Human Rights Update

Februar 2001

Inhalt
  1. Gefängnisstrafe zum Tod: Fünf tibetische Häftlinge verlieren ihr Leben
  2. Mönch stirbt in der Untersuchungshaft
  3. Tibetische Nonne stirbt im Gefängnis
  4. Angehörige bergen die Leiche eines tibetischen Mönches
  5. Extra schwere Mißhandlung wegen Gefängnisprotest führte zum Tod
  6. Schmiergelder, Vertuschung und schließlich Tod im Polizeigewahrsam
  7. Das Leben riskiert auf der Suche nach Erziehung
  8. Schule für die Erwählten
  9. Chinesische Politik schafft Armut
  10. Über religiöse Repression
  11. Über Umweltzerstörung in seiner Gegend
  12. Ins Feuer gestreutes Chili und Elektroschock zur Erzwingung von Geständnissen
  13. Sechs Jahre im Gefängnis Ngaba
Teil 1

Gefängnisstrafe zum Tod: Fünf tibetische Häftlinge verlieren ihr Leben

Im Februar 2001 wurde dem TCHRD von fünf Tibetern berichtet, deren Tod dem Tun der chinesischen Offiziellen zuzuschreiben ist. In jedem Fall lag schwere Mißhandlung von verhafteten oder zu Gefängnis verurteilten Tibetern vor, die schließlich ihren Tod bewirkte. Diese plötzliche Häufung von Todesfällen ruft Schrecken hervor, zumal sich drei davon in der kurzen Zeitspanne von nur 4 Monaten zwischen Oktober 2000 und Februar 2001 ereigneten. Ob sie nun in Polizeigewahrsam oder nach dem Urteilsspruch im Gefängnis sind, befinden sich tibetische Gefangene immer in einer gefährlichen Situation, wo es keine Garantie für ihr Überleben gibt. Diese Zunahme von Todesfällen als direkte Folge von Folter und mutwilliger Brutalität ist ein weiterer grausamer Ausdruck dessen, was die Haltung der chinesischen Machthaber gegenüber dem Volk ist, das sie als minderwertig und bedeutungslos ansehen.

Teil 2

Mönch stirbt in der Untersuchungshaft

Nach einer dem TCHRD zugegangenen Information starb der zum zweiten Mal wegen angeblicher Verwicklung in politische Tätigkeit festgenommene Lobsang Sherab vom Kloster Sera knapp ein Jahr nach seiner Freilassung am 20. Oktober 2000. Sein Tod ist der schweren Folterung, die er während seiner Haftzeit erlitt, zuzuschreiben.

Im Oktober 1999 nahmen Sicherheitskräfte des Public Security Bureau (PSB) den Sera Mönch Lobsang Sherab unter dem Verdacht von Unabhängigkeitsaktivität fest. Er kam in die PSB Haftanstalt der TAR (Autonome Region Tibet), wo er brutal gefoltert wurde und einen Beinbruch, sowie Kopfverletzungen davontrug. Sein Zustand wurde so kritisch, daß er vor der Verurteilung auf freien Fuß gesetzt werden mußte - ein übliches Vorgehen bei Häftlingen, die in der Untersuchungshaft extremer Mißhandlung ausgesetzt wurden. Am 24. November desselben Jahres wurde der schwerkranke und hinkende Sherab nach Hause geschickt. Trotz Behandlung in dem Tibetischen Medizininstitut von Lhasa verschlimmerte sich sein Zustand drastisch, und am 20. Oktober 2000 starb der erst 30-jährige Lobsang. Bei der Himmelsbestattung stellte sich heraus, daß er eine Gehirnblutung erlitten hatte.

Lobsang hatte zuvor schon 3 Jahre im Trisam Gefängnis von Lhasa verbracht. Der ursprünglich aus der Region Lhoka stammende Lobsang trat 1986 in das Kloster Sera ein und lehrte dort seit 1992 die heiligen Schriften. Als die "Arbeitsteam" Kader 1996 in Sera einzogen, rissen sie als Teil der "patriotischen Erziehungskampagne" alle Dalai Lama Bilder herunter. Lobsang leistete der Kampagne heftigen Widerstand, indem er die Hauptgebetshalle drei Tage lang verschlossen hielt. Die Behörden gingen nicht sofort gegen ihn vor, weil sie nicht die gesamte Belegschaft von Sera gegen sich aufbringen wollten. Am 7. August 1996 wurde Lobsang jedoch von den Kadern des Arbeitsteams und dem Sicherheitsdienst weggeschafft. Er wurde 4 Monate lang in dem PSB Haftzentrum der TAR festgehalten, wonach er in die Gutsa Haftanstalt verlegt wurde. Er wurde zu drei Jahren Gefängnis in Trisam verurteilt und nach Vollendung seiner Haftfrist am 7. August 1999 entlassen.

Teil 3

Tibetische Nonne stirbt im Gefängnis

Die 28-jährige tibetische Nonne Ngawang Lochoe starb am 5. Februar 2001 im Drapchi Gefängnis, nur ein Jahr vor Ableistung ihrer 10-Jahre Haftstrafe.

