HUMAN RIGHTS UPDATE

November 1999

Inhalt
  1. Chinesische Polizei schießt auf 3.000 friedlich Protestierende
  2. Verhaftung von drei Mönchen
  3. Sinisierung des Lehrplans der Schulen
  4. Zurückkehrender Tibeter wird verhaftet
  5. Zeugnis einer jugendlichen politischen Gefangenen
  6. Der Preis des Widerstandes
  7. Attacke auf die Religion: Patriotische Umerziehung in den Klöstern
  8. Kloster Photrang
  9. Kloster Dechen
  10. Kloster Awam
  11. Kloster Dongthok
  12. Ngawang Dhipsel in kritischem gesundheitlichem Zustand
Teil 1

Chinesische Polizei schießt auf 3.000 friedlich Protestierende

Am 31. Oktober 1999 eröffneten Polizisten des PSB von Karze das Feuer auf annähernd 3.000 protestierende Tibeter in dem Kreis Karze der Karze TAP von Sichuan. Sie forderten die sofortige Freilassung von drei Tibetern aus dem Kreis Karze, die im Oktober aus Verdacht auf politische Betätigung festgehalten wurden. Der Protest vor der Volksverwaltung und dem Haftzentrum von Karze, der 6 Tage nach der Verhaftung dieser drei Personen stattfand, dauerte nur 30 Minuten. Informationen aus Tibet zufolge feuerte die Polizei auf die Demonstranten und warf Tränengas, um die Menge zu zerstreuen. PSB Beamte verhafteten etwa 30 Protestierende an diesem Tag. Die Krankenhäuser des Bezirks wurden angewiesen, keine Verletzten zu behandeln. Darüber hinaus wurden PAP Soldaten in den verschiedenen Krankenhäusern aufgestellt, um die Einhaltung der Anordnung zu sichern. Alle religiösen Einrichtungen von Karze standen unter strenger Überwachung. Mindestens 80 Tibeter sollen im Zusammenhang mit diesem Protest verhaftet worden sein. Nur fünf sind uns namentlich bekannt: Sonam Yeshi, Pema Phuntsok, Loga, Wangdak und Wangdue befinden sich alle in der Haftanstalt von Karze. Obwohl genaue Zahlen nicht zu erhalten sind, lassen Hinweise schließen, daß einige der Protestierenden später, nach Entrichten einer Geldstrafe entlassen wurden. Mehrere Vorfälle von Widerstandsbekundungen wurden dieses Jahr aus Karze berichtet. Am 20. Juli verhafteten die PSB Beamten 11 Mönche aus dem Kloster Dhargye, nachdem ein mit roter Farbe gemaltes "Tibet ist unabhängig" an der Klostermauer entdeckt wurde. Die Namen und der Festhalteort der Mönche sind unbekannt.

Teil 2

Verhaftung von drei Mönchen

Ein angesehener und gelehrter Mönch des Klosters Dhargye in Karze, Sonam Phuntsok, wurde am 24. Oktober 1999 zusammen mit zwei anderen Mönchen, Sonam Choephel und Agya Tsering, von dem Public Security Bureau des Kreises Karze verhaftet. Es heißt, daß die Chinesen Sonam Phuntsok in dem Kreis Dartsedo der Karze TAP festhielten, weil man ihn geheimer Kontakte zu der tibetischen Exilregierung verdächtigte. Agya und Sonam Choephel sind derzeit in der Haftanstalt von Karze eingesperrt. Quellen aus Tibet zufolge sahen die Chinesen Sonam Phuntsoks Popularität als eine Bedrohung ihrer Autorität an. Weil sie ahnten, daß seine Verhaftung Unwillen unter der Bevölkerung auslösen würde, stationierten sie vorsorglich vor der Verhaftung der drei Mönche 20.000 PSB und PAP Soldaten in dieser Gegend.

Sonam Phuntsok ist eine bekannte Persönlichkeit und wird von den Tibetern der Gegend als großer Buddhist und Gelehrter geachtet. Er ist bekannt dafür, daß er jungen Mönchen tibetische Literatur lehrte. Er hat auch die Geschichte von 13 Klöstern der Karze TAP aufgeschrieben; wovon zwei Bücher bereits veröffentlicht wurden. Kurz vor seiner Verhaftung hatte Sonam Phuntsok eine Langlebens-Zeremonie für den Dalai Lama durchgeführt. Dabei hatte er öffentlich den Dalai Lama gerühmt und die Leute ermahnt, seinen Anweisungen zu folgen. Der Folgen eines solchen Tuns wohl bewußt, erklärte er seinen Zuhörern, daß "er nichts bereue". Sonam Phuntsok wurde 1951 in dem Kreis Karze der Provinz Kham (Sichuan) geboren.

