung sollte 6 Monate lang eingehalten werden.

Jeden Monat kamen 8 andere Kader in das Kloster, um sich ein Bild über den Fortschritt der Umerziehung zu machen. Der Kernpunkt war die Opposition gegen S.H. den Dalai Lama und das Studium der chin. Verfassung und des chin. Staatssystems. Schließlich gingen die Kader im Dez. 1998.

Im Mai 1999 kam zum vierten Mal eine Arbeitsbrigade von 10 Personen. Sie behaupteten, daß die 6-monatige Umerziehung im letzten Jahr nicht zu ihrer Zufriedenheit ausgefallen sei. Sie forderten, daß am Ende der Unterrichtsphase jeder Mönch seinen Daumenabdruck unter ein Dokument setzen muß, das den Dalai Lama beschimpft.

1998 wurde nicht nur das Bora Kloster, sondern alle 108 Klöster des Distrikts Sangchu 6 Monate lang von Arbeitsbrigaden heimgesucht. Schließlich fanden die Behörden heraus, daß trotz alledem einige Klöster immer noch Bilder S.H. zur Schau stellten. Daraufhin wurde angekündigt, daß die Arbeitsbrigaden 1999 erneut in die Klöster kommen würden. Wie lange die Umerziehung diesmal dauert, ist noch nicht entschieden.

Sonam konnte den Gedanken an eine weitere Umerziehungsperiode in seinem Kloster nicht mehr ertragen und verließ deshalb im Juni freiwillig sein Kloster. Im Juli erreichte er Lhasa und zwei Wochen später Nepal, und schließlich am 22. August Dharamsala.

Teil 6

Familie flieht, um Schulbildung für ihre Kinder zu suchen

Tashi Gyaltsen, ein 27-jähriger Nomade aus der Ortschaft Serchen in Distrikt Drongpa in der Region Ngari, kam Ende Juli 1991 in Dharamsala mit seiner Frau und seinen zwei Söhnchen von 2 und 6 Jahren an. Die Familie floh nach Indien in der Hoffnung, ihren Kindern eine richtige Erziehung gewähren zu können. Die harten Lebensbedingungen in Tibet lassen die Kinder schwach und unterernährt erscheinen. Der ältere Sohn konnte in dem TCV in Dharamsala Zulassung finden.

Tashi erklärte, daß er keine Mittel hatte, seine Kinder in Tibet zur Schule zu schicken. Die Gebühren sind einfach zu hoch für seine Familie, die in armen Verhältnissen lebte. Zusätzlich zu der monatlichen Schulgebühr von 300 yuan mußte Tashi der Schule pro Jahr 1 kg Butter, ein Schafsbein, 2 kg Tsampa, 1 ½ kg Reis und 2 kg Weizen abliefern.

In Tibet hatte Tashi 24 Stück Vieh, nämlich 4 Yaks und 20 Ziegen und Schafe, auf welche die Behörden verschiedene Steuern erhoben. Diese wurden ganz willkürlich eingetrieben. Während der Monate April-Juni, wenn es Butter gibt, mußte Tashis Familie wie die anderen tibetischen Nomaden 150 yuan pro Monat aus dem Erlös zahlen. Und jeden Sommer während der Wollschur mußten die Nomaden 5 yuan für je 2 ½ kg Wolle zahlen. Tashis Familie wurden auch 10 yuan pro Tier als Grassteuer abverlangt. Im letzten Sommer hatten sie einen Ertrag von 10 kg Wolle von ihren Tieren und mußten daher 25 yuan abliefern.

Als Nomadenfamilie hingen sie vollständig von dem Viehbestand ab und lebten in einem Zelt, das sie in jeder Saison von einem Ort zum anderen bewegten, um frische Weiden zu suchen. Die Erhebung von verschiedenen Steuern für diese Viehhaltung und deren Produkte machte es der Familie immer schwieriger, die grundlegenden Bedürfnisse des Lebens wie Nahrung und Kleidung zu bestreiten. Deshalb war Tashi gezwungen, 3 Jahre lang für eine wohlhabendere tibetische Familie um den dürftigen Lohn von 300 yuan im Monat zu arbeiten. In Tashis Dorf gibt es 68 Familien, von denen 20 so arm sind wie die seinige.

