Januar 2006
Human Rights Update

Januar 2006

Inhalt


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  • Internetfirmen leisten China verwerfliche Unterstützung
  • Aktivisten mißbilligen Zensur durch Google
  • Resolution des Europäischen Parlaments mißbilligt Vorgehen der chinesischen
  • Behörden gegen den Sitzstreik in Drepung
  • Internationaler Tag der Menschenrechte
  • Tibetische Flüchtlinge bei der Durchreise durch Nepal weiterhin in Bedrängnis
  • Portrait eines ehemaligen politischen Gefangenen

Internetfirmen leisten China verwerfliche Unterstützung

In China ist die Zahl der Internetnutzer während der letzten Jahre dramatisch angestiegen und wird gegenwärtig auf mehr als 100 Millionen Menschen geschätzt. Vor allem die in den Städten lebenden Chinesen wissen das Internet geschickt als "Superhighway" für den Informationsaustausch mit ihren Mitbürgern und dem Rest der Welt zu nutzen, wodurch sich für dieses Medium vielversprechende Zukunftsaussichten eröffnen. Die chinesische Regierung hält allerdings an ihrer gewohnten Überwachungspraxis fest und verhindert seine freie Entfaltung.

Einige der bekanntesten Internet- und Softwareunternehmen haben sich diesen Praktiken geradezu mit Eifer gebeugt. Um sich ihren Anteil am boomenden chinesischen Markt zu sichern, kooperiert die erfolgreiche Suchmaschine Google Inc., deren Motto "Don't be evil" lautet, inzwischen mit einem der repressivsten Regimes der Welt und hat sich dazu hergegeben, Informationen für Millionen von Menschen zu zensieren. Wie die Nachrichtenagentur Reuters am 25. Januar 2006 berichtete, hat "die führende Suchmaschine Google Inc. China einen neuen Dienst zur Verfügung gestellt, um Konflikte mit der Regierung zu vermeiden, indem der Zugang der Nutzer zu bestimmten Diensten wie E-Mail, Chatrooms und Blogs eingeschränkt wird. „Der neue für China bestimmte Service unter http://www.google.cn wird eine zensierte Version des populären Suchsystems, bei dem der Zugang zu Tausenden von Begriffen und Websites blockiert werden könnte, anbieten."

"Heiße Themen könnten etwa Unabhängigkeit für Taiwan bzw. Tibets oder die verfemte spirituelle Bewegung Falun Gong sein", ließ die Firma wissen. "Damit wir von China aus operieren zu können, haben wir entsprechend Gesetzen, Vorschriften und Richtlinien des Landes bei Google.cn einige Inhalte der möglichen Suchergebnisse entfernt."

Das hochentwickelte chinesische Internetüberwachungssystem, welches den Behörden die Blockierung von Informationen aus dem Ausland ermöglicht, wird häufig als "Great Firewall of China" bezeichnet. Wie Beobachter feststellten, wurde eine ausgeklügelte Software entwickelt, die auf Begriffe wie "Freiheit für Tibet", "Menschenrechte", "Unabhängigkeit für Taiwan" und ähnliche auf Menschenrechte und Politik bezogene Worte und Wortgruppen reagiert. Einer Schätzung des Direktors des Berkman Centre for Internet and Society an der Harvard-Universität, Palfrey, und eines Professors der Rechtswissenschaften zufolge dürften durch die aktive und passive Internetzensur mehrere Tausend Suchbegriffe für Nutzer in China blockiert sein. Gleichzeitig geben die Internetfirmen diensteifrig die Identität von Usern preis und ermöglichen den Behörden somit die Verhaftung von Dissidenten. Der Journalist Shi Tao wurde wegen angeblicher Verbreitung von politisch abweichendem Gedankengut zu zehn Jahren Haft verurteilt, nachdem Yahoo im Herbst 2005 seinen Namen den Behörden mitgeteilt hatte. Die Organisation "Reporter ohne Grenzen", die sich für Pressefreiheit einsetzt, bezeichnete China als das "weltgrößte Gefängnis für Cyber-Dissidenten" und gibt an, es befänden sich dort gegenwärtig zwischen 54 und 61 Personen in Haft, denen vorgeworfen wird, "subversive" Inhalte verbreitet zu haben.

