September 2008
Department of Information & International Relations (DIIR)
Central Tibetan Administration
Dharamsala - 176215, H.P., India, www.tibet.net


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Der fortgesetzte Einsatz der Folter gegen das tibetische Volk

Ein Bericht an den

Ausschuss der Vereinten Nationen gegen Folter

über die

von der Volksrepublik China an dem tibetischen Volk begangenen
Menschenrechtsverletzungen

Eingereicht von dem

Department für Information und Internationale Beziehungen
Zentrale Tibetische Administration
Dharamsala-176215, Indien
29. September 2008


Inhalt

Zusammenfassung

I. Einführung

II. Bericht über die Ereignisse von 2000-2008

III. Verletzungen des Abkommens gegen Folter

A. Beweise für Folter im Zusammenhang mit den jüngsten Ereignissen

1. Mönche im Kloster Labrang in Xiahe

2. Augenzeugenbericht über Folterungen in Lhasa im März

3. Nechung

4. Berichte über Folter von im Exil lebenden Mönchen des Klosters Kirti

5. Razzien und Folter im Bezirk Machu

6. Verhaftungen und Verschwinden in Tibet

B. Schon vor den Demonstrationen im März war Folter in Tibet üblich

1. Der Sonderberichterstatter hält Folter für eine weit verbreitete Praxis

2. Einzelfälle von Folter in Tibet

a. Tenzin Delek Rinpoche

b. Lobsang Dhondrup

c. Tsering Dhondrup

d. Tsultrim Dargye (Tsuldi) and Drime Gyatso

e. Zahlreiche Mitarbeiter von Tenzin Delek sind inhaftiert oder vermisst

f. Folter bei der Umsiedlung von Nomaden

g. Folterung inhaftierter Jugendlicher

h. Zahlreiche weitere Fälle von Folter

i. Kelsang Gyatso

j. Phuntsog Nyidron

k. Zahlreiche weitere Inhaftierte

C. Chinas Gesetze verbieten nicht die Anwendung von Folter

1. Bei Rechtsreformen wurde die Konvention gegen Folter nicht berücksichtigt

2. Die seit dem Dritten Periodischen Bericht erfolgten gesetzgeberischen Maßnahmen genügen     nicht den Anforderungen der Konvention

3. Die meisten sonstigen Neuen Maßnahmen befassen sich nicht mit Folter

4. Keine statistischen Belege für die Einstellung der Folterung tibetischer Häftlinge

5. Der Anspruch tibetischer Häftlinge auf anwaltliche Beratung ist nicht rechtswirksam

6. “Verlängerte Strafzeiten“ weiterhin besonders anfällig für Misshandlungen und Folter

7. Die Kriterien für „schwere“ Verbrechen sind unklar gefasst und für die Verhinderung von Folter ungeeignet

8. Statistiken über Todesstrafen werden weiterhin als Staatsgeheimnis behandelt

D. Keine unabhängige Justiz

E. Chinesische Behörden bedrohen Rechtsanwälte mit Disziplinarmaßnahmen

IV. Abschluss und Empfehlungen

Zusammenfassung

In diesem Bericht soll festgestellt werden, inwieweit China das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (Folterkonvention)[1] einhält. Er kommt zu dem Schluss, dass China die Folterkonvention, was Tibet betrifft, weiterhin systematisch und in großem Umfang verletzt. Ferner hat China auf den Gebieten, wo dieser Ausschuss in seinen Schlussbetrachtungen[2] von 1996 und 2000 Beanstandungen geltend machte, keine wirklichen Fortschritte gemacht. Diese Schlussfolgerung wird von den Ergebnissen gestützt, zu denen der Sonderberichterstatter auf seiner Chinamission kam.

Dieser Bericht gibt einen Überblick über die wichtigsten Ereignisse in Tibet seit dem Jahr 2000, anhand derer das Komitee zu untersuchen hatte, inwieweit China die Folterkonvention einhält. Einschneidende Maßnahmen wurden ergriffen, welche die freie Religionsausübung in Tibet drastisch einschränkten, dem tibetischen Volk wird das Recht auf freie Meinungsäußerung vorenthalten und die Tibeter werden durch die Förderung des Zuzugs chinesischer Migranten extrem marginalisiert. Die Durchsetzung dieser Maßnahmen gehen einher mit der Einschüchterung der Bevölkerung durch die Polizei, willkürlichen Verhaftungen und Folter, die zum Zweck der Bestrafung und Terrorisierung der tibetischen Gemeinschaft angewandt werden. Die chinesische Regierung hat es verabsäumt, die Tibeter im Hinblick auf ihre wirtschaftlichen, sozialen und politischen Rechte wirklich gleichzustellen.

Die zunehmende Unterdrückung und wirtschaftliche Marginalisierung der Tibeter gab den eigentlichen Anlass zu den vielen Demonstrationen, die sich seit dem 10. März 2008 über ganz Tibet verbreiteten und zum größten Teil friedlich verliefen. Die chinesischen Behörden antworteten auf die Proteste mit der Verhaftung tausender Tibeter, die sie bei der Festnahme und in der Haft häufig mit äußerster Brutalität behandelten: teilweise mit tödlichen Schüssen auf unbewaffnete Demonstranten; mit einer Ausgangssperre für Mönche und Nonnen in ihren Klöstern; mit starker Polizei- und Militärpräsenz in allen Städten und größeren Ortschaften, ja sogar in entlegenen Nomadenregionen; mit der strikten Einschränkung der Bewegungsfreiheit innerhalb Tibets und mit der erneuten Durchführung der Kampagne für die „Patriotische Erziehung“ in den Klöstern.

Schon kurz nach dem Aufflammen der ersten Proteste wurden alle Journalisten und Touristen aus der Autonomen Region Tibet und den anderen tibetischen Gebieten der VR China ausgewiesen. Außerdem haben die Behörden die Nachrichtenwege blockiert, und sie bestrafen Tibeter, die mit Personen außerhalb Tibets in Verbindung treten wollten, sehr hart. Da ausländische Beobachter nicht zugelassen werden, herrscht nun in Tibet ein Zustand vollständiger Straflosigkeit für Verletzungen der Folterkonvention.

Unser Bericht bewertet die Einhaltung der zentralen Bestimmungen der Folterkonvention durch China. Ungeachtet des Inkrafttretens des revidierten chinesischen Strafrechts und der revidierten Strafprozessordnung[3] werden tibetische Häftlinge und zwar insbesondere politische Häftlinge[4] weiterhin regelmäßig von Polizisten, Gefängniswärtern und anderen Sicherheitsbediensteten sowie von Strafgefangenen, die auf Anweisung oder mit der stillschweigenden Zustimmung von Gefängniswärtern handeln, gefoltert. Tatsächlich genießen die meisten von ihnen Straffreiheit für ihre Taten. Die weit verbreitete Anwendung die Folter in Tibet belegen wir durch zahlreiche Berichte, welche auf Interviews mit tibetischen Flüchtlingen beruhen, die Folterungen zu erdulden hatten.

China betont auf geradezu ermüdende Weise, welche Verbesserungen infolge der 1997 vorgenommenen Neufassung des chinesischen Strafrechts und der Überarbeitung der Strafprozessordnung von 1996 angeblich erzielt wurden. Diese Gesetzesänderungen erwiesen sich in der Praxis jedoch als unzureichend, um Folter zu verhindern, zu bestrafen oder zu beseitigen. Obendrein ist Chinas Überbetonung der nominellen Gesetzesänderungen gleichbedeutend mit dem stillschweigenden Eingeständnis, dass sich tatsächlich in Tibet kaum etwas geändert hat: Folter ist weiterhin ein Instrument der staatlichen Kontrolle über die Tibeter, und die Abwesenheit einer unabhängigen Justiz ermöglicht weiterhin Verletzungen der Folterkonvention und deren Straflosigkeit. Obwohl das neue chinesische Strafrecht theoretisch einen gewissen Schritt in Richtung Erfüllung seiner Verpflichtungen unter der Folterkonvention darstellen könnte, haben die vorgenommenen Gesetzesänderungen bisher offenbar im Hinblick auf Festnahmen, Inhaftierung und Behandlung von tibetischen politischen Gefangenen keine Wende gebracht.

In Chinas „Viertem Periodischem Bericht“ ist ebenso wenig wie im dritten von der Möglichkeit der Rücknahme seiner Vorbehalte bezüglich Art. 20 der Folterkonvention die Rede. Auch die in Artikel 21 und 22 festgelegte Zuständigkeit dieses Komitees für Eingaben anderer Staaten, die Vertragsparteien der Konvention sind, oder von Einzelpersonen, die ihren eigenen Angaben nach Folteropfer sind, wird darin nicht angesprochen. Dies fügt sich in Chinas durchgehendes Konzept, die internationale Untersuchung der Menschenrechtslage in Tibet zu blockieren. China gestattet keine unabhängigen Menschenrechtskontrollen in Tibet, nicht einmal humanitäre Organisationen wie das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) erhalten Zugang zu den Haftanstalten.

