Januar 2004
Human Rights Update
Januar 2004

Zusammenfassung des Jahresberichts 2003: Die Menschenrechtslage in Tibet

Inhalt
  1. Vorwort
  2. Schlußfolgerung
  3. Empfehlungen
    - An die Regierung der VR China
    - An Internationale Vereinigungen und Regierungen
    - An multinationale Firmen und Konzerne
  4. Maßgebliche Zusammenfassung
    - Bürgerliche Freiheiten
    - Religion
    - Entwicklung
    - Lebensunterhalt
    - Bildung
  5. Tibetischer Lehrer zu fünf Jahren Haft verurteilt
Teil 1

Vorwort

Das Jahr 2003 begann für Tibet verheißungsvoll. Eine neue Generation von chinesischen Spitzenfunktionären - die meisten von ihnen Technokraten, die einen wirtschaftlichen Background haben - übernahm im März 2003 mit Hu Jintao als neuem Präsidenten die Führung der Staatsgeschäfte. Einhergehend mit dem zweiten Chinabesuch der Sondergesandten des Dalai Lama innerhalb eines Jahres und der zunehmenden Beteiligung Chinas an internationalen Angelegenheiten (und damit seiner Verpflichtung auf die Beachtung internationaler Verhaltensnormen, insbesondere der Menschenrechte) weckte dies Hoffnungen bei der internationalen Gemeinschaft und den Tibetern, daß eine sanftere Gangart in der Tibetpolitik Chinas vielleicht zu einem Neuanfang für das tibetische Volk führen könnte.

Aber dazu kam es nicht. Das ganze Jahr 2003 hindurch wurden die Bemühungen zur Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit und des Justizwesens durch politische Kampagnen gegen mutmaßliche Oppositionelle unterlaufen. Die Rechte auf Rede-, Versammlungs- und Religionsfreiheit wurden stark eingeschränkt und weiterhin unterdrückt. Die willkürlichen Festnahmen und Inhaftierungen, unfaire Prozesse, Folter und Mißhandlung wurden nicht weniger, ebenso die gelegentlichen Hinrichtungen. Gerechtfertigt wurde dieses harte Vorgehen gegen das tibetische Volk mit Schlagworten wie "Gefährdung der Nation, der Staatssicherheit und der sozialen Stabilität".

Daß die Hardliner in der Tibet-Politik wieder das Sagen haben, machte sowohl die am 26. Januar 2003 erfolgte Hinrichtung des Tibeters Lobsang Dhondup als auch das Todesurteil gegen den angesehenen Lama Tulku Tenzin Delek deutlich. Die im Juli für ein weiteres Jahr beschlossene Verlängerung der "Hart-Durchgreif-Kampagne" von 2001 diente den Behörden zur Legitimierung ihrer Verfolgung aller als "spalterisch" angesehenen und vermeintlich "die Staatssicherheit gefährdenden" Aktivitäten. Natürlich wurden die Tibeter wieder die ersten Opfer dieser weitgefaßten und zweideutigen Verhaftungsgründe, deren genaue Interpretation China nach wie vor schuldig bleibt.

Bei den in Tibet lebenden Tibeter kamen der Prozeß hinter verschlossenen Türen, die darauf folgenden Todesurteile und die unmittelbare Exekution als eine beängstigende Botschaft an, die sie an das chinesische Brutalitätspotential erinnerte. Der Prozeß selbst und die Art des Verfahrens hinterließen bei Beobachtern der Lage ernsthafte Zweifel an der Fairneß der Justiz in China. Dies wirft auch auf die nach Darstellung der Chinesen in anderen Bereichen erzielten Fortschritte seine Schatten. Die unerwartete Art, in der die chinesischen Behörden die Hinrichtung vornahmen, ist ein Hinweis darauf, daß China ungeachtet aller den USA, der EU und der internationalen Gemeinschaft bezüglich eines gesetzeskonformen Prozesses gemachten Zusagen immer nur seinem eigenen Programm folgen wird.

Das TCHRD verurteilt scharf die Art und Weise, wie China den Begriff "Staatsgeheimnisse" in dem 1996 revidierten Strafverfahrensgesetz (Criminal Procedure Law - CPL) gebraucht. Dieser Begriff dient als Rechtfertigung dafür, daß den Angeklagten während des Ermittlungsverfahrens jeglicher Zugang zu Anwälten verweigert wird. Des weiteren bekam die Polizei durch das CPL enorme Machtbefugnisse bei der Inhaftierung von Verdächtigen. Ein himmelschreiendes Beispiel dafür, wie wenig das Strafverfahrensgesetz (CPL) entscheidende Rechte von Verdächtigen und Angeklagten in Strafverfahren schützt, ist die mit der Begründung, es gehe in dem genannten Fall um "Staatsgeheimnisse", vom Volksgerichtshof Sichuan ausgesprochene Weigerung, einen unabhängigen rechtlichen Beistand für Tulku Tenzin Delek zuzulassen. Ebenso wurde daran deutlich, wie "politisch benachteiligte" Angeklagte diskriminiert werden.