Der 47-jährige Agya Tsering, alias "Agyong", wurde erstmals im Februar 1990 verhaftet, weil er angeblich Flugblätter mit dem Ruf nach Unabhängigkeit für Tibet gedruckt und verteilt hatte. 1990 brachte er an den Toren verschiedener Regierungsgebäude in Karze und an sichtbaren Plätzen in der Stadt Odoling in der Provinz Qinghai Plakate an. In der Yushu TAP der Provinz Amdo (Qinghai) wurde er verhaftet und ohne Gerichtsverfahren 18 Monate zur "Umerziehung durch Arbeit" verdammt. Sonam Phuntsok wurde in der Ortschaft Diwo von Karze geboren, ging 5 Jahre zur Volkschule von Karze und trat dann dem Kloster Dhargye bei.

Es heißt, daß Sonam Choephel der Assistent von Sonam Phuntsok gewesen sei, aber sonst ist nichts über ihn bekannt. Wegen der strengen Sicherheitsvorkehrungen in Karze konnte nichts Weiteres über die Identität und den Festhalteort der Verhafteten in Erfahrung gebracht werden.

Teil 3

Sinisierung des Lehrplans der Schulen

Nyima ist ein 15-jähriger Schüler aus Bathang in der Karze TAP der Provinz Sichuan. Seine Eltern sind Bauern und seine Familie zählt fünf Glieder. Er besuchte eine Grundschule seiner Heimat, wo es damals etwa 500 Kinder gab. In dem Kreis gab es noch drei weitere Schulen. In der Schule waren sowohl chinesische als auch tibetische Schüler. Der Rektor ist ein Chinese und von den 80 Lehren sind 50 Chinesen und 30 Tibeter. Alle chinesische Lehrer hielten den Unterricht auf Chinesisch, auch die Lehrbücher waren auf Chinesisch, weshalb Nyima nicht folgen konnte. Eine Schulregel ist, daß tibetische Schüler während einer chinesischen Schulstunde nicht Tibetisch reden dürfen, und einmal wurde er geschlagen, weil er diese Regel verletzt hatte. Große Unterschiede gab es in der Weise des Unterrichts für tibetische und chinesische Schüler. In der tibetischen Klasse wurde den Kindern nur Lesen und Schreiben beigebracht, während in der chinesischen Klasse auch Geschichte gelehrt wurde. Es gab überhaupt keine Unterrichtstunden über die Kultur, Religion und Geschichte Tibets. Die meisten der Putzarbeiten wurden von den tibetischen Schülern erledigt, während die chinesischen von solchen Pflichten befreit waren. Nyima floh schließlich am 15. Oktober aus Tibet.

Teil 4

Zurückkehrender Tibeter wird verhaftet

Yonten Tharchin, 27, wurde 6 Monate lang in dem Gefängnis von Tsolho festgehalten, weil bei ihm einige Kassetten, die er aus Indien mitgebracht hatte, entdeckt wurden. Nach 5 Jahren Aufenthalt in Indien kehrte er nach Tibet zurück. Im Januar 1996 ergriff die chinesische Armee Tharchin in dem Grenzort Dram, weil er ohne gültige Reisedokumente war. Zusammen mit weiteren 7 Personen seiner Gruppe wurde er 17 Tage in Dram festgehalten, wo er für die Soldaten Kleider waschen und Holz hacken mußte. Danach wurde er einige Tage in Nyalam, Shigatse und Golmud festgehalten und schließlich in das Gefängnis von Tsolho verlegt. Dort entdeckte man, daß er Kassetten mit Reden des Dalai Lama bei sich hatte. Daraufhin wurde er unter Folterung über die Struktur der tibetischen Exilregierung ausgefragt. Im April 1996 wurde ihm ein Anklagedokument ausgehändigt, in dem stand, daß er zu 3 Jahren Gefangenschaft verurteilt ist. Einem seiner Verwandten gelang es jedoch, ihn durch Schmieren der Staatsdiener mit 6.000 Yuan freizukaufen. Selbst nach seiner Entlassung stand er unter ständiger Überwachung. Im Juni 1999 wurde er von einem Verwandten, einem staatlichen Angestellten, gewarnt, daß er eiligst alles aus seinem Haus entfernen müsse, was Verdacht erregen könnte, weil die Chinesen in Kürze sein Haus durchsuchen würden. Er konnte diese Situation nicht mehr aushalten und floh daher nach Indien, das er am 10. Oktober erreichte. Tharchin ist aus der Ortschaft Baku in Kreis Thurde, Qinghai. Mit 13 Jahren war er in ein Kloster eingetreten und mit 19 hatte er Indien besucht, wo er 5 Jahre lang wohnte.

