Human Rights Update

Juli 2002

Inhalt
  1. Neue Informationen über Khenpo Jigme Phuntsoks Rückkehr ins Serthar-Institut
  2. Takna Jigme Sangpo trift zur medizinischen Behandlung in den USA ein
  3. Tibet-Aktivist mit einem Hafturteil von 15 Jahren
  4. Rückkehrer aus dem Exil festgenommen, Verbleib unbekannt
  5. Gefahr der Schließung des Klosters Taktsang Lhamo Kirti
  6. Reisebericht über Erlebnisse in Tibet
    (Erziehung, Gesundheit, Umwelt, Straßen, Wasser, Kultur, heilige Stätten)
  7. Chinesisches Monopol in Schulen und im Geschäftsleben

Teil 1

Neue Informationen über Khenpo Jigme Phuntsoks Rückkehr ins Serthar-Institut

Zuverlässigen Quellen zufolge traf Khenpo Jigme Phuntsok am Montag, den 24 Juni, im Buddhistischen Institut Serthar ein. Der neue Bericht läßt schließen, daß Khenpo wegen Knieproblemen und Galle- und Verdauungsstörungen in der populären Klinik "363", einem Militärhospital in Chengdu, der Provinzhauptstadt Sichuans, behandelt wurde. Es heißt, sein Zustand habe sich zwar gebessert, wenn er auch noch nicht völlig wiederhergestellt ist.

Als er in Chengdu unter Hausarrest stand, durfte sich Khenpo nicht frei bewegen und nur ausgewählte Besucher empfangen, weshalb er von den meisten Informationen abgeschnitten war.

Die chinesischen Behörden erließen kürzlich ein spezielles Verbot für die Benutzung staatseigener Fahrzeuge und die Beteiligung von Regierungsbeamten bei dem Empfang Khenpos und den sich anschließenden Festivitäten. Die Tibeter der Gegend bereiteten Khenpo dennoch einen großartigen Empfang, wobei ihre Gefühle von Glück und Trauer gemischt waren. Bereits in der 80 km von dem Institut entfernt liegenden Stadt Bomda erwarteten ihn seine Anhänger mit 100 Fahrzeugen und Motorrädern, etliche waren auch zu Pferde.

Khenpo wurde begleitet von seiner Nichte Jetsunma Muntso, der Äbtissin des Nonnenklosters Pema Khandro Duling, von zwei weiteren Nichten Tserbrum und Palzod, sowie seiner Schwester Medon, seinem Dolmetscher Sog Dhargyal, seinem Leibwächter Pema Delek und den Fahrern Tsepo und Ageg.

Vom 25. Juni an veranstaltete die religiöse Gemeinschaft in Serthar sechs Tage lang Picknicks und Feiern. Viele waren jedoch nicht in derselben fröhlichen und heiteren Stimmung wie bei bisherigen Picknicks dieser Art. Während die Tibeter glücklich über Khenpos Rückkehr waren, machten sie sich gleichzeitig Sorgen, was die Zukunft wohl noch alles für ihren wertvollen Lama bringen wird. Um eine Quelle des TCHRD zu zitieren: "In der Vergangenheit hielt Khenpo oft Reden während der jährlichen Picknicks. Nach dem Überfall der Behörden auf Serthar im vergangenen Jahr sind seine Ansprachen sehr selten geworden. Während Khenpo sich Gedanken zu machen schien, was wohl die Reaktion der Regierung wäre, falls er dennoch zu den Versammelten spreche, wollte er sich auch nicht so einfach ihrer Order fügen. Er schien nicht mehr frei zu sein, zu sagen, was er möchte. So gab es nach seiner Ankunft im Institut gar keine Rede von ihm".

Die Quelle fuhr fort: "Es ist schwer zu sagen, ob Khenpo wieder nach China gebracht werden wird. Es bleibt ihm nichts übrig, als zu gehen, wohin auch immer und wann auch immer die Behörden es bestimmen. Man kann nicht genau sagen, ob für Khenpos Entlassung besondere Bedingungen gestellt wurden. Wegen der Verschleierungstaktik und Vorsicht, welche die Chinesen bei ihren Aktivitäten walten lassen, ist alles von einem Geheimnis umgeben. Wenn irgendeine Sache zur Imagepflege Chinas gereicht, dann preisen sie diese überall an. Aber wenn etwas nicht im Interesse des Staates ist, dann halten die Behörden alles geheim. Deshalb gaben sie überhaupt kein Kommentar zu Khenpos Entlassung ab".

Die von der Distriktverwaltung Serthar im Institut stationierten Arbeitsteams gaben über Lautsprecher bekannt, daß die Gesamtzahl an Mönchen/Nonnen die bereits festgesetzte Höchstgrenze von 1.400 auf keinen Fall übersteigen darf und daß keine neuen Häuschen gebaut werden dürfen.

Khenpo Jigme Phuntsok ist der Gründer und Abt des Buddhistisches Instituts Serthar im Larung Tal in der Nähe der Stadt Serthar, Präfektur Karze, Provinz Sichuan. Diese konfessions-unabhängige buddhistische Akademie, die als einsame Bergeinsiedelei angefangen hatte, wuchs allmählich zu einer spirituellen Oase für über 8.000 Mönche, Nonnen und Laienstudenten heran.