Teil 7

Gyaye Phuntsok aus medizinischen Gründen entlassen

Im Aug. 1998 durchsuchte das PSB von Qinghai das Haus von Gyaye Phuntsok in dem Dorf Gyaye, Dist. Chabcha in der Tsolho TAP (chin. Hainan) in Qinghai und fand Dokumente und Reden des Dalai Lama. Der 68-jährige Gyaye wurde augenblicklich verhaftet und in einem LKW in das Gefängnis von Siling (chin. Xining), der Hauptstadt Qinghais, gebracht. Vom Aug. 1998 bis zum Juli 1999 gab es keine Information über seinen Verbleib. Das TCHRD stufte seinen Fall als den von Verschwinden ein und berichtete darüber im April 1999. Im Juli wurde er dann von dem Mittleren Volksgericht von Tsolho zu 6 Jahren Haft verurteilt.

Kürzlich erhaltene Informationen lassen schließen, daß Gyaye nach seiner Verhaftung acht Tage lang vernommen wurde. Während dieser ganzen Zeit mußte er stehen und Nahrung und Schlaf wurden ihm versagt. Durch diese Tortur schwollen seine Beine so an, daß er fortan zum Gehen Krücken benutzen mußte.

Einer inoffiziellen Quelle zufolge wurde Gyaye wegen seines Gesundheitszustandes inzwischen entlassen. Alle Ausgaben für die ärztliche Behandlung mußten jedoch von seiner Familie getragen werden. Er soll unter strenger Bewachung durch das PSB von Tsolho stehen und darf Qinghai nicht verlassen. Er soll sich derzeit im Volkskrankenhaus von Chabcha befinden.

Gyaye war eine angesehene Persönlichkeit in seinem Distrikt Chabcha wegen seiner selbstlosen Bemühungen, den tibetischen Kindern seines Dorfes freien Unterricht zu geben. Er beschaffte selbst die Mittel und baute eine Schule mit über 60 Schülern, denen er Tibetisch, Englisch, Chinesisch und Mathe lehrte. Er war auch ein Mitglied der Politischen Konsultativ-Konferenz der Tsolho TAP.

Gyaye Phuntsok hatte im März 1992 mit gültigen chin. Reisedokumenten eine Pilgerfahrt nach Indien unternommen. Nach seiner Rückkehr aus Indien im Juni 1992 wurde er mehrere Male Befragungen unterworfen.

Teil 8

Arbeitsbrigade im Kloster Ragya

Lobsang Phuntsok, ein 25-jähriger Mönch aus dem Distrikt Machen in der Golog TAP in der Region Tso-Ngon, erreichte Dharamsala am 22. Aug. 1999.

Mit 15 Jahren wurde Lobsang Mönch des Klosters Ragya. Zuvor hatte er keine Schule besucht, weil er ein Nomadenkind war. Als er 1989 ins Kloster eintrat, gab es dort 300 Mönche. Deren Anzahl nahm jedoch zu und nun sind es 480 Mönche.

Im Okt. 1998 suchte eine Arbeitsbrigade von 40 Köpfen (30 Chinesen und 10 Tibeter) das Kloster Ragya zum ersten Mal heim. Zuerst verlangten sie, daß alle 130 Novizen unter 18 Jahren das Kloster verlassen sollten. Aber sie übten keinen Druck aus. Dann gingen sie daran, alle Dalai Lama Photos und des von ihm erkorenen Panchen Lama zu entfernen.

Sie riefen nun alle Mönche zusammen und gaben ihnen 3 Broschüren aus, von denen die erste von dem chin. Gesetzsystem handelte, die zweite den Unterschied zwischen S.H. dem Dalai Lama und dem Panchen Lama erklärte, während die dritte von der Liebe zur Religion und zu der Nation handelte. Von jedem Mönch verlangten sie 8 yuan für die erste Broschüre. Die zweite verteilten sie nicht, sondern benützten sie als Lehrbuch. Dann mußten alle Mönche eine Prüfung über diese Themen ablegen. Aber nur 18 Mönche schrieben die Prüfung, den über 60-Jährigen wurde sie erlassen.

In diesem Examen mußten sie 5 Fragen beantworten, von denen sich Lobsang sich nur an zwei deutlich erinnert: "Was sind die widersprüchlichen Ansichten zwischen den Chinesen und dem Dalai Lama?" und "Wie lange regieren die Chinesen schon Tibet?" Die richtige Antwort darauf ist, daß die Chinesen Tibet seit 751 Jahren regieren. Die Mönche schrieben 51 Jahre. Weil sie Seine Heiligkeit nicht verletzen wollten, schnitten 95% bei dem Examen schlecht ab. Die Kader der Arbeitsbrigade waren nachsichtig und wandten keine Gewalt an. Damals wurden sogar einige Zettel mit "Free Tibet" angeklebt, aber die Beamten gingen der Sache nicht besonders nach. Statt dessen erklärten sie ruhig alles über die chinesische Politik und forderten die Mönche auf, sich dem anzuschließen.