Teil 5

Zeugnis einer jugendlichen politischen Gefangenen

Die 22-jährige Norzin Wangmo ist eine ehemalige Nonne des Klosters Shugseb, die mit nur 16 Jahren im Drapchi Gefängnis eingesperrt wurde, wo sie 5 Jahre lang litt. Die aus dem Dorf Ju in der Gemeinde Gentsey von Kreis Gongkar stammende Norzin erreichte Dharamsala am 27. November 1999. Ihre Eltern sind Bauern und sie hat 10 Geschwister. 1989 trat sie mit 12 Jahren dem Shugseb Kloster bei. Am Morgen des 9. Dezember 1993 demonstrierten Norzin und 7 weitere Nonnen aus Shugseb vor dem Jokhang Tempel am Barkhor in Lhasa. Nach etwa 15 Minuten wurden sie von dem Sicherheitspersonal des Barkhor und patrouillierenden Polizisten festgenommen. Die Nonnen fuhren immer noch fort, selbst als sie verhaftet wurden, Parolen zu rufen. Viele Leute bezeugten diese Vorgänge. Die Polizei warf sie in einen Wagen und schlug sie heftig mit Gummipeitschen. Norzin wurde so schwer auf ihr rechtes Auge getroffen, daß sie eine ernste Minderung der Sehkraft davontrug, an der sie immer noch leidet. Die Nonnen wurden in die Gutsa Haftanstalt gebracht und dort einzeln eingesperrt und verhört. Während der 11 Monate in Gutsa wurden sie mindestens 20 Mal vernommen, und während dieser Zeit durfte keine der Nonnen Besucher empfangen. Die Verwandten wurden abgewiesen, und die Nahrungs- und Kleiderpakete, die sie ihnen mitbrachten, wurden den Nonnen nicht ausgehändigt. Die Gefängniswärter behielten sie für sich und stellten den Besuchern falsche Quittungen aus. Bei den Verhören wurden den Nonnen viele Fragen wegen der Demonstration gestellt: Wie und mit wessen Hilfe sie diese organisiert hätten, usw. Sie antworteten, daß sie aus eigener Initiative demonstriert hätten und keine Außenstehende verantwortlich seien. Die Peiniger waren mit diesen Antworten nicht zufrieden und schlugen sie erneut. Die damals 16-jährige Norzin wurde mit einem Holzbrett und Elektroschockstöcken geschlagen. Nach 8 Monaten Untersuchungshaft wurden die Nonnen am 10. September 1994 vor das Mittlere Volksgericht der TAR gestellt. Norzin und die anderen 8 Nonnen wurden unter dem § 102 des Kriminalgesetztes der PRC der "konterrevolutionären Aktivitäten" angeklagt. Rinzin Tsondue und Jampa Choekyi warf man vor, die Demonstration angeführt zu haben. Ihre Unschuldsbeteuerung wurde ignoriert und sie wurden am 13. September 1994 zu 6 Jahren Gefängnis und zwei Jahren Entzug der Bürgerrechte verurteilt und kurz danach nach Drapchi verlegt. Norzin Wangmo, 16, Lodroe Pema, 24, Namgyal Choedon, 22, Sherab Dolma, 19, Choenyi Dolma, 17 und Norbu Yangchen, 17, wurden je zu 5 Jahren Haft und 2 Jahren Verlust der Bürgerrechte verurteilt. Alle sechs wurden schließlich im Dezember 1998 entlassen.

