Human Rights Update

Mai 2001

Inhalt
  1. China entfesselt Kampagne des harten Durchgreifens in Tibet
  2. Einem bedeutenden Abt droht Verhaftung und die Schließung seines Instituts
  3. Zwei Tibeter unter Anklage von Spionage verhaftet
  4. Politischen Aktivismus wegen eingesperrt
  5. Lebenslänglich wegen Protest gegen die Verunglimpfung des Dalai Lama
  6. Wiederaufnahme des Studentenlebens
  7. Das TCHRD zu der Weltkonferenz gegen Rassismus zugelassen
  8. Nominierung für den Reebok Menschenrechtspreis
Teil 1

China entfesselt Kampagne des harten Durchgreifens in Tibet

Auf Anregung von Präsident Jiang Zemin erneuerte China Anfang April 2001 die "Schlag-hart-zu" Kampagne auf zwei Jahre, um die steigende Kriminalität einzudämmen. Die offiziellen Erklärungen beschreiben die Kampagne als ein Unterfangen auf lange Sicht, um das endgültige Ziel der Konsolidierung von Chinas öffentlicher Ordnung zu erreichen.

Bei einer Arbeitstagung in der ersten Maiwoche 2001 über die soziale Stabilität in Tibet wurden an die Gerichte aller Ebenen der Autonomen Region Tibet spezielle Richtlinien ausgegeben, die Kampagne fortzuführen und sie mit größerer Vehemenz unter dem gemeinen Volk auszutragen. Das in Tibet Daily vom 8. Mai 2001 veröffentlichte Protokoll der Sitzung besagt, daß nach dem "Schlag-hart-zu" Plan die Bedrohung der nationalen Stabilität, Totschlag, Raub, mit Waffen begangene Verbrechen und Diebstahl als die hauptsächlichen Vergehen gelten.

Des weiteren wurde bei dem Meeting beschlossen, hart gegen Drogenhandel, Schmuggel, mafiaartige Verbrechen, Finanzgaunerei und das verbotene Geleiten von Personen ins Ausland vorzugehen. Die seiner Aufsicht unterstehenden lokalen Parteikomitees haben Anweisung, rigoros gegen alle die soziale Stabilität bedrohenden Aktivitäten vorzugehen.

Betroffen von den Beschlüssen der Sitzung sind auch die Wegführer, die Flüchtlingen helfen über die gefährlichen Himalaya-Pässe den Weg in die Freiheit anzutreten. "Dies würde sich nicht nur einschneidend auf den Strom der Flüchtlinge auswirken, sondern auch das winzige bißchen an Information über Menschenrechtsverletzungen, welche sie bisher der Außenwelt bringen konnten, unterbinden. Diese Maßnahme wird allmählich die Stimme der Tibeter in Tibet gänzlich ersticken", kommentiert Lobsang Nyandak Zayul, der leitende Direktor des Tibetischen Zentrums für Menschenrecht und Demokratie.

Besonders beunruhigend für Tibeter ist, daß diese Kampagne in Tibet eine gänzlich andere Form annimmt. Für Tibeter brachte die "Schlag-hart-zu" Kampagne seither schwere Menschenrechtsverletzungen mit sich. Es gab zahlreiche Fälle von Verhaftungen und Inhaftierungen, Folterung und langzeitiger Haft, nur weil die Betroffenen ihre Unterstützung für tibetische Unabhängigkeit und den Dalai Lama zum Ausdruck brachten, was die Obrigkeit als eine die Stabilität der Nation betreffende "Gefährdung der Staatssicherheit" betrachtet. Derartige Vorfälle sind eher politisch motiviert, als daß es sich Verbrechen krimineller Natur handeln würde. Damit wird der wahre Zweck der Kampagne verschleiert.

In China richtet sie sich in erster Linie gegen kriminelle Taten verschiedener Art. Dagegen stehen in Tibet bei der "Schlag-hart-zu" Kampagne die Wahrung der Stabilität und Bekämpfung von separatistischen Aktivitäten an vorderster Stelle. Die Kampagne hat daher einen doppelten Zweck, von denen einer offiziell überall proklamiert wird, während von dem anderen diejenigen ereilt werden, die sich für tibetische Unabhängigkeit aussprechen.