Aktivisten missbilligen Zensur durch Google

Tausende von Menschen protestierten gegen den Internetriesen Google Inc. vor dem Hauptquartier der Firma in Kalifornien, bei der Stanford-Universität und auch an anderen Orten. Eine Gruppe von Tibet-Aktivisten protestierte am 27. Januar 2006 vor Googles Hauptsitz in Mountain View, Kalifornien, um ihre Entrüstung über die Entscheidung des Unternehmens, sich an der Internetzensur in China zu beteiligen, zum Ausdruck zu bringen. Am Tag danach fand vor dem Hauptverkaufsbüro von Google Canada in Toronto eine ähnliche Protestaktion statt. Students for a Free Tibet (SFT) haben die Website http://noluv4google.com eröffnet, auf der die Nutzer aufgefordert werden, Google künftig nicht mehr anzuklicken und statt dessen andere Suchmaschinen zu nutzen, die eine bessere Haltung haben. SFT zufolge haben sich Tausende verpflichtet, Google in Zukunft nicht mehr zu nutzen. Wie der San Francisco Chronicle berichtete, haben Studenten gegen den Präsidenten von Google China Kai-Fu Lee protestiert und reisten ihm nach, als er an den Universitäten von Berkeley und Stanford sprach.
Der in den USA ansässigen International Campaign for Tibet zufolge ließ der Kongreßabgeordnete Chris Smith, der den Vorsitz über den Unterausschuß "Afrika, Globale Menschenrechte und internationale Operationen" des Komitees für Internationale Beziehungen innehat, wissen, er werde am 16. Februar 2006 eine Anhörung "zur Untersuchung der Aktivitäten von US-Internetunternehmen in China" veranstalten. Der unmittelbare Anlaß für diese Anhörung ist die Bereitstellung einer Suchmaschine durch Google, welche den Zugang zu Informationen über Tibet, Menschenrechte und andere, von der chinesischen Regierung als heikel eingestufte Themen blockiert. Das TCHRD hat sich dazu entschlossen, Google so lange nicht zu nutzen, wie das Unternehmen in China die blockierte Version seiner Suchmaschine einsetzt, um seine Achtung vor dem Recht auf Informationsfreiheit für Millionen von Menschen in Tibet und China zum Ausdruck zu bringen. Die Google-Suchfunktion auf der TCHRD-Website wurde unverzüglich entfernt.

Resolution des Europäischen Parlaments mißbilligt Vorgehen der chinesischen Behörden gegen den Sitzstreik in Drepung

Am 15. Dezember 2005 verabschiedete das Europäische Parlament (EP) eine Resolution über die Menschenrechtslage in Tibet und Hongkong. Insbesondere verurteilte das Parlament das brutale Vorgehen der chinesischen Behörden gegen eine Reihe von Mönchen, die im November 2005 einen friedlichen Sitzstreik im Kloster Drepung abhielten. Das EP, das sich besorgt um den Gesundheitszustand der fünf inhaftierten Mönche zeigt, forderte die chinesische Führung zu ihrer unverzüglichen Freilassung auf. In der Resolution wird die sofortige Einstellung der sogenannten "Patriotischen Umerziehung" verlangt, welche derzeit in den tibetischen Klöstern im Gange ist. Das Parlament brachte auch seine tiefe Sorge um Tulku Tenzin Delek Rinpoche zum Ausdruck, zu dessen Gunsten es bereits früher mehrere Resolutionen mit der Forderung nach seiner Freilassung verabschiedet hat. Auch in der jetzigen Resolution werden die chinesischen Behörden zu seiner unverzüglichen und bedingungslosen Freilassung aufgerufen.

