Human Rights Update

Oktober 2002

Inhalt
  1. Drei ehemalige politische Gefangene aus Tibet berichten:
    a) Soepa
    b) Thinley Ngawang
    c) Tsering Nyima
  2. Weitere Information über Tulku Tenzin Deleks Inhaftierung
  3. Neues zur Schließung der Tsangsul Schule
  4. Portrait: Im letzten Augenblick der Hinrichtung entgangen (Lodroe Gyatso)
  5. Ngawang Sangdrol freigelassen, doch in schwerkrankem Zustand

Teil 1
a)

Drei ehemalige politische Gefangene aus Tibet berichten

Soepa

Soepa (Ordensname Loden Thupten), ein 30-jähriger Mönch und vormaliger politischer Häftling aus Tibet, berichtet dem TCHRD nach seiner sicheren Ankunft im Exil:

"Ich stamme aus dem Dorf Mancho, Gemeinde Uyang, Distrikt Dzogang (chin. Zuogang Xian), Präfektur Chamdo. Wir sind eine Bauern- und Nomadenfamilie, und seit meinem achten Lebensjahr hütete ich das Vieh. Mit 15 Jahren wurde ich Novize in dem Kloster Songa Thingcholing im Distrikt Dzogang. Zwischen 21 und 24 studierte ich im Kloster Jampaling in Chamdo.

1995 tauchten an einer Mauer und einem Strommasten in der Nähe des Klosters Unabhängigkeitsblätter mit einem Photo S.H. des Dalai Lama auf. Die chinesisch, englisch und tibetisch beschriebenen Plakate forderten Freiheit für Tibet und verurteilten die chinesische Wahl des Panchen Lama.

Der Verdacht der Urheberschaft fiel rasch auf die Mönche des Jampaling Klosters. Neun Angehörige des PSB von Chamdo trafen im Kloster ein und beorderten alle Mönche zu einem Meeting. Dann machten sie von jedem eine Aufnahme, prüften seine Handschrift und nahmen seinen Daumenabdruck. Zu diesem Zeitpunkt wurde noch niemand festgenommen.

Im Februar 1996 klebte ich Posters an einen Strommast in der Nähe der Chamdo-Zachu Brücke, auf denen Parolen wie "Free Tibet", "Lang lebe S.H. der Dalai Lama" und "China raus aus Tibet" standen. Ende April 1996 brachte ich erneut meine Blätter entlang der Mauer des Umrundungspfades des Klosters Jampaling an.

Am folgenden Tag stürmten etwa 30 PSB Milizionäre in das Kloster und durchsuchten die Wohnräume der Mönche. Sie nahmen auch ein Blatt Papier aus meinem Zimmer mit, auf das mein Zimmerkamerad Sonam (jetzt 38, im selben Ort wie ich geboren) die Namen der heiligen Schriften auf Tibetisch geschrieben hatte. Dann verglichen sie die Handschrift mit derjenigen der Posters und fanden, daß sie identisch sei.

Am 2. Mai 1996 wurde Sonam aus dem Kloster abgeführt. Im Laufe der Verhörssitzungen wurde er gezwungen, meine Beteiligung an der Tat preiszugeben. Am folgenden Morgen wurde ich ebenfalls festgenommen und in das PSB Büro gebracht, jedoch in ein anderes Zimmer als Sonam. Am nächsten Tag vernahmen sie mich und warfen mir vor, ich hege giftige Gedanken (womit meine Unabhängigkeitsaktivitäten gemeint waren), obwohl ich eine Mönchsrobe trage.

Die PSB Milizionäre wandten verschiedene Foltermethoden bei mir an. Um Informationen aus mir herauszupressen, wurde ich mit einem elektrischen Schlagstock traktiert. Dann gossen sie Alkohol auf meinen Kopf und berührten mich mit diesem Elektrostab, was mir entsetzliche Pein verursachte. Nun legten sie ein Joch auf meinen Nacken, hinter dem meine Arme senkrecht nach oben ragten. Gleichzeitig ließen sie mich auf zwei spitzen Steinen knien, während sie mir einen Stock in die Kniekehlen klemmten. Als ich mich, unfähig die qualvolle Position zu ertragen, ein wenig bewegte, traten sie auf den Stock in meiner Kniekehle. Der Schmerz war unerträglich. Es war vor allem ein tibetischer Milizionär namens Wangdu, der mir diese Tortur zufügte. Auf diese Weise wurde ich einen ganzen Tag lang in dem PSB Büro vernommen und dabei gefoltert. Am Abend brachten sie mich in das Haftzentrum von Chamdo.

Dort wurde ich erneut alle zwei bis drei Tage vernommen. Bei jeder Sitzung wurde ich geschlagen und gegen die Wand geschleudert. Die Folterer schlugen auf meinen Kopf und versetzten mir einen Fußtritt in die Brust. Sonam, der ebenfalls im Haftzentrum Chamdo war, machte ähnliche Qualen durch.