Der Bericht schließt mit Empfehlungen für die Veränderung der derzeitigen Rahmenbedingungen, welche die massive Anwendung der Folter, wie sie in Tibet üblich ist, ermöglichen. Besonders dringend fordert er das Komitee auf, es möge China empfehlen, umgehend unabhängigen Menschenrechtsbeobachtern den Zugang zu allen Gefängnissen und Haftzentren in Tibet zu gewähren, die Ausbildung der im juristischen und Sicherheitsbereich tätigen Personen in Fragen der Menschenrechte zu verbessern, sowie die Mechanismen zu optimieren, mittels derer Amtspersonen, die sich der Folter schuldig machen, zur Rechenschaft gezogen und bestraft werden können.

I. Einführung

Es ist uns, der Zentralen Tibetischen Verwaltung (Central Tibetan Administration = CTA), eine Ehre, dem Komitee gegen Folter diesen Bericht zu unterbreiten. Er enthält zusätzliche Informationen für die von diesem Komitee vorzunehmende Beurteilung, inwieweit China im Hinblick auf Tibet die Folterkonvention eingehalten hat. Wir schildern darin die besonderen Umstände, wodurch die Tibeter in großem Maße der Gefahr ausgesetzt sind, gefoltert zu werden. Wir legen ihn dem Komitee mit der Bitte vor, ihn als Ergänzung zu unserem Bericht vom April 2000 zu betrachten, den wir als Antwort auf den „Dritten Periodischen“ Bericht Chinas einreichten.

Tibet umfasste früher drei Hauptregionen U-Tsang, Kham und Amdo. Die chinesischen Kommunisten unterteilten unser Land mit dem Zweck, es zu zerstückeln und die tibetische Bevölkerung besser kontrollieren zu können. 1965 schuf die chinesische Regierung die Autonome Region Tibet (Tibetan Autonomous Region = TAR; chin. Xizang Zizhiqu). Sie besteht aus den Gebieten westlich des Flusses Drichu (chin. Yangtse) und aus einem Teil von Kham und wird heutzutage auf Englisch häufig als „Zentraltibet“ bezeichnet. Die Reste von Kham und Amdo wurden chinesischen Provinzen eingegliedert, und dort, wo geschlossene ethnisch tibetische Gemeinwesen bestehen, wurden Autonome Tibetische Präfekturen (Tibetan Autonomous Prefectures = TAP) und Autonome Tibetische Bezirke eingerichtet. Die Bezeichnung „Tibet“ wird in diesem Bericht auf alle tibetischen Gebiete innerhalb und außerhalb der TAR angewendet. Wenn China hingegen von „Tibet“ spricht, meint es nur die TAR.

Die CTA ersucht das Komitee, die weit verbreitete und systematische Anwendung von Folter unter den Gesichtspunkten der unrechtmäßigen Invasion Tibets durch China im Jahr 1949, der Aufteilung des historischen tibetischen Territoriums und des den Tibetern fehlenden Recht auf Selbstbestimmung zu betrachten. Ausführliche Studien der International Commission of Jurists (ICJ) und einer Anzahl bedeutender internationaler Juristen belegen, dass Tibet vor der Besetzung durch die chinesische Volksbefreiungsarmee im Jahr 1949 eine souveräne Nation[5] war. Da dieser Aggressionsakt eine Verletzung des Völkerrechts darstellt, ist Tibet heute de jure ein Staat unter unrechtmäßiger fremder Besatzung.

Die Tibeter kämpfen seit der Invasion durch die Volksrepublik China im Jahr 1949 gegen die unrechtmäßige Besetzung ihres Landes. Bis 1979 haben über 1,2 Millionen tapfere Tibeter als direkte Folge dieser Besetzung ihr Leben verloren. Inzwischen sind fast 60 Jahre vergangen, seit unser Volk unter Fremdherrschaft geraten ist.

Die Verletzungen der Folterkonvention in Tibet sind fast ausnahmslos darauf zurückzuführen, dass China weiterhin Folter als ein Instrument politischer Kontrolle anwendet. Die Tibeter in ganz Tibet sind insbesondere dann von Folter bedroht, wenn sie Ansichten zum Ausdruck bringen, die vom chinesischen Staat nicht gebilligt werden: Loyalität gegenüber dem Dalai Lama, treues Festhalten an der tibetischen kulturellen Identität und vor allem Eintreten für das Recht der Tibeter auf Selbstbestimmung[6]. Die jüngsten Proteste in Tibet und deren brutale Unterdrückung bestätigten dies. Wir bitten das Komitee, es möge sich ins Gedächtnis rufen, dass die Generalversammlung der Vereinten Nationen das Recht der Tibeter auf Selbstbestimmung anerkannt hat[7]. Aus diesem Grund fordert die Tibetische Zentralverwaltung das Komitee auf, dem Recht der Tibeter auf Selbstbestimmung den gebührenden rechtlichen Nachdruck zu verleihen, wenn es prüft, inwieweit China die Folterkonvention im besetzten Tibet einhält.

Unsere Regierung ist sich der überaus wichtigen Arbeit dieses Komitees bewusst. Wir und die tibetischen Nichtregierungsorganisationen nehmen unsere Verpflichtung zur Unterstützung von tibetischen politischen Gefangenen und Folteropfern außerordentlich ernst. Dasselbe gilt für die Beschaffung von Informationen, die für die Arbeit dieses Komitees von Nutzen sind. Wir möchten betonen, dass diese und andere Gruppen bereit sind, zusätzliche Angaben, die sich als notwendig erweisen könnten, zur Verfügung zu stellen. Die Tibetische Zentralverwaltung, ihre Oberste Justizkommission und das Tibetische Parlament-im-Exil sind ebenfalls bereit, diesem Komitee jede gewünschte Information und Unterstützung zukommen zu lassen, die es benötigt.

Abschließend sei bemerkt, dass China Tibet seit dem März 2008 vollständig von der Außenwelt abgeriegelt hat. Kein Tourist, Journalist oder Diplomat durfte nach Tibet einreisen. Es herrscht eine totale Informationssperre. China hat zwar im April 2008 signalisiert, die Hochkommissarin für Menschenrechte zu einem späteren Zeitpunkt empfangen zu wollen. Bis heute ist es jedoch nicht dazu gekommen.

II. Überblick über die Ereignisse von 2000 – 2008

Dieser Bericht befasst sich mit den Belegen für Folter an Tibetern im Zeitraum von 2000 bis 2008, während dessen die politische und religiöse Unterdrückung in Tibet ständig zunahm. Besonders zu erwähnen sind hier die vom Parteisekretär der TAR, Zhang Qingli, seit 2006 initierten Maßnahmen zur massiven Einschränkung öffentlicher religiöser Aktivitäten, wovon vor allem tibetische Parteikader betroffen waren. Ferner dienten sie zur Verschärfung der Kontrolle über Mönche und Nonnen und zur öffentlichen Herabwürdigung des Dalai Lama. Zhangs Amtsübernahme und die gesteigerten religiösen Restriktionen fielen mit der Fertigstellung der Eisenbahnlinie nach Lhasa im Juli 2006 zusammen, die gebaut wurde, um den Tourismus anzukurbeln, die militärische Kontrolle auszubauen, den Einfluss der KPC zu stärken und ihre Kontrolle über Tibet zu konsolidieren.[8] Der durch die Bahnlinie verursachte immer schnellere Zustrom von ethnischen Chinesen wird auch als „zweite Invasion“ Tibets bezeichnet und deren Folgen sind besonders auffällig. Der Widerstand der Tibeter gegen diese neuerlichen Angriffe auf ihre Kultur gipfelte schließlich in den weiten und fast vollständig gewaltlosen Protesten in Lhasa, die am 10. März begannen und bis heute andauern.