Bei dem folgenden Text handelt es sich um den Tibet betreffenden Teil der Resolution B6-0644/2005 des Europäischen Parlaments zu Tibet und Hongkong:

  • Unter Berücksichtigung seiner früheren Resolutionen zu Tibet und der Menschenrechtslage in China;
  • unter Berücksichtigung seiner Resolutionen vom 18. November 2004 (1), 13. Januar 2005 (2) und 27. Oktober 2005 (3) zum Fall Tenzin Delek Rinpoche, der im Gefängnis gefoltert wird und sich somit in Lebensgefahr befindet;
  • unter Berücksichtigung der gemeinsamen Erklärung beim 8. EU-China-Gipfel, der am 5. September 2005 in Peking stattfand;
  • unter Berücksichtigung des unzureichenden Fortschritts im Menschenrechtsdialog zwischen der EU und China;
  • unter Berücksichtigung der Regel 115 (5) der Handlungsrichtlinien, erklärt das Europäische Parlament:

  1. Da die chinesischen Behörden seit Oktober 2005 eine sogenannte Kampagne für "Patriotische Erziehung" durchführen, bei der die Tibeter zur Unterzeichnung von Schriftstücken gezwungen werden, in denen sie Seine Heiligkeit den Dalai Lama als gefährlichen Separatisten denunzieren und Tibet zum "Bestandteil Chinas" erklären müssen;
  2. Da im Oktober 2005 der tibetische Mönch Ngawang Jangchub während einer im Drepung-Kloster in Lhasa abgehaltenen Kampagne für "Patriotische Erziehung" unter mysteriösen und ungeklärten Umständen starb,
  3. Da fünf tibetische Mönche, die dem Kloster Drepung in Lhasa angehören und die sich geweigert hatten, die Erklärung zu unterschreiben, am 23. Oktober 2005 verhaftet, in Haftzentren des Public Security Bureau (PSB) an ihren jeweiligen Herkunftsorten inhaftiert und vermutlich gefoltert wurden;
  4. Da bis heute nicht klar ist, ob weitere Protestierende inhaftiert wurden;
  5. Da mehr als 400 Mönche aus dem Kloster Drepung in Lhasa friedlich gegen die Verhaftung ihrer Mitbrüder protestierten und eine große Anzahl von ihnen von der Bewaffneten Volkspolizei und Sondereinsatzkräften des PSB unter Gewaltanwendung in ihre Zellen zurückgetrieben wurden;
  6. Da das Kloster Drepung in Lhasa seit dem 25. November 2005 von Sondereinsatzkräften hermetisch abgeriegelt und seither niemandem das Betreten oder Verlassen des Klosters gestattet wurde;
  7. Da sich Tenzin Delek Rinpoche noch immer in Haft befindet und keine Informationen über seinen Gesundheitszustand bekannt wurden;
  8. Da der Sonderberichterstatter der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen zu Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung Manfred Nowak, der China vom 20. November bis 2. Dezember 2005 besuchte, auf Grund der während seines Besuches erhaltenen Informationen bestätigte, daß in China zahlreiche Formen der Folter angewandt werden, und da er der Auffassung ist, daß diese Praxis dort nach wie vor weit verbreitet ist;