In Drapchi war Norzin, sowie die anderen Nonnen in der dritten Einheit. Jeden Tag mußten die Nonnen 4 sang Wolle putzen, stutzen und zu Garn verarbeiten. Diese Quote war von der Gefängnisleitung festgesetzt und die Nonnen hatten sie in einem Tag zu erfüllen. Im März 1996 wurden die 8 Nonnen von den älteren Gefangenen getrennt, denn die dritte Einheit wurde in zwei Sektionen, die alte und die neue Einheit Nr. 3 unterteilt. Norzin mit ihren Gefährtinnen blieb in der alten 3. Einheit. Diese Absonderung machte es ihnen beinahe unmöglich, ältere politische Gefangene zu sehen, geschweige denn mit ihnen Kontakt aufzunehmen. Als sie zuerst im Drapchi Gefängnis ankamen, wurden ihnen von der Gefängnisleitung Baumwoll-Steppdecken ausgegeben, die ihnen der Chef der Einheit jedoch gleich wieder wegnahm. Im Winter 1996, als ihnen befohlen wurde, ihren Gefängnisblock zu putzen, weigerten sie sich, und forderten statt dessen die Rückgabe ihrer neuen Steppdecken. Für dieses Verhalten wurden sie schwer getadelt und gestraft. Insbesondere Norzin wurde 45 Tage lang in eine Einzelhaftzelle gesteckt, wo sie nur einmal am Tag zu essen bekam. Am 4. Mai 1998 wurden die politischen und die gewöhnlichen Gefangenen der 5. und der neuen 3. Einheit gerufen, um bei einem offiziellen Festakt, wo eine chinesische Flagge gehißt und die chinesische Nationalhymne gesungen werden sollte, dabei zu sein. Die Gefangenen begannen jedoch zu protestieren, worauf sie von den Gefängniswachen und den PAP Soldaten geschlagen wurden. Als die weiblichen Gefangenen der alten 3. Einheit dies von ihren Fenstern aus sahen, schrieen sie laut, die Wachen sollen aufhören, ihre Mitgefangenen zu schlagen. Dabei gingen die Fenster ihres Blockes in Brüche. PAP Personal stürmte in ihre Zellen, stellte sie an die Wand und schlug mit Gürtelschnallen auf sie ein. Schließlich hatten alle Gefangenen Kopfverletzungen und bluteten schwer. Ngawang Sangdrol konnte zwei Tage lang nicht aufstehen. Trotz des Flehens der Frauen hörten die Soldaten nicht auf sie zu schlagen, weshalb einige gebrochenen Gliedmaßen davontrugen. Seit diesem Protest sind die Gefangenen den ganzen Tag in ihren Zellen eingeschlossen, die sie nicht mehr verlassen dürfen. Sie müssen sogar ihre Notdurft in einem Eimer in ihrer Zelle verrichten, der einmal täglich geleert wird. Nicht einmal das Ausmaß der erlittenen Verletzungen ist bekannt, denn sie dürfen nicht hinausgehen, und keiner darf sie besuchen. Norzin wurde am 8. Dezember 1998 entlassen. Sie weiß nicht, wie viele Gefangene in ihrer Einheit sind, weil sie den ganzen Tag auf ihre Zelle beschränkt war. Seit Mai 1998 fühlte sie sich entsetzlich beengt in ihrer Zelle und war oft am Ersticken. Nach dem Protest gab es viel mehr Einschränkungen als zuvor. Norzin floh am 25. Oktober 1999 aus Lhasa.

Teil 6

Der Preis des Widerstandes

Lobsang Samten, 23, ein ehemaliger Mönch von Kloster Sera in Lhasa, kam am 15. November 1999 in Dharamsala an. Seine Eltern betreiben ein kleines Geschäft in Lhasa. Er hat zwei Brüder, ebenfalls Mönche in Sera, und zwei Schwestern. Lobsang ging drei Jahre lang zur Grundschule und trat 1985 dem Kloster bei, wo er bis 1996 war. Dort studierte er Dialektik und Englisch. Während seiner Zeit im Kloster Sera kam im Mai/Juni 1996 eine "Arbeitsbrigade" von 160 Personen. Sie verteilte den Mönchen vier Broschüren, die sie studieren sollten, und hielt die Umerziehungsklassen ab. Sie sammelte alle Dalai Lama Photos ein und verbot deren Zurschaustellung. Am 12. Juni 1996 klebte ein Mönch namens Gyaltsen Thokmey, 27, aus Kreis Nyemo, ein Plakat in der Klosterhalle an, mit dem er die Mönche aufrief, alle von der Arbeitsbrigade angeordneten Versammlungen zu boykottieren. Wegen dieses Vorfalls wurde er am 15. September 1996 verhaftet und zu 6 Jahren Gefängnis in Drapchi verurteilt. Die Mönche brachen alle Routinetätigkeiten bis 15. Juni ab. Am 16. Juni wollten die Kader einige junge Mönche zwingen, die üblichen Rituale wieder auszuführen, aber die Mönche boykottierten weiterhin jegliche Versammlung. Die Umerziehung wurde daraufhin straffer organisiert und jedem Heim im Kloster 10 Kader zugewiesen, welche die Mönche zu unterrichten hatten. Dann wurde ihnen geboten, dem Dalai Lama und den "Spaltern" abzuschwören. Sie wurden in Gruppen von je 15 Personen geteilt und angewiesen, ihre Meinung über den "Separatismus" dazulegen. Bei der Arbeitsbrigade handelte es sich zumeist um hohe Funktionäre der TAR Regierung.

