1. August 2018
Radio Free Asia, www.rfa.org

China lässt Wohnhäuser und Geschäfte von Tibetern am Kokonor abreissen

Die Behörden der Provinz Qinghai im Nordwesten Chinas lassen am malerischen Kokonor (Qinghai-See) von Tibetern für die zahlreichen Touristen gebaute Restaurants, Läden und Gästehäuser demolieren, was deren Besitzer in ernsthafte finanzielle Nöte bringt.

„Viele Touristen strömen im Sommer in diese Gegend, und die hier wohnenden Tibeter versuchen durch die Eröffnung von Restaurants und Hotels einen Vorteil daraus zu ziehen, doch die Chinesen fingen nun an, diese Gebäude abzureißen“, verlautet aus der Quelle, die anonym bleiben muß.

Mit den Abbrucharbeiten wurde Anfang Juli begonnen, und sie folgen auf ähnliche Maßnahmen, die in den letzten Jahren in der Tibetisch-Autonomen Präfektur Tsolho (chin. Hainan) im Namen des Umweltschutzes rund um den See vorgenommen wurden, berichtete ein in der Gegend wohnender Tibeter dem tibetischen Nachrichtendienst von RFA.

Tibetischer Häuser werden abgerissen

Seit dem 12. Juli reißen sie die Bauten ab. Nach einer zweitägigen Pause am 24. und 25. Juli haben die Abbruchteams ihre zerstörerische Arbeit wieder aufgenommen. Sogar in den Dörfern Galha und Jangxi ist jetzt der Abriß von Wohnhäusern vorgesehen. „Allmählich werden alle anderen Privathäuser, die in Dörfern entlang des Seeufers errichtet wurden, ebenfalls zerstört“, sagte die Quelle.

Die Tibeter hätten den Bau der nun vom Abriß bedrohten Gebäude mit Hilfe von Bankdarlehen und Anleihen bei Freunden und Verwandten selbst finanziert. Einige hätten dafür sogar ihr Vieh verkauft, um an Geld für die Bauten zu kommen. „Alles Geld kam aus ihren eigenen Taschen“, fügte die Quelle hinzu.

In einigen Fällen meinten die tibetischen Nomaden, die mit den chinesischen Gesetzen nicht vertraut sind, daß die Behörden ihren Bauvorhaben im Sinne eines Beitrags zur nationalen Entwicklung zustimmen würden. „Aber jetzt verlangen die Behörden, daß zuerst eine Bauerlaubnis eingeholt wird, weil Gebäude ohne eine Genehmigung als illegal erachtet und dann abgerissen werden“.

Den Besitzern und ihren Verwandten wurde erklärt, daß sie schwer bestraft würden, falls sie versuchten, die Abrißarbeiten zu behindern. Allenfalls könnten sie ihre Sachen aus ihren Häusern und Geschäften holen, ehe die Demolierung beginnt.

„All dies führte zu massiven finanziellen Verlusten für uns, und wir Tibeter hier sind nun in einer verzweifelten Lage“, sagte er.

Auch letztes Jahr wurden Läden und Gästehäuser um den See herum zur Schließung gezwungen. Und der Abrißkampagne nichtgenehmigter Bauten vom Juni 2016 fielen über 600 Läden, Restaurants und Wohnhäuser zum Opfer, wobei nicht nur Tibeter, sondern auch Moslems und han-chinesische Eigentümer betroffen waren, wie RFA in früheren Berichten aus dortigen Quellen erfuhr (1).

Die chinesische Polizei ging damals gewaltsam gegen eine Gruppe von Tibetern vor, die gegen die Zerstörung ihrer Geschäfte und Wohnungen protestierten, wobei mindestens acht Personen ernsthaft verletzt wurden.

Häufig klagen die in China lebenden Tibeter über politische, wirtschaftliche und religiöse Diskriminierung, ebenso wie über Menschenrechtsverletzungen. Immer wieder ist es in den von Tibetern bewohnten Gebieten zu sporadischen Protesten gegen die Herrschaft Chinas gekommen, seit die große Demonstrationswelle 2008 über die Region hinwegfegte. 

(1) 22. Oktober 2015, Behörden lassen über 300 tibetische Häuser und Läden am Kokonor See abreißen, http://www.igfm-muenchen.de/tibet/Phayul/2015/Trelnak-Demolition_22.10.html