Ngawang Lochoe wurde zusammen mit fünf weiteren, alle aus dem Nyen Kloster stammenden Nonnen am 14. Mai 1992 wegen Teilnahme an einer friedlichen Demonstration in Lhasa festgenommen. Die Nonnen wurden der "Aufhetzung zu konterrevolutionären Aktivitäten und Propaganda" wegen angeklagt, und Lochoe wurde im Alter von 19 Jahren zu 5 Jahren Gefängnis verurteilt. Während den sieben Monaten bis zur Urteilsfällung wurden Lochoe und die anderen Nonnen in der Gutsa Haftanstalt unter unmenschlicher Behandlung brutalen Vernehmungen unterzogen. Drei der Nonnen schmachten noch im Drapchi Gefängnis, während zwei vermutlich 1998 entlassen wurden.

Im Drapchi Gefängnis waren Lochoe und die 13 Nonnen diejenigen, welche im Juni 1993 auf einem eingeschmuggelten Cassetten-Recorder Lieder und Botschaften an ihre Familien und Freunde aufnahmen. Als die Gefängniswachen ihr heimliches Tun entdeckten, wurden die Nonnen mit Haftverlängerung bestraft. Lochoes Haftzeit wurde um 5 Jahre verlängert, womit sie nun 10 Jahre betrug. Als zwei Wochen vor ihrem Tod im Januar 2001 ein Angehöriger von Lochoe sie anläßlich Gefängnisbesuches sehen wollte, verwehrten ihm dies die Gefängniswachen.

Lochoe starb unmittelbar, nachdem sie am 5. Februar in das Polizeihospital in der Nähe von Drapchi gelegt wurde. Ihre Verwandten wurden am selben Tag benachrichtigt, es gehe ihr nicht gut und sie sei ins Krankenhaus gekommen. Und als sie dann das Krankenhaus erreichten, bekamen sie nur noch den toten Leib von Lochoe zu sehen. Über die Todesursache wurden sie nicht informiert. Andere Nonnen, die mit Lochoe eingesperrt waren und letztes Jahr ins Exil flohen, meinten: "Es sei denn Lochoe ereilte irgendein Unglück, ist es unwahrscheinlich, daß sie so eines plötzlichen Todes starb. Sie war eine gesunde Frau und niemals länger krank im Gefängnis".

"Lochoes plötzlicher Tod ist sehr fragwürdig. Die Tatsache, daß ihre Verwandten daran gehindert wurden, sie zu sehen, und daß ihr erst in letzter Minute ärztliche Hilfe zuteil wurde, beweist, wie die chinesischen Behörden durch ihre brutale Behandlung der tibetischen politischen Gefangenen absichtlich deren unnatürlichen Tod herbeiführen", kommentierte Lobsang Nyandak, der leitende Direktor des Tibetischen Zentrums für Menschenrechte und Demokratie. "Immer wieder erreicht uns Information über das vorzeitige Ableben von politischen Gefangenen in Tibet. China hat sich überhaupt nicht an die Verfügungen der UN Konvention gegen Folter gehalten, welche es unterschrieben hat. Bis dato sind, seit China die Konvention ratifizierte, unseres Wissens nach insgesamt 72 tibetische politische Gefangene als direkte Folge von Folter gestorben."

Ngawang Lochoe stammte aus dem Nyen Kloster in Kreis Toelung Dechen des Bezirks Lhasa. Von den 451 uns bekannten tibetischen politischen Gefangenen, die in verschiedenen chinesischen Gefängnissen in Tibet einsitzen, befinden sich annähernd 200 in Drapchi, darunter 32 weibliche politische Gefangene, von denen wiederum 29 Nonnen sind. Seit 1987 starben, wie uns berichtet wurde, 13 Nonnen in der Haft oder unmittelbar nach ihrer Freilassung als Ergebnis der Mißhandlungen.

Teil 4

Angehörige bergen die Leiche eines tibetischen Mönches

Mitte Februar erhielten die Verwandten in der Nähe des Nyari Haftzentrums in Shigatse die Leiche eines Tibeters, der aus dem Exil zurückgekehrt war. Der 27-jährige Saru Dawa, ein Mönch des Klosters Kirti, wurde am 20. November 2000 an der Grenze in Dram festgenommen, als er nach Tibet reisen wollte, um seine kranke Mutter zu besuchen. Gleich nachdem seine Verwandten von der Festnahme von Saru Dawa hörten, machten sie zahlreiche Anfragen an verschiedenen Orten und Polizeistationen in der Nähe der Grenze zu Nepal. Weil alle beim Überschreiten der Grenze Festgenommenen in der Nyari Haftanstalt in Shigatse inhaftiert werden, wurden die Angehörigen bei der Gefängnisleitung dort vorstellig. Diese leugnete zuerst, einen Häftling namens Dawa bei sich zu haben. Ein Gefängnisbeamter, der von den Angehörigen Dawas Geld erhalten hatte, gab jedoch zu, daß Dawa in Nyari eingesperrt gewesen sei, aber in der Folge Selbstmord begangen hätte.