In dem Haftzentrum waren noch vier weitere politische Gefangene, die im Zusammenhang mit Unabhängigkeitstätigkeiten festgenommen wurden. Sie kommen alle aus dem Kloster Drayab Puegue und heißen Tsering Norbu (30), Tsedo (40), Tsetso (58) und Yeshi Tenzin (14). Das Mittlere Volksgericht von Chamdo verurteilte Yeshi Tenzin zu 5 Jahren Gefängnis, während die anderen mit drei Jahren "Umerziehung-durch-Arbeit" in dem Haftzentrum von Chamdo bestraft wurden. Nach sechs Monaten im Haftzentrum von Chamdo wurde Yeshi Tenzin in das Drapchi Gefängnis verlegt.

Der "Chamdo Tatsa Thang" ist ein großer Platz, auf dem die Urteile öffentlich verlesen werden. Am 2. Juli 1996 verkündete das Mittlere Volksgericht von Chamdo dort die Urteile für Sonam und mich. Ich bekam fünf Jahre und Sonam zwei. Wir sahen auch 11 tibetische Strafgefangene, die vor der Hinrichtung dem Volk vorgeführt werden sollten. Einige von ihnen waren mir bekannt, nämlich Tsega, um die 40, aus Chamdo, Tsegyal, 40, aus Drayab, Kyipo Nyima, etwa 50, und Jamdo um die 20, aus der Gemeinde Jumda.

Nach weiteren drei Monaten in dem Haftzentrum von Chamdo wurde ich im Oktober 1996 in das Drapchi Gefängnis verlegt. Drei Monate wurde ich in der rukhag 5 (neuer Gefängnistrakt) gehalten und dann in die rukhag 6 verlegt. Wir mußten keine Arbeit verrichten, jedoch jeden Morgen den üblichen Militärdrill absolvieren.

Auf die Gefängnisproteste vom 1. und 4. Mai 1998 hin wurden die Gefangenen entsetzlich gemartert und mit schweren Restriktionen belegt. Außerdem wurden in den Gefängniszellen Überwachungskameras eingebaut, um das Tun der Häftlinge genau verfolgen zu können.

Ich wurde nach Ableistung meiner Haftstrafe am 1. Mai 2001 entlassen. Mir wurde befohlen, Lhasa innerhalb von 20 Tagen zu verlassen, weshalb ich mich an meinen Heimatort begab, wo ich etwa 9 Monate blieb. Dann ging ich wieder nach Lhasa, von wo aus ich am 30. September 2002 aufbrach und am 10. Oktober das Tibetische Flüchtlingslager (TRC) in Kathmandu erreichte".

b)

Thinley Ngawang

Thinlay Ngawang (Ordensname Ngawang Tendar) berichtete dem TCHRD über seine politischen Aktionen und seine darauffolgende Festnahme:

"Ich bin 34 Jahre alt. Mein Herkunftsort ist die Ortschaft Kyepa, Distrikt Nedong (chin. Naidon Xian), Präfektur Lhoka. Fünf Jahre lang ging ich zur Dorfgrundschule. Danach half ich ein paar Jahre meiner Familie in der Landwirtschaft. Mit siebzehn wurde ich Mönch im Kloster Woetin, in dem ich 6 Jahre lang die Lehre des Buddhismus studierte.

Im Februar 1993 schrieb ich auf vier große Blätter Papier "Tibet gehört den Tibetern", sowie Sprüche, mit denen ich die Einschränkungen für Aufnahme in die Klostergemeinschaften und die den tibetischen Frauen aufgezwungene Geburtenkontrolle kritisierte. In der Nacht zum 25. April 1993 klebte ich diese Blätter an beide Flügel des großen Yardo Kawa Tores in der Gemeinde Lhoka. Dieselben Poster klebte ich auch an die Tür einer populären Teestube, an der viele Leute vorbeigingen oder sich zu treffen pflegten, und ein weiteres an die Tür eines anderen Geschäfts. Im ganzen hatte ich elf solcher Posters bei mir.

Um das Kloster verlassen zu können, hatte ich Krankheit vorgetäuscht und gesagt, ich müsse zum Arzt gehen. In der Nacht gelang es mir, noch ein paar Plakate anzubringen. Ich übernachtete dann bei meinem Großvater und wollte so schnell wie möglich ins Kloster zurückkehren. Unglücklicherweise verstauchte sich mein Großvater den Knöchel, weshalb ich bei ihm bleiben und ihm helfen mußte. Als ich zum Wasserholen ging, riefen mich zwei Polizisten und fragten mich, warum ich das Kloster verlassen habe und wann ich zurückkehren werde. Ihr Verdacht war auf mich gefallen, weil sie wußten, daß schon früher einmal derartige Plakate in der Nähe meines elterlichen Hauses erschienen waren. Um den Verdacht von mir abzulenken, kaufte ich sogleich ein paar Arzneien und ging zu meinem Kloster zurück.

Zwei Tage später kamen sechs Milizionäre ins Kloster. Sie gaben allen Mönchen ein Blatt Papier in die Hand und wiesen sie an, ihren persönlichen Werdegang darauf zu schreiben. Ich bekam sofort Zweifel ob ihres Motivs und verstellte daher meine Handschrift. Dann sammelten sie die Blätter ein und gingen wieder weg.