  1. verlangt das EP von der Regierung der VR China die Klärung der genauen Umstände, welche während der im Oktober 2005 durchgeführten Kampagne für "Patriotische Erziehung" zum Tod des jungen Mönchs Ngawang Jangchub führten;
  2. ist das EP tief besorgt über den Gesundheitszustand der fünf am 23. Oktober 2005 im Kloster Drepung verhafteten Mönche;
  3. fordert das EP die Regierung der VR China zur unverzüglichen Freilassung der in verschiedenen Haftzentren des PSB inhaftierten Mönche auf,
  4. ruft das EP die Regierung der VR China dazu auf, alle verfügbaren Informationen über ihre Haftbedingungen, insbesondere im Hinblick auf eventuelle Folterungen und die mögliche Inhaftierung weiterer Personen vorzulegen;
  5. fordert das EP die Regierung zur sofortigen Aufhebung der Blockade des in Lhasa gelegenen Klosters Drepung auf;
  6. ruft das EP die chinesischen Behörden zur Einstellung der Kampagne für "Patriotische Erziehung" auf und fordert sie auf, gewaltfreie Proteste zu dulden und nicht die Menschenrechte der Protestierenden zu verletzen, indem physische Gewalt gegen sie angewandt wird;
  7. fordert das EP den Rat und die Kommission dazu auf, in dieser Sache im Rahmen des Menschenrechtsdialogs zwischen der EU und China bei den chinesischen Behörden zu intervenieren, und es erwartet, daß dieser Dialog im Hinblick auf substantielle Verbesserungen der schlechten Menschenrechtslage in China künftig effektiver geführt wird;
  8. verlangt das EP wieder die unverzügliche Freilassung von Tenzin Delek Rinpoche;
  9. fordert das EP China erneut zur sofortigen Abschaffung der Todesstrafe und zum umgehenden Moratorium bei deren Vollzug auf;
  10. fordert das EP die Regierung der VR China dazu auf, auf die internationalen Aufrufe zur Verbesserung der Menschenrechtslage in China gebührend zu reagieren und Religions-, Meinungs- und politische Freiheit zu gewährleisten und insbesondere alle Gefangenen, die infolge ihrer religiösen Praxis verurteilt wurden, unverzüglich freizulassen;
  11. fordert des EP die Regierung der VR China erneut zur Verbesserung der Haftbedingungen in den Gefängnissen, zur Einstellung und Abschaffung der Folter, zur Einstellung der fortdauernden Menschenrechtsverletzungen am tibetischen Volk sowie an anderen Minderheiten auf. Die Regierung möge sicherstellen, daß die internationalen Menschenrechtsnormen und die Prinzipien des humanitären Rechts geachtet werden;
  12. ruft das EP den Rat und die Mitgliedsstaaten zur Aufrechterhaltung des EU-Waffenembargos gegenüber der VR China auf. Die existierenden Restriktionen hinsichtlich derartiger Waffenverkäufe dürfen nicht aufgeweicht werden;
  13. ruft das EP die Regierung der VR China zur Weiterführung des Dialogs mit den Gesandten Seiner Heiligkeit, des Dalai Lama auf;
    14. ruft das EP den Präsidialrat dazu auf, Seine Heiligkeit, den Dalai Lama, einzuladen, um im Jahr 2006 eine Rede vor dem EP zu halten.

Internationaler Tag der Menschenrechte

Am heutigen Tag [10. Dezember] jährt sich die Verkündung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (UDHR) zum 57. Male. Obwohl viele Länder der Erde heutzutage die in der UDHR verankerten Grundsätze befolgen, hält sich China, obwohl es dem UN Sicherheitsrat angehört und mit zur Völkergemeinschaft gehört, bedauerlicherweise nicht an die Grundsätze der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.

Im März 2004 nahm China durch Einfügung des Zusatzartikels „Der Staat achtet und schützt die Menschenrechte“ eine historische Änderung an seiner Verfassung vor. Leider wurden diese darin nicht weiter spezifiziert, so daß die Interpretation des Begriffs „Menschenrechte“ offen bleibt und Raum für Mehrdeutigkeit läßt. Nach fast zwei Jahren seit Einfügung dieser Klausel sind immer noch keine deutlichen Anzeichen für eine Achtung der Menschenrechte oder irgendeine Besserung der Menschenrechtslage in China und in Tibet festzustellen. Auch im Jahr 2005 bleibt diese in dem von China besetzten Tibet angespannt und schlimm. Das ganze Jahr hindurch erreichten das TCHRD kontinuierlich Berichte von Menschenrechtsverletzungen.

Folter ist nach wie vor eines der schwerwiegendsten Probleme in Tibet. Tibetische Gewissensgefangene werden in einem sich über ganz Tibet erstreckenden Netz von Haftzentren und Gefängnissen schwer gefoltert und mißhandelt. Nach zehn Jahren wiederholter Anträge und Verhandlungen konnte der UN-Sonderberichterstatter für Folter, Manfred Nowak, vom 20. November bis 2. Dezember 2005 endlich, wie bisher noch nicht vorgekommen, die VR China besuchen. Nach seiner Rückkehr berichtete er, daß Folter in China und Tibet „nach wie vor weit verbreitet“ seien, er beklagte überdies, daß er bei seiner Erkundungsmission von den Behörden behindert wurde. Das TCHRD hat 88 ihm bekannt gewordene Fälle vom Tod tibetischer Gewissensgefangener seit 1987 dokumentiert, auch ist es sehr besorgt über die 145 Fälle ihm namentlich bekannter tibetischer Gefangener, die gegenwärtig in den verschiedenen Haftzentren und Gefängnissen der Chinesen einsitzen.

