15. März 2009
Radio Free Asia, www.rfa.org

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Sporadische Protestbekundungen in der Tibetisch-Autonomen Präfektur Kardze

Tibeter in der südwestchinesischen Provinz Sichuan haben trotz der massiven Militärpräsenz anläßlich des Jahrestages des Volksaufstandes in einer Reihe kleinerer Aktionen gegen die chinesische Herrschaft protestiert, wie von Quellen aus der Gegend und solchen im Exil verlautet.

Die tibetischen Quellen, die nur unter der Bedingung der Anonymität zu Aussagen bereit waren, berichten von kleineren Protestaktionen, die von sofortigen Festnahmen gefolgt waren, in den Bezirken Kardze, Lithang und Nyarong, die alle Teile der Präfektur Kardze in der zerklüfteten und entlegenen Provinz Sichuan bilden.

Diese Informationen sind kaum zu bestätigen, da die Region größtenteils für Ausländer gesperrt wurde, seit es vor einem Jahr zu den gewaltsamen Ausschreitungen in Lhasa gekommen war, auf die zahlreiche Demonstrationen in den drei Nachbarprovinzen folgten, was Peking dazu veranlaßte, seine Truppen in der Region aufmarschieren zu lassen.

Eine Sprecherin des Public Security Bureau (PSB) in Kardze (chin. Ganzi), wo der Widerstand gegen Chinas Hardliner-Politik besonders groß ist, dementierte die Informationen: „Es gibt keine Probleme. Alles ist friedlich und ruhig hier“, sagte sie. Doch die dort wohnenden Tibeter und Exiltibeter, die in Kontakt zu ihren dortigen Freunden und Familien stehen, wissen anderes zu berichten.

Paramilitärische Einheiten in der TAP Kardze, Quelle: RFA

In der Stadt Kardze protestierten tibetische Jugendliche am 11. und 12. sowie am 14. und 15. März. „Da Kardze von chinesischer Polizei und paramilitärischen Kräften überschwemmt wurde, ist es sehr schwierig, sich ein genaues Bild von den Geschehnissen zu machen und Einzelheiten herauszufinden“, verlautet aus der Quelle.

Laut Auskunft von Yeshe Dorje, einem aus Kardze gebürtigen Mönch, der jetzt in Australien lebt, verstreuten am 11. März drei junge Mädchen (Choetso, 16, Tsering Wangmo, 17, und eine dritte, deren Namen nicht bekannt ist) Flugblätter und riefen nach Unabhängigkeit für Tibet sowie der Rückkehr des Dalai Lama.

Er sagte: „Die drei Mädchen wurden von einer Einheit von etwa 50 Sicherheitsleuten gepackt, in ein Fahrzeug verfrachtet und weggefahren“. Am 12. und 14. März protestierten zwei Jugendliche, die als Sonam und Dawa Tsering genannt wurden, in ähnlicher Weise in Kardze, fügte er hinzu.

Im Bezirk Nyarong seien drei etwa zwanzigjährige Tibeter (Sonam Gonpo, Thok Thok, und Pema Yeshe) festgenommen wurden, nachdem sie öffentlich ein Bündel geheimer Dokumente der dortigen Behörden angezündet hatten, wurde von der aus Nyarong stammenden Ama Adhe, die in Dharamsala ansässig ist, mitgeteilt.

Auch in Lithang protestierte ein als Lobsang Wangchuk, 29, identifizierter Mönche aus Rawa mit „Hunderten von Flugblättern“, gab ein Mönch namens Loga, der jetzt in Indien lebt, bekannt. Lobsang Wangchuk wurde augenblicklich von Sicherheitskräften, die sich als Tibeter verkleidet hatten, festgenommen.

„Lobsang Wangchuk protestierte am 10. März um etwa 15.30 in Lithang. Er hatte seine Aktion seit langem geplant und wartete nur noch auf den 10. März“, fügte Loga hinzu. „Er hatte vorher seine Mutter um Erlaubnis gebeten, die aber erst nach längerem Zögern ihr Einverständnis gab. Er trug in seiner linken Hand ein Bild des Dalai Lama und warf mit seiner Rechten die Flugblätter in die Luft.

[Free Tibet, London, nannte weitere Details: “Eine Quelle ließ wissen, daß am 10. März um etwa 14 Uhr ein tibetischer Mönch einen Stoß Flugblätter auf dem Pflaster der White Crane Road verstreute, die zum Hauptmarkt der Bezirksstadt Lithang führt. Lobsang Wangchuk, 29, ein Mönch des Klosters Nego, kommt ursprünglich aus dem Dorf Ladkardoe im Bezirk Lithang. Während er die Flugblätter in die Luft warf, rief er „Free Tibet“ und „Lange lebe Seine Heiligkeit“. Innerhalb von zwei Minuten wurde er von Sicherheitskräften umstellt, die ihn mittels eines Handtuchs knebelten und ihm die Arme hinter dem Rücken fesselten. Daraufhin zwangen sie ihn in ein Polizeifahrzeug und fuhren ihn an einen unbekannten Ort ab“.]

Lithang war 2007 Schauplatz größerer Unruhen, als der Nomade Ronggyal Adrak bei dem jährlichen Pferderennen in aller Öffentlichkeit Peking aufforderte, den Dalai Lama nach Tibet zurückkehren zu lassen. Nachdem er festgenommen wurde, demonstrierten Hunderte von Tibetern und verlangten seine Freilassung.

Auf diese Meinungsbekundung eines Tibeters hin wurden Tausende von Soldaten in die Region geschickt und Ronggyal Adrak der „Unterhöhlung der Staatsmacht und der versuchten Spaltung des Landes“ angeklagt.

Am 14. März war es ein Jahr her, seit es in Lhasa zu den Ausschreitungen gekommen war. Peking behauptet, 22 Personen, hauptsächlich chinesische Zivilpersonen, seien dabei in Lhasa und seinen Vororten ums Leben bekommen. Die tibetische Exilregierung spricht von 220 getöteten Tibetern und fast 7.000, die im Zuge der Niederschlagung der drauffolgenden landesweiten Demonstrationen inhaftiert wurden…