Seither leiden die Tibeter in ganz Tibet unter einer politischen Linie und Praktiken, durch die ihnen ihre wirtschaftlichen, sozialen und politischen Rechte verweigert werden. 2003 besuchte die Sonderberichterstatterin für das Recht auf Bildung China. In ihrem Bericht führte sie die unzumutbar hohe Analphabetenrate in Tibet zumindest teilweise auf die Assimilationspolitik der chinesischen Regierung zurück. Diese Politik umfasst ferner die Zwangsumsiedlung von Nomaden in vorgefertigte Siedlungen und auf umzäuntes Land, wodurch sie ihres Lebensunterhalts beraubt werden und gleichzeitig die Umwelt weiter geschädigt wird. 2003 bemängelten der Sonderberichterstatter für Gewalt gegen Frauen und das Komitee für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte die Fortführung von erzwungenen Abtreibungen, Sterilisationen und den Zwang zur Geburtenkontrolle bei tibetischen Frauen. Der Sonderberichterstatter für Rassismus stellte fest, dass die Tibeter in den Bereichen Beschäftigung, Gesundheitswesen, Bildung, Wohnung und öffentliche Repräsentation unter systematischer und institutioneller Diskriminierung zu leiden haben. Alle diese Menschenrechtsverletzungen sind nachweisbar die Folge der verfehlten Tibetpolitik der chinesischen Regierung, durch welche den Tibetern ihr Recht auf Selbstbestimmung verwehrt wird.

Der 10. März ist der Jahrestag des Aufstandes von Lhasa im Jahr 1959, der sich gegen die Herrschaft Chinas richtete und an dessen Ende die Flucht des Dalai Lama ins Exil stand. Am 10. März 2008 kam es an verschiedenen Orten in Tibet zu Protesten: im Kloster Labrang in der tibetischen Provinz Amdo (chin. Gansu), in den Klöstern Lutsang und Ditsa in Amdo (chin. Qinghai), in den Klöstern Sera und Drepung in Lhasa und im Kloster Soktsang in der tibetischen Provinz Kham (chin. Sichuan). Alle genannten Proteste waren friedlich, allerdings wurden in Lhasa zahlreiche Demonstranten von der Polizei geschlagen. Am 11. und 12. März gab es in Lhasa weitere gewaltlose Demonstrationen (deren Teilnehmer wiederum von der Polizei geschlagen wurden). Bei den Protesten vom 13. März in Lhasa kam es zu den ersten Verhaftungen.

Am 14. März schlugen die Proteste in Lhasa in Krawalle um. Chinesische Geschäfte wurden in Brand gesetzt und es wurden Menschen verprügelt und umgebracht. Als die Sicherheitskräfte eingriffen, um die Ordnung wiederherzustellen, wurden zahlreiche unbewaffnete Tibeter erschossen und erschlagen. Die Proteste vom 10. März breiteten sich auf das gesamte Hochplateau aus; die zentraltibetische Verwaltung erfasste damals mindestens 150 Fälle von Protestaktionen. In weniger als zehn davon kam es zu Gewaltakten durch Tibeter, und unseres Wissens nach handelte es sich dabei ausschließlich um Sachschäden an Regierungseigentum. Dennoch schlug die Polizei weiterhin auf tibetische Demonstranten ein und schoss in mehreren Fällen auch auf sie. Wir können anhand unserer bis zum 31. Juli 2008 gesammelten Beweise belegen, dass bei den Protestaktionen 218 Tibeter von den Sicherheitskräften getötet wurden.

Seit dem 14. März sind alle ausländischen Beobachter buchstäblich aus Tibet ausgesperrt. Alle Touristen und Journalisten wurden zur Ausreise gezwungen. Zehntausende zusätzlich nach Tibet verlegte Soldaten und Polizisten sollen die Präsenz der Sicherheitskräfte in den Städten und größeren Gemeinden in Tibet verstärken. Viele tausend Tibeter, Laien wie Mönche, wurden verhaftet. Das geschah häufig bei den systematischen nächtlichen Hausdurchsuchungen. Die Familien der Inhaftierten haben kaum oder gar keine Informationen über ihren Verbleib erhalten. Obwohl viele Betroffene inzwischen wieder freigelassen wurden, gibt es über das Schicksal von mehr als eintausend verhafteten Personen – bei den meisten von ihnen handelt es sich um Mönche – keinerlei Nachricht. Sie sind in der Tat verschwunden. Die Bewegungsfreiheit von Tibetern innerhalb Lhasas oder von einer tibetischen Stadt oder Gemeinde in eine andere wurde massiv eingeschränkt.

Obwohl es unter diesen Umständen sehr schwierig ist, an Informationen zugelangen, konnten wir glaubwürdige Berichte erhalten, die das Verprügeln friedlicher Demonstranten, willkürliche Verhaftungen, Folter, rechtswidrige Tötungen und das schlichte Verschwinden von Personen bezeugen. Wir haben auch einige wenige offizielle Berichte über Verurteilungen zu langjährigen Haftstrafen vorliegen, bei denen begründete Zweifel vorliegen, ob die Geständnisse und Aussagen nicht unter Folter erpresst wurden. In diesem Fall wären sie bei Beachtung der Folterkonvention vor Gericht nichtig. Ferner sind hoch angesehene Mönche und Laien verschwunden, unter ihnen befinden sich auch ranghohe Lamas aus bedeutenden tibetischen Klöstern. Mehrere bekannte Sänger und Schauspieler standen unter Hausarrest und wurden nächtelang verhört. Dabei drohte man ihnen mit strafrechtlichen Folgen, falls sie sich den massiven Einschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit widersetzten. Zahlreiche Tibeter haben sich großer Gefahr für Leib und Leben ausgesetzt, um Informationen zu sammeln und weiterzugeben.

Daher bitten wir das Komitee darum, es möge sich während des Studiums unseres Berichts der schlimmen aktuellen Lage in Tibet bewusst sein. Insbesondere fordern wir das Komitee auf, sich Artikel 2.2 der Konvention ins Gedächtnis zu rufen: „Keine wie auch immer gearteten Umstände, weder Krieg oder Kriegsdrohung, interne politische Instabilität noch irgend ein anderer öffentlicher Notstand dürfen als Rechtfertigung für Folter herangezogen werden.“

III. Verletzungen der Konvention gegen Folter

A. Beweise für Folter in Verbindung mit den jüngsten Protestaktionen

Seit Beginn der weitgehend friedlichen Proteste gegen die chinesische Regierung am 10. März 2008 wurden mehrere tausend Tibeter, unter ihnen auch Mönche, getötet, verhaftet oder sind verschwunden.[9] Es gilt als sicher, dass seit dem 14. März in Lhasa und Umgebung mindestens 100 Tibeter getötet wurden, während in anderen tibetischen Regionen mindestens 40 Tibeter infolge der Repressionen durch Schüsse oder auf andere Weise zu Tode kamen.[10] Es sammeln sich immer mehr Beweise dafür an, dass die verhafteten Tibeter in der Haft mit extremer Brutalität misshandelt werden und dass noch viel mehr unbewaffnete friedliche Demonstranten erschossen wurden oder infolge der im Gefängnis erlittenen Folter starben bzw. sich aus Verzweiflung über die gewaltsame Niederschlagung der Proteste oder die erzwungene Verunglimpfung des Dalai Lama das Leben nahmen.[11]

Wir glauben, dass anlässlich der Protestaktionen, die am 10. März 2008 begannen, mehr als 6.705 Tibeter verhaftet wurden.[12] Wir wissen nicht, wo sie sich befinden. Einigen Berichten zufolge wurden politische Gefangene in andere Landesteile und sogar nach China verbracht. Viele aus der Haft Entlassene sind durch die extreme Brutalität, der sie im Gefängnis ausgesetzt waren, geistig, seelisch und körperlich schwer gezeichnet. Manche können nicht gehen oder sprechen, andere leiden unter Knochenbrüchen oder ausgerenkten Gelenken.[13]

Berichte aus den Klöstern sprechen von dem seelischen Leid, das Bewaffnete Volkspolizisten und Arbeitsteams verursacht haben, indem sie auf Portraits des Dalai Lama herumtrampelten; ferner gab es eine Reihe von Selbstmorden, die offenbar mit den Kampagnen für „Patriotische Erziehung“ in Verbindung stehen.[14] Am 14. Mai 2008 demonstrierten 55 Nonnen aus dem Kloster Pangri, Bezirk Kardze, TAP Kardze, friedlich gegen die Niederschlagung der Unruhen. Berichten des in Dharamsala ansässigen TCHRD zufolge schworen die Nonnen, sich nicht an der „Patriotischen Erziehung“ zu beteiligen und riefen: „Es ist besser zu sterben als den Dalai Lama zu verunglimpfen, zu kritisieren und anzugreifen…“. Wie eine tibetische Quelle berichtete, wurden die Nonnen auf der Stelle verhaftet und so schwer geschlagen, dass die Straße voller Blutflecke war und Kleidungsstücke der Nonnen überall verstreut herum lagen. Die Nonnen wurden auf Lastwagen weggeschafft.[15]