Am 15. Februar wurden die Verwandten zu der Stelle in der Nähe des Gefängniskomplexes geführt, wo Dawas Leiche begraben war. Die Gefängniswärter exhumierten den Körper, ohne daß die Verwandten ihn berühren durften. Die Leiche strömte keinen üblen Geruch aus, und auf Bitte der Angehörigen wurde sie am selben Tag in ihrem Beisein verbrannt.

Ihnen wurde mitgeteilt, Dawa hätte eine schwere Straftat begangen. Man zeigte ihnen ein Photo Dawas mit dem Dalai Lama und einige in der Exilgemeinde veröffentlichte Bücher. Ein Gefängnisbeamter soll gesagt haben, Dawa sei schon bei seiner Ankunft in der Haftanstalt bei schwacher Gesundheit gewesen, und trotz medizinischer Behandlung hätte sich sein Zustand nicht gebessert. Sein schlechter Gesundheitszustand zusammen mit der Last des von ihm begangenen schweren Verbrechens seien wohl zu viel für Dawa gewesen, weshalb er schließlich am 9. Januar 2001 Selbstmord begangen hätte.

Ein Mitmönch aus Kloster Kirti bestätigte, daß Dawa einen Sack voller Bücher mit sich getragen hätte, es sich aber nur um rein religiöse Texte gehandelt hätte, und kein Buch politischen Inhaltes darunter gewesen sei. Dawa wurde 1974 in der Gemeinde Saru, Kreis Dzoge, Präfektur Ngaba, Provinz Sichuan, geboren. Im Alter von 13 Jahren trat er in das Taktsang Lhamo Kirti Kloster ein. 1992 floh er nach Indien, wo er sich dem Kirti Kloster in Dharamsala anschloß. Nach 8 Jahren Studium in diesem Kloster begab er sich im November 2000 auf den Weg nach Tibet, nachdem er von der schweren Erkrankung seiner Mutter erfahren hatte.

Teil 5

Extra schwere Mißhandlung wegen Gefängnisprotest führte zum Tod

Ein ehemaliger politischer Gefangener, der diese Woche in Nepal eintraf, berichtet vom Tod eines anderen politischen Gefangenen. Der 40-jährige Penpa aus Tsang Shalu starb Anfang 2000, gerade einen Monat, nachdem er aus medizinischen Gründen auf Bewährung entlassen wurde. Penpa, der eine 3-jährige Strafe in dem Trisam Gefängnis abbüßte, hatte nur noch 6 Monate bis zur Vollendung seiner Haftzeit. Nachdem er aus dem Gefängnis kam, suchte er verschiedene Ärzte und Spitäler in Lhasa und im Kreis Phenpo Lhundrup auf, aber er genas nicht mehr von seinem Leiden. Tatsächlich verschlechterte sich sein Zustand mehr und mehr, und schließlich starb er drei Tage, nachdem er in seinen Heimatort in Tsang zurückgekehrt war. Bei der Himmelsbestattung sahen seine Verwandten, daß eine Lunge kollabiert war und an den Rippen haftete. Penpa war schwer geschlagen worden, als er zuerst vom Nationalen Sicherheitsbüro (chin. An Quan Ting) festgenommen wurde, das ihn mit einem Vorfall wegen einer tibetischen Flagge in Zusammenhang brachte. Einige Monate vor seiner Festnahme wurde am 14. Mai 1997 die verbotene tibetische Nationalflagge auf dem Dach des Jokhang Tempels aufgezogen. Penpa wurde die ärztliche Behandlung, der er damals bedurft hätte, verweigert, und als sein Gesundheitszustand sich weiter verschlechterte, sahen sich die Behörden gezwungen, ihn aus medizinischen Gründen auf freien Fuß zu setzen.

Penpa, ein ehemaliger Mönch von Lhaden Tsuklakhang, wurde 1989 wegen Beteiligung an der Demonstration vom 5. März 1989 in Lhasa ein Jahr eingesperrt. Auch damals soll er immer wieder besonders schwer geschlagen worden sein, weil er bei einem Protest gegen die ungenügende Ernährung im Outridu Gefängnis (Lhasa) mitgemacht hatte.

"Mit diesem Vorfall verzeichnet das TCHRD fünf Todesfälle von politischen Gefangenen alleine im Jahr 2000. Seit China 1988 die UN Konvention gegen Folter ratifizierte, starben insgesamt 71 tibetische Gefangene als direkte Folge von Folter", sagte Lobsang Nyandak, leitender Direktor des Tibetischen Zentrums für Menschenrechte und Demokratie. "Diese Todesfälle sind ein weiterer Beweis für die fortgesetzte und krasse Verletzung der Grundmenschenrechte durch die chinesische Regierung. Wir finden es entsetzlich, daß die internationale Staatengemeinschaft immer noch nicht die chinesische Regierung tatkräftig verurteilt hat."