Nach zwei Jahren immer schärfer werdender Restriktionen und Propagandakampagnen vertrieben die chinesischen Behörden Tausende von Mönchen und Nonnen, zerstörten über 1.000 von deren Behausungen und hielten Khenpo Jigme Phuntsok lange Zeit ohne Verbindung zur Außerwelt in Chengdu fest. Für Hintergrundinformationen besuchen Sie die Website des TCHRD: www.tchrd.org/pubs/Serthar (deutsche Übersetzung: www.igfm-muenchen.de/tibet/tchrd/Serthar%20Report.html).

Teil 2

Takna Jigme Sangpo trift zur medizinischen Behandlung in den USA ein

Der tibetische politische Gefangene mit der längsten Haftzeit wurde im Frühjahr d.J. aus medizinischen Gründen aus dem Drapchi Gefängnis entlassen und traf am 13. Juli in den USA ein, um sich dort ärztlicher Behandlung zu unterziehen.

Der 74-jährige Takna Jigme Sangpo war wegen "konterrevolutionärer Propaganda und Aufhetzung" 19 Jahre ununterbrochen im Gefängnis und hatte eine Gesamtstrafe von 41 Jahren abzuleisten. Takna Jigme Sangpos Entlassungsdatum wäre der 3. September 2011 gewesen, aber er wurde nun am 31. März 2001, also neun Jahre früher, freigelassen.

Hierzu kommentiert Mr. Philip T. Reeker, Stellv. Sprecher des US State Departments: "Seine Freilassung aus medizinischen Gründen und die jetzige Erlaubnis, zur Behandlung in die USA auszureisen, sind das Resultat des aktiven Engagements mehrerer Regierungsstellen, des Außenministeriums und unserer Diplomaten in China, des Kongresses, amerikanischer Bürger und zahlreicher NGOs".

Takna Jigme Sangpo sei trotz ernster Hypertonie und Koronarerkrankung "bei relativ guter Gesundheit", meinte John Kamm, der Direktor der Duihua Stiftung in San Francisco. Er sei zwar "körperlich gebrechlich, aber geistig fit".

Am Hare Flugplatz in Chicago wurde er von einem Familienangehörigen empfangen, und kurz darauf sprach er per Telefon mit Prof. Samdhong Rinpoche, dem Kabinettschef der Tibetischen Regierung-im-Exil, sowie mit Lodi Gyari, dem Sonderbeauftragten des Dalai Lama. Prof. Samdhong Rinpoche übermittelte ihm seine persönlichen Grüße und mahnte ihn, sich vor allem gut auszuruhen.

In einem Interview mit dem tibetischen Nachrichtendienst von Radio Free Asia sagte Takna Jigme Sangpo: "Unvorstellbar, daß ich nun vollkommen frei bin. Diesmal stellten die Chinesen keine Vorbedingungen für meine Entlassung und Abreise. Sie erlaubten mir ohne spezielle Einschränkungen zu gehen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich nach Beendigung der Behandlung nach Tibet zurückkehren kann. Zuerst kommt nun meine Gesundheit an die Reihe. Ich weiß noch nicht genau, was ich tun werde. Ich will sehen, wie sich die Dinge entwickeln. Da ich nun völlige Freiheit genieße, hoffe ich auf ein besseres Leben. Schwer zu sagen, was nun kommen wird".

In der ersten Hälfte 2002 wurden mehrere prominente tibetische politische Häftlinge in Tibet freigelassen. Dies gab Anlaß zu Spekulationen über eine mögliche Verbesserung der Menschenrechtslage in Tibet. Tatsache ist jedoch, daß diese Häftlinge, ebenso wie die noch in den Gefängnissen einsitzenden, willkürlich festgenommen wurden, weil sie ihre Grundrechte geltend gemacht hatten. Sie wurden zu Unrecht ins Gefängnis geworfen, sie hatten es nicht verdient, unendliche Qualen und Strafen zu erleiden, die bei etlichen gar zum Tode führten, weshalb der chinesischen Regierung nun für ihre Freilassung kein Beifall gebührt und sie nicht meinen soll, sie könne auf diese Weise wegen "Wahrung der Menschenrechte" ihr Image in der internationalen Gemeinschaft aufbessern.

Teil 3

Tibet-Aktivist mit einem Hafturteil von 15 Jahren

Thupten Yeshi (geb. 1950) ist ein Bauer aus Dashang, Gemeinde Gyama, Kreis Meldrogungkar, TAR. Zu seiner Familie gehören seine Frau, fünf Kinder, seine Schwiegermutter und seine zwei Schwäger Tamding und Sonam Rinchen.