Berichten zufolge waren die Haftanstalten nach der Niederschlagung des Aufstandes in Lhasa so überfüllt, dass man im Kreis Toelung Dechen und in einer Lagerhalle in der Nähe des neuen Bahnhofs in Lhasa provisorische Gefängnisse einrichtete.[16] Wie noch ausgeführt wird, ist in allen Berichten über die Zustände in den Gefängnissen von Überfüllung, Mangel an Nahrungsmitteln und Wasser, Verweigerung von medizinischer Behandlung und Folter während der Verhöre die Rede. Während des gesamten Einsatzzeitraums sollen die Sicherheitskräfte alle Leichen an sich genommen haben, falls nötig auch mit Gewalt, damit die Todesursache nicht mehr festgestellt und bewiesen werden kann.[17]

Über den Großteil dieser schwerwiegenden Misshandlungen und Folterungen gibt es jedoch keine Berichte. In den tibetischen und benachbarten Regionen, in denen es zu Protestaktionen kam, haben die Behörden Mobiltelefone und Computer beschlagnahmt, Mobilfunknetze und Festnetzleitungen stillgelegt und den Internetzugang eingeschränkt und dadurch versucht zu verhindern, dass Nachrichten über Misshandlungen und Folter an Tibetern die Außenwelt erreichen.[18] Berichten zufolge wurde eine junge Tibeterin krankenhausreif geschlagen, weil sie einen Anruf angenommen hatte.[19] Dennoch liegen zahlreiche Berichte über Folter an den nach dem 10. März verhafteten Tibetern vor – etwa folgende:

1. Mönche im Kloster Labrang im Bezirk Xiahe

Im April 2008 veranstaltete die Regierung die zweite Reise ausländischer Medienvertreter nach den Demonstrationen vom März, in deren Verlauf Mönche aus dem Kloster Labrang (chin. Xiahe) in der Provinz Gansu die Reporter ansprachen. Berichten zufolge wurden sie als Strafe dafür „inhaftiert, geschlagen und in einigen Fällen mittels Elektroschock gefoltert“.[20]

2. Augenzeugenbericht über Folterungen, die im März in Lhasa stattfanden

Der folgende Bericht stammt von einer Tibeterin, die im März Zeugin der Ereignisse in Lhasa wurde und auch mit anderen Zeugen gesprochen hat. Bei ihrer Ankunft im Exil gab sie ICT gegenüber an:

„Ich habe gehört, dass alle großen Haftanstalten im Raum Lhasa – also die Haftzentren Gutsa, Sangyib Nyithang, Tsalgungthang und Toelung bis zum Bersten gefüllt waren, weshalb man dazu überging, tibetische Häftlinge in der Werkstatt der Kaserne an der südlichen Lingkor-Straße in Lhasa festzuhalten.

Die Verhafteten wurden schwer geschlagen und ihre Gelenke an Armen und Beinen wurden häufig schon gleich nach ihrer Einlieferung ausgerenkt. Auch zwang man sie dazu, tagelang eine knieende Körperhaltung einzunehmen, auch wenn sie bluteten… Während der Verhöre mussten sie knien und die Köpfe gesenkt halten. Sie wurden zusammengeschlagen, am ganzen Körper getreten und mit elektrischen Schlagstöcken misshandelt. Manchmal brachte man die Gefangenen, wenn sie bewusstlos wurden, wieder zu sich, indem man kaltes Wasser über sie schüttete. Ferner wurden ihnen oft Säcke über den Kopf gestülpt, während man auf sie einschlug… Diejenigen, die unter Anklage gestellt wurden, mussten noch brutalere Foltern erleiden; unter anderem stieß man ihnen Bambussplitter unter die Fingernägel und schlug ihnen ihre straff gefesselten Finger.

Sie bekamen nur einen kleinen gedämpften Knödel und eine kleine Tasse Wasser pro Tag. Durch den Nahrungs- und Flüssigkeitsmangel waren sie gezwungen, ihren eigenen Urin zu trinken, obwohl manche Gefangenen mit dem Urin Blut ausschieden… Diese Informationen habe ich von Leuten erhalten, die wieder freigelassen wurden… Man hatte ihnen befohlen, den Mund zu halten, sonst würde man sie wieder verhaften. Die Freigelassenen wurden zu Geldstrafen in Höhe von 2000 Yuan (230 €) verurteilt.“[21]

3. Nechung

Am 18. März 2008 wurde die 38jährige Nechung verhaftet, weil sie zwei Tage zuvor ein Schild an der Polizeiwache von Ngaba heruntergerissen hatte. Nach ihrer Freilassung am 26. März konnte sie nicht mehr sprechen und musste sich jedes Mal erbrechen, wenn sie etwas zu sich nehmen wollte. Ihre Angehörigen erhielten keine Erlaubnis, sie in ein Krankenhaus zu bringen. Sie starb am 17. April. Auch zwei ihrer Söhne wurden verhaftet. Der ältere erlitt Brüche an beiden Beinen.[22]

4. Berichte über Folterung von den Mönchen des Exilklosters Kirti

„Mehr als 30 Personen wurden in winzige Zellen gepfercht. Sie konnten sich nicht hinsetzen und mussten Tag und Nacht stehen. Man gab ihnen eine Schüssel Reissuppe am Tag und sie waren gezwungen, sich dort zu erleichtern, wo sie standen. Gebildete und bekannte Personen wurden ausgesondert und besonders brutal geschlagen… Wer nicht mehr in diese Zellen gequetscht werden konnte, wurde in anderen Orten wie Privatgebäuden festgehalten, so dass die Angehörigen nicht herausfinden konnten, wo sie sich befinden. Obwohl die meisten nur ein paar Tage lang festgehalten wurden, war ihr Gesundheitszustand bei ihrer Rückkehr nach Hause miserabel.“[23]

Mönche des Exilklosters Kirti erhielten die Umschrift einer Nachricht von Mönchen aus dem in der Präfektur Ngaba gelegenen Kloster Kirti, wo während der Proteste mindestens 10 Tibeter erschossen wurden. Diese Nachricht umfasste Aussagen von mehreren Tibetern. Es ist nicht bekannt, ob es sich bei ihnen um Mönche oder Laien handelt:

„Seit dem 10. März protestierten Tibeter in allen drei Hauptregionen Tibets gegen die chinesischen Behörden. Die KPC verlegte in großem Stil Sicherheitskräfte nach Tibet und behandelte alle Tibeter, insbesondere aber Mönche wie Kriminelle. Es kam zu völlig unmenschlichen Blut- und Prügelorgien, bei denen auch Menschen getötet wurden. Wir konnten kaum ertragen, es mit anzusehen“.[24]

5. Scharfes Vorgehen und Folter im Bezirk Machu

Im Frühjahr dieses Jahres beteiligten sich Tibeter im Bezirk Machu (chin. Maqu), TAP Kanlho, Provinz Gansu - einer Viehhaltergegend - zum ersten Mal seit 1958 offen an Protestaktionen gegen die chinesische Herrschaft. Am 16. März schlossen sich mehrere tausend Einwohner den Protestmärschen an und trugen dabei die tibetische Flagge und Portraits des Dalai Lama mit sich. Die Menge griff Regierungsgebäude an und setze zahlreiche Bezirksbüros in Brand. Als Antwort darauf wurden am 19. März 30 Lastwagen mit Soldaten in die Region verlegt, die Militärs verhafteten die Demonstrationsteilnehmer und verprügelten sie. Eine ganze Reihe musste im Krankenhaus behandelt werden und manche haben bleibende Gesundheitsschäden davongetragen. Ferner liegen Berichte über eine nicht bekannte Zahl von Todesfällen und zwangsweisen Blutentnahmen in der Haft vor.[25]

6. Verhaftungen und Verschwinden in Tibet

Die International Campaign for Tibet (ICT) konnte über 900 Personen identifizieren, die seit dem 1. März inhaftiert wurden. Diese Zahl entstammt Informationen aus erster Hand, die ICT von Angehörigen, Mönchen, Nonnen und Laien zugänglich gemacht wurden, die seither ins Exil geflüchtet sind.[26] Infolge der umfassenden Bemühungen der chinesischen Regierung, den Informationsfluss aus Tibet zu blockieren und des durch die harten Maßnahmen verursachten allgegenwärtigen Klimas der Angst kann jedoch keine vollständige Liste der noch inhaftierten Tibeter erstellt werden.[27] Gleichwohl bestätigten die staatlichen Medien im März und April die Verhaftung von 4.434 als „Randalierer“ bezeichneten Personen. Mitgezählt wurden dabei auch diejenigen, die sich im Zusammenhang mit den Märzprotesten selbst gestellt hatten.[28]