"Die chinesischen Behörden konnten nicht plausibel machen, warum der Fall Staatsgeheimnisse betreffen soll, und die Beweislage, anhand derer die Verurteilung erfolgte, blieb nebulös." Aus dem Bericht von Amnesty International: VR China - Justizirrtum? Der Fall Tenzin Delek Rinpoche und die damit verbundenen Verhaftungen - Oktober 2003.

Im Hinblick auf den Einfluß des tibetischen Buddhismus ist China geradezu paranoid. Das weiterhin bestehende Charisma des Dalai Lama wird als eine die Tibeter einigende Kraft und somit als potentielle Bedrohung der Einheit des Mutterlandes wahrgenommen. Diese Nervosität kommt in den Kontrollmaßnahmen der Behörden zur Unterhöhlung religiöser Studien und sonstiger religiöser Aktivitäten zum Ausdruck. Beispiele hierfür sind das Verbot der Zurschaustellung von Bildern des Dalai Lama, die Schließung von Schulen, die unter dem Verdacht stehen, "spalterische Ideologien" zu lehren, die ständige Einmischung der Behörden in die religiösen und die Verwaltungsangelegenheiten der Klöster, sowie die "patriotische Umerziehung" von Mönchen und Nonnen, bei der gelehrt wird, daß die Loyalität gegenüber dem Staat wichtiger als die gegenüber der Religion se. Derartige Restriktionen stehen in krassem Widerspruch zur chinesischen Verfassung, in der die Freiheit der Religionsausübung garantiert wird.

Die im Laufe des Jahres von China bei bi- und multilateralen Gesprächen bezüglich der Menschenrechte gemachten Versprechungen führten zu nichts anderem als einer Enttäuschung. Offenbar wurden diese Zusagen lediglich aus taktischen Gründen gegeben, um Zeit zu gewinnen und Kritik abzuwenden. Im August warf die Bush-Administration China vor, seine im Dezember 2002 eingegangenen Menschenrechtsverpflichtungen, auf Grund derer die USA beim Genfer Menschenrechtsforum vom März/April 2003 auf die Einbringung einer Resolution gegen Peking verzichtet hatten, nicht erfüllt zu haben.

"...sie haben eindeutig Versprechen gemacht, aber sie haben sie nicht gehalten. An dieser Stelle geht es nicht mehr nur um Menschenrechte. Die Frage ist vielmehr: Inwieweit können wir uns auf die von den Chinesen eingegangenen Verpflichtungen überhaupt verlassen?", sagte John Kamm, ein Menschenrechtsaktivist aus San Francisco, der die Geschehnisse in der VR China kritisch verfolgt.

Die Vorliebe Pekings für bilaterale Gespräche hat einzig den Zweck, bei internationalen Foren einer öffentlichen Verurteilung seiner Menschenrechtsverletzungen entgegenzuwirken; dabei setzt die bilaterale Diplomatie eigentlich voraus, daß die verhandelnden Parteien sich auch verpflichten, Mechanismen der Rechenschaftslegung und Transparenz sowie der Ahndung bei Nichterfüllung in Gang zu setzen.

Um Dick Oosting den Direktor des EU-Büros von Amnesty International in Brüssel zu zitieren: "Durch Chinas Beharren auf gegenseitigem Respekt und Nicht-Konfrontation in der Menschenrechtsfrage wurde die EU bisher als Geisel gehalten, blockiert durch einen formalen Menschenrechtsdialog - der den Opfern von Menschenrechtsverletzungen in China keinerlei Erleichterung brachte. Bei einer reifen gegenseitigen Beziehung wissen jedoch alle Beteiligten ganz genau, daß die Beziehung zu Ergebnissen führen muß".

China brüstet sich seiner enormen Investitionen und Mammut-Entwicklungsprojekte in Tibet. Normalerweise sollte jedoch ein jedes Entwicklungsprojekt dem Recht der Menschen auf Selbstbestimmung dienen - und dazu gehört auch die Kontrolle über die Nutzung ihres Landes und seiner natürlichen Ressourcen. Dennoch werden in Tibet die Tibeter sowohl von den Entscheidungen als auch der aktiven Beteiligung an den Projekten ausgeschlossen. Die Stadtentwicklungsvorhaben haben nur den Zweck, Chinas wirtschaftliche und politische Kontrolle über Tibet zu konsolidieren. Der daraus resultierende Zustrom zig-tausender chinesischer Siedler stellt eine ernsthafte Bedrohung für den Lebensunterhalt der Tibeter dar. Das TCHRD ist der Überzeugung, daß der tatsächliche Zweck der gegenwärtigen Entwicklungsprojekte nichts als die Assimilation ist. Das Tempo, mit dem diese Projekte umgesetzt werden, wird schließlich den kulturellen Genozid am tibetischen Volk besiegeln.

