6. August 2006
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Tibetischer Mönch und Autor verschwunden

Rinchen Sangpo, 30, ein Mönch aus dem Distrikt Mangra, TAP Tsolho, Provinz Qinghai, bestieg am 19. Juli in Lhasa einen Zug, um vom dortigen Bahnhof aus nach Hause zu fahren. Er kam aber nie zu Hause an, und bis heute ist nicht bekannt, wo er geblieben ist. Ursprünglich gehörte er zu dem Kloster Tsernga in Shamdo im Distrikt Mangra, in den vergangenen sieben Jahren studierte er jedoch in Drepung. Er betätigt sich schriftstellerisch und ist Herausgeber des "Tsenpo Shabje", eines Magazins des Klosters Thurig im Distrikt Mangra. Er hat zahlreiche Artikel verfaßt, in denen er die chinesischen Behörden kritisiert. Daher wird befürchtet, daß das Public Security Bureau von Lhasa ihn verhaftet haben könnte.

Verschiedenen Quellen zufolge wollte er nach Hause zurückkehren, weil er sich nicht wohl fühlte. Er mußte sich sogar von zwei Freunden zum Bahnhof bringen lassen. Diese riefen zwei Tage später bei seiner Familie an, hörten aber, er sei nicht angekommen. Auch in seinem Kloster weiß niemand, wo er sich befindet. Einige Tage danach kamen mehrere PSB-Beamte ins Kloster Drepung, um die beiden Freunde Rinchen Sangpos zu verhören, die jedoch versicherten, nichts über ihn zu wissen. Als man ihnen Photos vorlegte, die von Überwachungskameras auf dem Bahnhof aufgenommen wurden und auf denen sie zu sehen sind, waren sie sprachlos.

Unser Informant berichtete, Rinchen Sangpo sei ein Mensch, der kein Blatt vor den Mund nehme und die Mitglieder des Demokratischen Verwaltungskomitees seines Klosters des öfteren herausgefordert habe. Im Jahr 2000 war er bereits einmal festgenommen und mehrere Monate lang inhaftiert worden. Dasselbe widerfuhr ihm auch 2003 und 2005, als er im Zusammenhang mit dem Tod eines Mönchs im Kloster Drepung verhört wurde. Die Polizei durchsuchte damals sein Zimmer und fand ein Portrait Seiner Heiligkeit des Dalai Lama.

Vor seinem Verschwinden hatte er ein wissenschaftliches Buch geschrieben und versucht, es in einem Computerzentrum der Regierung ausdrucken zu lassen. Dort hatte man ihn aber abgewiesen. Bisher ist nicht bekannt, ob sein Buch schon einem Verlag angeboten wurde.

Kürzlich veröffentlichten über 100 Intellektuelle und Kritiker der chinesischen Regierung eine Petition, in der sie sich über die zunehmende Kontrolle der Medien und Einschränkung der freien Meinungsäußerung beklagen.