23. Juni 2009
www.phayul.com und http://www.duihua.org

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Drei Jahre Haft für tibetischen Guide wegen Emails und SMS

Die in San Francisco ansässige Dui-Hua-Stiftung, eine gemeinnützige Organisation, die sich der Verbesserung der Menschenrechtelage weltweit verschrieben hat, erfuhr von einem bislang nicht bekannten Fall eines Tibeters in der TAP Dechen, Provinz Yunnan, der nach den Unruhen vom 14. März in Lhasa wegen „Aufhetzung zum Separatismus“ zu drei Jahren Haft verurteilt wurde. Dui Hua gelangte in den Besitz der Anklageschrift und des Urteils, die auf ihrer Website in englischer Sprache wiedergegeben sind, siehe: http://www.duihua.org/work/verdicts/indictment_verdict_Gonpo-Tserang_en.htm.

Die Anklage gegen den 32jährigen Gonpo Tsering, einen bekannten Expeditionsführer, der ausländische Berühmtheiten begleitet hat und an dramatischen Bergrettungsaktionen beteiligt war, lautete auf angebliche „Aufhetzung zum Separatismus“, weil er drei Tage lang eine Reihe von E-Mails und anderen Textnachrichten an Bekannte außerhalb Chinas geschickt hatte.

Wie die Strafverfolgung behauptet, habe er in diesen Nachrichten „die Fakten und die tatsächliche Lage in den tibetischen Gebieten nach den Ereignissen vom 14. März im Hinblick auf die soziale Stabilität verzerrt dargestellt“, ein Delikt, das nach ihrer Ansicht eine harte Bestrafung verdiene.

Dieser Fall ist in jeder Hinsicht bemerkenswert. Erstens ist es der einzige Dui Hua bekannte Fall einer Verurteilung in der Provinz Yunnan wegen eines „Verbrechens gegen die Staatssicherheit“ im Zusammenhang mit den Protesten der Tibeter 2008.

Zweitens ist es höchst zweifelhaft, ob die Anklage „Aufhetzung zum Separatismus“ überhaupt anwendbar ist. Der Inhalt der Nachrichten wurde nirgendwo spezifiziert und es ist fraglich, ob Personen, die nicht in China leben, überhaupt dazu in der Lage wären, Akte zu begehen, welche „die Nation spalten oder die nationale Einheit untergraben“. Daher hätte argumentiert werden können, daß Gonpo Tsering sich gar nicht bewußt war, daß er durch seine Nachrichten „zum Separatismus aufhetzen“ könnte und er das auch nicht beabsichtigte. Ein solches Argument hätte ein Verteidiger in diesem Fall vorbringen können. Leider scheint es, daß Gonpo Tsering zumindest bei seiner Berufungsverhandlung nicht anwaltlich vertreten war. Die meisten Anwälte scheuen sich nämlich davor, die Verteidigung in politischen Fällen zu übernehmen, weil vor einiger Zeit diejenigen, die sich bereit erklärt hatten, Tibeter zu verteidigen, mit ernsthaften Konsequenzen bedroht wurden.

Und schließlich zeigt der Fall von Gonpo Tsering sowohl welches Ausmaß die Überwachung der Kommunikation zwischen Tibetern und Ausländern nach den Protesten angenommen hat als auch, wie niedrig in solchen Fällen die Schwelle für ein Strafverfahren ist.

Wir kennen den Inhalt der wenigen von Gonpo Tsering verfaßten Nachrichten nicht, aber wegen dieser wenigen an Personen außerhalb Chinas gesandten Botschaften wurde er zu drei Jahren Haft verurteilt. Diese intensive Überwachung und die potentiellen Folgen, die einer Person drohen, die dabei erwischt wird, daß sie Ausländern die falschen Dinge erzählt, erklären das Zögern der Tibeter, über das zu sprechen, was sie gesehen und erlebt haben.

Es ist weitgehend dieser Zurückhaltung zuzuschreiben, daß die offizielle chinesische Darstellung der Ereignisse so breiten Raum gewinnen konnte. Der Beobachter fragt sich, welche Strafen gegen diejenigen Tibeter verhängt werden, die verhaftet wurden, weil sie mehr als Gonpo Tsering gesagt oder getan haben.