Einem Artikel der Zeitung China Daily vom 21. Juni zufolge wurden 1.157 Personen freigelassen, nachdem sie „Reue für ihre geringfügigen Vergehen“ während der Proteste in Lhasa bekundet hatten. Die Richtigkeit dieser Zahlen konnten wir jedoch nicht überprüfen. Der CECC-Analyse (Congressional Executive Commission on China) der offiziellen Berichterstattung zufolge ist das Schicksal von über 1.000 angeblichen Aufrührern weiterhin unbekannt.[29]

Viele verhaftete Tibeter werden in weit entfernten Gefängnissen festgehalten. Häufig haben ihre Familien keine Ahnung, wo sie sich befinden oder ob sie überhaupt noch leben. So gibt es zum Beispiel glaubhafte Berichte über die Folter an einem jungen Mönch, der in einem örtlichen Haftzentrum festgehalten wurde, weil er keinen Ausweis bei sich hatte. Dem Informanten von ICT zufolge wurde er mehrere Tage lang immer wieder von vier Männern zusammengeschlagen. Dabei fesselte man seine Handgelenke, indem man einen seiner Arme hinter den Nacken und den anderen auf dem Rücken drehte. Seine Nahrung bestand aus einem kleinen Brötchen und ca. ½ l Wasser, das für vier oder fünf Personen zu reichen hatte. Der junge Mann wurde ins Gefängnis Mianyang in der Provinz Sichuan gebracht und später freigelassen, weil man befürchtete, er würde sterben, wenn er keine medizinische Versorgung erhielte. Gegenwärtig kann er kaum gehen oder sprechen und seine Atmung ist beeinträchtigt.[30]

Andere Quellen geben an, sie hätten gesehen, wie Hunderte von Tibetern, darunter viele Mönche in Züge gepfercht wurden, mit denen sie in die entlegene Provinz Qinghai transportiert wurden – dort befanden sich während der Kulturrevolution die Gulags. Die Informationen besagen, dass die Gefangenen schwer verletzt waren und teilweise blutige Gesichter hatten. Die bloßen Füße einer alten Frau, die sich unter ihnen befand, waren mit Fußschellen gefesselt und ein Polizist prügelte auf sie ein.[31] Aktuellen Berichten zufolge sind noch mehrere hundert Mönche in Qinghai inhaftiert.[32]

Alles in allem ist der Aufenthaltsort von Hunderten von Gefangenen nicht bekannt und es liegen zahlreiche äußerst glaubwürdige Berichte über Misshandlungen und Folter vor. Ein junger Tibeter, der nach dem 14. März kurzzeitig inhaftiert wurde, berichtete einem Freund im Exil von Folterungen:

„Als sie mich verhafteten und mitnahmen, banden sie meine Daumen hinter meinem Rücken so eng zusammen, dass bis heute alles taub ist. …sie schlugen mir oft auf den Kopf. Sie gaben uns einen halben Dampfkloß am Tag… aber gaben uns gar kein Wasser. Wir waren alle furchtbar durstig und viele tranken ihren eigenen Urin. Wir hatten keine Kleider, keine Decken, nichts, um darauf zu schlafen, nur den nackten Zementboden und es war schrecklich kalt…Viele hatten gebrochene Arme und Beine oder Schusswunden, aber keiner wurde ins Krankenhaus gebracht. Ein Junge war von drei Schüssen getroffen worden… das rechte Auge eines Mannes war verletzt, es war ganz geschwollen und schwarzblau verfärbt… es gab Leute mit ausgeschlagenen Zähnen… Die Leute hatten nichts zu essen… sie fielen einfach um… ein Junge fiel in die Latrine und schlug sich dabei das ganze Gesicht auf… Ich traf einen alten Mann, dem sie die Rippen gebrochen hatten. Er konnte nicht mehr gerade stehen und lag im Sterben, deshalb brachten ihn die Polizisten ins Volkshospital, wo jeden Tag ein oder zwei Leute sterben.

Eine Menge Oberschüler wurde verhaftet… darunter war auch ein 17jähriger, der an den Ereignissen des 14. März gar nicht beteiligt war… sie rempelten ihn mit einem Karren so lange an, bis er umfiel. Es gibt so viele Foltermethoden. Dieser Schüler war noch so jung und er hatte gar nichts angestellt. Später gestand er alles Mögliche; das passiert ständig – sie setzen die Leute derart unter Druck, dass sie Dinge zugeben, die sie gar nicht getan haben.[33]

Diese Fälle von Folter, die alle aus den vergangenen sechs Monate datieren, strafen die von der chinesischen Regierung in ihrem „Vierten Periodischen Bericht“ aufgestellten Behauptungen bezüglich der angeblichen Maßnahmen zur Durchsetzung der Folterkonvention Lügen.

B. Bereits vor den Märzprotesten war Folter in Tibet üblich

1. Der Sonderberichterstatter bezeichnet Folter als weitverbreitete Praxis

Bereits vor den Demonstrationen vom März war Folter in China weitverbreitet.[34] Seit 2000 haben der jetzige Sonderberichterstatter und seine Vorgänger die chinesische Regierung über 314 Fälle von Verdacht auf Folter in Kenntnis gesetzt. Davon waren deutlich mehr als 1.160 Personen betroffen.[35] Ferner wurde bekannt, dass einer der Häftlinge im Gefängnis Chushur gefoltert wurde, nachdem ihn der Sonderberichterstatter für Folter besucht hatte. Jigme Gyatso, der wegen „Konterrevolution“ und „Aufhetzung zum Separatismus“ zu 18 Jahren Haft verurteilt wurde, lag mehrere Wochen im Krankenhaus und kann bis heute wegen einer Beinverletzung nicht richtig gehen. Der UN-Sonderberichterstatter für Folter, der ihn am 27. November 2005 im Rahmen seines offiziellen Besuchs im nahe Lhasa gelegenen Gefängnis Chushur (chin. Qushui) traf und der seine Freilassung gefordert hatte, wurde von ICT über die Sorge um den Zustand von Jigme Gyatso informiert.[36]

2. Dokumentation besonderer Einzelfälle von Folter in Tibet

Während der vergangenen acht Jahre gab es zahlreiche Berichte über Folter an tibetischen Gefangenen, um Geständnisse zu erzwingen oder als Strafe.[37]

a. Tenzin Deleg Rinpoche

Gemeinsam mit vier anderen Mönchen wurde Tenzin Deleg Rinpoche am 7. April 2002 bei einer Polizeirazzia im Kloster Jamyang Choekhoerling in Kardze verhaftet und der Beteiligung an Sprengstoffanschlägen angeklagt. Diese Anklage wird weitgehend als frei erfunden betrachtet. Im Haftzentrum Dartsedo wurde er bis zum Beginn seines Prozesses im November 2002 acht Monate lang in Isolationshaft gehalten. Unbestätigten Berichten an Amnesty International zufolge wurde er dabei auch gefoltert oder misshandelt, indem er an Händen und Füßen gefesselt an der Decke aufgehängt wurde.[38] Die verfügbaren Berichte weisen darauf hin, dass ihm kein faires Verfahren zuteil wurde. Während offizielle Quellen behaupten, ihm seien zwei Verteidiger gestellt worden, erzählte ein Verwandter von ihm ausländischen Journalisten, dass [bei der Urteilsverkündung] „keine Anwälte zugelassen wurden“, weil die Beschuldigten als „reaktionäre Regierungsgegner“ galten.[39] Darüber hinaus durften die Anwälte, die Tenzin Delegs Bruder engagiert hatte, ihn bei seiner Berufung gegen das Urteil nicht vertreten.[40]

Amnesty International zufolge wurde Tenzin Deleg 2003 an einen geheim gehaltenen Ort verbracht. Sein gegenwärtiger Aufenthaltsort ist nicht bekannt, und es wird befürchtet, dass er auch weiterhin gefoltert wird.[41] Wegen seines Engagements für die Bildung von Nomadenkindern und wegen seiner Hilfsprojekte für alte Menschen ist Tenzin Deleg Rinpoche in seiner Heimatregion hoch angesehen.