Am 24. April 1992 hängte Yeshi Unabhängigkeits-Plakate an einem Baum in seiner Nachbarschaft auf. Die Worte darauf griffen das sozialistische System an, wandten sich gegen die ideologisch geprägte Erziehung und ermutigten die Bauern zur Rebellion. Yeshi und sein Freund hatten wahrscheinlich schon Pläne erörtert, wie sie auf lokalen Regierungsgebäuden eine tibetische Flagge anbringen könnten, ein Vergehen, das unter "Propagandierung und Aufhetzung zur Revolution" geahndet wird.

Am 30. Juni 1992 unterbrachen Lhundrup Dorjee, Sonam Dorjee, Sonam Rinchen und Kunchok Kodroe ein politisches Meeting zur Umerziehung in dem Dorf Medro Gyama, Gemeinde Trikhang im Kreis Meldrogungkar. Sie stürzten zum Podium, entwanden den Offiziellen das Mikrophon und schrieen Freiheits- und anti-chinesische Parolen, während sie eine tibetische Nationalflagge schwenkten. Nachdem die vier Hauptdemonstranten von PAP-Kräften weggezogen und geschlagen wurden, begannen etwa 100 Dorfbewohner mit dem Rufen ähnlicher Parolen. Thupten Yeshi wurde als Urheber des Protestes verdächtigt, obwohl er selbst gar nicht dabei gewesen war.

Am 6. Juli 1992 wurde Thupten Yeshi am hellichten Tage festgenommen und beinahe 13 Tage lang in dem Haftzentrum von Meldrogungkar eingesperrt. Seine Frau Tsering Yangchen durfte ihn nur einmal besuchen, aber nicht mit ihm sprechen. Yangchen war erschüttert, ihren Mann in solch einem Zustand voller Wunden und mit geschwollenem Gesicht zu sehen. Vermutlich wurde er in der Haft schwer geschlagen und gefoltert. Danach kam er für drei Monate in die östlich von Lhasa gelegene Haftanstalt Gutsa.

Inzwischen hatten die Behörden von einer handgemalten tibetischen Flagge am Eingangstor zu Yeshis Haus erfahren. Nun kamen in regelmäßigen Abständen immer wieder Offizielle aus Lhasa und Sicherheitsbeamte aus der Gemeinde Gyama, um die Familie zu vernehmen. Manchmal platzten diese sogar bei Nacht herein und quälten die Leute mit ihren Fragen. Trotz all ihrer Drohungen konnten sie das Haus nicht konfiszieren, weil die Dorfbewohner offensichtlich zu der Familie hielten.

Am 20. Oktober 1992 verurteilte das Mittlere Volksgericht Yeshi zu 15 Jahren Haft und 5 Jahren Verlust der Bürgerrechte. Die vier anderen an dem Protest beteiligten waren Lhundrup Dorjee, Sonam Dorjee, Sonam Rinchen (der Schwager Thupten Yeshis) und Kunchok Kodroe. Alle vier wurden zu 13 Jahren Haft mit weiteren 4 Jahren Entzug der politischen Rechte verurteilt. Sonam Rinchen starb im Januar 2000 im Drapchi Gefängnis und Kunchok Lodroe wurde aus gesundheitlichen Gründen entlassen. Thupten Yeshi, Lhundrup Dorjee und Sonam Dorjee verbüßen gegenwärtig ihre Strafe im Drapchi Gefängnis.

Ein ehemaliger Insasse weiß zu berichten: "Ich lernte Thupten Yeshi kennen, als ich nach Drapchi kam. Den neuen Häftlingen wurde befohlen, die Gefängnisregeln aus einem Buch, das man ihnen gab, vorzulesen, doch Yeshi weigerte sich. Statt dessen rezitierte er das Mantra om mani padme hum. Damit erzürnte er den Gefängnisaufseher, der mit einem Elektroschlagstock auf ihnlosging. Yeshi entwand ihm den Stock und warf ihn weg. Für dieses Verbrechen wurde er fast 5 Tage lang in Einzelhaft gesteckt, und dabei noch schwer geschlagen und gefoltert. Andere Insassen rieten ihm, sich bei der Gefängnisleitung zu entschuldigen, weil er dann auf eine Strafminderung hoffen könne. Nach etlichem Überreden tat er es schließlich. Er war sehr zäh, robust und rückte auch nach vielen Strafen nicht leicht von seinem Standpunkt ab. Er war durch und durch ein Patriot".

Teil 4

Rückkehrer aus dem Exil festgenommen, Verbleib unbekannt

Wie das TCHRD aus zuverlässiger Quelle hörte, wurde Dhondup bei seiner Rückkehr aus dem Exil nach Tibet am 14. Mai 2002 in Lhasa verhaftet. Bislang weiß man nicht, wo er sich befindet.

Ein Flüchtling, der am 1. Juli 2002 in Kathmandu ankam, erzählte: "Um Mitternacht des 14. Mai 2002 befanden Dhondup, seine vierjährige Tochter und ich uns in einem Mietshaus in Tromsikhang in Lhasa, als drei ältere Polizisten in Zivil in das Zimmer stürmten.