Ebenso hat die seit 1996 in den religiösen Institutionen Tibets durchgeführte "patriotische Umerziehung" dieselbe Mission, nämlich Gefühle und Ausbrüche tibetischen Nationalismus zu unterbinden und die Mönchsgemeinschaft nach der Doktrin der kommunistischen Partei zu formen. Außer daß die Kampagne gegen die Rechte tibetischer Mönche und Nonnen hinsichtlich ihres Glauben, ihrer Praxis und Loyalität verstößt, führte sie auch zu vielen Verhaftungen und Ausweisungen.

Das TCHRD verzeichnete im Zusammenhang mit der "patriotischen Umerziehungskampagne" 2000 insgesamt 12.271 Ausweisungen, wovon 1.876 Nonnen sind. Allein im Jahr 2000 gab es in den verschiedenen Klöstern 862 Ausweisungen, davon 147 Nonnen. Fast ein Drittel der derzeit 451 hinter Gittern sitzenden politischen Gefangenen in Tibet sind Mönche und Nonnen, und fast alle diese Verhaftungen stehen direkt oder indirekt mit dem sogenannten Stabilitätsfaktor oder die Unabhängigkeit betreffenden Aktivitäten im Zusammenhang.

Die erste Hartdurchgreif- oder Verbrechenbekämpfungs-Aktion wurde 1983 wegen der wachsenden Sorge über den damals in China festgestellten Anstieg in der Verbrechensrate gestartet. Eine weitere Hartdurchgreif-Aktion gab es 1990/1, die sich gegen gemeine Verbrechen wie Mord oder Raub in ganz China richtete. Eine weitere Kampagne dieser Art, die offiziell im April 1996 vom Stapel gelassen wurde, ist die umfassendste und dritte ihrer Art.

Die offiziellen chinesischen Medien informieren regelmäßig über die Durchführung der laufenden Hartdurchgreif-Kampagne in den tibetischen Gebieten außerhalb der TAR. Die provinzielle Polizeibehörde von Tsongon (chin. Qinghai) berichtete von ausgedehnten Ermittlungen in der Region, die binnen Wochen nach der Lancierung der neuen Hartdurchgreif-Kampagne zu Massenverhaftungen geführt haben. Bis zum 19. April 2001 hätte ein Heer von 9841 Polizisten und 383 Sicherheitsbeamten insgesamt 5948 Miethäuser, Gästezimmer, Straßenläden, Bars und Friseurläden in Tsognon durchsucht und dabei 12.462 Gesetzesübertreter aufgespürt und 494 Verbrecher festgenommen. In der Stadt Golmud ließen die Polizeiorgane 6 Mafia-Banden auffliegen, verhafteten verschiedene andere Bandenmitglieder und nahmen ihnen potentiell gefährliche Waffen ab.

Teil 2

Einem bedeutenden Abt droht Verhaftung und die Schließung seines Instituts

Einer zuverlässigen Quelle zufolge läuft Khenpo Jigme Phuntsok, der Hauptabt des Larung Ngarig Nangten Instituts, Gefahr, bald von den Behörden verhaftet zu werden. Eine dieses Jahr ergangene Order fordert die Schließung seines Instituts. In Anbetracht des großen Zulaufs, den das Institut verzeichnet, gab die Regierung 2001 einen Befehl heraus, daß alle Studenten in ihre jeweiligen Heimatorte zurückkehren müssen. Khenpo antwortete darauf, die Studenten seien ja von selbst gekommen, weshalb es nicht richtig wäre, sie zum Verlassen zu zwingen. Außerdem wurden die Verwaltungen auf Distrikt- und Provinzebene angewiesen, jeweils drei Kader zu bestimmen, welche die Studenten, die in ihrem Amtsbereich ansässig sind, zurückholen müssen. Angesichts dieser neuerlichen Verordnung scheint die Ausweisung der Studenten aus dem Institut nun endgültig bevorzustehen. Weitere Information über die derzeitige Situation von Khenpo Jigme Phuntsok gibt es nicht.

Das in Kreis Serthar der Kandze TAP, Provinz Sichuan, gelegene Institut wird von über 10.000 Mönchen/Nonnen und Laien besucht, welche ganz speziell Belehrungen von Khenpo erhalten möchten. Seine Zuhörerschaft umfaßt sowohl Tibeter als auch Chinesen aus verschiedenen Provinzen und Distrikten Tibets und der VR China. Seit der Gründung des Instituts 1980 erteilte Khenpo Belehrungen über einen großen Themenkreis wie Sutra, Tantra und tibetische Sprache. Er unternahm ausgiebige Tourneen durch ganz Indien, Nepal, Bhutan, sowie durch die USA, England, Frankreich, Kanada, Japan, Taiwan und Hongkong, und geleitete unzählige Menschen auf dem buddhistischen Pfad zur Befreiung und Erleuchtung.