b. Lobsang Dhondrup

Lobsang Dhondrup wurde wegen derselben Bombenanschläge angeklagt wie Tenzin Deleg Rinpoche. Er wurde vor seinem Prozess monatelang gefoltert. Die einzigen Beweise für seine Beteilung an den Anschlägen waren die offiziellen Papiere mit seinem angeblichen „Geständnis“. Am 2. Dezember 2002 wurde er zum Tode verurteilt; die Hinrichtung erfolgte am 26. Januar 2003 unverzüglich, nachdem sein Berufungsantrag abgelehnt worden war. Er wurde hingerichtet, obwohl hochrangige chinesische Regierungsvertreter den Vereinigten Staaten und Diplomaten aus der EU versichert hatten, der Fall würde eingehend geprüft werden.[42]

c. Tserang Dondrup

Tserang Dondrup wurde wegen „separatistischer Aktivitäten“ angeklagt, weil er Geld für die Verteidigung von Tenzin Deleg Rinpoche gesammelt hatte. In der Haft kam es, vermutlich infolge von Folter, zu einer weitgehenden Lähmung seiner Beine. Berichten zufolge konnte er nach seiner Freilassung weder sehen noch gehen, er konnte seine Hände nicht mehr bewegen und litt an derart starken Sprachstörungen, dass ihn andere Menschen kaum verstehen konnten.[43]

d. Tsultrim Dargye (Tsuldi) und Drime Gyatso

Tsultrim Dargye und Drime Gyatso, zwei Mitarbeiter von Tenzin Deleg, wurden im August 2002 ebenfalls verhaftet, nachdem sie versucht hatten, Geld für die Berufung von Tenzin Deleg zusammenzutragen. Beide wurden im Gefängnis schwer geschlagen. Einer Quelle zufolge litt Tsultrim Dargye nach seiner Entlassung an Nierenproblemen.[44]

e. Zahlreiche Mitarbeiter von Tenzin Deleg wurden verhaftet oder sind verschwunden

Es wird befürchtet, dass zahlreiche weitere Personen, die im Zusammenhang mit der Verhaftung von Tenzin Deleg Rinpoche verhaftet wurden oder verschwunden sind, ebenfalls gefoltert wurden. Unter ihnen sind Taphel, Didi, Choetsom und Pasang, Tsultrim Dargye und Tamdrin Tsering, Tenpa Rabgyal, Thubten Sherab und Pasang.[45]

f. Folter in Zusammenhang mit der Seßhaftmachung von Nomaden

Ferner liegen Berichte über Folter im Zusammenhang mit der erzwungenen Umsiedlung tibetischer Hirten in Gansu, Qinghai, Sichuan und der Autonomen Region Tibet vor. 1999 begann China mit der Kampagne für die „Entwicklung des Westens“. Im Verlauf dieser Kampagne wurde zahlreichen tibetischen Bauern ihr Land genommen und viele Hirten wurden umgesiedelt, um den Weg für Bergbau, Infrastrukturprojekte und städtische Entwicklung zu ebnen. Sie alle erhielten nur minimale finanzielle Entschädigungen. Daraus resultierten gewalttätige Konflikte, in deren Verlauf im April 2004 drei Personen aus Qinghai ums Leben kamen.[46] Im August 2005 wurden fünf Männer verhaftet und im PSB-Haftzentrum des Bezirks Derge festgehalten, bei denen es sich um die angeblichen „Rädelsführer“ der Proteste von Nomaden aus Manigango handelte. Diese hatten sich gegen den Bau eines Schlachthofs in Derge gewandt. Die fünf Verhafteten konnten keinen Kontakt mit ihren Angehörigen aufnehmen und sie hatten keinen Zugang zu Anwälten oder zu medizinischer Versorgung. Einer von ihnen, ein Mann namens Soepa, wurde aus der Haft entlassen, nachdem er erblindet war, vermutlich weil man ihn geschlagen und ohne ärztliche Versorgung gelassen hatte.[47]

g. Folter von verhafteten Jugendlichen

Um den 7. September 2007 herum wurden im Bezirk Xiahe (Labrang), TAP Gannan, Provinz Gansu, ungefähr 40 Kinder von der Polizei verhaftet, weil sie pro-tibetische Unabhängigkeitsparolen auf die Wände geschrieben hatten. Wie Augenzeugen berichteten, waren vier Jungen aus einer siebenköpfigen Gruppe mit Blutergüssen bedeckt und benommen, einer von ihnen wurde nachts abgeholt und als er morgens wieder in die Zelle zurückkehrte, war er offenbar geschlagen worden und konnte nicht sprechen.[48] Journalisten zufolge handelte es sich bei den Betroffenen um 14-15jährige Schüler, die aus Nomadenfamilien stammten. Einer davon wurde bei seiner Verhaftung oder in der Haft so sehr geschlagen, dass er stark blutete. Die Polizei weigerte sich, dem verletzen Jugendlichen ärztliche Behandlung zukommen zu lassen. Ferner verweigerten die Behörden Angaben über den Aufenthaltsort der Schüler, ja sogar die Bestätigung, dass diese überhaupt verhaftet wurden.[49]

Amnesty International zufolge wurden Jugendliche, die im September 2006 von China nach Nepal fliehen wollten, mit Gummiknüppeln und Elektrischen Schlagstöcken verprügelt.[50] Sie gehörten zu der Flüchtlingsgruppe, mit der auch die 17jährige Nonne Kelsang Namtso unterwegs war, die von chinesischen Grenztruppen erschossen wurde. Dieser Vorfall wurde von einem rumänischen Kameramann gefilmt und ging um die ganze Welt. Ein namentlich nicht bekannter tibetischer Jugendlicher könnte ebenfalls ums Leben gekommen sein, als die chinesischen Grenztruppen am Nangpa-Pass das Feuer auf die unbewaffneten Tibeter eröffneten.[51] In der offiziellen Erklärung aus Peking hieß es, bei den Schüssen hätte es sich um „normalen Grenzschutz“ gehandelt und die Soldaten hätten in „Selbstverteidigung“ gehandelt (Xinhua, 12. Oktober 2006). Diese Behauptung wird jedoch durch das Video und die Aussagen der Bergsteiger, die Zeugen des Ereignisses wurden, widerlegt. Die Bergsteiger hielten sich im Basecamp des Cho Oyu auf, von wo aus man den gesamten Nangpa-Pass im Blick hat.[52]

h. Zahlreiche weitere Fälle von Folter

In seiner eidesstattlichen Erklärung vom Juli 2006 gab Tenzin Tsundue an: „Viele Gefangene [im Drapchi-Gefängnis, dem bekanntesten Gefängnis in der Autonomen Region Tibet (TAR)] wurden so lange geschlagen, bis sie tot waren, mit elektrischen Schlagstöcken oder psychisch gefoltert, vergewaltigt oder mit Schlaf- und Nahrungsentzug gequält. Wenn Gefangene gebrechlich wurden oder auf den Tod erkrankten, wurden sie aus ‚medizinischen Gründen’ entlassen.“[53]

In dem Bericht, der im Anschluß an den Besuch des UN-Sonderberichterstatters Manfred Nowak im TAR-Gefängis am 27. November 2005 veröffentlicht wurde, ist ebenfalls von Folter die Rede. Der Sonderberichterstatter wurde bei seinem Besuch darüber informiert, dass praktisch alle Häftlinge ihre Verbrechen gestanden hätten. Wie dabei betont wurde, ließ man denjenigen, die noch nicht gestanden hätten, spezielle Erziehungsmaßnahmen angedeihen. Dem Sonderberichterstatter wurde eine Liste mit den Namen von 15 Gefangenen vorgelegt, die in der Haft gestorben sind – einer durch Selbstmord und die restlichen an Krankheit. Keiner der Häftlinge, mit denen der Sonderberichterstatter sprechen konnte, gaben an, gefoltert worden zu sein, aber der Sonderberichterstatter erhielt Berichte ehemaliger Drapchi-Häftlinge, die in anderen Haftanstalten untergebracht waren, in denen sie erklärten, sie seien gefesselt und sowohl mit sandgefüllten Plastikrohren als auch mit elektrischen Schlagstöcken geschlagen worden.

Die meisten Häftlinge, mit denen der Sonderberichterstatter sprechen wollte, waren am 12. April 2005, also sechs Monate zuvor, in das neu erbaute Gefängnis Chushur (chin. Qushui) verlegt worden, von dessen Existenz der Sonderberichterstatter bei seiner Besprechung mit der Leitung des TAR-Gefängnisses nicht informiert wurde.[54]

Berichten zufolge, die ICT vorliegen, sind die Zustände im Gefängnis Chushur (Qushui) noch schlimmer als die im berüchtigten Gefängnis Drapchi.[55] Sonam Dorjee, der heute im Exil lebt, wurde im Februar 2005 von Drapchi nach Chushur verlegt. Er gehörte einer Gruppe von fünf tibetischen Bauern an, die 1992 anlässlich der Proteste gegen die chinesische Politik in der Zeit, die auf das Kriegsrecht, unter dem Tibet vom März 1989 bis Mai 1990 stand, schon einmal verhaftet und gefoltert worden waren. 1992 unterbrachen er und zwei weitere tibetische Bauern eine Gemeindeversammlung, um gegen die Auswirkungen der chinesischen Tibetpolitik und den Zustrom von Chinesen in ihre Region zu protestieren. Sie schwenkten dabei eine selbst gemachte tibetische Nationalflagge und ein Transparent mit der Aufschrift „Unabhängigkeit für Tibet“. Die „Schneelöwen-Flagge“ ist in Tibet verboten.