Teil 6

Schmiergelder, Vertuschung und schließlich Tod im Polizeigewahrsam

Diese aufeinanderfolgenden Informationen über Tod durch Folter erhärten die Ergebnisse, die Amnesty International (a.i.) in seinem neuesten Bericht mit Titel "Folter - eine immer größere Geißel in China - es ist Zeit zum Handeln" veröffentlichte. a.i. zufolge "ist Folter in Tibet besonders drastisch am Anfang in der Polizeihaft und in der Ermittlungsphase. Viele erzählten, sie seien mit jedwedem Gegenstand geschlagen worden, der einer Wache oder einem Vernehmer gerade in die Hände kam, einschließlich Gewehrenden. Gefangene werden über den Kopf gehauen oder in den Bauch, die Lenden und die Genitalien getreten. Manchen wurden Metallhelme aufgesetzt und ihre Köpfe dann gegen die Mauer geschmettert. Wegen der besonders auf die empfindlichen Organe verabreichten Stöße und Schläge sind Nieren- und Leberleiden häufig bei den Häftlingen.

Eine unlängst im Exil angekommene Frau aus Kandze lieferte eine detaillierte Schilderung über den Tod ihres Mannes in der Polizeihaft. Pasang Dolma erreichte Dharamsala im Februar 2001. Sie war 15 Jahre lang mit Tsering Wangdrak verheiratet und hat 3 Kinder. Tsering war einer von den etwa 3000 Personen, die am 26. Oktober 1999 in Kandze demonstrierten. Die Menschen forderten die Freilassung von Geshe Sonam Phuntsok, der in der vorhergehenden Nacht von 6 Sicherheitskräften von Kreis Kandze festgenommen worden war. Chinesische paramilitärische Kräfte griffen sofort rigoros durch, wobei sie die Demonstranten gleichzeitig filmten. So konnten sie am Ende auch jene, die weggelaufen waren, in ihren Häusern sicherstellen. Unter diesen war auch Tsering, der bei dem Protest ganz vorne war. Am 29. Oktober um 10 Uhr umstellten etwa 8 Kleinbusse und 40-45 Polizeifahrzeuge voller Polizisten und paramilitärischer Kräfte den Schauplatz der Demonstration in der Gemeinde Goloe. Sie begannen, jedes Haus zu durchwühlen. Als sie zu Tserings Wohnung kamen, rissen sie die Photos vom Dalai Lama und von Geshe Sonam Phuntsok herunter und stampften auf ihnen herum. Dann legten sie Tsering mit seinen Armen hinter dem Rücken in Handschellen und begannen, ihn mit Elektroschockstäben zu stoßen. Tsering und noch ein paar Tibeter wurden in die Polizeistation von Kandze transportiert, wo sie bei der Vernehmung brutal geschlagen wurden. Insbesondere Tsering wurde mit seinem Gesicht auf den Boden geknallt und gegen den Kopf getreten. Dann versohlten sie seinen Rücken mit einem Bambusstock und übergossen ihn mit kochendem Wasser. Daraufhin peitschten sie ihn noch mit Drahtseilen aus, wobei sie ihn hänselten: "Ernährt euch etwa der Dalai Lama? Gibt Geshe Sonam Phuntsok euch zu essen? Seid ihr jetzt glücklich?" Dies ging einen Monat lang so fort. Nach zwei Monaten wurde Tsering wegen seiner politischen Aktivität zu 3 Jahren und 8 Monaten Haft verurteilt und in das Ngapa Gefängnis der Präfektur Kandze, Provinz Sichuan, verlegt.

28 Tage nach der Verurteilung ihres Gatten konnte Pasang ihn zum ersten Mal sehen. Sie mußte einen nervenaufreibenden Prozeß durchlaufen, um die dazu notwendige Erlaubnis zu bekommen und am Ende gar noch 1.000 Yuan Schmiergeld zahlen, um Tsering zu sehen zu bekommen. In zwei Tagen durfte sie ihn gerade zwei Mal sehen. Am 6. Juni 2000 kontaktierte ein Mitgefangener Pasang und teilte mit, ihr Mann sei in einem ernsten Zustand. Als sie auf dem Weg zu ihm war, erreichte sie am Nachmittag ein weiterer Anruf, er sei bereits gestorben. Vier Tage später erhielt sie dann ein Telegramm aus dem Gefängnis mit der Nachricht von Tserings Erkrankung.

Die Namen der anderen zusammen mit Tsering festgenommenen Personen sind:

1. Pasang, der nach dem Protest nach Lhasa floh und später an einem Herzschlag starb.

2. Pema Phuntsok, ein am 29. Oktober 1999 festgenommener Bauer, der zu 3 Jahren verurteilt und möglicherweise nach Peking gebracht wurde.

3. Lobga, ein 49-jähriger Bauer, wurde zu 3 Jahren verurteilt und in das Gefängnis Ngapa in Sichuan eingesperrt.

4. Wangdue, ein 48-jähriger Bauer, wurde zu 3 Jahren im Gefängnis Ngapa verurteilt.

5. Phuntsok, 21, wurde zu 3 Jahren in Ngapa verurteilt.

Geshe Sonam Phuntsok selbst wurde nach zweimonatiger Untersuchungshaft zu 5 Jahren verurteilt und in das Gefängnis Dartsedo der Präfektur Kandze geworfen.