Teil 3

Zwei Tibeter unter Anklage von Spionage verhaftet

Die Polizei verhaftete zwei Tibeter wegen "Spionage und Separatismus". Die offizielle chinesische Nachrichtenagentur Xinhua berichtete, der im Juli 2000 gefaßte Cendan (Tsetan) Gyatso sei zu 8 Jahren Gefängnis verurteilt worden, während der Prozeß von Tyugi (Topgyal), der im Mai 2001 festgenommen wurde, noch anhängig sei. Weiter hieß es, die erklärte Mission des einen sei gewesen, "sich als Protestakt gegen die chinesische Herrschaft in Lhasa selbst in Brand zu setzen", während der andere den Auftrag gehabt hätte, "die ganze Szene der Selbstverbrennung per Video aufzunehmen". Beide seien mutmaßliche Spione für den Dalai Lama und zu diesem Zweck "von den Handlangern der Regierung des Dalai Lama trainiert" worden.

Die tibetische Regierung-im-Exil wies derartige Unterstellungen entschieden mit der Begründung zurück, der Akt der Selbstverbrennung verstoße gegen das grundlegende buddhistische Prinzip der Gewaltlosigkeit, und nannte diese Spionagestory eine aus der Luft gegriffene Beschuldigung und eine weitere Taktik bei der Denunzierungskampagne gegen den Dalai Lama. Die Exilregierung und andere Nachrichtendienste finden auch den Zeitpunkt der Enthüllung dieser Story recht sonderbar, nämlich direkt vor der im Mai statt gefundenen Feier zum 50. Jahrestag der sogenannten Befreiung Tibets durch China.

Jedermann weiß, daß aus dem Exil zurückkehrende Tibeter in besonders großer Gefahr schweben, verbotener "Spionageaktivitäten für westliche Kräfte und die Dalai Clique" beschuldigt zu werden. Ihre "verdachterregenden Aktivitäten" ziehen harte Gefängnisstrafen nach sich unter dem offiziellen Delikt der "Gefährdung der Staatssicherheit" als Legalisierung der auferlegten Strafe.

Ngawang Choephels Fall ist ein klassisches Beispiel hierfür. Er sitzt für 18 Jahre ein und es nun in dem Chengdu Gefängnis, weil er nach Tibet reiste, um tibetische Volksmusik zu erforschen. Einer seiner früheren Mitgefangenen Ngawang Jungney wurde ebenfalls als "Spion für die tibetische Exilregierung" angeklagt, als er zum Zweck des Studiums der tibetischen Sprache Tibet besuchte. Er verbüßt derzeit eine 9-jährige Haftstrafe im Drapchi Gefängnis. Da keine Beweise für diese Anklage auf Spionage erbracht werden konnten, stellen diese Verhaftungen und nachfolgende Verurteilungen das chinesische Justizsystem schwer infrage. Es ist nichts Ungewöhnliches, daß Tibeter auf bloßen Verdacht "politischer Aktivitäten" hin, wie Plakatekleben, friedliches Protestieren und Besitz von Dalai Lama Photos, willkürlich festgenommen werden.

Teil 4

Politischen Aktivismus wegen eingesperrt

Phuntsok ist ein ehemaliger Mönch des östlich von Lhasa gelegenen Kloster Ganden. Einige Jahre lang ging er zur örtlichen Volksschule und wurde dann in sehr jungen Jahren Novize in Ganden. Am 20. März 1992 begann Phuntsok zusammen mit 13 weiteren Mönchen aus verschiedenen Klöstern eine friedliche Unabhängigkeitsdemonstration in der Nähe des Jokhang Tempels in Lhasa. Die Namen seiner Gefährten waren Lobsang Lungtok, Jampel Gedun, Lobsang Yeshi, Lobsang Legshe, Tsultrim Dhonden, Jamyang, Lobsang Tenzin, Dawa (1), Dawa (2), Tenzin Phuntsok, Sonam Bagdro, Lobsang Jampa und Thupten Kunphel. Die Demonstration schwoll allmählich auf fast 250 Beteiligte an, welche tibetische Nationalflaggen trugen und anti-chinesische Parolen schrieen.