Eine zweite Arbeitsbrigade kam im April 1999. Bei der diesmaligen Prüfung waren die Antworten schon vorgegeben und die Mönche mußten nur die richtige ankreuzen. Die Brigade blieb nur wenige Tage. Im Mai 1999 kamen 3-4 Kader in das Kloster Ragya. Sie kündigten an, daß die Umerziehung nun abgeschlossen sei. Indessen kamen im Juni weitere 3 Personen, die nun eine obere Grenze von 160 Mönchen für das Kloster festsetzten. Da im Augenblick 480 dort wohnen, bedeutet dies, daß viele gehen müssen. Die Kader kamen zu dem Schluß, daß die Umerziehung nicht erfolgreich gewesen sei. Sie kündigten an, bald wieder zu erscheinen. Als er dies hörte, beschloß Lobsang, nach Indien aufzubrechen. Er erzählte weiterhin, daß Tsultrim, 25, ein ehemaliger Mönch von Ragya, im vergangenen Jahr verhaftet wurde, weil er 5 Bücher aus Indien mitgebracht hatte, die von der Freiheit Tibets handelten. Er sei 7 Tage festgehalten, aber dann auf Zahlung einer Strafe von 15.000 yuan freigelassen worden.

Teil 9

Diskriminierung gegen Tibeter auf dem Arbeitssektor

Nach seiner Ankunft in Dharamsala am 23. Aug. 1999 berichtete Luthar Gyal, 22, aus dem Dorf Chanong in der Gemeinde Chekok, Dist. Throngren, TAP Malho (chin. Hainan), Provinz Qinghai, über die Diskriminierung, die er bei seiner Arbeit in einer Goldraffinerie erfuhr. Luthar ging fünf Jahre lang in die Lobchung Schule, von 8 bis 13 Jahren. Danach versuchte er, in der Mittelschule der Malho TAP Aufnahme zu finden, aber er fiel bei der Prüfung durch, die ganz auf Chinesisch war. Deshalb mußte er zu seinen Eltern zurückkehren und dort in der Landwirtschaft helfen.

Mit 19 bekam er dann Arbeit in der Goldraffinerie des Dist. Throngren in dem Dorf Mapa. Er mußte manuelle Arbeit leisten, nämlich das Golderz in den Hochofen einführen. Im ganzen waren 170 Arbeiter in der Raffinerie, von denen 20 Tibeter waren. Die chin. Arbeiter wurden etwa mit 500-800 yuan im Monat entlohnt, die Tibeter bekamen nur 200-400 yuan. Luthar berichtet, daß alle chin. Angestellten in dem Werk saubere Arbeiten machen, während den Tibetern die manuellen und physisch riskanten Arbeiten überlassen werden.

Die eigentliche Erzgewinnung, die 1991 begann, wird in Shungpung Chu, Gertse Shang, Throngren, in der Malho TAP ausgeführt. Er schätzt, daß jeden Tag 10 LKW Ladungen von Erz von Shungpung Chu zu der Raffinerie transportiert werden. Weiterhin schätzt er, daß alle 4 Monate 50 Lastwagen (9 Tonnen pro LKW) Gold von der Raffinerie via Xining nach China geschafft werden.

Luthar berichtete, daß die Verschmutzung durch die Bergwerkindustrie die Gesundheit der lokalen Nomaden beeinträchtigt. Die Chinesen haben riesige Wald- und Ackerlandgebiete zerstört, um Bürogebäude, Wohnanlagen, Gästehäuser und Hotels zu bauen und Straßen anzulegen, um den Transport der Bodenschätze zu erleichtern. Die Tibeter bekommen nicht einmal eine Entschädigung für ihr konfisziertes Land. Viele Tibeter der Gegend leiden an Lungenkrankheiten.

Weiterhin erzählte er, daß das Gold in der Gegend beinahe erschöpft ist. Der Staat sondiert derzeit eine neue Stelle namens Lunche in dem Distrikt Throngren zur Goldschürfung.

Im Sept. 1998 begab sich Luthar Gyal auf eine 10-tägige Pilgerfahrt nach Lhasa. Als er zu seiner Arbeit zurückkehren wollte, wurde er entlassen, weil er einen Fluchtversuch nach Indien unternommen hätte. Seine wiederholten Bitten, ihm den Job zurückzugeben, blieben unerhört. Er war daher gezwungen, zu seinen Eltern zurückzukehren.