Pasang, die als Buchhalterin für die Ortsgemeinde arbeitete, war ebenfalls bei dem Protest dabei. Als herauskam, daß sie mitgemacht hatte, wurde sie zu 500 Yuan Strafe verdonnert und öffentlich gedemütigt. Sie wurde auch geschlagen und gestoßen. Der Gemeindevorsteher Lobsang Tsering bestrafte sie zusätzlich, indem er ihr auftrug, einen Monat lang Toiletten zu reinigen und andere niedrige Arbeiten zu verrichten.

Aus Angst, die chinesischen Besatzer zu verstimmen, wollten die Leute in ihrer Stadt ihr nicht einmal dabei helfen, die Leiche ihres Mannes abzuholen, um die Bestattungsriten auszuführen. Außerdem ist es ziemlich weit von der Stadt zum Gefängnis. Kein offizieller Totenschein wurde ausgestellt. Pasang erklärte: "Mein Mann war körperlich gesund. Ich bin überzeugt, sein Tod ist direkt auf die Folterung im Gefängnis zusammen mit der Zwangsarbeit und ungenügenden Ernährung zurückzuführen."

Teil 7

Das Leben riskiert auf der Suche nach Erziehung

Yangphel ist ein 44-jähriger Geschäftsmann aus dem Dorf Jidon, Kreis Markham in der Provinz Chamdo. Sein Sohn Tsering Mejoy ging drei Jahre lang zur Grundschule Ponda in dem Dorf Jidon. Dort betrugen die jährlichen Gebühren 800 Yuan, doch nach 3 Jahren hatte Yangphels Sohn überhaupt keine Fortschritte gemacht. Er konnte nicht einmal das tibetische Alphabet schreiben. Jedes Jahr werden 6 Schüler von seinem Dorf ausgewählt, welche gezwungen werden, zur Dorfschule zu gehen. Da der Ruf dieser Schulen so schlecht ist, ziehen die Eltern nämlich vor, ihre Kinder zu Hause zu behalten, so daß sie die bäuerlichen Arbeiten und Viehhaltung lernen können. Deshalb wird die Auswahl durch Verlosung vorgenommen, und wenn die Eltern dann ihre Kinder nicht zur Schule schicken, müssen sie 1.500 Yuan Strafe zahlen. Yangphels Cousin nahm seinen Sohn von der Schule, als er merkte, daß das Kind verdorben wurde, statt eine angemessene Schulung zu erhalten. Dafür mußte er 1.500 Yuan Strafe zahlen.

Yangphel floh in einer Gruppe mit zwei Kindern, dem 13-jährigen Ngawang Phegyal und dessen 12-jähriger Schwester Tenzin Tsomo nach Indien, die von ihren Eltern mit einem nepalischen guide auf den Weg geschickt wurden, um in Indien zur Schule gehen zu können. Nach etwa 15 Tagen Fußmarsch machte die Gruppe einmal zum Mittagessen halt. Tenzin Tsomo ging zum Fluß, um Wasser zu holen, fiel aber hinein und wurde von der heftigen Strömung mitgerissen. Als die anderen merkten, was geschehen war, war es bereits zu spät und sie konnten den Körper nicht mehr finden. Die Gruppe erreichte nach eineinhalb Monaten Nepal.

Teil 8

Schule für die Erwählten

Tseten, eine Lehrerin an einer Grundschule in Kreis Dhitoe, floh unlängst ins Exil. Sie berichtet: "In meinem Landkreis gibt es eine gut eingerichtete Schule, aber auf diese gehen nur Kinder chinesischer Nationalität, Kinder von staatlich angestellten Tibetern und Kinder reicher tibetischer Geschäftsleute. Es gibt kein einziges Kind aus bäuerlichem oder nomadischem Milieu. Diese gehen nämlich in eine andere Schule, aber nach Beendigung der Grundschule können die meisten von ihnen nicht weitermachen, weil sie nichts gelernt haben. Außerdem pflegen die Lehrer zu sagen: "Nomadenkinder sind dumm, sie begreifen überhaupt nichts". Die Lehrer sind alle Chinesen, und selbst wenn ein Nomadenkind bei seinen Prüfungen gut abschneidet, stehen die Chancen, einen Job zu bekommen, ziemlich schlecht".

Solches wird auch von dem 24-jährigen Tashi aus der Gemeinde Agha in Kreis Agha, Provinz Kham, bestätigt: "Die Tibeter können sich nicht leisten, ihre Kinder zur Schule zu schicken. Von 100 Schülern enden nur zwei mit einer richtigen Erziehung, aber auch sie werden niemals eine Stelle beim Staat bekommen, es sei denn, sie kennen jemand in der Regierung oder sie haben genug Geld, um die Behörden zu schmieren. Niemand gibt etwas auf Eignung, Fähigkeit oder Fertigkeiten".