Zuerst wurden er und andere Gefangene ins Gefängnis Gutsa gebracht. Dort wurde Sonam Dorjee gefoltert: „Auf Befehl der Wachen musste ich mich auf einen Stuhl stellen, der sich in der Mitte des Raumes befand. Sie fesselten meine Daumen mit einem dünnen Nylonseil, das von der Decke hing. Sie stießen den Stuhl, auf dem ich stand, unter mir weg, so dass ich nur noch an diesem Seil hing, und dann prügelten sie auf mich ein…“[56] Sonam Rinchen, ein junger Bauer, der zusammen mit Sonam Dorjee verhaftet wurde und der 1999 verstarb, wurde im Gefängnis mit Elektroschocks gefoltert, indem man an jedem seiner Fingernägel einen Draht anbrachte. Sonam Dorjee erklärt: „Man hat dabei das Gefühl, dass einem die Haut vom Fleisch gezogen wird.“[57]

Später wurde Sonam Dorjee ins TAR-Gefängnis verlegt, wo er Zeuge wurde, wie einer seiner Mithäftlinge mit elektrischen Schlagstöcken gefoltert wurde.[58] 1998 erkrankte Sonam Dorjee schwer. Die Behörden befürchteten, er könnte in der Haft sterben und so entließen sie ihn nach Hause.[59] Im November 2000 wurde er jedoch wieder im TAR-Gefängnis inhaftiert, wo man ihn schwer schlug und in Einzelhaft steckte.[60]

Im Februar 2005 wurde Sonam Dorjee ins Chushur (Qushui) Gefängnis verlegt. Seinem Eindruck nach waren die Überwachungsmaßnahmen dort noch strenger als in Drapchi und die Haftbedingungen noch bedrückender.[61] „Unsere Zelle war mit Überwachungskameras und einem Aufnahmegerät ausgestattet und die Toilette befindet sich in der Zelle. Es ist das schlimmste Gefängnis, das ich jemals gesehen habe.“[62]

Politische Gefangene, die als umerziehungsresistent eingestuft werden, dürfen in Chushur entweder gar keinen Besuch bekommen oder nur ganz kurz und sie sitzen häufig gefesselt in Zellen mit kaum oder gar keinem Tageslicht.[63] Verschiedenen Berichten zufolge werden Neuankömmlinge bei Verhören generell gefoltert und Häftlinge in Einzelhaft werden mit schweren Ketten gefesselt.[64] Ferner ist bekannt, dass Besuchern Listen ausgehändigt werden, auf denen alles aufgeführt ist, was sie die Gefangenen nicht fragen dürfen.[65]

i. Kelsang Gyatso

Wie Human Rights Watch berichtete, verstarb im Jahr 2001 ein junger tibetischer Mönch Anfang Zwanzig nach kurzer Inhaftierung. Er und ca. zwanzig weitere Mönche hatten versucht, nach Indien zu gelangen. In der Haft bekam Kelsang Gyatso schweres Kopfweh, wurde inkontinent und musste sich erbrechen, aber er erhielt keine medizinische Versorgung.[66]

j. Phuntsog Nyidron

Phuntsog Nyidron wurde im Februar 2004 aus der Haft entlassen. Sie war die am längsten inhaftierte weibliche tibetische politische Gefangene. 1989 wurde sie in einem nichtöffentlichen Prozess verurteilt, weil sie friedlich demonstriert hatte. In der Haft wurde sie geschlagen und gefoltert.[67]

k. Zahlreiche weitere Gefangene

In den acht Jahren seit Chinas „Drittem Periodischem Bericht“ wurden zahlreiche weitere bestätigte Berichte über Folter an tibetischen Häftlingen erfasst.[68]

C. Chinas Rechtssystem hat beim Verbot der Folter versagt

1. Keine Umsetzung der Folterkonvention bei Justizreformen

Als Folter wird „jede Handlung bezeichnet, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden… wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder von einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis zugefügt werden.“[69]

Die Konvention gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder herabwürdigende Behandlung oder Bestrafung (im folgenden als „Folterkonvention“ bezeichnet) verpflichtet jeden Unterzeichnerstaat, diese Definition von Folter in sein Strafrecht zu integrieren.[70] 1996 brachte das UN-Komitee gegen Folter (im folgenden „Komitee“) seine Betroffenheit über „das Versagen Chinas bei der Einbeziehung der Folter in sein nationales Rechtssystem“ zum Ausdruck.[71] China behauptet in seinem „Dritten Periodischen Bericht“, dieser Mißstand sei mit der Überarbeitung des Strafrechts von 1997 beseitigt worden.[72] Wie schon in unserem Bericht vom April 2000 festgehalten, ist im gesamten Strafrechtskodex von 1997 nur zweimal von Folter die Rede: In Artikel 247, der Justizbeamten untersagt, Geständnisse durch Anwendung von Folter zu erzwingen, und in Artikel 248, der besagt, dass Aufsichts- und Führungspersonal in Gefängnissen, Haftzentren und anderen Haftinstitutionen, welche die Insassen schlagen oder körperlich misshandeln, in schwerwiegenden Fällen zu maximal drei Jahren Haft verurteilt werden können.[73]

Die juristische Reichweite dieser beiden Regelungen ist viel zu begrenzt. Artikel 247 und auch jedes andere Gesetz und jede andere Rechtsvorschrift verbieten Folter nur dann, wenn dadurch Geständnisse erzwungen werden sollen. Folter kann jedoch viele andere Zwecke verfolgen – zum Beispiel Bestrafung oder Erzeugung von Angst – und diesen Zwecken scheinen die meisten Foltervorfälle in Tibet zu dienen. Ferner untersagt Artikel 247 nur die Folter durch „Justizbeamte“, Die in Artikel 248 fixierte Strafandrohung von maximal drei Jahren für „Aufsichtspersonen“, die Gefangene misshandeln, gilt nur für „schwere“ Fälle, die jedoch nicht genauer definiert werden. Daher entspricht keiner der beiden Artikel Chinas Verpflichtung zur Abschaffung aller Formen von Folter.[74]

2. Maßnahmen zur Erfüllung der Konvention seit dem Erscheinen des Dritten Periodischen
Berichts

In seinem „Vierten Periodischen Bericht“ vom 27. Juni 2007, der dem UN-Komitee gegen Folter („Vierter Bericht“) vorgelegt wurde, behauptet China bezüglich der Umsetzung von Teil 1 der Konvention seien seit der Vorlage des Dritten Berichts im Jahr 1999 Maßnahmen ergriffen und Fortschritte erreicht worden. Der Bericht enthielt eine „auf die Bedenken des Komitees bezogene detaillierte Aufstellung über die Umsetzung der Konvention durch China“.[75] Diese Liste der „getroffenen Maßnahmen“ und die „detaillierte Einführung“ stellen jedoch keine nennenswerte Verbesserung der inadäquaten Vorschriften gegen Folter in der Neufassung des Strafrechts von 1997 dar. Tatsächlich erfüllt keine der legislativen, administrativen oder juristischen Maßnahmen, die im Vierten Bericht beschrieben werden, Chinas Verpflichtungen unter der Folterkonvention.

Ein großer Teil des Vierten Berichts wiederholt Bestimmungen der chinesischen Verfassung und des Strafrechts von 1997, die schon sehr ausführlich im „Dritten Periodischen Bericht“ dargestellt wurden und die dem Spruch des Komitees zufolge den Anforderungen der Folterkonvention nicht genügten.[76] Zum Beispiel zitiert der Vierte Bericht die Artikel 247 und 248 der Neufassung des Strafrechts von 1997 hinsichtlich der Vorschriften und Strafandrohungen im Zusammenhang mit Folter zur Erzwingung von Geständnissen. Diese Artikel beziehen sich jedoch nur auf Folter durch Justizbeamte, Polizisten oder andere in Haftanstalten tätige Beamte. Die Folterkonvention verbietet jedoch ganz eindeutig jegliche Art von Folter durch alle Personen in öffentlicher Funktion. Diese Bestimmung wurde im chinesischen Rechtssystem noch immer nicht in der von der Folterkonvention geforderten Weise umgesetzt. Infolgedessen wurden Hunderte von Tibetern sowohl von paramilitärischen Kräften gefoltert, die nach chinesischem Recht vermutlich nicht einmal vor Gericht gestellt werden können, als auch von gewöhnlichen Straftätern, die von Gefängnisbeamten dazu angestiftet wurden.[77]