Sie streckten uns einen Ausweis entgegen, den ich nicht genau anzuschauen wagte. Sie fragten mich, woher ich käme, was meine Beziehung zu Dhondup und der Zweck meines Aufenthalts in Lhasa seien. Dann wandten sie sich Dhondup zu und forderten ihn auf, ihnen zu folgen, da sie ihn etwas fragen wollten. Ich versuchte, mich draußen Dhondup anzuschließen, aber die Polizisten befahlen mir, drinnen zu bleiben und mich um das Kind zu kümmern. Sie versicherten mir, daß Dhondup gleich zurückkommen würde. Seit diesem Vorfall hörte ich nichts mehr von ihm.

Da ich auf weitere Belästigungen und Vernehmungen gefaßt sein mußte, beschloß ich am folgenden Tag aus Tibet zu fliehen. Als ich die Grenze bei Dram erreichte, rief ich Freunde in Lhasa an, um mich nach Dhondup zu erkundigen, aber ohne Erfolg. Keiner von ihnen hatte etwas über Dhondup gehört, oder sie wollten nicht riskieren, mit ihm in Verbindung gebracht zu werden."

Dhondup war zweimal zuvor in Indien gewesen und kehrte 2001 nach Lhasa zurück. Schon vor seiner eigentlichen Festnahme gab es Gerüchte, daß die Polizei ihm auf den Fersen sei. Überraschenderweise wurde sein Zimmer nicht, wie sonst üblich, nach belastendem Beweismaterial durchsucht. Im Augenblick gibt es keine weiteren Details über diesen Fall.

Teil 5

Gefahr der Schließung des Klosters Taktsang Lhamo Kirti

Einer zuverlässigen Information aus Tibet zufolge läuft das Kloster Taktsang Lhamo Kirti, das in dem Distrikt Dzoge (chin. Zoige) der TAP Ngaba (chin. Aba), Provinz Sichuan gelegen ist, Gefahr durch die chinesischen Behörden geschlossen zu werden. Die örtliche Bevölkerung und die Mönche machen sich große Sorgen um das Schicksal des Klosters.

Zu dieser Entwicklung kam es, nachdem im Distrikt Dzoge lebende Tibeter an die lokalen Behörden appellierten, dem in Dharamsala ansässigen Kirti Rinpoche die Erlaubnis für einen Besuch in seiner Heimat zu erteilen. Das von Bewohnern des Ortes verfaßte und unterschriebene Gesuch wurde auf eine unlängst erfolgte Erklärung chinesischer Regierungsvertreter hin, daß im Exil lebende Tibeter ungehindert nach Tibet zurückkehren könnten, eingereicht.

Das Ansuchen wurde jedoch abgewiesen, und Kirti Rinpoche als ein allen bekannter "Reaktionär" gebrandmarkt. Die Behörden verdächtigen das Kloster Taktsang Lhamo Kirti, den Anstoß für den Antrag auf eine Besuchserlaubnis gegeben zu haben. Als Reaktion auf den Massen-Appell haben die chinesischen Behörden nun sogar ein Buch von Kirti Rinpoche mit Titel "Hoffnungen und Wünsche eines Sechzigjährigen" (tib. Drug cu rgan po'i re'dun) verboten, von dem bereits Tausende von Exemplaren verteilt worden waren. So behaupteten sie im Juli 2002, das Buch habe einen abschätzigen Unterton. Außerdem drohten die Behörden, das Kloster würde ganz geschlossen, falls die Klosterleitung ihrer strengen Order, alle Bücher wieder einzusammeln, nicht nachkomme.

Kirti Rinpoches Buch ist ein persönliches und geistliches Werk, das zuerst im Dezember 2001 in Dharamsala veröffentlicht wurde. Es befaßt sich eingehend mit dem Thema der monastischen Disziplin in einer spirituellen Gemeinschaft. Es mahnt junge Mönche, fest zu ihren Mönchsgelübden zu stehen und soll ihnen in ihrem täglichen Leben als Mönch ein Leitfaden sein.

Bald darauf wurden Kader von der Distriktverwaltung Dzoge und der TAP Ngaba in das Kloster entsandt, um dort die Mönche täglichen Kursen in "patriotischer Erziehung" zu unterziehen. Sie wurden auch zu dem Geständnis gezwungen, daß sie von Kirti Rinpoches Buch Photokopien gemacht und diese daraufhin verteilt hätten.

1985 besuchte Kirti Rinpoche Tibet, um seine Verwandten wiederzusehen, doch er konnte seinen Heimatort nicht aufsuchen. Angesichts der Popularität des Rinpoches und seiner großen Anhängerschaft (etwa 600.000) hatten die Chinesen Bedenken, sein Besuch könnte den Tibetern in der Gegend Anlaß geben, gegen die chinesische Regierung aufzubegehren. Wegen des Druckes der Behörden reiste der Rinpoche damals nach nur fünf Tagen Aufenthalt im Taktsang Lhamo Kirti Kloster wieder ab.

Ein dort ansässiger Tibeter klagt: "Wir, die örtliche Bevölkerung und die Mönchsgemeinde, sind sehr betrübt darüber, daß Rinpoche seine Heimat nicht besuchen konnte. Wir wünschen uns innigst seine Rückkehr. Es ist nun schon über vier Jahrzehnte her, daß Rinpoche infolge der Besetzung Tibets durch chinesische Truppen aus seiner Heimat geflohen ist, zuerst nach Lhasa und dann nach Indien. Die älteren Leute hoffen sehnsüchtig, den liebenswerten Rinpoche noch einmal zu sehen, ehe sie von dieser Welt scheiden".