Ende Juni begab er sich nach Lhasa und zusammen mit 28 anderen Tibetern floh er nach Indien, nachdem er einem Wegführer 500 yuan bezahlt hatte. 18 Tage später erreichte er Nepal und dann am 23. August Dharamsala.

Teil 10

Politische Langzeitgefangene in Tibet

Yeshi Ngawang ist 32 Jahre alt und stammt aus der Gemeinde Chideshol Kyimshe in Dist. Gongkar, Region Lhoka. Vor seiner Verhaftung war er Mönch in dem Kloster Sungrabling in Chideshol.

Am 10. März 1989 plante der 21-jährige Yeshi zusammen mit 5 anderen Mönchen (Yeshi Damdu, 23, Yeshi Tsering, 22, Paljor Choegyal, 22, Chemi Tsering, 19, und Tsultrim Jampa, 23) Plakate zum Gedenken an den Aufstand des 10. März 1959 anzubringen.

Die 6 Mönche schrieben Parolen wie "Chinesen raus aus Tibet", "Lange lebe S.H." und "Free Tibet" auf acht Plakate. Diese klebten sie neben das Tor und an die Mauern der Gemeindeverwaltung von Kyimshe. Sie malten auch Freiheitsparolen mit roter Farbe an das Tor. Am 15. März, als Yeshi Ngawang, Yeshi Damdul und Yeshi Tsering drei Plakate anbrachten und die anderen Wache standen, ob Polizisten in der Nacht patrouillierten, wurden sie gesehen und erwischt. Zwei Tage später kamen die Beamten des PSB von Gongkar in das Kloster, durchsuchten die Zimmer der 6 Mönche und fanden die Werkzeuge, mit denen sie die Plakate angefertigt hatten.

Am 20. April 1989 wurden Yeshi Ngawang, Yeshi Tsering, Chemi Tsering und Tsultrim Jampa verhaftet und in das Haftzentrum des Lhoka PSB gebracht. Im Verlauf von 4 Monaten wurden sie 10-15 Mal vernommen. Im Okt. 1989 wurden sie vor das Mittlere Volksgericht von Lhoka in der TAR gestellt und konterrevolutionärer Propaganda angeklagt. Im Urteil heißt es, daß sie die Staatsverfassung mißachteten, indem sie dem Dalai Lama anhingen, und durch Ankleben konterrevolutionärer Plakate die Ordnung störten, in Verletzung des Art. 102 des Strafgesetzes.

Yeshi Ngawang und Yeshi Damdul wurden zu 5 Jahren Gefängnis und 3 Jahren Entzug der politischen Rechte verurteilt. Yeshi Tsering wurde zu 4 Jahren Gefängnis und 1 Jahr Verlust der politischen Rechte verurteilt. Die anderen zu 3 Jahren Haft und einem Jahr Verlust der politischen Rechte. Im Nov. 1989 wurden alle sechs nach Drapchi verlegt. Dort wurde Yeshi Ngawang zur Arbeit in das Gewächshaus beordert. Als im Dez. 1990 der Gefangene Lhakpa Tsering an den Mißhandlungen in der Haft starb, empörten sich die anderen Gefangenen, darunter auch Yeshi. Am 27. April 1991 wurden 5 politische Häftlinge zur Bestrafung von den anderen abgesondert, weil sie versucht hatten, dem US Botschafter James Lilley einen Brief zu übergeben. Die anderen Gefangenen dachten, daß die fünf umgebracht worden seien und veranstalten einen Massenprotest, der gewaltsam unterdrückt wurde. Weil Yeshi Ngawang einer der Anführer dieses Protestes war, wurde er schwer geschlagen und einen Monat lang in Einzelhaft gehalten. Dort wurde er weiter mißhandelt.

Während der Besuchszeit am 20. April 1993 soll Yeshi seiner Familie eine Liste von politischen Gefangenen und etwas über die Gefängnisbedingungen in Drapchi zugesteckt haben. Dies wurde von den Gefängniswachen entdeckt, die Yeshi wieder einen Monat lang in Einzelhaft einsperrten. Er wurde der "Weitergabe von Staatsgeheimnissen" angeklagt und sein Urteil wurde um 9 Jahre vermehrt, so daß es nun 14 Jahre beträgt. Yeshis Gesundheit hat während der Jahre im Gefängnis sehr gelitten. Seine Entlassung steht im Jahr 2003 an.

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