Noch zweimal versuchte ich Poster anzubringen. Am 8. Mai 1994 erschienen plötzlich fünf Polizisten (Norbu Dhondup, Lotse, Khao Te Jang, Nyandak und der Chef der Polizeistation, Nyandak, mit seinem Fahrer) im Kloster und durchwühlten mein Zimmer. Sie fanden die Plakate und ein Büchlein mit Reden S.H. des Dalai Lama.

Ich wurde vor das Mittlere Volksgericht von Lhoka gestellt. Während des Prozesses erklärte ich, daß der Lebensstandard der Tibeter erbärmlich sei, und die Behörden unbedingt ihre Restriktionen lockern müßten. Der Richter schlug wütend mit der Faust auf den Tisch und warf mir vor, ich würde lügen.

Das Mittlere Volksgericht von Lhoka verurteilte mich zu 5 Jahren Gefängnis. Im Februar 1994 wurde ich in die rukhag (Trakt) 5 des Drapchi Gefängnisses verlegt. Nach Ableistung meiner Strafe wurde ich schließlich am 7. Mai 1998 entlassen".

c)

Tsering Nyima

Der 36-jährige Tsering Nyima berichtete dem TCHRD: "Ich stamme aus einer Bauernfamilie im Distrikt Derong (chin. Derong Xian), TAP Karze, Provinz Sichuan. Drei Jahre lang ging ich zur Gemeindegrundschule. Danach betätigte ich mich als Bauer an meinem Heimatort, einige Zeit lang arbeitete ich auch als Elektriker.

Vor 1990 hatte ich schon einmal versucht, nach Indien zu entkommen, doch chinesische Grenzwachen faßten mich im Distrikt Tingri (Dingri Xian), Präfektur Shigatse. Sie nahmen mir 350 Yuan ab und sperrten mich zwei Tage in das PSB Büro von Shigatse. Dann setzten sie mich in ein Fahrzeug, das mich nach Lhasa zurückbringen sollte. Irgendwie gelang es mir, mich abzusetzen und zwei Monate in Shigatse unterzutauchen. Bei meinem zweiten Fluchtversuch kam ich wieder nur bis zur Grenze von Tibet nach Nepal.

Dort wurde ich von der nepalesischen Polizei festgenommen, die mir 1.800 Yuan entwendete. Zwei Tage lang hielten sie mich fest, ehe sie mich der chinesischen Grenzpolizei aushändigten. Ich wurde mit sechs anderen Tibetern, die auch beim Versuch, ins Exil zu fliehen, verhaftet worden waren, zusammengesperrt. Wir wurden in das PSB Büro von Shigatse bei dem Tashi Ling Kloster gebracht. Einer der Milizionäre erkannte mich und erklärte den anderen, daß dies meine zweite Festnahme sei. Die anderen wurden nach zwei Wochen freigelassen, während sie mich einen Monat behielten.

Als ich schließlich freikam, hatte ich überhaupt kein Geld mehr. Ich blieb noch 2 Wochen in Shigatse und fuhr dann die 210 km bis zum Distrikt Saga (Saga Xian) per Anhalter oder ging zu Fuß. Nach weiteren 16 Tagen erreichte ich schließlich den Mt. Kailash, wo ich mich einige Tage aufhielt. Ich half älteren Leuten und Kindern bei der Umrundung des heiligen Berges. Von jedem erhielt ich für diese Dienstleistung 50 Yuan, so daß ich in 20 Tagen 450 Yuan verdient hatte.

Dann begab ich mich nach Purang (chin. Pulan Xian), wo ich einen guide fand, dem ich 150 Yuan zahlte. Wir bildeten eine Gruppe von 12 Personen. Nach Überqueren der Grenze zu Nepal gingen zehn davon alleine weiter. Ich blieb mit einer hochschwangeren Frau aus dem Distrikt Drayab, Präfektur Chamdo, übrig. An einem Ort, dessen Namen ich vergessen habe, kam sie unter großen Schwierigkeiten nieder. Wir blieben eine Woche dort und gingen tagsüber betteln. Dann machten wir uns auf den Weg nach Kathmandu und erbettelten unterwegs unser Essen. In Kathmandu fanden wir ein paar Tibeter, die uns Kleidung und Geld gaben und uns über Nacht bei sich aufnahmen. Am nächsten Tag brachten sie uns zum dem Tibetan Reception Centre.

Nachdem ich eine Audienz bei S.H. dem Dalai Lama in Dharamsala erhalten hatte, fuhr ich zum Kloster Ganden in Südindien weiter, wo ich 6 Monate lang als Mönch lebte. 1991 kehrte ich nach Tibet zurück und trug sieben große Photos seiner S.H. des Dalai Lama und zwei tibetische Nationalflaggen bei mir. 1992 reiste ich mit 15 Mönchen nach Indien. Diese studieren nun alle in den Klöstern Sera, Drepung und Ganden in Südindien.