Die Unterdrückung der Religion geht in Tibet, trotz der wiederholten Beteuerungen Pekings, in Tibet herrsche Religionsfreiheit, unvermindert weiter. Die Behörden nahmen die Kampagne der „patriotischen Umerziehung“ in den Klöstern Tibets in verschärfter Form wieder auf. Das ganze Jahr hindurch erhielt das TCHRD Berichte von Ausweisungen von Mönchen und Nonnen aus den verschiedenen Klöstern oder von Festnahmen im Zuge der Durchführung dieser Kampagne. Zumindest der Tod eines Mönches, nämlich von Ngawang Jangchub aus dem Kloster Drepung in Lhasa, Anfang Oktober 2005 kann der „patriotischen Umerziehung“ zugeschrieben werden. Diese Kampagne wurde erstmals 1996 eingeführt und stellt einen der Hauptanlässe für die religiöse Unterdrückung in Tibet dar. Sie wird als Werkzeug zur Erreichung politischer Stabilität benutzt und zur Ausübung einer verschärften Kontrolle über das, was die Behörden die “Brutstätte von Dissens” nennen, womit sie die monastischen Institutionen meinen. Diese Kampagne, die unter Anwendung von Zwang durchgeführt wird und den Zweck verfolgt, die Loyalität der Mönche und Nonnen zum Staat zu erreichen, verstößt gegen zahlreiche internationale Menschenrechtsbestimmungen über Religion. Der 17. Mai 2005 stand im Zeichen der zehnjährigen Entführung des 11. Panchen Lamas durch China. Trotz wiederholter Appelle der UN, zahlreicher Staaten und NGOs hat die chinesische Regierung die Welt bislang nicht darüber informiert, wo er festgehalten wird.

Am 1. September 2005 beging China den 40. Jahrestag der Gründung der sogenannten „Autonomen Region Tibet“. Um nach außen hin das Bild eines “glücklichen, modernen und erfolgreichen Tibets” zu vermitteln, machte China ein großartiges Fest daraus. Um während der Feierlichkeiten etwaigen Störungen zuvorzukommen, ergriffen die Behörden diverse Vorsichtsmaßnahmen wie die verstärkte Überwachung politischer Aktivitäten verdächtigter Personen und ehemaliger politischer Gefangener, wobei auch einige in Gewahrsam genommen wurden. Der 43jährige Sonam Gyalpo, ein ehemaliger politischer, Gefangener wurde am 28. August in seiner Wohnung in Lhasa vom Sicherheitspersonal festgenommen. Bis heute gibt es keine Nachricht über seinen Verbleib.

An diesem 57. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte fordert das TCHRD die chinesische Führung auf, die Praxis der Folter in Tibet unverzüglich einzustellen und der Durchführung der „patriotischen Umerziehung“ in den monastischen Einrichtungen ein Ende zu setzen. Das Zentrum drängt China, die Verfügungen der UN-Konvention gegen Folter (CAT) sowie des Internationalen Vertrags über Wirtschaftliche, Soziale und Kulturelle Rechte (ICESCR) einzuhalten, denn China ist bei beiden ein unterzeichnender Staat. China sollte nun endlich das Fakultativprotokoll zu der Konvention gegen Folter und den Internationalen Vertrag über Bürgerliche und politische Rechte (ICCPR) ratifizieren. Außerdem ruft das Zentrum die chinesische Regierung auf, die internationalen Normen in Sachen Menschenrechte zu achten und sich an seine eigene Verfassung und deren Garantien zu halten.