Lobsang wehrte sich vehement gegen die Anweisungen der Arbeitsbrigade. Er weigerte sich, den Dalai Lama zu verunglimpfen und das "Spaltertum" zu verdammen. Nachdrücklich sagte er, daß Tibet ein freies Land war und seine eigene Geschichte, Kultur und sogar Münzen hat. Daraufhin wurde er der "Mißachtung des nationalen Gesetzes" und der "Parteiergreifung mit den Spaltern" angeklagt. Noch in derselben Nacht am 27. September 1996 drangen fünf PSB Beamte in sein Zimmer, verhafteten ihn und durchsuchten sein Zimmer. Er wurde in Handschellen gelegt und in die Haftanstalt Sangyip gebracht, wo er über den Hintergrund seiner Familie ausgefragt wurde. Gleichzeitig mit ihm wurden noch andere Mönche verhaftet: Tashi Pelthar, 25, aus dem Kreis Meldro Gongkar, Norbu, 29, aus dem Kreis Lhoka Yamdrok und Bhuchung, 34, von Kreis Chamdo Tengchen. Sie wurden alle auf drei Jahre in ein Lager zur Umerziehung durch Arbeit verbannt und schließlich am 24. September 1999 entlassen.

Lobsang wurde später in die Seitru Haftanstalt gebracht, wo er 5 Monate lang festgehalten wurde. Er wurde dort mindestens 15 Mal verhört und drei Monate lang in Einzelhaft gehalten. Bei den Vernehmungen mußte er zwei Stunden lang auf einem Stuhl knien oder stehen. Als er den Verhörern nicht gefügig war, wurde er mit Elektroschocks gepeinigt. Während dieser Torturen fiel er oft bewußtlos um. Am 22. Februar 1997 wurde er in die Gutsa Haftanstalt verlegt, wo er wieder zwei Monate lang festgehalten wurde. Er durfte weder seine Eltern noch andere Verwandte sehen. In Gutsa teilte man ihm ohne Gerichtsprozeß mit, daß er auf 3 Jahre zur "Umerziehung-durch-Arbeit" geschickt wird. Am 22. April 1997 wurde er in das Toelung Trisam Gefängnis verlegt, wo er jeden Tag 6 Stunden lang schwere Arbeit in der Gemüsefarm leisten mußte. Als er dort ankam, gab es etwa 40 politische Häftlinge in Trisam, die alle separate Pflichten zugewiesen bekamen. Einmal wurde Lobsang brutal von einem Aufseher geschlagen, weil er bei der Arbeit eine Vorschrift mißachtet hatte. Darüber hinaus wurde er eine Woche lang in eine Einzelzelle gesperrt, wo er nichts als Wasser bekam. Lobsang wurde nach Ableistung der drei Jahre Zwangsarbeit am 24. September 1999 entlassen. Etwa 11 politische Gefangene waren noch dort. Der älteste von ihnen ist Kushab Dawa, 65, aus Lhasa Tsemon Ling, der eine 3-jährige Strafe abzubüßen hat. Lobsang blieb zwei Monate lang in Lhasa und erreichte Nepal am 15. November 1999.

Teil 7

Attacke auf die Religion: Patriotische Umerziehung in den Klöstern

Zwischen Juli und August 1996 führten vier Kader von der Präfektur Lhoka die patriotische Umerziehungskampagne in dem Kloster Kharchu in der Region Lhoka, Kreis Lhodrag, TAR, durch. Sie blieben 3 Monate lang, während welcher Zeit die religiöse Routine in dem Kloster stark eingeschränkt war. Allen dort lebenden 17 Mönchen wurde Umerziehungsmaterial ausgegeben, welches sie jeden Morgen drei Stunden lang zu lernen hatten, während nachmittags darüber diskutiert wurde. Die Umerziehung behandelte vier Hauptthemen: Tibet ein Teil Chinas, Widerstand gegen die separatistischen Aktivitäten, die Geschichte Tibets und Gesetzeskunde. Nach eineinhalb Monaten Unterricht wurde eine Prüfung gehalten. Mönche, welche nicht zur Zufriedenheit der Obrigkeit antworteten, wurden nach weiteren eineinhalb Monaten erneut geprüft. Sie wurden angehalten, jeglichem "Spaltertum" Widerstand zu leisten. Alle Bilder des Dalai Lama wurden entfernt. Ein neues DMC (Demokratisches Verwaltungs-Komitee) wurde bestimmt und neue Vorschriften für die Führung der Klosterangelegenheiten erlassen. Etwa einen Monat, nachdem die Arbeitsbrigade das Kharchu Kloster verließ, kam Lama Namkhai Nyingpo, ein Mönch aus Bhutan, um Belehrungen zu halten. Solange er dort war, wurden Photos von ihm aufgestellt, aber kaum war er weg, verboten die Kader von Kreis Lhodrag diese Bilder und konfiszierten die religiösen Schriften, die er verteilt hatte.