Dann arbeitete ich 9 Monate lang in einem tibetischen Restaurant in Darjeeling, worauf ich noch einmal nach Tibet ging. Bis 1996 wohnte ich in Lhasa, wo ich heiratete und eine Familie gründete. Im selben Jahr führte ich ohne irgend welche Probleme 18 Tibeter nach Indien, von denen ich je 450 Yuan Vergütung erhielt.

Bei der Rückkehr nach Tibet nahm ich tibetische Nationalflaggen, Juwelenpillen und einige Dokumente mit mir. Im Kreis Nyelam (Neila Xian), Präfektur Shigatse, nahm die Grenzpolizei meine Frau und mich fest. Wir konnten gerade noch die mitgeführten Gegenstände in die sicheren Hände eines befreundeten Fahrers übergeben. Von dem PSB Haftzentrum Shigatse wurden wir in das PSB Haftzentrum Nyari verlegt, wo gewöhnlich Tibeter, die bei dem Versuch, nach Indien zu fliehen oder ohne die notwendigen Reisedokumente wieder nach Tibet einzureisen, eingesperrt werden.

1997 brachte ich wieder sieben Tibeter nach Indien. Bei der Rückkehr nahm ich Photos S.H. des Dalai Lama und anderer tibetischer Exil-Lamas, sowie etwa 500 Photos von Gedhun Choekyi Nyima, dem elften, vom Dalai Lama auserwählten Panchen Lama mit mir. Am 10. Juni 1999 durchsuchten Polizeibeamte von Gyabumgang (Polizeistation in Lhasa) mein Zimmer und konfiszierten annähernd 20.000 Yuan. Ich wurde in das PSB Haftzentrum von Lhasa gebracht. Dort wurde ich wiederholt vernommen, wobei die Schergen mich mit jedem Gegenstand, der ihnen in die Hände kam, mißhandelten. Immer wieder fragten sie mich, was ich alles aus Indien mitgebracht hätte. Fast drei Wochen hielten sie mich fest, worauf ich in das PSB Haftzentrum Gutsa verlegt und dort eine Woche inhaftiert wurde.

Ein Kader des Mittleren Volksgerichts Lhasa kam eigens, um mich in dem Haftzentrum zu vernehmen. Er fragte nach den Gegenständen, die ich aus Indien mitgebracht hatte, und wollte vor allem genau wissen, wie ich Flüchtlinge illegal aus Tibet geschleust hätte. Nach zwei Jahren und zwei Monaten Untersuchungshaft im Gutsa Haftzentrum verurteilte mich das Mittlere Volksgericht Lhasa zu 3 Jahren Gefängnis. Ich wurde am 11. Juni 2002 entlassen. Einen Monat später kam ich nach Indien, wobei ich wieder sieben Tibeter dabei hatte, die ich ins Exil führte.

Teil 2

Weitere Information über Tulku Tenzin Deleks Inhaftierung

Ende September 2002 interviewte das TCHRD Tulku Tenzin Deleks 29-jährigen Cousin Jamyang Dhondup (Ordensname Lobsang Gelek) aus dem Distrikt Lithang, der ins Exil nach Indien geflüchtet ist. Er berichtete dem TCHRD Neues über den derzeitigen Zustand des Tulku, sowie über die Ereignisse, die zu seiner Festnahme geführt hatten:

"2002 gab es eine Bombendetonation im Distrikt Kandze, die zwei Todesopfer forderte. Auch in Chengdu war eine Bombe hochgegangen, wonach der Geschäftsmann Dhondup aus Chengdu auf Verdacht, hinter dem Vorfall zu stecken, festgenommen wurde. Bei der Durchsuchung seines Zimmers hatte die Polizei ein Photo von Tulku Tenzin Delek gefunden. Nun wurde Dhondup gefragt, was seine Beziehung zu dem Tulku sei, ob er etwas mit dem Bombenattentat zu tun hätte und welche Beweggründe ihn zu seiner vermeintlichen Tat getrieben hätten.

Als die Milizionäre hörten, daß Dhondup mit dem Tulku verwandt ist, schöpften sie Verdacht, der Tulku könnte bei dem Bombenattentat seine Hand mit im Spiel gehabt haben. Kurz darauf wurde das Kloster des Tulku im Distrikt Nyakchuka (Yajiang Xian) eingehend durchsucht.

Als nächstes wurde ein Meeting hoher Lamas und chinesischer Kader einberufen, bei dem bekanntgegeben wurde, ein Suchtrupp habe in dem Kloster pornographische Kassetten, eine Tüte voller US Dollar und eine Perücke entdeckt. Eine solche Behauptung wurde in erster Linie aufgestellt, um die Bevölkerung gegen den Tulku einzunehmen. Der Trick mißlang jedoch, denn niemand glaubte an diese absurden Bezichtigungen. Zahlreiche Leute erklärten sich für mit dem Tulku solidarisch und kritisierten die chinesischen Behörden wegen ihrer falschen Anschuldigungen.