Innerhalb von Minuten stürzten sich uniformierte und nicht-uniformierte Kräfte des Public Security Bureau von Lhasa (PSB) auf die Demonstranten. Sie schlugen die Mönche erbarmungslos und nahmen viele von ihnen fest, die dann alle in das Polizei-Haftzentrum von Lhasa kamen. Um August 1992 fällte der Mittlere Volksgerichtshof von Lhasa die Urteile. Tsering Phuntsok wurde zu 7 Jahren, Lobsang Jampa zu 8 Jahren, Lobsang Lungtok zu 7 Jahren, Tenzin Phuntsok zu 6 Jahren, Lobsang Yeshi und Lobsang Legshe zu je 5 Jahren und Tsultrim Dhonden zu 4 Jahren Gefängnis verurteilt. Alle sieben Mönche wurden Ende 1992 in das Drapchi Gefängnis verlegt.

Im Mai 1998 entbrannte kurz vor einem Flaggenappell ein großer Protest auf dem Gelände des Drapchi Gefängnisses. Begonnen wurde er von Häftlingen einer neuen rukhag (Einheit), die an diesem Tag auf den Gefängnishof geführt wurden, aber dann fielen auch die Häftlinge der alten rukhag von ihren jeweiligen Zellen aus in die Parolen ein. Auch Phuntsok protestierte mit. Bei dem nachfolgenden Durcheinander schlugen Gefängniswachen und PSB Polizisten die Protestanten und bestraften sie je nach dem Grad ihrer Beteiligung. Einige wurden in Einzelhaftzellen gesperrt, während anderen ihr Urteil verlängert wurde. Phuntsok wurde brutal geschlagen und schwer auf den Kopf getroffen, so daß er entsetzlich blutete und bewußtlos umfiel. Nach diesem Vorfall wurde er so schwach und sein Zustand schließlich so ernst, daß er in das Gefängnisspital zur Behandlung gebracht werden mußte. Um Einzelheiten über den Aufruhr herauszubekommen, verlegten die Gefängnisbeamten Phuntsok und einige andere Häftlinge vorübergehend in die Gutsa Haftanstalt. Nach Monaten der rigorosen Verhöre kamen sie wieder nach Drapchi zurück. Wegen seiner Beteiligung an dem Protest wurde Phuntsoks Strafe um anderthalb Jahre verlängert, so daß sie nun insgesamt achteinhalbe Jahre beträgt.

Teil 5

Lebenslänglich wegen Protest gegen die Verunglimpfung des Dalai Lama

Aufgebracht über eine von einem tibetischen Lama ausgesprochene pro-chinesische Bezichtigung des Dalai Lama klebte ein Mönch namens Labwe Manifeste an. Diese Tat soll ihm ein Urteil auf lebenslänglich eingebracht haben. Es heißt er befinde sich derzeit in dem Gefängnis Satsang Kul in der Jyekundo (chin. Yushu) TAP. Das TCHRD hofft noch Genaueres über seine Verurteilung zu erfahren.

Demo Kongsar, ein Lama aus der Yushu TAP, Provinz Qinghai, ist ein Gefolgsmann der chinesischen Regierung, welcher in der Gegend in wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Angelegenheiten ein Wort mitzureden hat. Als der schlimmste Kritiker des von dem angesehenen Khenpo Jigme Phuntsok aufgebauten Serthar Instituts befürwortet Demo Kongsar die völlige Schließung dieser Institution, weil sie angeblich anti-chinesische Elemente beherberge.

Einmal versammelten sich Tausende von Leuten, um die Belehrungen von Demo Kongsar zu hören, als er im Sommer 2000 anläßlich der Installation einer riesigen Statue des Gründers des Gelugpa Ordens in Kreis Dritoe eine Initiationszeremonie abhielt. Unser Berichterstatter meint, diese ganze Zeremonie, die offiziell genehmigt war, sei nur ein Propagandaschaustück der Behörden gewesen, um Religionsfreiheit in Tibet vorzutäuschen. Den Tausenden von Besuchern dieser Zeremonie stehen weit mehr Tibeter gegenüber, die nichts von Demo Kongsars Beschimpfungen des Dalai Lama halten. Einer von ihnen ist auch Labwe, der Manifeste an Mauern klebte, auf denen er forderte, daß Kongsar seine kritischen Bemerkungen einstelle. Sie lauteten etwa: "Hören Sie auf mit der Beschimpfung des Dalai Lama, sonst werfen wir noch einen Sprengsatz auf Sie und bringen Sie um!" Kurz darauf leitete die Polizei von Distrikt Shichoe eine massive Fahndung nach dem Urheber ein, was schließlich zur Verhaftung von Labwe führte.

