17. Januar 2008
Radio Free Asia, www.rfa.org

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Zwei Mönche aus dem Kloster des Panchen Lama begehen Selbstmord

Wie RFA aus Quellen in Tibet und aus Indien erfuhr, haben zwei ältere Mönche aus dem Kloster Tashilhunpo in der zweitgrößten tibetischen Stadt Shigatse Selbstmord begangen, weil sie der Ausgrenzungskampagne, die von den dort tätigen chinesischen Beamten gegen sie durchgeführt wurde, nicht mehr Stand halten konnten.

Gyaltsen Tsepa Lobsang, 71, und Yangpa Locho, 71, wurden am 8. September bzw. am 4. November erhängt aufgefunden. Beide waren Mönche im Kloster Tashilhunpo, dem historischen Sitz des Panchen Lama und dem Schauplatz erbitterter antichinesischer Proteste Mitte der 90er Jahre.

Eine Quelle berichtete RFA: "Einer von Lochos Schülern war an den Protesten von 1995 beteiligt, als sich die Mönche aus Tashilhunpo gegen die chinesische Führung erhoben". Weiter sagte die Person, die anonym bleiben wollte: "Sein Schüler wurde verhaftet und verurteilt. Seitdem wurde Locho schlecht behandelt, ausgegrenzt und bei der Verteilung von Ämtern und Aufgaben benachteiligt. Er hatte auch bei der Identifizierung des Panchen Lama eine Rolle gespielt, der seit damals niemals mehr gesehen wurde und in chinesische Haft kam".

Zu den Protesten war es gekommen, als Peking seinen eigenen Kandidaten für die Position des Panchen Lama, dem zweithöchsten Würdenträger nach dem Dalai Lama, ins Spiel brachte und diesen 1995 inthronisierte. Die Chinesen nahmen den vom 14. Dalai Lama ausgewählten Kandidaten zusammen mit seiner Familie in Gewahrsam und verschleppten sie nach China.

Der von den Chinesen bestimmte Panchen Lama ist in Tibet äußerst unpopulär und lebt außerhalb der Region.

Ferner haben die chinesischen Behörden die Publikation einer von Locho besorgten Edition buddhistischer Schriften verhindert, was dazu führte, daß er das Kloster verließ und seither bei Verwandten in Shigatse lebte.

"Am 8. September 2007 setzte er seinem Leben schließlich selbst ein Ende", verlautet aus der Quelle. Locho, der in der Vergangenheit auch Indien besucht hatte, starb im Haus eines Verwandten in der Stadt Shigatse.

Den anderen Mönch, der sich das Leben nahm, Gyaltsen Tsepa Lobsang, schloß die Verwaltung des Klosters Tashilhunpo, wie tibetische Quellen berichteten, ebenfalls weitgehend vom Klosterleben aus.

"Das fing an, als sich zwei seiner Schüler angeblich an gegen die Regierung gerichteten Aktivitäten beteiligt hatten und dafür verurteilt wurden. Seit dieser Zeit wurden ihm nur untergeordnete Aufgaben übertragen und die Klosterverwaltung begegnete ihm mit Argwohn und Mißtrauen. Er hielt diese Mißachtung und Diskriminierung nicht mehr aus und erhängte sich am 4. November 2007 in seiner Toilette“, heißt es aus der Quelle. Er starb im Kloster.

Ein Mönch aus dem Kloster Tashilhunpo, der beide Männer kannte und ebenfalls nicht genannt werden will, erklärte, vermutlich hätte keiner der beiden Verstorbenen einen Abschiedsbrief hinterlassen.

Beide Selbstmorde wurden von der Vereinigung ehemaliger tibetischer politischer Gefangener, die in Dharamsala, dem Sitz des Dalai Lama und der Tibetischen Regierung-im-Exil, ansässig ist, bestätigt.

Im Zusammenhang mit der Kontroverse um den Panchen Lama wurde 1995 Chadrel Rinpoche, ein hochrangiger Mönch im Kloster, festgenommen und in Haft gehalten; zahlreiche Mönche, die Mitglieder des noch vom X. Panchen Lama eingesetzten Managementkomitees waren, wurden damals durch solche ersetzt, die sich der offiziellen politischen Linie verpflichteten.

Der X. Panchen Lama verstarb 1989, kurz nachdem er in einer Rede scharfe Kritik an Peking geübt hatte.