Es gab verschiedene Gerüchte hinsichtlich des Ortes, wo der Tulku festgehalten wird. Soviel ich weiß, herrscht immer noch Ungewißheit darüber (Im HRU August zitierte das TCHRD eine Quelle, der zufolge der Tulku im PSB Haftzentrum von Dartsedo eingesperrt sei, doch hat ihn seit seiner Verhaftung noch niemand persönlich gesehen). Vier seiner Gehilfen wurden mit ihm zusammen festgenommen: Tamding Tsering, Tsultrim, Asher Dhargyal und Tashi Phuntsok (in unserer früheren Ausgabe wurde er als Dhondup bezeichnet, wir warten auf diesbezügliche Klärung). Ihr Aufenthaltsort ist ebenfalls unbekannt. Zwei Personen, die festgenommen wurden, weil sie für den Gerichtsprozeß des Tulku Geld gesammelt hatten, wurden später wieder freigelassen.

Ein älterer Mann namens Tenzin Thinlay befand sich in der Nacht, als der Tulku festgenommen wurde, bei ihm. Er weinte jämmerlich, als der Tulku von der Polizei abgeführt wurde. Letzterer bat ihn, nicht betrübt zu sein, denn er sei völlig unschuldig. Außerdem wies er Thinlay an, die Tibeter in der Gegend vom Demonstrieren abzuhalten und statt dessen, falls es zu einem Gerichtsprozeß kommen sollte, einen Rechtsanwalt zu engagieren.

So heuerten mein Onkel Lonkga, sein Cousin De De und der Schwiegersohn des Tulku einen Anwalt vom Distrikt Kandze an. Dieser forderte ein Honorar von 100.000 Yuan, wobei er keine Garantie geben konnte, daß er den Fall gewinnen würde. Als ich Tibet verließ, bemühten sie sich gerade, einen anderen Rechtsanwalt im Distrikt Ngaba zu finden, weshalb ich nicht sagen kann, wie die Sache weiterging.

Als die Behörden das erste Mal kamen und ihn festnehmen wollten, tauchte der Tulku unter. Etwa 20.000 Tibeter unterschrieben einen Appell, den sie der Zentralregierung in Peking unterbreiteten. Die Behörden erklärten daraufhin dem Kloster, der Tulku würde nicht verhaftet, falls er sich nach seiner Rückkehr jeder Unruhestiftung enthielte. Auf diese Zusicherung hin kehrte der Tulku ins Kloster zurück.

Seit der Zeit, als der Tulku sechs Klöster gebaut hatte, verfolgten die Chinesen sein Tun und Treiben mit Argwohn. Auch sprach er sich oft vehement gegen Abholzung, Entwaldung und Jagd aus. Er ermahnte die Tibeter in der Gegend, sich nicht wegen Zwistigkeiten über Grund und Boden zu Tätlichkeiten hinreißen zu lassen.

Den Behörden mißfiel sehr, daß der Tulku versäumt hatte, die Erlaubnis der Regierung einzuholen, ehe er mit dem Bau einer großen Stupa im Distrikt Nyakchuka begann. Bei seinen Belehrungen pflegte er den Leuten zu raten, keine ethnischen Mischehen einzugehen und sich konsequent nach den Idealen S.H. des Dalai Lama zu richten.

Später gründete der Tulku ein Waisenhaus im Distrikt Nagchu, das er fast vollständig selbst finanzierte. Einen Teil des Grundstückes kaufte er, während die Leute aus der Gegend den Rest stifteten, um das Waisenhaus bauen zu können. Etwa 300 Waisen wurden hauptsächlich in Religion und tibetischer Sprache unterrichtet. Doch 1999 erzwangen die Behörden mit der Begründung, die offizielle Genehmigung habe ihm gefehlt, seine Schließung. Alle Schützlinge der Schule mußten an ihre jeweiligen Herkunftsorte zurückkehren.

In der April-Ausgabe von Human Rights Update wurde über Tulku Tenzin Deleks Festnahme berichtet. Laut der damaligen Information wurde Tulku Tenzin Delek (alias An-nga Tashi), ein hoch verehrter Lama aus dem Distrikt Lithang (chin Litang), in der Nacht zum 7. April 2002 zusammen mit vier seiner Gehilfen festgenommen. Die Polizeioffiziere des Public Security Bureau von Sichuan legten den Festgenommenen ein drei Tage zuvor erfolgtes Bombenattentat auf dem Hauptplatz von Chengdu (Tianfu Square) zur Last. Es hieß, der Tulku sei in das PSB Haftzentrum von Dartsedo (chin. Kangding), TAP Kandze (chin. Ganzi), eingeliefert worden, doch hat ihn seitdem niemand mehr gesehen.