Anfänglich in dem Haftzentrum der Yushu TAP eingesperrt, wurde Labwe intensiven Verhören unterworfen, wo er den Sprengstoff versteckt halte. Tatsächlich besaß er überhaupt keinen Sprengsatz und konnte gar keinen Anschlag auf Kongsar verübt haben. Labwe wurde nach mehreren Monaten Untersuchungshaft zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Demo Kongsar appellierte an verschiedene zuständige Gerichte in Kreis Shichoe und argumentierte, Labwes Verbrechen würde ein härteres Urteil verdienen, um ein Exempel für die Massen zu statuieren. Daraufhin nahm das Oberste Gericht der Provinz Sichuan den Berufungsfall auf und verurteilte Labwe zu lebenslänglich. Der in Kreis Shichoe geborene Labwe ist ein 29-jähriger ehemaliger Mönch von Kloster Belwa.

Unser Informant Karma Thupten kommt aus einer Bauernfamilie in Dorf Kyulchu, Gemeinde Ragtoe, Distrikt Jyekundo, Provinz Qinghai. Er ging zur Volksschule seiner Gemeinde, wo er Rechnen, Chinesisch und Tibetisch lernte. Später trat er in das Drugpa Kargyul Kloster ein und studierte dort sechs Jahre lang Buddhismus. Dieses Kloster verfügt über drei sehr angesehene ältere Lamas, nämlich Sonam Gon, Thopchoe und Dropka, die ausgedehnte Reisen durch tibetische Gebiete unternehmen, um Belehrungen zu geben. Als 1998 alle führenden Lama einen offiziellen Stempel der Anerkennung bekamen, wurde diesen dreien jedoch die offizielle Lehrerlaubnis versagt. Inzwischen sei ihnen auch verboten worden, zum Zweck der Predigt des Buddhismus in andere Regionen zu reisen.

Im Sommer 1998 kam ein "Arbeitsteam" in das Kloster, um die Mönche "umzuerziehen". Von der Belegschaft von 120 bekamen nur 20 Erlaubnis, im Kloster zu bleiben. Trotzdem wohnen die nicht gebilligten Mönche weiterhin im Kloster und machen sich nur aus dem Staub, wenn sie vom Anrücken eines neuen Arbeitsteams hören. Die rangälteren Lamas erlaubten diesen Mönchen zu bleiben und geben ihnen dieselben Möglichkeiten wie den registrierten, obwohl ihre Anwesenheit von den alle drei Monate dort auftauchenden Kadern nicht gebilligt wird. Ende 1998 wechselte Thupten in das Kloster Serthar über. Im März 2001 verließ er seine Heimat, begab sich nach Lhasa und erreichte am 9. April das Tibetan Reception Centre in Kathmandu.

Teil 6

Wiederaufnahme des Studentenlebens

Der 38-jährige Shedu aus Amdo hat 11 Schuljahre in einer chinesisch geführten Schule hinter sich. Er berichtet, sogar qualifizierte Tibeter müßten gewisse Kriterien erfüllen, um auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen zu können. Man benötige einen guten finanziellen Rückhalt von der Familie, einflußreiche Beziehungen zu der höheren Verwaltung und müsse in der Lage sein, die maßgeblichen Leute zu schmieren. Den Schulen sei die Eintreibung hoher Gebühren wichtiger als die Vermittlung einer guten Erziehung. Der Tibetisch-Unterricht stehe an letzter Stelle, und sogar Lektionen in tibetischer Sprache würden aus dem Chinesischen übersetzt.

Als Shedu zur Mittelschule ging, wurde seine Familie von einer Tragödie ereilt, aber dennoch konnte der ältere Bruder die Gebühren sowohl für ihn als auch für seinen jüngeren Bruder bestreiten. Nach Abschluß der Oberschule bestand Shedu die Aufnahmeprüfung für einen Veterinärstudiengang, für den er die unverschämt hohe Summe von 4.000 Yuan pro Jahr hätte bezahlen müssen. Weil seine Familie diese Summe nicht aufbringen konnte, blieben seine Ambitionen auf eine Universitätsausbildung nur ein Traum.