Teil 8

Kloster Photrang

Soepa Senge ist ein 38-jähriger Mönch aus dem Kloster Photrang in der Ortschaft Ring, Kreis Chamdo Pelbar, TAR. Er ging zwei Jahre lang zur Schule und half dann seinen Eltern in der Landwirtschaft. Mit 18 Jahren schloß er sich dem Kloster Photrang an. Er erzählte, daß 1997 ein 3-köpfiges "Arbeitsteam" zur Durchführung der Umerziehung in das Kloster kam. Zu jener Zeit lebten 50 Mönche im Kloster. Den Mönchen wurde befohlen, dem von China ernannten Panchen Lama Treue zu schwören, während jene, die sich weiterten, als "Vaterlandsspalter" beschimpft wurden. Alle Bilder des Dalai Lama wurden geächtet. Alle Mönche unter 18 Jahren wurden hinausgeworfen und die Zahl der Insassen auf 20 festgelegt.

Teil 9

Kloster Dechen

Lobsang Tashi ist ein ehemaliger Mönch aus dem Kloster Dechen, der von den patriotischen Umerziehern im November 1998 aus seinem Kloster verstoßen wurde. Er ist ursprünglich aus dem Dorf Taglung, Gemeinde Lhakhang Thang, Kreis Trika, Tsolho TAP, Amdo. Er traf im November 1999 in Indien ein. Lobsang berichtet, daß im September 1998 ein dreiköpfiges "Arbeitsteam" aus der Kreisverwaltung von Trika in das Kloster Dechen kam, um die Kampagne durchzuführen. Etwa 60 Mönche des Klosters besuchten die Unterrichtsklassen, während die übrigen sich krank stellten oder auf Pilgerfahrt gingen. Die Mönche wurden gezwungen, politische Schriften über die Geschichte Tibets, den Dalai Lama und den Panchen Lama zu studieren. Sie mußten den Dalai Lama und das Spaltertum verfluchen und den chinesischen Panchen Lama akzeptieren. Fragebögen zu diesen Punkten wurden ihnen zum Ausfüllen ausgeteilt. Viele Mönche widerstrebten, besonders was die Fragen zu dem Dalai Lama und dem Panchen Lama betraf. Das Arbeitsteam ging nach 5 Tagen wieder.

Im November 1998 kam erneut eine Arbeitsbrigade ins Kloster, die diesmal aus Kadern des PSB bestand. Alle Mönche wurden gezwungen, zu den Sitzungen zu kommen und derselbe Fragebogen wurde ihnen wieder ausgeteilt. Anfangs weigerten sich viele Mönche, den Forderungen nachzukommen. Nach einiger Zeit willfuhren außer zehn alle den Forderungen der Arbeitsbrigade. Diese 10 Mönche, darunter auch Lobsang, wurden sofort hinausgeworfen und es wurde ihnen untersagt, irgendeinem anderen religiösen Institut beizutreten. Alle Bilder des Dalai Lama wurden entfernt. Dann wurden Altersrichtlinien festgesetzt. Alle Mönche über 50 und unter 18 Jahren wurden ausgewiesen. Nach 4 Tagen gingen die Kader wieder. Lobsang Tashi kehrte in sein Dorf zurück, er studierte jedoch weiterhin die religiösen Texte und trug monastische Kleidung. Das Arbeitsteam kam im Mai 1999 ein drittes Mal. Eine Order wurde Lobsang Tashi in sein Dorf geschickt, er müsse seine Studien abbrechen und seine Mönchskleider ablegen. Er wurde außerdem von dem Arbeitsteam vorgeladen. Da er Vergeltungsschläge und weitere Drangsalierungen befürchtete, entfloh er nach Indien.

Teil 10

Kloster Awam

Samten Tsering ist ein 19-jähriger Mönch aus dem Kloster Awam, das in Thanggya Shang von Kreis Meldro Gongkar liegt. Seine Eltern sind Bauern, und er ging 2 Jahre lang zur Volksschule, wo auf Tibetisch unterrichtet wurde. Mit 11 Jahren trat er in das Awam Kloster ein. Gegenwärtig hat dieses Kloster etwa 12 Mönche, während vor 1959 fünfhundert dort lebten. Es war eines von jenen, die während der Kulturrevolution völlig zerstört wurden. Ab 1982 führte ein Mönch namens Namgyal mit finanzieller Hilfe und freiwilliger Arbeit der lokalen Tibeter die Wiederherstellung aus.