Teil 9

Chinesische Politik schafft Armut

Jaring ist ein 24-jähriger Maler aus dem Dorf Nyenko Namo der Gemeinde Hokon, Kreis Darlag. Selbst aus einer Nomadenfamilie stammend, erzählt Jaring, wie die Nomaden in Nyenko unter den ärmlichen Lebensbedingungen zu leiden haben, was er der Politik der Chinesen inbezug auf die Nomaden zuschreibt.

"Das Weideland wird unter den Nomaden aufgeteilt, weshalb es keine gegenseitige Hilfe mehr in der Gemeinde gibt. Die einzelnen Nomaden sind unabhängig voneinander, und alle Gemeinschaftsarbeit wird nun auf Anordnung der lokalen Verwaltung geleistet, die für jede Kleinigkeit Bußgeld erhebt. So wurde beispielsweise neulich zum Bau einer Brücke und einer Straße von jedem Haushalt in der Ortschaft ein Mitglied zur Arbeit ohne Bezahlung herangezogen. Bei Nichterscheinen konfiszierten die Behörden eine dri (Yak-Kuh) als Strafe".

"Außerdem wohnen die Nomaden ja traditionsgemäß in Zelten aus getrocknetem Yakfell, doch in jüngster Zeit verlangen die Chinesen von uns, Segeltuch-Zelte zu kaufen, die wir entsetzlich teuer und überflüssig finden. Obendrein zu den üblichen Steuern muß jeder Haushalt nun jährlich fünf Schafe, einen Yak und eine dri an die Gemeinde zwangsverkaufen. Normalerweise erbringt ein Schaf einen Marktpreis von 400 Yuan, aber der Staat entschädigt uns nur mit 70 Yuan, was nicht einmal der Marktpreis für ein Tierfell ist".

Teil 10

Über religiöse Repression

"Letztes Jahr wurde die patriotische Umerziehung in den Klöstern Hokon und Sarong gestartet. Es gibt eine Menge Regeln und Bestimmungen, welche die Mönche lernen müssen, was sie als Zeitverschwendung und Einbruch in ihre Gebetsroutine empfinden. Bei jeder Umerziehungsperiode werden die Mönche gezwungen, den Dalai Lama scharf zu kritisieren. Sie werden auch aufgefordert, sich an allen zivilen Bauarbeiten und anderen örtlichen Regierungsprojekten zu beteiligen".

Letztes Jahr fand in der Präfektur Golog ein Treffen mit chinesischen Vertretern aus den sechs Landkreisen Machen, Matoe, Chigdril, Pema, Gade und Darlag statt. Die Quintessenz der Besprechungen war dem Informanten zufolge: "Jeder einzelne Mönch ist eine Last für das Volk und die Gemeinschaft, und daher werden wir (der Staat) die Anzahl von Mönchen einschränken und keine Jugendlichen mehr vor ihrem 18. Lebensjahr als Mönche zulassen".

Teil 11

Über Umweltzerstörung in seiner Gegend

"Über 15 Jahre lang wurde in dem Jaring Tso, Nagring Tso und Toring Tso in Kreis Matoe intensiver Fischfang betrieben, und die Fische wurden zum Verkauf nach Ziling in der Provinz Qinghai transportiert. Nun ist der Fischbestand fast erschöpft. Wenn die lokalen Tibeter sich bisher wegen massiven Überfischens beschwerten, wiesen chinesische Fischer sogleich staatliche Erlaubnisscheine zum Fischen vor, was die Tibeter ohnmächtig machte. 400-500 chinesische Fischer pflegten jährlich zum Fischfang hierher zu kommen. Als ich 1999 wieder in der Gegend war, sah ich jedoch, daß es weniger Chinesen gab, weil der Fischbestand so sehr abgenommen hatte und die Seen geschrumpft waren. Nachdem nun die Chinesen die potentielle Gefahr erkannt haben, verfügten sie unlängst einen Stop für den unbefugten Fischfang und ergriffen Maßnahmen, um weiteres Fischen in dieser Gegend zu verbieten. Sie bestimmten nun andere Seen, wie den Ganla Tso und den Wangtsa Tso in Kreis Matoe, für die Fischerei. Diese Seen sind der örtlichen Bevölkerung aber heilig und sollten nicht ausgebeutet werden, aber wie gewöhnlich sind die Proteste der Lokalbevölkerung nutzlos.

In Nanto, Kreis Darlag, schürften die Chinesen 1996-1997 zwei Jahre lang Gold. Bekanntlich ist Nanto reich an Bodenschätzen. Bisher gibt es keine einzige befahrbare Straße nach Nanto, weshalb die Chinesen den Bau einer Straße planen, um die Ausbeutung der Gegend zu intensivieren. In Qinghai gibt es auch ein Salzfeld, welches als das größte der Gegend gilt. Die Chinesen bauen es ab, und setzten eine Fabrik dorthin, die aber niemand betreten darf. Jaring verließ seine Heimat im November 2000 und erreichte im Februar 2001 Dharamsala.