Der 11. Kirti Rinpoche, mit geistlichem Titel Kirti Tulku Lobsang Tenzin Jigme Yeshi Gyatso, wurde 1942 in dem heutigen Distrikt Tewo, TAP Ganan, Provinz Gansu, geboren. Er residiert in dem in Kirti Kloster in Indien, das in Dharamsala gebaut wurde. Das Taktsang Lhamo Kirti Kloster in Tibet hat über 80 Dependancen, die ihm unterstehen.

Teil 6

Reisebericht über Erlebnisse in Tibet

Zwei ausländische Touristinnen, Yaki Platt und Sinead Ni Ghairbhith, bereisten im April-Juni weite Teile Tibets, hauptsächlich die Regionen Kham und Amdo. Da beide ein wenig Tibetisch sprechen, konnten sie eine Menge über die derzeitige Lage in den von ihnen besuchten Gegenden in Erfahrung bringen.

Ihr Bericht spiegelt Erfahrungen und Beobachtungen von den Orten entlang ihrer Reiseroute wieder: Dartsedo, Lhagang, Lithang, Tawu, Karze, Rongbatsang, Maigango, Derge, Sershul, Jeykundo, Nangchin, Mato, Golok, Tongden, Tsekok, Henan, Machu, Labrang, Siling und Lhasa.

Erziehung

Während wir durch Kham und Amdo reisten, sahen wir ein paar Schulen, die in dreierlei Kategorien eingeteilt werden können:

- Chinesische Schulen (wie in Dartsedo), wo alle Fächer auf Chinesisch gelehrt und keine Themen berührt werden, die etwas mit Tibet zu tun haben, gelehrt werden, nicht einmal die tibetische Sprache, obwohl in einigen Fällen die Mehrzahl der Schüler Tibeter sind.

- Schulen mit der Unterrichtssprache Chinesisch, an denen Tibetisch als ein Fach unter anderen gelehrt wird und alle anderen Fächer wie Chinesisch, Mathematik, Naturwissenschaft und chinesische Geschichte nur auf Chinesisch unterrichtet werden. Tibetische Geschichte, Philosophie und schöne Künste gibt es an diesen Schulen überhaupt nicht. Diesen Schultyp findet man am häufigsten in Tibet.

- Tibetische Schulen, an denen zumeist auf Tibetisch unterrichtet wird. Chinesisch ist natürlich auch dort ein Unterrichtsfach, doch alle anderen Fächer werden auf Tibetisch unterrichtet. Viele dieser Schulen erhalten, wenn überhaupt, nur ungenügende Beihilfe von der Regierung; das meiste Geld kommt von außerhalb Chinas und von ausländischen Fonds, von Rinpoches im Exil usw. Diesen Schulen wird von Zeit zu Zeit mit der Schließung gedroht, weil die Behörden einen Ort möglicher politischer Unruhen in ihnen vermuten.

Die Kontrolle der Schulen ist von Ort zu Ort verschieden. An manchen dürfen keine Englischlehrer aus dem Ausland unterrichten, die als Volontäre nach Tibet kommen. In den Klassenräumen müssen die chinesische Flagge und Bilder von Mao aufgehängt sein, und tibetische Geschichte darf nicht gelehrt werden. Der tibetische Geist ist in diesen Schulen trotzdem lebendig, und die Schüler sind sich der gegenwärtigen politischen und religiösen Unterdrückung sehr wohl bewußt.

Schüler, die auf chinesische Schulen gehen, beherrschen Chinesisch besser als diejenigen in den tibetischen Schulen. Da für jede Anstellung beim Staat eine gute Kenntnis des Chinesischen Voraussetzung ist, haben die Schüler der chinesischen Schulen bessere Chancen.

Gesundheit

In den meisten größeren Städten, durch die wir in Kham und Amdo kamen, gibt es sowohl tibetische als auch allopathische Krankenhäuser und Kliniken. Das ist vorteilhaft für diejenigen, die es sich leisten können. In Lithang in Kham trafen wir einen Mann, der vor einem Monat sein Bein gebrochen hatte. Er mußte das Bett hüten, weil er die 400 RMB, die notwendig gewesen wären, um in einem Hospital Aufnahme zu finden, nicht aufbringen konnte. Man könnte es so ausdrücken, daß es zwar einen Fortschritt bei den medizinischen Einrichtungen in Tibet gibt, aber die Gesundheitsfürsorge nicht unentgeltlich ist und daß sie, ebenso wie der Zustand der Straßen nur in den vornehmlich von Chinesen besiedelten Gebieten besser geworden ist.