Im Mai/Juni 1997 kam eine Arbeitsbrigade von etwa 10 Personen in das Kloster, blieb etwa 4 Monate und vollzog die Umerziehung. Den Mönchen wurde befohlen, den Dalai Lama zu verfluchen, aber sie weigerten sich. Als Folge blieb das Arbeitsteam einen Monat länger. Im Juni kündigten sie an, daß sie Anfang 1997 wiederkommen würden, und drohten dabei, daß jene Mönche, die versuchen würden, der Umerziehung zu entgehen, persönlich vorgeknüpft und gewaltsam "umerzogen" würden. Sie drohten auch, derartige "Rebellen" unter der Rubrik "Protest gegen die Nation" zu verklagen, was ihnen 3-4 Jahre Arbeitslager einbringen könnte.

Im Juli/Aug. 1999 lud das Bhar Kloster einen Geshe, Lobsang Sherab, nach Kreis Taktse ein, um den Mönchen von 3 Klöstern Belehrungen zu geben. Etwa 60 Mönche versammelten sich in Bhar, um den religiösen Vorträgen zu lauschen. Am dritten Tag der Belehrungen in diesem Kloster kam das PSB von Kreis Taktse und verbot den Mönchen Belehrungen zu hören oder zu geben. Geshe Lobsang Sherab wurde beschuldigt, die Volksmenge durch seine Lehren in die Irre zu leiten. Sie drohten, Verhaftungen vorzunehmen, wenn die Belehrungen nicht sofort eingestellt würden.

Am 6. August kamen etwa 20 PSB Kader von Taktse und setzten den Belehrungen ein Ende. Die Mönche von Kloster Awam und Phakmo, die ebenfalls teilgenommen hatten, wurden in ihre Klöster zurückgeschickt. Geshe Lobsang Sherab wurde gefragt, was für einen Zweck er mit seinen Belehrungen verfolge und was für Gründe er dafür hätte. Er sollte am nächsten Tag sofort nach Lhasa zurückkehren. Daraufhin protestierten etwa 400 Personen, darunter viele Mönche, die zu den Belehrungen gekommen waren, gegen die Einmischung der PSB Kader. Geshe Lobsang Sherab ermahnte sie, Ruhe zu bewahren, um weitere Spannungen zu vermeiden. Die PSB Kader fragten später die Leute einzeln über den Inhalt der Vorträge. Seit dieser Zeit wurden die 3 Klöster regelmäßig von den Kreisbehörden inspiziert. Am 23. August 1999 wurde ein Befehl erlassen, daß "kein Mönch außerhalb seines Klosters der Religion nachgehen darf" und daß "kein Mönch religiöse Belehrungen von einem Lama in irgendeinem Dorf von Kreis Taktse empfangen darf". Den Mönchen wurde verboten, Gebetsriten in den Dörfern auszuführen oder ihnen beizuwohnen. Die Staatsdiener verkündeten, daß "die Belehrung vom 5. und 6. August 1999 gegen die Sicherheit der Nation gerichtet war, und wer immer an ihr teilgenommen hat, das Gesetz übertreten hat". Samten floh aus seinem Kloster und erreichte Lhasa am 30. September In Nepal kam er am 14. November 1999 an.

Teil 11

Kloster Dongthok

Lobsang Namkha ist ein 25-jähriger Mönch aus dem Kloster Dongthok in Karok Shang, Kreis Karze, Kandze TAP. Seine Eltern sind Bauern. Lobsang ging von 7 bis 10 zur Schule, wonach er das Vieh hüten mußte. Mit 15 wurde er Mönch von Kloster Dongthok, das während der Kulturrevolution völlig zerstört worden war. Ab 1983 wurde es allmählich wieder aufgebaut, und gegenwärtig leben dort etwa 50 Mönche. 1997 kam zum ersten Mal eine Arbeitsbrigade, wonach das Kloster zweimal im Monat von ihr heimgesucht wurde. Die Mönche wurden versammelt und angewiesen, den "Spaltern" Widerstand zu leisten und den Dalai Lama zu verfluchen. Alle Bilder des Dalai Lama wurden aus dem Kloster verbannt und die Mönche mußten die ihnen ausgehändigten Broschüren studieren. Im Mai/Juni 1998 wurde in der Ortschaft Karok eine große Versammlung von rund 300 Mönchen und Nonnen von fünf verschiedenen Klöstern von Kreis Kandze veranstaltet. Den Mönchen und Nonnen wurde geboten, "Oppositionserklärungen" abzugeben und "Verpflichtungen" gegen den Dalai Lama zu unterschreiben. Jeder Ungehorsam oder Protest würde mit Bestrafung und Ausweisung vergolten. Die Nichtfügsamen würden zusätzlich als "politisch Verdächtige" gebrandmarkt, was heißt, daß sie auch nach ihrer Ausweisung ständig belästigt würden. Auch wurde verkündet, daß in keinem Kloster in der Karze TAP neue Mönche über das von der Arbeitsbrigade festgesetzte Limit zugelassen würden. Wegen all dieser Einbrüche in die religiöse Tätigkeit beschloß Lobsang Namkha sein Kloster zu verlassen und nach Lhasa zu gehen. Nachdem er einem Wegführer 900 yuan gezahlt hatte, entwich er über die nepalesische Grenze nach Nepal, welches er am 30. November 1999 erreichte.