Tibetische Flüchtlinge bei der Durchreise durch Nepal weiterhin in Bedrängnis

Ungeachtet der wiederholten Appelle für eine freie und sichere Durchreise durch das Königreich sind Neuankömmlinge, die das Land auf ihrer Flucht durchqueren müssen, weiterhin in großer Bedrängnis. Festnahme, Polizeihaft, Gefängnis, Vergewaltigung, Schikanierung sind einige der Gefahren, die Tibetern drohen, die sich auf den Weg ins Exil machen.

Flüchtlinge nach Zahlung von Geldstrafen freigelassen

Wie Radio Free Asia (RFA) berichtete, wurde am 28. November 2005 eine Gruppe von 18 tibetischen Flüchtlingen festgenommen, die gerade die Grenze zu Nepal überquert hatte. Anderen Berichten zufolge wurde eine weitere, vierköpfige Flüchtlingsgruppe verhaftet. Alle 22 Tibeter kamen am 8. Dezember 2005 aus dem Zentralgefängnis von Kathmandu frei, nachdem die Tibetische Regierung im Exil und das Empfangszentrum für tibetische Flüchtlinge in Kathmandu die ihnen auferlegten Geldstrafen bezahlt hatten. Angehörige der größeren Gruppe wurden nach Zahlung von 8.500 Rupien (121 US$) pro Person freigelassen, während von der kleineren Gruppe ein Betrag von 18.700 Rupien (267 US-$) pro Kopf gefordert wurde. Die Flüchtlinge waren zwischen 16 und 30 Jahren alt; zwei von ihnen waren Frauen. Ihren Angaben zufolge waren sie auf dem Weg nach Indien, um an den Kalachakra-Belehrungen teilzunehmen oder um einer besseren Erziehung willen. Wie ein Tibeter RFA berichtete, wollten die meisten seiner Gruppe Klöstern beitreten oder Schulen besuchen und so ihre Ausbildung vervollständigen. Ein anderer sagte: „Einige kamen, um an den Kalachakra-Belehrungen Seiner Heiligkeit des Dalai Lama teilzunehmen und anschließend die Gelong-Gelübde (voll ordinierte Mönche) abzulegen.

Tibetische Neuankömmlinge in Nepal verhaftet

Wie am 23. Januar 2006 bekannt wurde, verhaftete die nepalesische Polizei Ende Januar 2006 eine Gruppe von 41 Tibetern wegen illegalen Grenzübertritts. Die Flüchtlinge waren auf ihrem Weg von dem 282 km südwestlich von Kathmandu gelegenen Bhairahawa nach Kathmandu, als sie von der Polizei ergriffen und in der Polizeistation von Thankot festgesetzt wurden. Anschließend wurden sie der Einwanderungsabteilung in Kathmandu übergeben. Über 2.000 Tibeter fliehen jedes Jahr aus Tibet, aus politischen oder religiösen Gründen oder um Bildung zu erlangen. Praktisch alle tibetischen Flüchtlinge müssen das Königreich Nepal auf ihrem Weg nach Indien durchqueren. Wie das UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) berichtete, suchten 2.427 tibetische Neuankömmlinge im Jahr 2004 Hilfe beim UNHCR in Nepal. 2.338 von ihnen wurden als relevant eingestuft und entsprechend unterstützt.

Neues Gebäude für die Unterbringung der zunehmenden Zahl neuer Flüchtlinge aus Tibet