Im März 2003 veröffentlichte China ein neues Papier zu seiner Tibetpolitik mit dem Titel: "Ökologischer Aufbau und Umweltschutz in Tibet". Darin werden die chinesischen Entwicklungsplanungen für Tibet verteidigt und die große Bedeutung des Umweltschutzes für das Land betont. Kritiker, zu denen nicht zuletzt die tibetische Bevölkerung zählt, stehen den ambitionierten Plänen jedoch skeptisch gegenüber und halten den Bericht für Propaganda. Ihrer Auffassung nach schädigt die forcierte wirtschaftliche Entwicklung in Tibet die Umwelt. Peking verwarf die Kritik natürlich und sagte, umweltpolitische Bedenken dürften die wirtschaftliche Entwicklung nicht hindern. "Obwohl die Chinesen in öffentlichen Verlautbarungen stets die Priorität der Umweltpolitik betonen, steht sie in der tatsächlichen Rangfolge weit hinter strategischen und ökonomischen Belangen", kommentierte die Tibet-Kennerin Kate Saunders.

Pekings Papier zur "Nationalen Minderheitenpolitik und ihrer Umsetzung in China" von 2002 spricht sich ausdrücklich gegen ethnische Diskriminierung oder Unterdrückung jeglicher Art aus; angeblich soll die Freiheit der Religionsausübung von ethnischen Minderheiten sowie der Gebrauch und die Verbreitung ihrer jeweiligen Sprachen in Wort und Schrift respektiert und geschützt werden. Die Tibeter werden von China als "ethnische oder nationale Minderheit" eingestuft.

Trotz dieser erklärten Politik werden die sie weiterhin diskriminiert. Pekings Unduldsamkeit gegenüber der Religionsausübung der Tibeter und die Schließung von tibetischen Schulen, welche die indigene Religion und Kultur sowie die gesprochene und geschriebene Sprache fördern, stellt sowohl einen Bruch der eigenen politischen Richtlinien als auch der von China am 31. März 1996 unterzeichneten und am 29. Dezember 1981 ratifizierten Internationalen Konvention zur Ausmerzung aller Formen der Rassendiskriminierung (International Convention on the Elimination of all Forms of Racial Discrimination - ICERD) dar.

Auf Geheiß Chinas wurden im Mai 2003 achtzehn tibetische Flüchtlinge von Nepal abgeschoben. In seiner Pressemitteilung vom 2. Juni 2003 bezeichnete Amnesty International diese zwangsweise Rückführung von Tibetern nach China als inakzeptabel: "Diese Operation stellt eine offene Mißachtung aller internationalen Normen von Menschenrechten und Flüchtlingskonvention dar. Es steht zu befürchten, daß diese Menschen Folterung und weiteren gravierenden Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt werden, deshalb rufen wir die chinesischen Behörden dazu auf, umgehend die Sicherheit der Betroffenen zu garantieren".

Im November kündigte der chinesische Botschafter in Nepal, Sun Heping, an, sein Land werde künftig den Strom der tibetischen Flüchtlinge, die er als "illegale Immigranten" bezeichnete, stoppen. Diesbezügliche Maßnahmen werden in Zukunft die Bewegungsfreiheit des tibetischen Volkes noch weiter einschränken. Mit der Wirkung dieser Maßnahmen über die Grenzen hinweg ist zu befürchten, daß immer mehr tibetische Flüchtlinge gefaßt und inhaftiert werden. Das TCHRD sieht in den von der chinesischen Regierung getroffenen Maßnahmen, um das Recht der Tibeter auf Freizügigkeit sogar noch jenseits der Grenze einzuschränken, einen unmittelbaren Versuch, den freien Informationsfluß an die Weltöffentlichkeit zum Erliegen zu bringen.

In seiner Rede auf dem Genfer Weltgipfel zur Informationsgesellschaft am 10. Dezember 2003 vermied der chinesische Informationsminister Wang Xudong peinlichst jede Erwähnung des unbefriedigend gehandhabten bzw. dringend verbesserungswürdigen Rechts auf Informations- und Redefreiheit. Statt dessen sprach er vom Fortschritt als der Basis für den Aufbau der Informationsgesellschaft - wieder einmal eine Demonstration eines chinesischen Ablenkungsmanövers von der eigentlichen Problematik.

Der Empfang und die Weiterleitung von Informationen, der Austausch von Ideen und Meinungen sowie ihre Diskussion sind wesentliche Elemente für eine Veränderung und Weiterentwicklung von Gesellschaften. Im Gegensatz dazu wurden in China seit 1993 mehrere Gesetze und Verordnungen zur Einschränkung der Nutzung von Informationstechnologien erlassen. Der Report von Amnesty International "Die VR China: Staatliche Kontrolle des Internets im Jahr 2002" berichtet über die Festnahme von 33 Personen, weil sie Informationen mittels des Internets weitergeleitet bzw. aus dem Internet heruntergeladen hatten.

Verglichen mit dem restlichen China bleibt die Internet-Nutzung durch Tibeter weiterhin marginal; teilweise liegt dies wohl an der mangelhaften Schulbildung und der hohen Rate von Analphabeten in Tibet. Die Störung von Radio- und Fernsehprogrammen ist eine weitere häufig angewandte Methode zur Kontrolle alternativer Informationsquellen. Im vergangenen Jahr wurden viele Tibeter wegen Weitergabe von Informationen an die Außenwelt zu langjährigen Haftstrafen verurteilt.