Teil 12

Ngawang Dhipsel in kritischem gesundheitlichem Zustand

Der 30-jährige Ngawang Dhipsel ist aus Kreis Phenpo Lhundrup, Stadt Lhasa. Er ging vier Jahre lang zur Mangtsuk Schule (eine für die lokale Bevölkerung eingerichtete Schule), wonach er seinen Eltern auf dem Bauernhof half. 1986 trat er in das Drepung Kloster ein. Am 13. Mai 1992 veranstaltete Ngawang zusammen mit 10 weiteren Mönchen aus Drepung eine friedliche Demonstration am Barkhor. Alle Mönche wurden augenblicklich von dem Public Security Bureau (PSB) verhaftet. Bestätigten Berichten zufolge wurden die Mönche bei der Verhaftung schwer geschlagen. Anfänglich kamen sie in die Gutsa Haftanstalt, wo sie unter Mißhandlung vernommen wurden. Im Sept. 1992 verurteilte das Mittlere Volksgericht von Lhasa Ngawang Dhipsel zu 4 Jahren Haft mit 2 Jahren Entzug der Bürgerrechte. Die anderen Mönche erhielten Strafen von 2 bis 10 Jahren Länge. Alle Mönche wurden am Ende des Jahres in das Drapchi Gefängnis in Lhasa verlegt. Die Insassen von Drapchi mußten schwere Zwangsarbeit leisten. Im Mai 1993 verlangte man von Ngawang und seinen Zellengenossen, einen Kanal zu bauen, welcher innerhalb einer festen Zeitspanne fertiggestellt sein mußte. Um die Aufgabe zu vollenden, mußten die Gefangenen bis spät in die Nacht und ab früh morgens arbeiten. Ngawang Dhipsel mußte das Fundament für eine Mauer graben. Wegen der harten Bedingungen verlor Ngawang Dhipsel das Bewußtsein. Man brachte ihn in sein Zimmer, aber medizinische Betreuung wurde ihm verweigert. Dazu kam noch, daß er an Bluthochdruck und Epilepsie litt, dennoch mußte er seine Gefängniszeit ableisten. Am 12. Mai 1996 wurde Ngawang Dhipsel nach 4 Jahren Gefangenschaft entlassen, er durfte aber nicht in sein Kloster oder irgendein anderes zurückkehren. Auch nach seiner Entlassung war er ständiger Überwachung ausgeliefert und all sein Tun wurde von dem PSB genau verfolgt. Er konnte diese Drangsalierung nicht mehr aushalten und versuchte deshalb im November 1997 zu fliehen. Als er den Gyala Paß an der Tibet-Nepal Grenze erreichte, geriet er in einen Schneesturm. Ohne ausreichende Nahrung und Kleidung war er gezwungen, umzukehren.

Am 22. Dezember 1997 wurde er nach einem Monat in Lhasa von dem PSB unter dem Verdacht der "politischen Betätigung" verhaftet. Er wurde in die Seitru Untersuchungshaftanstalt gebracht und am folgenden Tag in das Haftzentrum von Tsethang, wo er immer wieder vernommen wurde. In beiden Haftzentren erlitt er brutale Schläge durch das PSB Personal von Lhoka, und die ganze Zeit der Festhaltung wurden ihm Besuche von seinen Eltern verweigert.

Im Januar 1998 verbannte ihn das PSB von Lhoka auf drei Jahre zur "Umerziehung durch Arbeit" unter der Beschuldigung "aus Tibet fliehen zu wollen" und dem Verdacht der "politischen Aktivität". Im Mai 1998 wurde er in das "Umerziehung-durch-Arbeits" Lager von Trisam verlegt. Ngawang Dhipsel ist gegenwärtig immer noch in Trisam, und es heißt, daß seine Gesundheit in sehr schlechtem Zustand ist. Im Trisam Gefängnis müssen die Gefangenen auf dem Bau arbeiten und im Winter militärischen Drill absolvieren. Im November 1998 verletzte sich Dhipsel bei dem harten Gefängnis-Training, aber erhielt keine ärztliche Behandlung. Im April 1999 hatte er einen schweren epileptischen Anfall und kam in das Gefängnishospital von Trisam. Auch dort wurde er nicht angemessen behandelt und seine Gesundheit verschlechterte sich weiter. Es besteht große Besorgnis um seine Gesundheit und Sicherheit.

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