Teil 12

Ins Feuer gestreutes Chili und Elektroschock zur Erzwingung von Geständnissen

1995 kam ein Arbeitsteam in das Kloster von Norbu Damdul und forderte, die Mönche sollten den von China ernannten Panchen Lama anerkennen. Das Kloster Kandze sah im Verlauf der letzten Jahre eine Reihe von Trotzakten gegen diese chinesische Politik. Norbu konnte die Auflagen nicht akzeptieren, weshalb er absichtlich dem Unterricht des Arbeitsteams fern blieb. Im Dezember 1995 brachte Norbu Plakate an im Kloster von Kandze, sowie an einigen größeren Kreuzungen, auf denen stand "Free Tibet", "Chinesen verlaßt Tibet" und "Tibeter glauben nicht an den von China bestimmten Panchen Lama".

Vier Monate später, im April 1996, wurde ein Dutzend Mönche aus Kloster Kandze in Zusammenhang mit dem Mord an einem Mönch zur Vernehmung in die Polizeistation zitiert. Als diese zu Ende war, wurde Norbu als einziger zurückgehalten, während alle anderen Mönche gehen durften. Zuerst fragten ihn die Polizisten bezüglich des Mordes, aber dann wurde er zur Rede gestellt, ob er jemals Unabhängigkeitsplakate angebracht oder anti-chinesische Propaganda betrieben hätte. Norbu leugnete alle gegen ihn vorgebrachten Beschuldigungen. Er wurde 10 Tage lang in der Polizeistation festgehalten, während derer er schwer gefoltert und bis auf die Unterhosen nackt ausgezogen wurde. Die Peiniger hängten ihn mit dem Kopf nach unten an seinen Füßen an der Decke auf und entfachten ein Feuer unter ihm, in das sie Chilipulver warfen. Die aufsteigenden beißenden Rauchschwaden verursachten ihm unerträgliche Schmerzen und brachten ihn dem Ersticken nahe. Ein andermal ließ ihn ein Polizist auf alle Viere niedergehen und setzte sich dann auf seinen Rücken wie auf ein Pferd. Sie spuckten ihm auch ins Gesicht und verabreichten ihm Elektroschocks, wobei seine Hände auf dem Rücken in Handschellen gefesselt waren. Sie beschimpften ihn wegen seines Tuns und erklärten, außer ihm hätten andere Tibeter keine Probleme damit, die chinesische Herrschaft zu akzeptieren.

Norbu begann auf die entsetzlichen Schläge hin Blut zu spucken, und schließlich sah er keinen Ausweg mehr, als seine Taten zu gestehen. Während der zehntägigen Festhaltung mußte er Hunger leiden und wurde mit einem Straftäter zusammen in eine Zelle gesteckt. Die Sicherheitspolizei bestand darauf, Norbu müsse "Komplizen" haben, und war entschlossen, deren Namen herauszubringen. Sie setzten alle Mittel ein, damit er die Namen der anderen enthüllte; sogar mit Geldgewinnen lockten sie ihn. Als es ihnen mißlang, irgendeine Information aus Norbu zu herauszupressen, hielten sie ihn weitere 8 Monate fest, wonach er vor ein Gericht gestellt und zu 3 Jahren Haft verurteilt wurde. Er kam in das Ngapa Gefängnis, Provinz Sichuan, wo zu der Zeit 3.800 Häftlinge verschiedener Vergehen wegen eingesperrt waren. Unter ihnen waren etwa 12 politische Gefangene.

Das Schlimmste für Norbu in der Gefangenschaft war die ungenügende Ernährung. Während seiner ganzen Zeit im Gefängnis bekam er niemals genug zu Essen. Er sagt, das den Häftlingen gelieferte Essen sei schlimmer als Schweinefraß gewesen. Fleisch gab es nur ganz selten, und wenn, dann war es halbverfault. Als ein politischer Gefangener durfte er nicht wie die kriminellen von Eltern und Verwandten besucht werden, noch mit Essenspäckchen versorgt werden.

Wenn Gefangene erkrankten, mußten sie tagelang warten, bis sie einen Arzt zu sehen bekamen. Und den Kranken wurde allen dieselbe Arznei verabreicht, egal ob sie nun an Kopfweh oder Bauchschmerzen litten. Sie durften sich untereinander nicht auf Tibetisch unterhalten und mit der Begründung, dies sei ein chinesisches Gefängnis, wurden sie gezwungen, auf Chinesisch zu sprechen.

Norbu wurde am 1. April 1999 nach Ableistung der Haftzeit entlassen. Aber er durfte nun nicht mehr in sein Kloster zurückkehren, noch seine Mönchsrobe tragen. Ein Jahr lang blieb er zu Hause und widmete sich dem Selbststudium. Dann begab er sich nach Lhasa. Von dort aus reiste er in einem beladenen LKW versteckt nach Dram, wo er einen guide fand, der ihn um 2.000 Yuan über Bergpfade nach Nepal führte. Am 1. Januar 2001 traf Norbu in dem Tibetan Reception Centre in Kathmandu ein.

