24. Mai 2009
Radio Free Asia, www.rfa.org

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Konfrontation bei einer Goldmine in Kham - Tibeter wollen ihren heiligen Berg unter Einsatz ihres Lebens verteidigen

Tibetische Buddhisten betrachten den Berg Ser Ngol Lo als heiligen Ort. Goldvorkommen machen ihn auch in anderer Hinsicht wertvoll und die Spannungen steigen.

Mehrere hundert Dorfbewohner aus der Gegend wollen ihren heiligen Berg Ser Ngol Lo bis zum Tod gegen die Zerstörung verteidigen – für die chinesischen Behörden ist er eine Goldmine, die ausgebeutet werden soll. Die Anwohner sind bereit, sich unter Einsatz ihres Lebens gegen den Abbau zu wehren.

Zeugenberichten zufolge haben mehrere hundert Tibeter in der Autonomen Region Tibet (TAR) in Westchina das Areal einer geplanten Goldmine besetzt, weil sie ihren heiligen Berg verteidigen wollen. Nun stehen ihnen bewaffnete Sicherheitskräfte gegenüber.

Schwere Umweltschäden durch den Mineralabbau bei Lhasa (Bild von Woeser)

Ein Anwohner, der zu den acht Organisatoren der Protestaktion zählt, sagte: „Die Tibeter sind in höchster Not. Die Polizei, die Soldaten und die Bergmänner drohen damit, gewaltsam zur Mine durchzubrechen, damit sie mit den Bauarbeiten anfangen können“. 

Für die Tibeter ist der Berg seit Urzeiten ein heiliger Ort, wo sie beten und im Falle von Trockenzeiten Rituale abhalten. Jetzt hat die chinesische Bergbau- und Holzfirma Zhongkai Co. die Genehmigung zum Abbau der Bodenschätze erhalten, und die Ortsansässigen protestieren dagegen.

Ein anderer Tibeter sagte, mehrere hundert Menschen seien zum Ser Ngol Lo (tib. „Jahr von Gold und Silber“), einem im Ortsteil Tsangshul der Gemeinde Lhara, Bezirk Markham, Präfektur Chamdo, gelegenen Berg geströmt, wo sie sich friedlich versammelten. „Jetzt sind auch viele Soldaten dort. Ich würde sagen, mehr als 300“, fügte er hinzu.

Ein anderer gab an, die Sicherheitskräfte hätten die Demonstranten vom Rest des Dorfes abgeschnitten: „Sie haben alle Telefonleitungen und den Handy-Empfang blockiert. Wir können die Protestierenden nicht mehr erreichen. Heute sind vier weitere Fahrzeuge mit 30-40 Soldaten dorthin gefahren. Aber die Tibeter haben heilige Schriften auf ihre Köpfe gelegt und gelobt, ihren gewaltlosen Widerstand fortzusetzen, selbst wenn es sie ihr Leben kosten sollte.“

Eine tibetische Angestellte im nahegelegen Markham-Hotel (chin. Mangkang) sagte, es gäbe schon seit mehreren Monaten Proteste: „Es gibt großen Ärger bei der Mine. Es sind über 300 bewaffnete Polizisten dort… Die Bezirksregierung hat ebenfalls über 100 Sicherheitskräfte geschickt. Das geht schon drei oder vier Monate so und geht immer noch weiter.“

Ein Beamter des Public Security Bureau von Markham weigerte sich, Auskunft über die Mine oder die Demonstrationen zu geben. Auf die Frage, ob die Demonstration aufgelöst worden sei, antwortete er: „Wir dürfen dazu nichts sagen. Sie sollten jemanden höheren Ranges befragen. Es ist für uns nicht angebracht, uns dazu zu äußern.“ 

Ein Angestellter der Zhongkai Co. verweigerte am Telefon ebenfalls jeden Kommentar. Er meinte nur: „Ich weiß nichts genaues über die Situation bei der Mine.“ 

Wie eine am Protest beteiligte Person berichtete, wurde Pema Thinley, der stellvertretende Partei-Vorsitzende der TAR nach Markham entsandt, um die Bevölkerung von der Notwendigkeit des Mineralabbaus zu überzeugen. Dennoch setzten die Tibeter ihre gewaltfreie Protestaktion fort und am 5. April kehrte Pema Thinley schließlich mit seiner Eskorte nach Lhasa zurück.

Am 16. Mai traf ein Kontingent von Polizisten und Sicherheitskräften ein, aber sie wurden von 500 Tibetern aufgehalten, die die Straße zu der geplanten Mine blockierten, berichtete ein Einwohner. „Die Tibeter schliefen auf der Straße, sie blieben Tag und Nacht dort, und die Chinesen quartierten sich in einer nahegelegenen Schule ein“, sagte er und fügte hinzu: „Die Tibeter erklärten, daß sie bereit seien zu sterben, um den heiligen Berg zu beschützen.“

Weiter aus einer RFA-Meldung vom 27. Mai 2009:

„Alle höheren Bezirksfunktionäre sind hier am Ort des Geschehens und das Problem ist fast gelöst. Die ortsansässigen Tibeter haben einfach eine andere Meinung zu der Sache“, äußerte ein Beamter, der nicht namentlich genannt werden wollte, RFA gegenüber.

Einem im Bezirk Markham wohnenden Tibeter zufolge warnten die Behörden zu gleicher Zeit die Protestierenden, daß alle ihre Versuche, das Abbauprojekt zu stoppen, vergeblich seien.

„Am 26. Mai kamen der Gouverneur des Bezirks Markham und Dorjee Nak Nak, der Direktor der Abteilung für Umweltschutz von Markham, sowie weitere Regierungsvertreter zu dem Ort des Geschehens und versuchten die Tibeter davon zu überzeugen, daß das Bergbauvorhaben nicht aufgehalten werden könnte“, sagte  er.

“Die Tibeter pfiffen sie aus, worauf sich die Beamten sofort wieder entfernten”, fügte er hinzu. Die bewaffnete chinesische Militärpolizei habe die Tibeter, die die Straße zu dem heiligen Berg (etwa 65 km vom Zentrum von Markham entfernt) blockieren, wiederholt bedroht.

“Die Polizei drohte immer wieder damit, die am Boden liegenden Tibeter, die die Zufahrt zu dem Bergbauareal im Dorf Takra, Ortsteil Tsangshul blockieren, mit ihren Fahrzeugen niederzuwalzen. Als die Tibeter immer noch nicht wichen und flehten, ihren heiligen Berg nicht auszubeuten, zögerten die Sicherheitskräfte jedoch, sie mit ihren Fahrzeugen zu überrollen“.

Die Organisatoren des Protestes hätten allen über 60Jährigen und unter 18Jährigen geraten, nach Hause zurückzukehren, da sie um ihre Sicherheit bangen.

Dutzende von jüngeren Tibetern, die erklärten, sie wollten eine höheren Instanz in China zur Vermittlung in dem Konflikt anrufen und sich anschickten, per Motorrad nach Hause zurückzukehren, seien von den Sicherheitskräften nicht durchgelassen worden.