Teil 2

Schlussfolgerung

Nach Auffassung des TCHRD ist die chinesische Menschenrechtsdiplomatie - Unterzeichnung von immer mehr Menschenrechtsverträgen, während den eigenen Bürgern die Menschenrechte verweigert werden - als Teil einer kohärenten Strategie zu sehen. Die von Peking ausgesprochenen Einladungen an Staatsoberhäupter in aller Welt und internationale Beobachter, sowie die neue Bereitschaft zur Abhaltung internationaler Konferenzen - von geschäftlichen Treffen bis hin zu Schönheitswettbewerben - sollen als Anzeichen von Offenheit und größerer Transparenz wirken. In Wirklichkeit jedoch sind diese "Anzeichen" keine, die einen Fortschritt bei dem Umgang mit den Menschenrechten anzeigten.

Das TCHRD verurteilt diese Politik der Täuschung, die China so emsig betreibt, um die brutale Realität der Menschenrechtslage des Volkes zu verschleiern. Allem Wandel und einigen schleppenden Reformen zum Trotz herrscht in China immer noch um ein autoritäres Regime, das kaum etwas getan hat, um einen echten demokratischen Prozeß in Gang zu setzen und seiner Bevölkerung mehr bürgerliche und politische Rechte zu geben.

Die Verschleierung der SARS-Epidemie zu Anfang des Jahres beweist deutlich, daß in China immer noch ein repressives System an der Macht ist, das seit über 50 Jahren mit zwingender Logik auf Lug und Trug baut. Man wird dadurch auch an die beunruhigende Realität der Zensur unter dem kommunistischen Regime erinnert, und damit einhergehend an die Unabdingbarkeit eines freien Informationsflusses zur Förderung von Transparenz, Rechtsstaatlichkeit und den Menschenrechten.

Heutzutage, wo China so begierig den Anschluß an die Welt sucht, eine Unmenge neuer politischer Kontakte knüpft, eine immer aktivere Rolle in der internationalen Arena übernimmt, seinen Einfluß beständig ausweitet und seine Diplomatie verfeinert - alles mit dem Ziel, eine führende Weltmacht zu werden -, muß sich die freie Welt vergegenwärtigen, daß sie auch die Verantwortung hat, China zur Achtung der Menschenrechte seiner eigenen Bevölkerung, der Tibeter und aller anderen Menschen auf seinem Staatsgebiet zu mahnen. Die Chinesen mögen schicker und differenzierter geworden sein - freundlicher oder sanftmütiger sind sie deswegen nicht geworden.

Das TCHRD ist der Überzeugung, daß bezüglich der VR China so lange, wie es in diesem Staat ein so großes Defizit an Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Achtung der Menschenrechte gibt, nicht von echter Entwicklung gesprochen werden kann.

Teil 3

Empfehlungen

An die Regierung der VR China

Bürgerliche und politische Rechte

  • Den am 5. Oktober 1998 unterzeichneten Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zu ratifizieren.
  • Die einschlägigen Sonderberichterstatter der UN-Menschenrechtskommission, offizielle Beobachterteams, sowie Journalisten und NGOs einzuladen und ihnen ohne ständige Überwachung freien Zugang zu den Personen und Orten ihrer Wahl zu gewähren;
  • Tulku Tenzin Delek umgehend und bedingungslos freizulassen.
  • Gedhun Choekyi Nyima, den XI. Panchen Lama Tibets, dessen Aufenthaltsort seit Mai 1995 unbekannt ist, unverzüglich auf freien Fuß zu setzen und ihn ein freies Leben führen zu lassen.
  • Alle in Gefängnissen und Zwangsarbeitslagern inhaftierten tibetischen Gewissensgefangenen freizulassen.
  • Das Justizsystem zu verbessern, den (Geltungsbereich des) Begriff "Staatsgeheimnisse" im CPL, der zur Strafverfolgung unschuldiger Menschen herangezogen wird, und seinen Geltungsbereich klarzustellen
  • Freie und faire Prozesse für alle aus politischen, religiösen oder anderen Gründen angeklagten Personen sicherstellen.
  • Tibetern, die außer Landes reisen wollen, Freizügigkeit zu gewähren, sowie die Möglichkeit, jederzeit ohne Furcht vor Schikanen oder Inhaftierung in ihr Heimatland zurückzukehren. (, gewähren)
  • Dem tibetischen Volk das Recht auf Religionsfreiheit und freie Religionsausübung zu gewähren; die Kampagne zur Aufzwingung des Atheismus in Tibet einzustellen; die gegen das tibetische Volk gerichtete Anti-Dalai-Lama-Kampagne zu beenden; dem System der Beschränkung der Anzahl von Mönchen und Nonnen und ihrer Zulassung zu den Klöstern ein Ende zu setzen.
  • Die Beschneidung des Rechtes auf Informations- und Redefreiheit einzustellen und uneingeschränkten Zugang zu Radio- und Fernsehsendungen sowie zur Nutzung des Internets zu gewähren.

Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte

  • Endlich den bereits am 30. Juni 2002 fällig gewordenen anfänglichen/ersten Bericht an das UN-Komitee über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vorzulegen.
  • Nach der Ratifizierung des Internationalen Abkommens über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (ICESCR) nun auch das Recht der Tibeter auf Selbstbestimmung zur Wahrung ihrer Kultur und Identität zu respektieren.
  • Bei allen Entwicklungsprojekten in Tibet das tibetische Volk mit einzubeziehen und ihm die aktive Beteiligung daran zu gewähren. China sollte endlich bei allen Entwicklungsprojekten, die in Tibet zur Ausführung kommen, den Willen der Tibeter respektieren.
  • Die Empfehlungen der UN-Sonderberichterstatterin für Bildung, Katarina Tomasevski, umzusetzen - also die volle Integration der Menschen- und Minderheitenrechte im Bildungs- und Justizwesen und in der Rechtspraxis, sowie die Schaffung eines einheitlichen rechtlichen Rahmens, der Kindern das Recht auf allgemeinen Zugang zu freier und schulischer Bildung garantiert.

An Internationale Vereinigungen und Regierungen

  • Bei sämtlichen künftigen Gesprächen mit der chinesischen Regierung die Menschenrechtsfrage zu einer zwingenden Vorbedingung machen.
  • Konkrete Resultate bezüglich der Einhaltung der Menschenrechtsverträge und der gegenüber der UNO und der WTO eingegangenen Verpflichtungen von China zu fordern.
  • Die chinesische Regierung zur bedingungslosen Freilassung von Tulku Tenzin Delek, des XI. Panchen Lama von Tibet, Gedhun Choekyi Nyima, und aller in Gefängnissen und Zwangsarbeitslagern inhaftierten Gewissensgefangenen aufzufordern.
  • China zur Erfüllung aller mit der UNO geschlossenen Verträge und seiner Verpflichtungen gegenüber der WTO aufzufordern.
  • Verlangen, daß China den Tibetern Bewegungsfreiheit innerhalb und außerhalb von Tibet gewährt und ihnen die Rückkehr in ihre Heimat erlaubt, so daß sie keine Verfolgung oder Inhaftierung mehr befürchten müssen.
  • Verlangen, daß China die Anwendung extremer Folter bei Gefangenen und Untersuchungshäftlingen, mit dem Zweck Geständnisse von ihnen zu erpressen, einstellt.
  • China zur Aufnahme eines fruchtbringenden Dialogs mit den Repräsentanten des tibetischen Volkes zu bewegen.

An multinationale Firmen und Konzerne

  • Arbeiten Sie ernsthaft mit den Tibetern zusammen und sorgen Sie für ihre Beteiligung in allen Stadien der Entwicklungsprojekte; lassen Sie den ortsansässigen Tibeter bei allen Aktivitäten Ihre Unterstützung zukommen;
  • Führen Sie umfassende soziale und Umweltstudien durch und erstellen Sie Gutachten über die zu erwartenden Auswirkungen der Projekte.
  • Vergewissern Sie sich, ob sinnvolle Umweltschutzmaßnahmen getroffen wurden.
  • Legen Sie nachhaltige Entwicklungsinitiativen vor, die den Menschen vor Ort tatsächlichen Nutzen bringen.
  • Vergessen Sie schließlich nicht, daß bei jedem Projekt die Gefühle der Tibeter respektiert werden müssen.

Maßgebliche Zusammenfassung

Teil 4

Bürgerliche Freiheiten

China hat das Internationale Abkommen über bürgerliche und politische Rechte (ICCPR) im Oktober 1998 zwar unterzeichnet, jedoch noch nicht ratifiziert. Aus der Präambel des ICCPR:

"In der Erkenntnis, daß nach der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte das Ideal vom freien Menschen, der bürgerliche und politische Freiheit genießt und frei von Furcht und Not lebt, nur verwirklicht werden kann, wenn Verhältnisse geschaffen werden, in denen jeder seine bürgerlichen und politischen Rechte ebenso wie seine wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte genießen kann...

In der Erwägung, daß die Charta der Vereinten Nationen die Staaten verpflichtet, die allgemeine und wirksame Achtung der Rechte und Freiheiten des Menschen zu fördern...."

Die Tibeter sehen sich weiterhin in der Ausübung ihrer Grundrechte und Freiheiten extrem eingeschränkt. Der Rückgang bei der Anzahl der Verhaftungen ist indes kein Indikator für eine Verbesserung der Lage. Die Behörden gehen weiterhin gezielt gegen religiöse Institutionen und Würdenträger vor, indem sie diese "spalterischer Aktivitäten" bezichtigten. Mehrere Personen wurden wegen angeblicher Verbrechen, für die es keinerlei Beweise gab, gefangen gesetzt. Nichtöffentliche Prozesse und Verurteilungen verdächtiger Personen waren an der Tagesordnung. In den letzten Jahren war eine leichte, doch auffällige Verlagerung der politischen Vorfälle und Verhaftungen von der eher widerspenstigen Autonomen Region Tibet in die außerhalb der TAR gelegenen osttibetischen Gebiete in Sichuan und Qinghai - den traditionellen Regionen Amdo und Kham - zu verzeichnen.

