29. Januar 2012
Radio Free Asia, www.rfa.org

Chinesische Behörden unterwerfen ganz Tibet einer rigiden Militärkontrolle

Die Behörden in Peking haben auf die Demonstrationen mit tödlichen Folgen in der vergangenen Woche den Sicherheitsapparat in allen tibetischen Gebieten von Lhasa bis zu Amdo und Kham drastisch verstärkt.

Während die Tibeter den Tod der von den Sicherheitskräften erschossenen Demonstranten in den Präfekturen Kardze und Ngaba betrauerten, griffen die Behörden allerorten gegen die Aktivitäten der Tibeter rigoros durch.

Norpa Yonten, der in Drango getötet wurde

„Die Präsenz der Sicherheitskräfte in Serthar (chin. Seda) ist überwältigend. Die ganze Gegend ist von chinesischer Polizei und bewaffneten Kräften umstellt, und die Tibeter dürfen sich nicht mehr frei bewegen“, verlautet aus einer dortigen Quelle.

„Der Körper eines der in Serthar Erschossenen ist nicht, wie es sonst üblich ist, einem tibetischen Kloster überlassen worden, nicht einmal dem bedeutsamen Buddhistischen Institut von Serthar, statt dessen brachten die Behörden ihn nach Chengdu und verbrannten ihn dort“.

Serthar ist einer der drei Bezirke in der Provinz Sichuan, wo die Tibeter in der vergangenen Woche gegen die chinesische Herrschaft protestierten und wo bis zu sechs Personen getötet und 60 verletzt worden sein könnten. Die anderen Bezirke waren Drango (chin. Luhuo) und Dzamthang (chin. Rantang). Offizielle chinesische Medien berichten von nur zwei tibetischen Todesopfern, die eine Folge des Angriffs der „Randalierer“ seien.

„Die Kommandozentrale in Chengdu verlegte zusätzliche Truppen, die aus dem Militärlagern Deyang und Mianyang kommen, in die Gegend.“ Die Telefonverbindungen in den Protestgebieten sind größtenteils gesperrt worden.

Die Gegend um Dzamthang befindet sich auch im Belagerungszustand. Kalsang, ein Mitglied des tibetischen Parlaments-im-Exil, sagte am Freitag, Serthar, Kardze und Drango seien strengsten Kontrollen unterworfen worden. Die Kommunistische Partei entsandte bereits „Arbeitsgruppen“ in jedes Dorf und jedes Kloster der Präfekturen Kardze und Ngaba.

Auch die Einwohner von Lhasa berichteten, die Lage in der Hauptstadt sei angespannt, mit Sicherheitskräften in der ganzen Stadt, die von Haus zu Haus gehen, und alles durchsuchen. Bezüglich der Barkhor Straße, die um den Jokhang Tempel verläuft, sagte ein Einwohner: „Es ist dermaßen schrecklich. Ich wage gar nicht mehr, mich wie sonst umzublicken, ich wage nicht, mich frei zu bewegen. Bewaffnetes Personal ist überall, Polizei steht an jeder Ecke“.

Eine Familie beschrieb, wie ihre Häuser völlig grundlos durchsucht wurden. „Die Sicherheitskräfte verlangten die Namen aller Familienmitglieder, und wollten wissen, wo diese sich gerade aufhielten. Sie machten deutlich, daß sie genau wüßten, daß Verwandte der Familie in Ausland lebten und daß die Familie öfters mit diesen telefoniere“. Sie wiesen sie darauf hin, daß sie bei den Telefongesprächen nicht von Politik reden dürften“.

„Die chinesischen Behörden greifen zur Einschüchterung und Überwachung gewöhnlicher Tibeter, damit sie in ständiger Furcht leben und nichts preisgeben“, kommtentierte Stephanie Brigden, von Free Tibet.

Penpa Tsering, der Sprecher des Exilparlaments, sagte am Sonntag. „Wir rufen die Regierungen in der ganzen Welt auf, nicht nur ihre Sorge auszudrücken, sondern zu intervenieren, um die derzeitige gefährliche Lage in Tibet zu deeskalieren und eine dauerhafte Lösung für die Tibetfrage auf dem Wege von Verhandlungen herbeizuführen“.

Wir schicken ebenfalls einen offenen Brief über die kritische Situation in Tibet an den chinesischen Präsidenten Hu Jintao, und bitten ihn, sich um eine dauerhafte Lösung für die Tibet-Frage zu bemühen.

Die die tibetische Regierung-im-Exil, oder die Zentraltibetische Verwaltung, rief für den 8. Februar zu „globalen Solidaritäts-Mahnwachen“ auf, um die gegenwärtige Krise ins Bewußtsein der Allgemeinheit zu rücken.