Teil 3

Neues zur Schliessung der Tsangsul Schule

Über die Schließung einer tibetischen Privatschule in Lhasa wurde bereits im Human Rights Update August berichtet. Die wachsende Popularität der Schule und ihre angebliche Verknüpfung mit der "Dalai Clique" führten dazu, daß die chinesischen Behörden im Juni/Juli 2002 die Tsangsul Schule dicht machten. 1995 hatte die Schule, die 1988 gegründet wurde, 120 Schüler, während sie im Jahr 2002 auf 500 angewachsen war. Ein 14-jähriger ehemaliger Schüler erzählte dem TCHRD: "Ich wurde in Lhasa geboren. Meine Eltern stammen ursprünglich aus dem Distrikt Dzogang (chin. Zuagang Xian), Präfektur Chamdo. Mit 10 Jahren kam ich auf die Tsangsul Schule. Dort lernten wir Chinesisch, Tibetisch und Englisch. Das durchschnittlich verlangte Schulgeld war minimal; arme Schüler und Waisen waren ganz davon befreit und bekamen sogar finanzielle Beihilfen. Wir profitierten alle ungeheuer von der Schule. Für viele Schüler vom Lande und aus ärmlichen Verhältnissen war diese Schule äußerst günstig, weil sie hier etwas lernen konnten, ohne Schulgeld bezahlen zu müssen.

Wie bereits in der genannten Ausgabe von HRU erwähnt, trugen mehrere Faktoren zur Schließung der Schule bei. Ein weiterer, bisher unbekannter Grund ist das hinter der Schule gelegene neue vierstöckige, chinesische Geschäftsgebäude. Seine Bewohner beschwerten sich bei den zuständigen Schulbehörden darüber, daß die Schüler zu viel Lärm machten und die Nachbarn störten.

Außerdem verzeichnete die staatliche Yethong Grundschule einen geringeren Besuch, denn die ärmeren Schüler zogen vor, zur Tsangsul Schule zu gehen. Letztere wurde auch der Überfüllung und mangelnder Hygiene bezichtigt. Weiter hieß es, die Schüler liefen Gefahr, überfahren zu werden, wenn sie die Hauptstraße überqueren, um zur Schule zu gelangen. Mit amtlicher Order wurde dem Hausbesitzer schließlich verboten, das Grundstück für Schulzwecke zu vermieten. All diese Gründe wurden unseren Eltern unterbreitet, als sie einen Tag nach der Schließung zu einem Meeting einberufen wurden.

Gleichzeitig mit der Einstellung des Schulbetriebs von Tsangsul kündete die Yethong Grundschule an, daß neue Schüler, die dort Aufnahme suchen, ein Jahr lang keine Gebühren zu bezahlen brauchten. Meine Eltern waren jedoch skeptisch, ob an dieser Schule ein guter Unterricht geboten würde. Weil die Erziehung im Exil auf jeden Fall eine bessere wäre, mußte ich daher meine Familie verlassen".

Teil 4

Portrait: Im letzten Moment der Hinrichtung entgangen

Der 1961 geborene Lodroe Gyatso stammt aus dem Distrikt Sog, Präfektur Nagchu. Er war von Beruf Tanzkünstler und Gewichtheber. Gyatso ist auch wegen seiner unerschütterlichen politischen Überzeugung und seines Patriotismus bekannt.

1993 kam Gyatsos Schwester Lharik bei einem Verkehrsunfall ums Leben. Der Wagen, der sie überfuhr, wurde von einem Tibeter namens Gayoel gelenkt, der als ein Sympathisant der Chinesen gilt. Obwohl Klage gegen Gayoel eingereicht worden war, wurde er, nachdem das Verfahren über ein Jahr anhängig war, für unschuldig befunden.

Am 17. Januar 1993 gerieten Gayoel und Gyatso auf dem Markt aneinander. Es heißt, Gayoel habe zweimal auf Gyatso geschossen und versucht ihn zu töten. Zwei Polizisten, die den Zwist beobachteten, taten nichts, um ihn zu stoppen. Als Gayoel jedoch niedergestochen wurde, nahm die Polizei Gyatso fest. Das Mittlere Volksgericht der TAR sprach Gyatso des versuchten Mordes schuldig und verurteilte ihn am 20. April 1994 zu 15 Jahren Gefängnis.

Am 4. März 1995 erhielt Gyatso von den Gefängnisaufsehern die Erlaubnis, alleine zu einem anderen Trakt zu gehen, um sich Arznei gegen Bluthochdruck zu holen. Während er seinen Weg entlang des fünften, des sechsten, des vierten und des zweiten Blocks nahm und schließlich bei dem ersten Block im Hof ankam, rief Gyatso unentwegt "Tibet ist unabhängig", "Alle Chinesen müssen nach China zurückgehen" und "Sechs Millionen Tibeter sind im Geiste vereinigt". Gleichzeitig verteilte er Flugblätter und klebte Wandzettel mit politischen Botschaften und Gebeten für den Dalai Lama an. Zudem las er die Poster laut vor, so daß alle sie hören konnten.

Liu Bao und Zhao, zwei Gefängnisaufseher, Pema Rinzin, der Chef von Block vier, Lee Tue Tang von dem ersten Block, sowie zwei weitere chinesische Milizionäre vom sechsten Block rissen Gyatso die Zettel aus der Hand und legten ihn in Handschellen.