Die im Jahr 2003 über zwei Tibeter verhängte Todesstrafe, sowie die unmittelbare Hinrichtung eines der beiden Verurteilten, sind ein Indiz dafür, daß auch unter den neuen Staatsführern von Rechtsstaatlichkeit keine Rede sein kann.

Das TCHRD erhielt das ganze Jahr hindurch Berichte über willkürliche Verhaftungen, Mißhandlungen und Folter. Gleichzeitig gab es weiterhin erhebliche Restriktionen bei religiösen und kulturellen Feierlichkeiten, und die Lage war an solchen Tagen besonders angespannt. Außerdem liegen dem TCHRD Informationen über Verhaftungen und langjährige Haftstrafen für Tibeter vor, die ihr Recht auf Freiheit der Rede und Meinungsäußerung wahrgenommen haben. Den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (ICESCR) hat China im März 2001 ratifiziert.

Religion

Im Artikel 36 der chinesischen Verfassung heißt es: "Die Bürger der VR China genießen die Glaubensfreiheit. Kein Staatsorgan, keine gesellschaftliche Organisation und keine Einzelperson darf Bürger dazu zwingen, sich zu einer Religion zu bekennen oder nicht zu bekennen, noch dürfen sie jene Bürger benachteiligen, die sich zu einer Religion bekennen oder nicht bekennen. Der Staat schützt normale religiöse Tätigkeiten. Niemand darf eine Religion dazu benutzen, Aktivitäten durchzuführen, welche die öffentliche Ordnung stören, die körperliche Gesundheit von Bürgern schädigen oder das Erziehungssystem des Staates beeinträchtigen. Die religiösen Gemeinschaften und Angelegenheiten dürfen von keiner ausländischen Kraft beherrscht werden."

Die Einschränkung der Religionsfreiheit und der religiösen Praxis in Tibet verletzt die von der chinesischen Verfassung und dem Völkerrecht verbürgten Grundrechte.

2003 wurde die Kampagne gegen die Aufstellung von Dalai Lama Bildern in verschiedenen Gegenden Tibets intensiviert. Der Bevölkerung wurde, sollte sie dem Verbot zuwiderhandeln, mit gravierenden Konsequenzen wie der Konfiszierung ihres Grund und Bodens gedroht. Mit dem Ziel, Studium und Praxis der Religion so zu manipulieren, daß sie sich in den Rahmen der kommunistischen Ideologie fügen, mischten sich die Demokratischen Verwaltungsräte ("Democratic Management Committees") weiterhin in die religiösen und die Verwaltungsangelegenheiten der Klöster ein. Schulen, in denen eine religiöse Erziehung vermittelt wurde, wie die Ngaba Kirti Klosterschule in der Präfektur Ngaba, Provinz Sichuan, wurden kurzerhand geschlossen.

Pekings Versuche, den Atheismus in Tibet mittels der "patriotischen Umerziehungskampagne" oder der "Anti-Dalai-Lama-Kampagne" zu popularisieren, führten zu einer Degeneration des tibetischen Buddhismus, was die klassischen Disziplinen Debatte und Meditation oder Schreiben, Denken und Zuhören angeht.

Die Chinesen halten den vom Dalai Lama im Mai 1995 als XI. Panchen Lama anerkannten Gedhun Choekyi Nyima nun im achten aufeinanderfolgendem Jahr fest. Sie behaupten, der Junge und seine Familie befänden sich in "vorsorglichem Gewahrsam" und verweigern allen internationalen Gesuchen zum Trotz ihre Freilassung.

Entwicklung

Im Vorwort des ICESCR heißt es: "In Übereinstimmung mit der universellen Erklärung der Menschenrechte kann die Idealvorstellung von freien Menschen, die ihre bürgerlichen und politischen Freiheiten genießen und frei von Angst und Not sind, nur dann erreicht werden, wenn Bedingungen geschaffen werden, unter denen jedermann seine zivilen und politischen wie auch seine wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte wahrnehmen kann... Die Staaten sind unter der Charta der Vereinten Nationen dazu verpflichtet, die Menschen- und Freiheitsrechte zu respektieren und einzuhalten."

Mit ihren Resolutionen von 1961 und 1965 forderte die UNO die VR China dazu auf, das Recht des tibetischen Volkes auf Selbstbestimmung zu respektieren. Die ambitionierten chinesischen Entwicklungsprojekte in Tibet - wie etwas das Qinghai-Tibet-Eisenbahnprojekt, das Nord-Süd-Wasserumleitungsprojekts (SNWDP), zahlreiche neue Dämme und Planungen für Wasserkraftwerke in Osttibet, überhaupt alle Pläne zur Modernisierung des Landes werden ohne tibetische Beteiligung durchgeführt, womit den Tibetern auch hier das Recht auf Selbstbestimmung verwehrt wird. Diese Art wirtschaftlichen Fortschritts respektiert weder die Gefühle der Tibeter für ihr Land, noch ihre kulturelle und religiöse Identität. Die von Tibetern und anderen Kritikern einiger Entwicklungsprojekte vorgebrachten schwerwiegenden Bedenken hinsichtlich eventueller katastrophaler Auswirkungen auf die Umwelt und die ökologische Balance der Region werden vollständig ignoriert. Das viel gerühmte "Western Development Project" wird nur die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen Tibets zum Nutzen der Chinesen erleichtern. Die Zuwanderung von Hunderttausenden chinesischer Arbeiternehmer nach Tibet verursacht gigantische Probleme für den Lebensunterhalt der Tibeter. Die eigentlichen Nutznießer dieser Entwicklungsprojekte sind größtenteils Han-Chinesen in den industrialisierten Regionen von China.