Sowohl bei den Bauern als auch bei den Nomaden, bei denen wir unterkamen, stellten wir fest, daß man von grundlegender Hygiene und Gesundheitspflege wenig versteht, wie zum Beispiel vom Händewaschen und Zähneputzen. Außerdem rauchen die meisten jungen Tibeter, an manchen Orten sogar schon fünfjährige Kinder und das noch unter den Augen ihrer Eltern. Zigaretten sind wahnsinnig billig, ebenso wie Bier, das weniger als Wasser kostet.

Umwelt

Die Massenabholzung in vielen Teilen Khams und Amdos (Ost-Tibet, jetzt in die chin. Provinzen Sichuan und Qinghai eingegliedert) ist augenfällig. Vielerorts sieht man nichts als kahle Berghänge mit erodiertem Boden und Baumstümpfen, während immer noch abgestorbene Bäume entlang der Flußläufe vermodern, wie etwa außerhalb von Tawu (Kham) an der Straße nach Karze und zwischen Derge und Manigango. Um einen Bauern aus dieser Gegend zu zitieren: "Früher, als wir noch Bäume hatten, gab es hier vielerlei Tiere, aber jetzt sind sie alle weg".

In Dartsedo (Kham) sahen wir ein großes Schild auf der Straße mit der Aufschrift "Bäume pflanzen ist gut für die Umwelt", doch der Kham-Aid-Foundation wurde in einigen Gebieten verboten, mit ihrem großangelegten Aufforstungs-Programm fortzufahren. Mancherorts werden zwar ein paar neue Bäume gepflanzt, aber oftmals auf Ackerland, wo die Bauern zuvor Gerste anbauten.

Wegen der häufigen Umleitung und Anstauung der großen Flüsse wurde eine Menge bebaubares Land zu Überflutungsgebiet, und meistens werden die Bauern dort gezwungen, Bäume zu pflanzen, wobei sie für den Verlust ihres Gerstenanbaus kaum entschädigt werden. So sahen wir zum Beispiel auf dem Weg zu den heißen Quellen in Rongbatsang, wie jetzt alles Ackerland mit Bäumen bepflanzt wird. Zumeist war es Hartholz, besser jedoch wären Obstbäume gewesen, denn diese hätten den Bauern allmählich einen Gewinn für ihre Arbeit eingebracht.

In diesen Provinzen wird die Politik des Abholzungsverbots streng verfolgt, und dennoch sahen wir oft ganze LKW-Ladungen mit Baumstämmen aus der TAR kommen (Baumstämme mit einem Durchmesser von einem halben bis zu einem Meter). So sahen wir um den 7. Mai herum auf der Straße, die von Rongbatsang nach Manigango führt, mindestens 20 Lastwagen. Die Leute der Gegend sagten, diese LKWs kämen alle aus der Autonomen Region Tibet, und sie seien es gewohnt, solche mit Bauholz beladenen Lastwagen vorbeifahren zu sehen.

Tibet ist kein sauberer Ort mehr, denn überall liegt Unrat herum, in den Städten wie in den Dörfern, besonders an den Flüssen. Viele Orte erschienen uns als eine ökologische Katastrophe, gerade so wie in jedem anderen Land der Dritten Welt.

Straßen

In diesen zwei Provinzen gibt es nun bessere Straßen, und ganze Busladungen voller chinesischer Straßenarbeiter werden angefahren, um im Straßenbau eingesetzt zu werden. Sie hausen entlang der Straßen und tun die Arbeit in Amdo, während es in Kham hauptsächlich Tibeter sind.

An Orten hingegen, die immer noch vornehmlich von Tibetern bewohnt werden, also in den entlegenden ländlichen Gegenden, gibt es keine Straßen, sondern nur Schmuddelwege. Der durchschnittliche Tageslohn variiert von 12 bis 14 RMB, wobei in Kandze (Karze), wo oftmals Chinesen und Tibeter beim Straßenbau Seite an Seite arbeiten, die Chinesen dreimal besser als ihre tibetischen Kollegen bezahlt werden.

Wasser

Wenn man durch Osttibet reist, verläuft die Straße sehr oft im Flußbett. Fast jeder Fluß, den wir sahen, war irgendwie in Mitleidenschaft gezogen. In vielen Fällen war das Flußbett zehnmal so breit wie der eigentliche Wasserlauf. Es war gerade Frühjahr, weshalb man dies nicht nur auf die Regenzeit zurückführen kann. Wir sahen auch viele Dämme und die Umleitung des Wassers, wie man es beispielsweise mit den Kanälen gemacht hat, etwa der Fluß bei Derge - Manigango (Kham). In den meisten Städten sind die Flüsse voller Plastikabfall - blaue Einkaufstüten und Plastikflaschen von Sprudelgetränken. Vielerorts wird der Unrat in großen Mengen einfach in die Flüsse geworfen. Es scheint, daß die Landbevölkerung, seien es nun Tibeter oder Chinesen, sehr wenig Ahnung von Umweltproblemen hat.