Infolge der steigenden Anzahl von Neuankömmlingen ist das Empfangszentrum für tibetische Flüchtlinge in Kathmandu in diesem Winter überbelegt. Ihre Unterbringung stellt die Verwaltung des Zentrums vor große Probleme. Damit die insbesondere im Winter wachsende Zahl der Neuankömmlinge angemessen untergebracht werden kann, wird in Kürze ein neues Gebäude errichtet. Die Mittel für das Projekt wurden von der US-Regierung und der Tibetischen Regierung im Exil bereitgestellt. Am 11. Januar 2006 legten der US-Botschafter in Nepal James Morairy und der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge in Nepal Abraham Abraham den Grundstein für den Neubau. Während der Feierlichkeiten sprach der US-Botschafter James Morairy vor mehr als eintausend tibetischen Neuankömmlingen: „Es ist eine Ehre für mich, daß ich heute hier meine Regierung repräsentieren darf. Wir wissen, unter welchen Bedingungen Sie leben und sind der Meinung, daß ein Neubau dringend erforderlich ist. Das Band zwischen dem tibetischen Volk und dem Volk der Vereinigten Staaten wird immer stärker. Ich freue mich auf die erfolgreiche Fertigstellung dieses Projekts“. Im Anschluß daran besichtigte er mit dem Hochkommissar des UNHCR und weiteren Personen das gesamte Empfangszentrum und informierte sich über dessen Aktivitäten.

Portrait eines ehemaligen politischen Gefangenen

Ngawang Dorjee wurde 1975 im Dorf Shol, Distrikt Gongkar, Präfektur Lhoka, TAR, geboren. Als es 1987 und 1988 zu Demonstrationen gegen die chinesische Herrschaft in Tibet kam, ging dies Ngawang sehr zu Herzen. An den Protesten im Jahr 1989 nahm er dann aktiv teil und wurde Zeuge, mit welcher Brutalität die Polizei die friedlichen Proteste niederschlug. Er entging damals jedoch der Verhaftung.

1990 trat er ins Kloster Gongkar Shedrupling ein und widmete sich dem Studium der buddhistischen Schriften. Sein friedliches Dasein im Kloster fand ein abruptes Ende, als die chinesischen Behörden begannen, sich in die Aktivitäten des Klosters einzumischen und dort politische Schulungen für die Mönche durchzuführen. Als Ausdruck seines Protests gegen das Vorgehen der Behörden verbreiteten er und seine Freunde aus dem Kloster Tonbandkassetten mit Belehrungen und Reden des Dalai Lama. Sie brachten auch Plakate, auf denen sie die Unabhängigkeit Tibets forderten, am Eingang und der Mauer des örtlichen Verwaltungsgebäudes und an Schulen an. Danach setzte Ngawang Dorjee sich heimlich aus dem Kloster ab und ging nach Lhasa.

Dort veranstalte er zusammen mit neun seiner Freunde am 12. August 1992 eine friedliche Demonstration am Barkhor. Das PSB verhaftete Ngawang auf der Stelle und brachte ihn ins Haftzentrum Gutsa. Dort war er ein Jahr lang inhaftiert und wurde während dieser Zeit immer wieder verhört und gefoltert. Schließlich wurde er vom Mittleren Volksgerichtshof Lhasa zu einer dreijährigen Haftstrafe und der Aberkennung seiner politischen Rechte für ein Jahr verurteilt. Zur Verbüßung seiner Strafe wurde er nach Drapchi überstellt und verbrachte dort die nächsten zwei Jahre unter erbärmlichen Umständen. Am 11. August 1995 wurde Ngawang nach Verbüßung seiner Strafe entlassen. Er stand jedoch weiterhin unter ständiger Beobachtung, da die Behörden ihn der Fortsetzung seiner politischen Aktivitäten verdächtigten. Ende 1995 floh Ngawang wegen der permanenten Schikanierung ins Exil.

Nach seiner Ankunft in Indien bat er um Aufnahme in die Sherab Gatsel Schule (Durchgangsschule für erwachsene Neuankömmlinge) in Dharamsala und erhielt dort ein Jahr lang Unterricht in der englischen und tibetischen Sprache. Nachdem er die Aufnahmeprüfung für das Institut für buddhistische Dialektik bestanden hatte, wurde er dort 1997 zum Studium zugelassen. Im Jahr 2000 schrieb er sich ins Sahra-College für höhere tibetische Studien (CHTS) ein und schloß sein Studium 2003 mit dem Rabjampa-Grad (entspricht dem Bachelor) ab. Im Anschluß daran absolvierte er einen einjährigen Ausbildungsgang als Lehrer und erhielt danach eine Anstellung am selben College. Ngawang Dorjee ist gegenwärtig als Lehrer am CHTS tätig.