Der 28-jährige Norbu Damdul aus dem Dorf Yu Sang, Gemeinde Dotho, Kreis Kandze, kommt aus bäuerlichem Hintergrund; mit 6 Jahren wurde er Novize in Kloster Kandze, um das spirituellen Studium aufzunehmen. Am 10. Januar 2001 erreichte er Dharamsala. Er meint: "Seine Heiligkeit der Dalai Lama tut so viel für Tibet, wenn ich ihm nur ein wenig dienen kann, bedeutet der Tod mir nichts". Solange sich die Lage nicht ändert, will er nicht mehr nach Tibet zurückkehren. Er möchte sich nun gerne dem Sera Kloster in Südindien anschließen.

Teil 13

Sechs Jahre im Gefängnis Ngaba

Der 41-jährige Pasang Dorjee kommt aus bäuerlichem Hintergrund des Dorfes Wosang, Gemeinde Dantho in der Präfektur Kandze, Provinz Sichuan. Seine Mutter starb, als er noch ein Kind war, und er wurde von seinem Vater und älteren Geschwistern aufgezogen. Von 8 bis 12 Jahre besuchte er die Gemeindeschule von Dantho.

1987 war Pasang einer der ersten Mönche, welche sich an der Renovierung des Klosters Kandze beteiligten. Wie berichtet, soll sich Pasang jedoch seit 1995 politischen Tätigkeiten gewidmet haben, darunter der Verteilung von Unabhängigkeitsblättern, hauptsächlich aus Protest gegen die Ernennung des chinesischen Panchen Lama. Als Folge hiervon wurden Pasang und sein Freund Norbu Damdul im April 1996 von dem PSB Haftzentrum von Kandze vorgeladen. Norbu stellte sich der Behörde und wurde sofort in Gewahrsam genommen. Pasang war jedoch gerade mit einer Gebetszeremonie beschäftigt und ignorierte die Vorladung. Am nächsten Tag kamen etwa 15 Polizeibeamte zu seinem Kloster und führten ihn ab. Als nächstes durchsuchten sie Pasangs Haus, wo sie Beweise zu finden hofften.

In der Polizeihaft wurde Pasang zusammen mit nicht-politischen Gefangenen in einer ganz anderen Einheit als Norbu gehalten, so daß die zwei keine Möglichkeit zum Kontakt hatten. 20 Tage später wurde Pasang in dieselbe Einheit wie Norbu verlegt, aber immer noch waren sie voneinander getrennt. Erst nach dem Prozeß kamen die zwei Freunde schließlich wieder zusammen. Am 22. Oktober 1996 verurteilte das Mittlere Volksgericht von Kandze Pasang zu 6 Jahren Gefängnis mit weiteren drei Jahren Verlust der Bürgerrechte. Während der Untersuchungshaft, ehe er vor Gericht gestellt wurde, erlitt er wiederholt Schläge und durfte überhaupt keine Besuche empfangen.

Am 23. Februar 1997 wurden Pasang und Norbu in das Ngaba Gefängnis verlegt, wo sie sich nach 10 Monaten endlich wieder sahen. In den ersten 2 Monaten in der rukhag #4 (der vierten Einheit) mußten die zwei Mönche und zwei weitere politische Gefangene (einer davon war Tulku Ka Bukye) ihren Kerker mit nicht-politischen Gefangenen teilen. Die Strafgefangenen wurden anders als die politischen behandelt. Die Kriminellen werden zur körperlichen Arbeit eingesetzt, sie müssen den Boden ackern, Teppiche weben und Gemüse pflanzen, während die Politischen überhaupt nie das Gefängnisgelände verlassen dürfen. Nach zwei Monaten wurden die politischen Gefangenen in die rukhag #3 verlegt, in der, als Norbu Ende 1998 entlassen wurde, noch 7 politische Häftlinge einsaßen. Alle politischen Gefangenen werden einem System extrem herausfordernder Exerzierübungen sowie intensiver politischer Indoktrinierung unterworfen. So wurden sie gezwungen, 15 Seiten der Gefängnisverordnung auswendig zu lernen, eine Aufgabe, die Pasang nicht schaffte. Zur Strafe wurde er so schwer geschlagen, daß eines seiner Beine nun permanent geschwollen ist.

Die Insassen haben auch noch andere Probleme. In dem Gefängnis Kandze wird von der Gefängnisverwaltung überhaupt kein Tibetisch verwendet. Das schafft Probleme für die tibetischen Gefangenen, welche die von ihren Aufsehern gesprochene Sprache nicht verstehen können. Darüber hinaus sind die Essensrationen äußerst mager, von schlechter Qualität und häufig noch stark verschmutzt.

Das Gefängnis Ngaba in der Präfektur Kandze hat eine Kapazität für etwa 600 Häftlinge. Norbu durfte während seiner zweijährigen Haftstrafe nur ein einziges Mal besucht werden, und auch dieser Besuch war auf lächerliche zwei Minuten beschränkt. Nach seiner Entlassung versuchte Norbu immer wieder, seinen Freund Pasang zu besuchen, wurde aber jedes Mal von den Behörden abgewiesen. Pasangs Entlassung steht erst im Oktober 2002 an.

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