Kultur

Was die Kultur des Volkes betrifft, so scheint es, daß die Tibeter auf dem Lande dasselbe Leben wie eh und je führen, dieselben Speisen essen, dieselbe traditionelle Kleidung tragen und ihre hergebrachten Lieder singen. Sie haben einen starken Glauben an die Lehre des Buddhas und was außer Zweifel steht, auch an den Dalai Lama. In den Städten, durch die wir kamen, ist es natürlich ganz anders. Manche Tibeter nennen einem sogar ihre chinesischen Namen (die ihnen in der Schule gegeben werden), wenn man sie fragt, wie sie heißen. Besonders in Grenzgebieten wie Dartsedo scheinen junge Tibeter ihre tibetische Identität fast ganz verloren zu haben. Als wir sie nach dem Grund fragten, antworteten sie, die Eltern seien eben der Ansicht, daß ihre Kinder ein leichteres Leben haben würden, wenn man sie das glauben läßt, was sie in der Schule lernen (wo die Schüler als Chinesen indoktriniert werden) und fast täglich in den Medien zu hören bekommen.

Das gesprochene Tibetisch hat sehr viele chinesische Wörter übernommen. Der populärste Sänger ist in Tibet heutzutage ein Tibeter, der zwar die Schönheit Tibets besingt, aber auf Chinesisch!

In Kham und Amdo haben die meisten Läden, Restaurants, Büros und Hotels Schilder ausschließlich auf Chinesisch und nicht auf Tibetisch (die meisten Geschäfte scheinen Chinesen zu gehören, und während unseres Aufenthalts in Tibets trafen wir nur einen Chinesen, der Tibetisch spricht). Vieles von der modernen chinesischen Lebensart wurde von den Tibetern übernommen, wie Rauchen, Snooker Spielen, chinesische Volksmusik und chinesisches Fernsehen.

Und was die Transformierung der Tibeter in Han-Chinesen betrifft, so haben die Chinesen in den Groß- und Kleinstädten dabei gewisse Erfolge, während man auf dem Lande weniger davon merkt. In vielen Städten sahen wir, daß Tibeter die chinesische Unart des Kettenrauchens angenommen haben. Manche Tibeter unterhalten sich sogar auf Chinesisch miteinander.

Interessanterweise scheint die tibetische Kultur auch ihre eigenen Wege zu gehen. In Lhasa sahen wir Ausstellungen moderner tibetischer Gemälde oder, wie zu moderner tibetischer Musik tibetische Tänze aufgeführt wurden.

Heilige Stätten

In einigen Klöstern und an heiligen Orten wird Eintrittsgeld verlangt. Was für eine Schande, daß Heiligtümer hier vermarktet werden, was ganz gegen den Geist des Buddhismus ist. Wir wollten eine besondere Druckerei für heilige Schriften besuchen, die für viele auch als eine Pilgerstätte gilt. Wie traurig war es doch zu sehen, daß die Augen der Leute ringsherum vom Geld geblendet sind. Sie verlangen 3-7 Dollar Eintritt, auch wenn alle Werkstätten der Druckerei geschlossen sind und man nur kahle Wände sieht, und selbst wenn man nur hineingehen will, um das Kloster anzuschauen, muß man blechen.

In Sang-Chu (Xiahe auf Chinesisch), wo sich das Kloster Labrang befindet, ist das alles besonders schockierend. Die Chinesen haben das Kloster zu einem Touristenrummelplatz gemacht. Wir empfanden es als so schrecklich, daß wir die geführte Tour durch das "chinesisch-tibetische Kloster" gar nicht mitmachten, die zudem eine Menge kostet. Die Leute dürfen ja überhaupt nicht hineingehen, ohne viel Geld zu zahlen und einen Führer zu nehmen. So liefen wir eben einige Stunden lang um das Kloster herum und sahen einen Teil davon. Es wird ausgiebig für chinesische Propagandazwecke benutzt, und teilweise war es interessant, aber auch traurig und manchmal geradezu lächerlich, zu beobachten, wie das geschieht, und auf welche Ebene man sich dabei begibt.

Wir besuchten schließlich ein paar Tempel und Klöster in und um Lhasa. In allen müssen Ausländer eine Menge Geld bezahlen, von dem viel in den Händen der Chinesen landet (obwohl einige Tibeter sehr eifrig Geld wechseln). So beträgt beispielsweise das Eintrittsgeld zu dem Potala Palast (dem früheren Palast S.H. des Dalai Lama und der ehemalige Sitz der tibetischen Regierung) 70 Yuan (etwa 9$), und drinnen wird man noch mal zur Kasse gebeten. In einigen Zimmern des Palastes sind Propagandatafeln angebracht, die den "rechtmäßigen" Anspruch der Chinesen auf Tibet demonstrieren sollen. Diese sind auf so primitive Weise gemacht, daß man sich fragt, ob die chinesische Regierung wirklich glaubt, jemand könne so dumm sein, eine Propaganda auf so niedrigem Niveau zu schlucken!