Sie stießen ihn und schlugen ihn mit ihren metallenen Gürteln, fesselten ihn mit einem Strick und droschen auf ihn ein, bis ihm aus Mund und Nase Blut floß. Gyatso wurde in eine Folterzelle eingeschlossen, wo er losgebunden und auf Genitalien und Bauch getreten wurde. Obwohl er so furchtbar gefoltert wurde, weigerte sich Gyatso "seine Verbrechen zu gestehen" und rief statt dessen "Lang lebe Seine Heiligkeit der Dalai Lama" und "Free Tibet". Dann wurde er gewürgt und gestoßen, bis er bewußtlos wurde. Von dieser Mißhandlung trug er eine ernste Hals- und Mundverletzung davon. Während eines Monats wurde er weiterhin vernommen und grausam gefoltert.

Die Gefängnisbeamten und die Kommission zur "Umziehung-durch-Arbeit" hielten daraufhin eine Sitzung ab, bei der sie ein Schriftstück verfaßten, in dem die Hinrichtung Gyatos gefordert wurde, und das sie an die Staatsanwaltschaft weiterleiteten. Während das Mittlere Volksgericht die Zustimmung des Höheren Volksgerichts zu der Exekution erwartete, gelang es im April 1995 anderen Gefangenen von Drapchi, die Nachricht über Gyatsos bevorstehende Hinrichtung ins Ausland zu schmuggeln. Der UN Sonderberichterstatter für außergerichtliche, summarische und willkürliche Hinrichtungen schrieb am 18. Mai 1995 einen Eilappell, den er der chinesischen Regierung übermittelte.

Am 20. November 1996 wurde Lodroe Gyatso am Besuchstag von den Gefängnisaufsehern brutal geschlagen. Später wurde berichtet, Gyatso hätte sich ein wenig von der Gruppe der Gefangenen, die darauf warteten, aufgerufen und zu ihren Besuchern gebracht zu werden, entfernt, um noch etwas Sonnenwärme zu erhaschen. Daraufhin kam er in eine Isolationszelle und wurde später in die Abteilung für kriminelle Strafgefangene versetzt.Die Antwort der Chinesen lautete, es habe gar kein Todesurteil vorgelegen, Gyatsos Haftstrafe sei vielmehr mit Beginn am 3. Mai 1995 um 6 Jahre verlängert worden. Zusätzlich wurden ihm für drei Jahre seine bürgerlichen Ehrenrechte entzogen. Lodroe Gyatso verbüßt gegenwärtig eine Haftstrafe von 21 Jahren im Drapchi Gefängnis.

Teil 5

Ngawang Sangdrol freigelassen, doch in schwerkrankem Zustand

Die 24-jährige tibetische Nonne Ngawang Sangdrol wurde am Donnerstag, den 17. Oktober, angeblich wegen "guter Führung" neun Jahre vor Ablauf ihrer Haftzeit aus dem Drapchi Gefängnis freigelassen. Sie hatte 12 Jahre im Gefängnis verbracht, nur weil sie von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht hatte.

Bereits Anfang Oktober 2001 hatten die Behörden Sangdrols auf 21 Jahre lautendes Urteil um eineinhalb Jahre auf 19 ½ Jahre reduziert. Offiziell hieß es, sie habe sich diese Urteilsminderung durch "echte Reue und den Willen zur Umkehr" verdient.

Ihr in Indien lebender Bruder Jampel Tenzin widerlegt die Behauptung der Chinesen, Sangdrol sei wegen "guter Führung" vorzeitig entlassen worden. Er berichtete dem TCHRD: "Am 10. Oktober rief ich meine Familie in Lhasa an. Meine Schwester Rinzin Dolkar hatte Sangdrol im Rahmen ihrer regelmäßigen Gefängnisbesuche am 20. September aufgesucht. Sie war schockiert, Sangdrol in gesundheitlich kritischem Zustand im Gefängnisspital vorzufinden. Sie bemerkte, daß Sangdrol äußerst schwach war und keine angemessene Behandlung erfuhr. Ihr Zustand war so ernst, daß sofortiges ärztliches Eingreifen erforderlich gewesen wäre. Dolkar fiel auch auf, daß Sangdrol sich kaum bewegen oder essen konnte."

Passang Lhamo, eine ehemalige Gefangene aus Drapchi, die jetzt in Dharamsala lebt, meinte dem TCHRD gegenüber: "Sangdrol wurde wegen ihrer Teilnahme an dem Gefangenenprotest vom Mai 1998 exzessiv geschlagen und gefoltert. Sie war mehrere Stunden lang bewußtlos. Seitdem hat sie häufige Anfälle von heftigen Kopfschmerzen, außerdem ist sie herzkrank und hat Magen- und Darmbeschwerden". Das TCHRD ist daher der Ansicht, daß Sangdrol eher aus medizinischen Gründen als wegen ihres angeblichen "guten Benehmens" freigelassen wurde.

Die chinesischen Behörden greifen immer wieder zu der Praktik, Gefangene freizulassen, die sich in einem kritischen Gesundheitszustand befinden und sterben könnten. Der Zweck dieser Übung ist, die Verantwortung für den etwaigen Tod der Häftlinge von sich abzuwälzen und so internationale Kritik wegen Unterlassung einer rechtzeitigen und effektiven medizinischen Betreuung zu vermeiden.

