21. Mai 2010
Radio Free Asia, www.rfa.org

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Tibetische Melodien als Telefonklingeltöne verboten - Scharfe Regeln für Fotokopierdienste in Lhasa

Die Behörden in Tibet verbieten populäre Klingeltöne als angeblich „separatistisch“

Schüler und Lehrer einer Oberschule in der Nähe von Shigatse wurden angewiesen, gewisse populäre tibetische Lieder aus ihren Mobiltelefonen zu löschen, nachdem diese von dem Amt für Erziehung und Bildung als „unheilsam“ eingestuft wurden.

Die Schulleitung gab neulich bekannt, daß infolge der „immer komplexer werdenden Separatismus-Angelegenheit“ 27 weit verbreitete und beliebte tibetische Tracks verboten wurden, egal ob sie im Audio- oder Video-Format sind oder sich als digitale Dateien auf den Mobiltelefonen der Leute befinden.

Lied im Video: "Die Hoffnung des Sohns des Schneelandes

„Das Schulpersonal und die Schüler dürfen keine der genannten Melodien mehr als ihre Klingeltöne verwenden“, war am 21. April auf der Website der Schule zu lesen. „Falls Sie einen dieser Songs als Klingeltöne benutzen, löschen Sie ihn bitte sofort, falls Sie einen der genannten Tonträger besitzen, vernichten Sie ihn sofort durch Verbrennen oder Einschmelzen“, hieß es weiter.

Das KP-Komitee der Schule, das Amt für Bildung und Politik, sowie die Zweigstelle der kommunistischen Jugendliga würden eine Aktion zur Beseitigung der Scheiben mit den verbotenen Liedern durchführen. „Jeder, der im Besitz der illegalen Musik oder Videos angetroffen wird, muß mit ernsten Folgen rechnen“, wurde gewarnt.

Unter den aufgeführten 27 Songs, die meistens in tibetischer Sprache sind, finden sich Titel wie „Glückliches Shambala“, „Die Hoffnung des Sohnes der Schneestadt“, „Die fünffarbigen Gebetsfahnen“ „Das Volk der Schneeberge [Tibeter]“ und „Unsere Sehnsucht und Hoffnung“.

Die in Peking wohnende tibetische Schriftstellerin Woeser informierte über diese Anordnung auf ihrem Blog und wies gleichzeitig auf weitere Restriktionen des kulturellen Lebens der Tibeter in der Hauptstadt Lhasa hin, in der es im März 2008 zu massiven Protestaktionen gekommen war.

Die chinesisch-kommunistischen Behörden in Lhasa gaben eine neue Bestimmung heraus, die den Zugang zu den Druck- und Fotokopierdiensten einschränkt. Der Zweck dieser Maßnahme sei es, „illegale Aktivitäten“ zu verhindern. Nach dieser Bestimmung, die am 10. Mai angekündigt wurde, müssen die Betreiber von Druck- und Fotokopiergeschäften in Lhasa von der Polizei und den zuständigen Ämtern zu ihren Dienstleistungen befugt werden. Nur permanent in Lhasa ansässige Personen, oder solche die eine vorübergehende Aufenthaltsberechtigung haben, dürfen die Dienste in Anspruch nehmen.

Die Fotokopiergeschäfte müssen ein Register all ihrer Kunden anlegen, und diejenigen, die gedrucktes oder geschriebenes Material reproduzieren wollen, müssen ihre Ausweise vorlegen und ihre Namen, ihre Adresse und die Nummer ihrer Ausweise eintragen lassen. Auch die Anzahl der Fotokopien muß notiert werden.

Die Polizei muß die Qualifikation der Inhaber der Copy-Shops überprüfen und regelmäßig kontrollieren, ob die Bestimmungen auch entsprechend eingehalten werden. Die Geschäfte derjenigen, die sich nicht daran halten, werden geschlossen, und die Inhaber werden nach dem neuen Gesetz zur Rechenschaft gezogen.

Eine Angestellte in einem Fotokopierladen in Lhasa, die telefonisch zu der Sache befragt wurde, sagte, die neuen Regeln beträfen alles auf Tibetisch verfaßte Material. „Im Grunde genommen geht es um den Dalai Lama. Man darf nichts auf Tibetisch über ihn kopieren“, sagte sie. „Die meisten von uns können kein Tibetisch lesen. Der Dalai Lama unterstützt die Separatisten, darum geht es… viele Kunden empfinden es als sehr lästig, daß sie sich nun registrieren müssen“.

Quellen aus Lhasa zufolge werden die meisten der dortigen Copy-Shops von Han-Chinesen betrieben, die in den letzten Jahren dank der Eisenbahnanbindung in das Land geströmt sind. „Man sagt, es sei heutzutage ziemlich schwierig, eine Lizenz für ein Fotokopiergeschäft zu bekommen. Wir beschafften uns unsere schon vor längerer Zeit, aber jetzt soll es schwieriger geworden sein“, fügte die Angestellte hinzu.

Der Inhaber eines anderen Druck- und Kopierladens in Lhasa bestätigte, daß Kunden, die Fotokopien machen möchten, ihre Personalausweise vorlegen müssen. „Diese Regel ist seit diesem Monat in Kraft“, sagte er. „Es ist besser so, es ist viel sicherer. Es ist für alle vorteilhaft“.

Woeser zufolge gab es schon seit geraumer Zeit derartige Bestimmungen, aber sie seien bisher nicht so streng umgesetzt worden. „Es ist eine weitere Methode, um die Leute einzuschüchtern“, sagte sie. „Sie werden sich sehr unwohl fühlen, wenn sie in diesem Ausmaß gegängelt werden.“