Er erzählte weiter, Diskriminierung sei überall auf dem Beschäftigungssektor zu spüren. Selbst wenn tibetische Hochschulabsolventen eine Anstellung erhielten, würden sie in die entlegensten Gegenden geschickt, während chinesische Akademiker eine Stelle in der Stadt erhielten, wo sie gute Möglichkeiten zur Weiterbildung hätten und viele neue Erfahrungen machen könnten. Shedu wünschte sich so sehr, nach Indien zu entkommen, um dort eine richtige tibetische Erziehung zu erhalten, und der tibetischen Gemeinde in Zukunft dienen zu können. Bei seinem dritten Versuch gelang ihm endlich die Flucht, so daß er am 10. Mai 2001 in Kathmandu eintraf.

Teil 7

Das TCHRD zu der Weltkonferenz gegen Rassismus zugelassen

Das Tibetan Centre for Human Rights and Democracy und International Campaign for Tibet (ICT) erhielten die offizielle Zulassung zu der Weltkonferenz gegen Rassismus, die vom 31. August bis 2. September 2001 in Durban, Südafrika, stattfinden wird. China erlitt bei zwei separaten Stimmgängen der zweiten Sitzung des vorbereitenden Komitees für die dritte UN Weltkonferenz gegen Rassismus in Genf eine Niederlage. Die Vertreter von 189 Staaten bei der UNO und vier mit Beobachterstatus (die Schweiz, der Heilige Stuhl, die Koch Inseln und Niue) stimmten am 22. Mai ab: 44 waren für das TCHRD, 37 gegen es und 29 enthielten sich der Stimme. Die Entscheidung zugunsten der zwei tibetischen NGOs erfolgte, nachdem bei der zweiten Vorbereitungssitzung keine Einigung über die Frage der Zulassung von 6 NGOs aus Asien erlangt werden konnte. Dieses Abstimmungsergebnis signalisiert, daß die Mitgliedstaaten der UNO überwiegend der Meinung sind, daß die Weltkonferenz gegen Rassismus ein geeignetes Forum für das Auftreten der zwei tibetischen NGOs ist. "Darin sehen wir einen gewissen Sieg für das tibetische Volk", meinte Tsering Jampa, Vorsitzende von ICT Europa, welche als Beobachterin bei der Abstimmung dabei war, und sie fügte hinzu: "Es wird wohl kaum Zweifel in der internationalen Gemeinschaft geben, daß Tibeter in ihrem besetzten Heimatland enormer Diskriminierung ausgesetzt sind, und dieses Wahlergebnis wird ihnen neben anderen verfolgten Völkern einen Platz bei dieser UN Rassismus-Konferenz in Südafrika sicherstellen." Obwohl China und seine üblichen Bundesgenossen bei den Vereinten Nationen eine intensive Kampagne betrieben hatten, um den zwei tibetischen NGOs die offizielle Akkreditierung zu verweigern, konnte Peking von vielen Staaten in Europa, Lateinamerika und Afrika keine Stimmen ergattern. "Dieses Votum gegen China verleiht dem Prinzip Gewicht, daß die größtmögliche Anzahl an NGOs bei dieser UN Konferenz akkreditiert sein sollte, damit die volle Beteiligung gesichert ist", kommentierte Lobsang Nyandak Zayul, der leitende Direktor des TCHRD.

Außer diesen zwei tibetischen NGOs hatte sich China auch gegen den Antrag von Human Rights in China (New York) auf Zulassung (Akkreditierung) gewandt. In diesem Falle konnte China jedoch genug Stimmen zusammenbekommen, um die Teilnahme von Human Rights in China zu verhindern. Das TCHRD und ICT danken allen Ländern, besonders der Europäischen Union und den USA, welche sie bei dieser entscheidenden Abstimmung unterstützten.

Teil 8

Nominierung für den Reebok Menschenrechtspreis

Das TCHRD schlägt Ngawang Sangdrol für den renommierten Reebok Menschenrechtspreis 2001 vor. Sangdrol, eine 24-jährige ehemalige Nonne aus Kloster Garu, ist die weibliche politische Gefangene in Tibet mit dem längsten Hafturteil. Sie verbüßt wegen Ausübung ihres Rechtes auf freie Meinungsäußerung eine Strafe von insgesamt 21 Jahren im Drapchi Gefängnis. Dieser 1988 eingerichtete Preis zeichnet junge Leute aus den USA und anderen Ländern rund um den Globus aus, die oft angesichts schrecklicher Widerwärtigkeiten bedeutende Beiträge zur Sache der Menschenrechte geleistet haben. Die ehrwürdigen Lobsang Jinpa und Phuntsok Nyidron, beide politische Gefangene in Tibet, sind ebenfalls Träger des Reebok Menschenrechtspreises.

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