Lebensunterhalt

Artikel 1.1 und 2 des ICESCR bestimmen: "Alle Völker haben das Recht auf Selbstbestimmung. Kraft dieses Rechts entscheiden sie frei über ihren politischen Status und gestalten in Freiheit ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung. Alle Völker können nach ihren eigenen Bedürfnissen frei über ihre natürlichen Reichtümer und Mittel verfügen, unbeschadet aller Verpflichtungen, die aus der internationalen wirtschaftlichen Zusammenarbeit auf der Grundlage des Grundsatzes des gegenseitigen Wohles sowie aus dem Völkerrecht erwachsen. In keinem Falle darf ein Volk seiner eigenen Existenzmittel beraubt werden."

In offiziellen chinesischen Erklärungen wird behauptet, seit der Machtübernahme durch die Volksbefreiungsarmee (PLA) 1959 sei es zu einer beachtlichen Verbesserung des Lebensstandards der Tibeter gekommen. Studien des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (United Nations Development Programme = UNDP) und der Weltbank beweisen indes das Gegenteil. Ihren Untersuchungen zufolge ist Tibet weiterhin eine der ärmsten Regionen der Welt. Viele der von der Regierung vorgenommenen Maßnahmen zur Urbanisation und Entwicklung Tibets haben lediglich dazu geführt, die Tibeter noch mehr zu marginalisieren. Es entstand dadurch ein großes Gefälle zwischen Arm und Reich sowie zwischen Stadt und Land. Die ländlichen Regionen sind nach wie vor von einem mangelnden wirtschaftlichen Wachstum gekennzeichnet, und die Menschen dort leben weiterhin in äußerster Armut. Die Lebensgeschichten der aus Tibet eintreffenden Flüchtlinge sprechen für sich selbst. Jedes Jahr verlassen ungefähr 2.500 Menschen auf der Suche nach Freiheit und besseren Lebensbedingungen ihre tibetische Heimat.

Die von den Chinesen in Tibet durchgeführten Entwicklungsprogramme haben gravierende Probleme und Ängste unter der dort ansässigen Bevölkerung hervorgerufen. Im Namen des "Western Development Programme" und seines angeblichen Umweltschutzes wurden zahlreiche Tibeter gegen ihren Willen umgesiedelt. Massive Korruption, Diskriminierung und zunehmende politische Empfindsamkeiten machen es den Tibetern immer weniger möglich, von den Vorteilen der Entwicklungsprojekte in ihrem Lande zu profitieren.

Die SARS-Epidemie in China zu Anfang des Jahres offenbarte, wie ungenügend die Bevölkerung in Tibet im Bereich Gesundheitsvorsorge aufgeklärt wird. Dies und die hohen Kosten medizinischer Behandlung führen dazu, daß Tibeter an Krankheiten und Verletzungen sterben, die leicht kuriert werden könnten. Als Beispiel seien hier Diarrhoe und Lungenentzündung genannt. Auch die Tuberkulose ist in Tibet weit verbreitet. Die mangelnde Zuverlässigkeit medizinischer Statistiken reflektiert den Unwillen oder die Furcht der lokalen Behörden, für den schlechten Gesundheitszustand der Bevölkerung, wie z.B. Unterernährung oder den Ausbruch von ansteckenden Krankheiten, verantwortlich gemacht zu werden. Behördenvertreter in Tibet erweisen sich bei der Berichterstattung von besorgniserregenden Gesundheitsproblemen häufig als unkooperativ - sie versuchen statt dessen eher den Eindruck zu erwecken, sie hätten die Situation in ihrem Autoritätsbereich im Griff.

Bildung

Artikel 13.3 des ICESCR legt fest: "Die Vertragsstaaten verpflichten sich, die Freiheit der Eltern und gegebenenfalls des Vormunds oder Pflegers zu achten, für ihre Kinder andere als öffentliche Schulen zu wählen, die den vom Staat gegebenenfalls festgesetzten oder gebilligten bildungspolitischen Mindestnormen entsprechen, sowie die religiöse und sittliche Erziehung ihrer Kinder in Übereinstimmung mit ihren eigenen Überzeugungen sicherzustellen".