Im Kloster Kumbum zeigen die Chinesen übrigens immer noch einen Propagandafilm voller Lügen, in dem vorgeführt wird, wie die ehemalige tibetische Regierung und selbst der Dalai Lama auf jede nur mögliche Weise das tibetische Volk unterdrückten, und wie glücklich die Tibeter jetzt unter der chinesischen Herrschaft leben. Tibeter dürfen keine Bilder S.H. bei sich zuhause haben (von Zeit zu Zeit werden ihre Wohnungen durchsucht), noch dürfen sie Gebete für ein langes Leben für ihn sprechen. Die chinesische Regierung verlangt auch Geld für den Besuch des Potala und des Norbulingka - und alles Geld fließt in ihre Taschen. Dieser doppelte Standard ist ziemlich offensichtlich, doch die Chinesen finden nichts dabei.

Buddhisten, Hindus und Jains betrachten den Berg Kailash als heilig, womit er für über eine Milliarde Menschen ein Heiligtum darstellt. Viele Ausländer unternehmen nun ebenso wie die Tibeter eine Pilgerfahrt zum heiligen Berg, aber dort wird ihnen eine Menge Geld abgeknöpft - 50 Yuan für jede Umrundung des Berges und über 100 Yuan nur fürs Aufstellen des Zeltes irgendwo! Religion zum Geschäft zu machen, ist solch ein Unding und tut der Reinheit und dem Geist jenes Pfades solchen Abbruch! Es ist ein Jammer, daß viele Tibeter sich nun wie die Chinesen benehmen und aus der Religion ein Business machen!

Teil 7

Tsering Yangzo berichtet: Chinesisches Monopol in Schulen und im Geschäftsleben

Tsering Yangzo, 17, aus dem Kreis Tingri, Präfektur Shigatse, TAR, erzählte dem TCHRD: "Als ich klein war, besuchte ich die Grundschule im Kreis Tingri, zu der damals 450-500 Schüler gingen.

Alle Schüler sind Tibeter und fast ebenso alle Lehrer. Wir brauchten kein Schulgeld zu bezahlen. Seit 1997 bekommen die Schüler sogar Schulkleidung, und wer aus bäuerlicher Familie ist, braucht die 50 Yuan für die Schuluniform nicht zu bezahlen."

"In der Mittelschule, die ich danach zwei Jahre lang besuchte, haben alle Lehrer eine chinesische Universität absolviert, und sie kommen meistens aus Sichuan. Die Schüler haben große Probleme, ihrem Unterricht, den sie auf Chinesisch halten, zu folgen. In dieser Schule gab es nie politische Aktivitäten. Die Schüler sind sehr aufmerksam in den Chinesisch-Klassen, denn sie wissen nur zu gut, daß das Studium des Tibetischen nicht viel Aussicht auf eine spätere Karriere bringt.

Nach zwei Jahren ging ich von der Mittelschule ab. Allgemein herrscht die Ansicht, daß Bauernkinder, die keine Beziehungen zu höheren Beamten haben, selbst nach Beendigung der Schule keine Stelle finden können. Danach ging ich nach Lhasa und wohnte bei meiner Tante. Dort arbeitete ich 6 Monate lang in einem tibetischen Restaurant und verdiente 300 Yuan im Monat. Weil das Geschäft nicht gut ging, gab ich die Stelle wieder auf.

Was die Zusammensetzung der Bevölkerung betrifft, so ist der Kreischef von Tingri ein Chinese aus Shanghai. Im Kreis Shekar werden die meisten Läden, Restaurants, Gemüseläden, Diskos, Kinos und Bars von Chinesen betrieben. Es gibt dort drei Bordelle mit etwa 9-15 Prostituierten, die Chinesen gehören. Die Kunden sind meistens Soldaten aus der nahe gelegenen chinesischen Kaserne. Als ich noch zur Schule ging, hörte man schon von AIDS, man sagte, es sei eine unheilbare Krankheit, aber ich weiß nicht, wie sie übertragen wird.

Obwohl die Tibeter zahlenmäßig viel mehr sind als die chinesischen Zuwanderer, beherrschen letztere das ganze Geschäft hier. Wenn jemand in der Familie nach Indien geflohen ist, dann darf keiner mehr zum chinesischen Militär gehen. Die Angehörigen eines Flüchtlings werden benachteiligt, indem ihre Möglichkeiten und Rechte beschnitten werden.

Später, als ich nach Dram kam, und für einen Monat eine Arbeitserlaubnis ergattern konnte, arbeitete ich in einem tibetisch geführten Restaurant und schenkte den Gästen Bier aus. Dort traf ich auch einige meiner Klassenkameradinnen, die in Diskotheken und Bars arbeiteten. So weit ich weiß, fand niemand aus meiner Schule nach ihrem Abschluß eine anständige Stelle (Daraus kann man schließen, daß die Bildungspolitik der Chinesen für Tibeter nicht ermutigend, und das Angebot an den Schulen in Gegenden wie Shekar nur Augenwischerei ist). Bildung ist bei uns noch keine Garantie für eine gute Anstellung.

Ich kam am 7. Juli 2002 in das Tibetan Reception Centre in Nepal. Ich möchte nun auf eine richtige Schule gehen und Englisch lernen. Viele junge Tibeterinnen sprechen Englisch und sie finden Arbeit in Lhasa. Ich denke, wenn ich gut Englisch spreche, werde ich nach Tibet zurückkehren. Dann dürfte eine Stelle kein Problem mehr sein."

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