John Kamm, der Präsident der Duihua Stiftung in San Francisco, sagte hingegen in einer Presseerklärung, Sangdrols Freilassung sei einer Bestimmung zuzuschreiben, der zufolge Gefangene, die in jugendlichem Alter inhaftiert wurden, für eine vorzeitige Entlassung in Frage kommen.

Das TCHRD möchte betonen, daß die Freilassung von Häftlingen vor dem Ablauf ihrer Haftzeiten nicht dahingehend interpretiert werden sollte, daß die chinesische Regierung sich nun etwa an die Menschenrechtsnormen halte. Das Zentrum sieht diese Gesten mit Vorsicht und Skepsis. In den letzten Jahren hat die chinesische Regierung auf die internationale Kritik an ihrer sich verschlechternden Menschenrechtslage immer wieder mit derartigen Maßnahmen reagiert.

Chinas Absicht, sein Image auf der internationalen Bühne aufzupolieren und die unlängst stattgefundene Begegnung von Bush mit Jiang Zemin könnte die Pekinger Führung auch verlaßt haben, ihre Politik, die international genau beobachtet wird, zu überdenken und neu zu konzipieren. Andere Faktoren könnten die bevorstehenden personellen Veränderungen in der chinesischen Staatsführung, die Abhaltung der Olympischen Spiele in China, die internationale Kampagnenarbeit zugunsten der Freilassung von Gefangenen sein, sowie der Druck, der durch die vom Europäischen Parlament und vom US Kongreß verabschiedeten Resolutionen entsteht, die tibetische Regierung im Exil (TGIE) als die rechtmäßige Regierung Tibets anzuerkennen, sollte China bis Ende nächsten Jahres in keine echten Verhandlungen mit dieser eingetreten sein. An der allgemeinen Menschenrechtslage in Tibet hat sich jedoch nichts verbessert.

Das TCHRD freut sich über die Freilassung von Sangdrol, weil sie es nicht verdient hat, all diese Jahre im Gefängnis eingesperrt zu sein und endlose Qualen zu erleiden. Das TCHRD möchte jedoch betonen, daß es noch Hunderte von Gefangenen gibt, die weiterhin willkürlich und unter schrecklichen Bedingungen in verschiedenen Haftanstalten schmachten.

Das TCHRD möchte noch einmal darauf hinweisen, daß viele Tibeter die besten Jahre ihres Lebens hinter Gittern verbringen mußten und ungeahnte Qualen und Folter erlitten. Mindestens 77 tibetische Häftlinge sind infolge der Schläge und Mißhandlungen gestorben. Es drückt weiterhin seine Besorgnis darüber aus, daß noch so viele Tibeter ohne ordentliche Verfahren in den Gefängnissen einsitzen.

Fallgeschichte

1977 in Lhasa geboren, trat Ngawang Sangdrol, mit Laienname Rigchog, in sehr jungen Jahren in das Kloster Garu ein. 1987 nahm die damals Zehnjährige an einer Unabhängigkeitsdemonstration teil, worauf sie zwei Wochen hinter Schloß und Riegel kam. Am 28. August 1990 wurde sie wegen einer weiteren Demonstration wieder festgenommen und 9 Monate lang inhaftiert. Ein Jahr später wurde sie, weil sie erneut demonstriert hatte, zu drei Jahren Gefängnis verurteilt, die sie in Drapchi zubrachte.

1993 machten Sangdrol und 13 weitere Nonnen im Drapchi Gefängnis eine Tonband-Aufzeichnung über die brutale Behandlung, der sie ausgesetzt waren, und legten ein unerschütterliches Bekenntnis zur tibetischen Unabhängigkeit ab. Die Tonkassette wurde herausgeschmuggelt und in ganz Tibet verbreitet. Sangdrol wurde deshalb der "Verbreitung konterrevolutionärer Propaganda" bezichtigt und mit einer 6-jährigen Verlängerung ihrer Haftzeit bestraft.

Am 31. Juli 1996 wurde Sangdrol wegen angeblicher Unordnung in ihrer Zelle noch einmal mit einer Haftverlängerung von 8 Jahren bestraft, womit ihr Gesamtstrafmaß nun 17 Jahre betrug. Tatsächlich hatte sie sich jedoch nicht erhoben, als eine Abordnung von Parteikadern ihre Zelle betrat. Ihr gesundheitlicher Zustand verschlechterte sich infolge der Mißhandlungen immer mehr und ihr rechtes Bein war ernstlich verletzt.

Als wegen der Gefängnisproteste im Mai 1998 alle Gefangenen mit Schlägen traktiert wurden, wurde Sangdrol besonders heftig mißhandelt. Das Mittlere Volksgericht von Lhasa sprach erneut eine Urteilsverlängerung aus. Trotz unterschiedlicher Berichte über das genaue Strafmaß ist das TCHRD der Ansicht, daß Sangdrols Strafe um 4 Jahre verlängert wurde, womit sie auf insgesamt 21 Jahre lautete.

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