Das gesamte Schulwesen und damit auch die Lehrpläne werden von den chinesischen Behörden bestimmt, was in völligem Gegensatz zu den offiziellen Verlautbarungen steht, in denen behauptet wird, die Tibeter könnten ihre schulische Bildung selbst gestalten. Die Tatsache, daß Chinesisch als Unterrichtssprache bevorzugt wird, führte dazu, daß tibetische Kinder häufig nicht mehr fähig sind, ihre Muttersprache zu lesen und zu schreiben. Da die Kenntnis der chinesischen Sprache ein wesentliches Kriterium für die Zulassung zu höheren Bildungseinrichtungen und später für die Beschäftigung ist, sind die Eltern praktisch gezwungen, ihre Kinder auf chinesische Schulen zu schicken. In letzter Zeit ordneten die Behörden die Schließung von zwei tibetischen Schulen an, deren Konzept auf der Vermittlung von tibetischer Kultur und buddhistischer Philosophie beruhte. Im August 2002 wurde die Tsangsul-Schule in Lhasa zum Schließen gezwungen; die Klosterschule Kirti folgte im Juli 2003, während ihr Schirmherr Soepa Nagur seither verschwunden ist.

Die UN-Sonderberichterstatterin für das Recht auf Bildung Katarina Tomasevski zeigte sich nach der Rückkehr von ihrem Chinabesuch im September 2003 erschüttert über die hohe Analphabetenrate in Tibet, denn diese steht mit 39,5% in krassem Widerspruch zu den chinesischen Behauptungen, man habe mittlerweile einen hohen Bildungsstandard für die tibetischen Kinder erreicht. Die Sonderberichterstatterin empfahl die volle Berücksichtigung der Menschen- und Minderheitenrechte in der Bildungspolitik wie auch in der Justiz.

Vor dem Hintergrund der bestehenden chinesischen Gesetze und der Unterzeichnung internationaler Verträge durch China - was für Peking bestimmte grundsätzliche Menschenrechtsverpflichtungen mit sich bringt - will der "Jahresbericht 2003: Die Menschenrechtssituation in Tibet", ausgehend von den Informationen, die das TCHRD im Jahr 2003 erhielt, Einblick in einige der schlimmsten Menschenrechtsverletzungen in Tibet geben.

Trotz der Schwierigkeiten und Herausforderungen, mit denen sich das TCHRD bei seinen Bemühungen zur Dokumentierung und zur Beschaffung genauer Informationen konfrontiert sah, konnte es genügend Beweise sammeln, um die Welt von den gravierenden Menschenrechtsverletzungen im heutigen Tibet zu überzeugen.

Teil 5

Tibetischer Lehrer zu fünf Jahren Haft verurteilt

Nyima Tsering, 65, wurde im Distrikt Gyantse, Präfektur Shigatse, TAR geboren. Bereits in jungen Jahren wurde er Mönch in dem Kloster Shinae (zhi gnes) seines Heimatdistrikts. Über die buddhistischen Lehren hinaus widmete er sich auch dem Studium tibetischer Grammatik und Poesie. Dank seines Lerneifers und seiner harten Arbeit konnte er sich bedeutende Kenntnisse in der tibetischen Sprache aneignen. Er wurde Lehrer und in den 70er Jahren unterrichtete er an einer staatlichen Schule in der Stadt Dunshang. Die Schüler liebten und respektierten ihn ungeheuer. In dieser Zeit lernte Nyima auch seine Frau kennen. Zwei Söhne und eine Tochter gingen aus der Ehe hervor. Seine Frau verstarb jedoch 1985, und von da an lag die gesamte Verantwortung für die Familie auf seinen Schultern. Dennoch vernachlässigte er niemals seine wissensdurstigen Schüler und widmete sich mit ganzer Kraft ihrer Bildung.

Im Laufe der Zeit wurde Nyima an eine andere Schule in seinem Landkreis versetzt. Er unterrichtete weiterhin die tibetische Sprache und vermittelte den Schülern außerdem eine ethische Einstellung im Sinne der buddhistischen Lehre. Nyima wurde zu einem im gesamten Distrikt sehr angesehenen Lehrer; seine Schüler waren wohlerzogen und brachten gute Leistungen.

Nachdem er zwanzig Jahre lang seinen Dienst als Lehrer versehen hatte, erreichte er 2001 das Pensionsalter. Er ging jedoch nicht in den Ruhestand, sondern unterrichtete weiter.

Im Dezember 2002 wurde Nyima vom Public Security Bureau (PSB) Gyantse verhaftet, weil er verdächtigt wurde, Aufrufe mit der Forderung nach Unabhängigkeit verteilt zu haben. Die PSB-Beamten durchsuchten sein Haus nach belastendem Material und schafften ihn ins Haftzentrum Gyantse, wo er den üblichen Verhören unterworfen wurde. Nach sechsmonatiger Untersuchungshaft verurteilte der Volksgerichtshof Gyantse ihn im Juni 2003 wegen angeblicher "Gefährdung der Staatssicherheit" zu fünf Jahren Haft. Danach wurde er ins Gefängnis Nyari in Shigatse gebracht und später dann ins Gefängnis Nr. 1 der Autonomen Region Tibet (Drapchi) überführt, wo er weiterhin seine Strafe verbüßt.