Polizei schiesst auf Tibeter, die gegen Goldabbau protestieren - vermutlich vier Todesopfer
Mindestens vier Tibeter könnten bei einem Zusammenstoß mit der Polizei wegen der geplanten Vergrößerung eines Bergwerks im Bezirk Palyul (chin. Baiyu) in der TAP Kardze (Ganzi), Provinz Sichuan, getötet worden sein.
Wie aus tibetischen Quellen verlautet, ging die Polizei mit tödlicher Gewalt gegen eine Gruppe von Tibetern vor, die sich gegen eine Ausweitung des Golderzbergbaus wandten, weil dieser ihrer Umwelt enormen Schaden zufüge. Mindestens vier Personen seien ums Leben gekommen, als die Polizeioffiziere mit scharfer Munition auf eine vor den Gebäuden der Bezirksregierung versammelte Menschenmenge schossen.
Bei dieser Schießerei am 17. August wurden bis zu 30 Tibeter verwundet, einige davon so schwer, daß sie nun in der Provinzhauptstadt Chengdu ärztlich behandelt werden. Die Zahl der Toten konnte aus unabhängiger Quelle noch nicht bestätigt werden.
Ein in Nepal lebender Tibeter, Drakpa Yeshe, sagte am 25. August, er habe mit seinen Verwandten in der betreffenden Gegend gesprochen. „Die Schwerverletzten wurden in ein Krankenhaus nach Chengdu gebracht. Zwei von ihnen sollen in kritischem Zustand sein“.
Der in Indien lebende Mönch Drime Gyaltsen sagte, er habe aus Quellen in Palyul erfahren, daß zusätzliche Sicherheitskräfte in die Gegend entsandt worden seien, um potentielle Unruhen im Keim zu ersticken: „Truppenverstärkungen trafen in den benachbarten Bezirken Kardze und Dege ein. Im Augenblick sind alle nach Palyul führenden Straßen blockiert, und die Bewohner dürfen sich nicht frei bewegen“.
Auf einen Anruf bei der Polizeistation von Palyul hin antwortete der diensthabende Beamte, er sei erst kürzlich eingestellt worden und daher nicht genau im Bilde über das Geschehen. „Dieser Vorfall ist noch nicht ganz geklärt. Ich kenne keine Einzelheiten. Rufen Sie morgen an, dann sind meine Vorgesetzten im Büro“.
Drime Gyaltsen fuhr fort, am oder um den 13. August herum seien einige Tibeter, angeführt von Tashi Sangpo, aus dem zur Gemeinde Tromtar gehörenden Dorf Sharchu Gyashoe zu der Bezirksverwaltung gegangen, um ihre Bedenken über eine Ausweitung der Bergbauaktivitäten in der Gegend vorzubringen. Sie klagten, daß der von der chinesischen Gesellschaft Kartin betriebene Golderzabbau ihrem Ackerland und den Weidegebieten bereits schweren Schaden zugefügt habe. Die Äcker hätten ihre Fruchtbarkeit verloren und außerdem sei die Gegend von zu vielen Menschen überschwemmt worden.
„Die Beamten in der Bezirksverwaltung wollten ihre Beschwerden jedoch nicht hören und ließen die Tibeter statt dessen festnehmen“, fuhr Drime Gyaltsen fort. „Die tibetischen Dorfbewohner sahen in dieser Handlung eine beabsichtigte Schikane, und etwa 40 weitere Tibeter eilten in die Bezirkshauptstadt, um die Freilassung der Festgenommen sowie eine Entschädigung für den Verlust ihres Ackerlandes zu fordern“.
Die Tibeter harrten drei Tage vor dem Gebäuden der Bezirksregierung aus, bis die Polizei in den frühen Morgenstunden des vierten Tages ein Gas gegen sie einsetzte, das sie handlungsunfähig machen sollte, um sie dann in bereitstehenden Fahrzeugen wegzuschaffen, berichtete Gyaltsen weiter.
„Als einige durch das Gas betäubte Protestierende in die Fahrzeuge gezwängt wurden, fingen die anderen, die unbeeinträchtigt geblieben waren, an zu schreien und zu protestieren. In diesem Augenblick schossen die Polizisten auf sie.“ „Als erstes richteten sie ihre Feuerwaffen gegen Tashi Sangpo, Er wurde ins Bein getroffen, und einige Verwandte stürzten zu seiner Hilfe herbei. In dem Tumult der Schießerei wurde ein Tibeter auf der Stelle getötet und etwa 30 verletzt. Fünf davon seien schwer verletzt worden“.
„Bei dem Handgemenge erlitten auch zwei Polizisten Verletzungen, einer wurde am Auge verwundet und der andere erlitt Verletzungen an Armen und Beinen“. Die tibetische Website Phayul.com berichtete, drei Tibeter seien bei dem Vorfall ums Leben gekommen, darunter Tashi Sangpos Verwandte Soeso und Papho.
Ein Beamter in der Bezirksverwaltung von Palyul sagte am Telefon, die Verhandlungen mit den tibetischen Bittstellern seien noch im Gange. „Bezüglich dieses Vorfalls wurden einige Kompromisse geschlossen und Verhandlungen werden geführt“, sagte er. „Wir sind uns bewußt, daß die Bergwerksoperationen sich negativ auf die Umwelt auswirken. Die chinesische Regierung wird daher die Aktivitäten zum Goldabbau untersuchen lassen.“
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Huatailong Mining Development Company (Archivbild) |
Seit fast 20 Jahren betreibt die Bergbaugesellschaft Kartin aus Shanghai Goldminen in der Gegend, doch im August 2006 steigerte sie deren Kapazität und begann mit dem Goldabbau im großen Maßstabe. Im Verlauf der letzten vier Jahre hat die Firma immer mehr schweres Gerät und Maschinen herangeschafft, um ihre Operationen auszuweiten. Die meisten Angestellten der Firma sind aus Shanghai.
Zusätzlich zu den Bedenken wegen der Verschmutzung der Umwelt machen sich die dortlebenden Tibeter auch Sorgen, daß eine Ausweitung des Bergbaus zu Naturkatastrophen führen könnte. Die Bezirke Drugchu (chin. Zhouqu) in der Provinz Gansu und Gyegudo (chin. Yushu) in der Provinz Qinghai wurden erst kürzlich von entsetzlichen Katastrophen wie Schlammlawinen und einem verheerenden Erdbeben heimgesucht. Viele Tibeter in der Gegend glauben, daß diese teilweise von dem Bergbau und der Ausschachtung des Erdreichs verursacht wurden.
Tibet, das auf Chinesisch Xizang, die „Westliche Schatztruhe“, genannt wird, verfügt mit über die größten Goldvorkommen in ganz China. Die Bergbauoperationen in den tibetischen Gebieten Chinas haben schon öfters zu Konfrontationen mit den einheimischen Tibetern geführt, die den chinesischen Firmen vorwerfen, daß sie bei dem ausbeuterischen Abbau der örtlichen Bodenschätze ihre Stätten spiritueller Bedeutung schänden und die Umwelt schwer verschmutzen.
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