Die Paragraphen 94-109 des Vierten Berichts beschreiben die Anstrengungen der chinesischen Regierung, Folterfälle „fair und unverzüglich“ zu untersuchen, wie es die Verfassung und die Artikel 247 und 248 des Strafrechts von 1997 vorschreiben.[78] Paragraph 122 des Vierten Berichts befasst sich mit Artikel 43 des Strafrechts von 1997, der vorsieht: „Das Erzwingen von Geständnissen und die Beschaffung von Beweisen durch Drohungen, Druck, Täuschung oder andere unrechtmäßige Mittel ist streng verboten“. In Artikel 265 der Strafprozessordnung über die Volksprokuraturen [ungefähr vergleichbar der Staatsanwaltschaft] heißt es, mittels Folter oder Drohungen erlangte Geständnisse von Verdächtigen oder Aussagen von Opfern oder Zeugen seien für „Anschuldigungen“ nicht verwertbar.[79] Ferner wird im Zirkular zum strengen Verbot der Verwendung von durch Folter erzwungenen Geständnissen als Grundlage für Strafverfahren vom Januar 2001 angeordnet, dass sich „alle Ebenen der Staatsanwaltschaft streng an das Verbot von Folter zur Erlangung von Geständnissen zu halten und die entsprechenden Rechtsvorschriften uneingeschränkt umzusetzen haben“[80]. Weiter heißt es im Vierten Bericht: „Die Oberste Volksprokuratur bittet die Staatsanwaltschaften auf allen Behördenebenen um die strikte Befolgung der rechtlichen Bestimmungen…“ (Hervorhebung nachträglich hinzugefügt).[81]

Wie ihren Namen zu entnehmen ist, ist die Mehrzahl dieser Bestimmungen vor der Veröffentlichung des „Dritten Periodischen Berichts“ in Kraft getreten und wurde vom Komitee als zur Verhinderung von Folter ungeeignet verworfen. Artikel 265 verbietet lediglich unter Anwendung von Folter erlangte Geständnisse und Aussagen von Opfern und Zeugen als Grundlage für „Anschuldigungen“ zu verwenden – was ein weites Spektrum von Möglichkeiten für die Verwendung derartiger Geständnisse offen lässt.[82] Darüber hinaus enthält der Vierte Bericht keine Hinweise darauf, ob und wie dieses Folterverbot in der Praxis umgesetzt werden soll. Tatsächlich belegen die oben aufgeführten Beweise für Folter im Zusammenhang mit den Ereignissen in Tibet seit März 2008 ganz eindeutig, dass die im chinesischen Strafrecht von 1997, in der  Strafprozessordnung und den Verfahrensvorschriften für Strafverfahren festgelegten Bestimmungen gegen Folter in Tibet bzw. hinsichtlich der Verhaftung und Anklage von tibetischen Verdächtigen und Zeugen nicht in die Praxis umgesetzt wurden.

Im Vierten Bericht sind zahlreiche weitere strafrechtliche Regelungen aufgeführt, die zur Verhinderung von Folter zur Erlangung von Geständnissen dienen sollen. Paragraph 123, Artikel 181 der Verfahrensvorschriften für Verwaltungsbelange der Organe für öffentliche Sicherheit besagt: „Die Anwendung von Folter, um bei Verhören Geständnisse zu erlangen, oder von Drohungen, Täuschung oder anderen illegalen Mitteln ist streng verboten.“ In Artikel 26 der Verfahrensvorschriften für Verwaltungsbelange der Organe für öffentliche Sicherheit heißt es: „Die Anwendung von Folter, um bei Verhören Geständnisse zu erlangen, oder von Drohungen, Täuschung oder anderen illegalen Mitteln ist streng verboten.“[83] Offenbar ist mit keiner dieser Vorschriften eine Strafandrohung bei Zuwiderhandlung verknüpft. In Anbetracht der aktuellen oben aufgeführten Beweise über den weitverbreiteten Einsatz von Folter nach der Niederschlagung der Proteste in Tibet ist es klar, dass diese Vorschriften nicht befolgt werden.

In Paragraph 129 des Vierten Berichts von 2001 heißt es, das Ministerium für Öffentliche Sicherheit hätte Verhaltensrichtlinien für in Haftanstalten tätige Volkspolizisten veröffentlicht. Diese würden explizit verlangen, dass Volkspolizisten Gefangene weder selbst schlagen, noch andere dazu aufhetzen und keine Folter anwenden dürften, um Geständnisse zu erzwingen. Ferner seien ihnen Körperstrafen oder sonstige grausame und herabwürdigende Handlungen gegen Gefangene untersagt. Auf der Grundlage der Berichte über die Ereignisse in Tibet seit Anfang März 2008 kann hierzu wiederum nur bemerkt werden, dass diese Vorschriften, zumindest was tibetische Häftlinge betrifft, nicht befolgt werden.

3. Die meisten der übrigen neuen Maßnahmen gehen nicht wirklich auf die Folter ein

Die meisten der übrigen Maßnahmen, die auf die Anwendung von Folter zu sprechen kommen, beziehen sich auf allgemeine Schutzbestimmungen der Menschenrechte in Verbindung mit der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung. So sieht zum Beispiel ein Zusatz zum Art. 33 der Verfassung von 2004 allgemein vor, dass „der Staat die Menschenrechte respektiert und schützt[84]; das Gesetz der Chinesischen Volksrepublik über Disziplinarmaßnahmen gegenüber Mitarbeiter der Öffentlichen Sicherheit von 2005 gibt vor, einen fairen und effizienten Strafvollzug dadurch zu fördern, dass es der Polizei verbietet, Straffällige „zu schlagen, zu misshandeln oder zu beleidigen“, und den besonderen Schutz von Jugendlichen unter 18 Jahren, Personen über 70 Jahren, schwangeren und stillenden Frauen mit Kindern unter einem Jahr vorsieht.[85] Der Art. 16 der Verwaltungsmaßnahmen zur Unterstützung von Nichtsesshaften und Bettlern ohne ausreichende Lebensgrundlage in den Städten verbietet ebenso, sich „Freiheiten mit Frauen herauszunehmen“, wie er auch das Schlagen oder die Misshandlung derjenigen untersagt, die Unterstützung erhalten.[86] Alle diese Bestimmungen tragen aber nichts dazu bei, dass die präzise Definition der Folter in Chinas Strafgesetzbuch aufgenommen wird, wie von der Folter-Konvention gefordert.

Ebenso wird in Paragraph 19 der 2001 von der Obersten Volksprokuratur herausgegebenen Mitteilung über das strikte Verbot des Gebrauchs von durch Folter von Verdächtigen erpressten Geständnissen zur Entscheidungsfindung bloß gefordert, dass „die Volksprokuratoren auf allen Ebenen eine gerechte und humane Strafvollzugskultur zu etablieren und dem Gebrauch der Folter zu Erpressung von Geständnissen endgültig ein Ende zu setzen hätten“.[87] Obgleich alle diese Forderungen rechtsverbindlich formuliert sind („Sie müssen, was das Verbot von Folterung, um Geständnisse zu erlangen, betrifft, die relevanten gesetzlichen Bestimmungen genau beachten“)[88], enthält die die Mitteilung keine offensichtliche Strafandrohung für den Fall der Zuwiderhandlung.

Andere Maßnahmen, die das Verbot der Folter fördern, die sich in Chinas Viertem Bericht finden, schließen Folgendes ein: die Standardisierung der Unterlagen bei der Verhaftung[89]; zu dem Zweck erlassene Verordnungen, dass die Aufsichtsorgane des Volkes gegen durch Folter erpresste Geständnisse Einwände erheben können; Bildungsprogramme, Untersuchungsverfahren, Videokonferenzen, Modelle einer möglichen Praxis und andere „Korrekturmaßnahmen“, um das (implizit eingestandene) Problem der Folter im chinesischen Strafvollzugssystem in den Griff zu bekommen[90]; und die Erklärung des Obersten Volksgerichtes, dass das „Leitthema“ für die Arbeit des Obersten Volksgerichtes im 21. Jahrhundert „Fairness und Effizienz“ sein müsse.[91]

„Fairness in Gerichtsverfahren zu fördern, erfordert unweigerlich die Bestrafung und Abschaffung jeglicher Anwendung von Folter zur Erpressung von Geständnissen, des Einsatzes von Gewalt zur Erlangung von Geständnissen und anderer Handlungen, die ernsthaft die Menschenrechte von kriminellen Handlungen Verdächtigter und deren Verteidiger verletzten und der Fairness von Gerichtsverfahren zuwiderlaufen.“[92] Die Standardisierung von Haftunterlagen, die Gewährung des Einspruchsrechtes für den Aufsichtsbeauftragten des Volkes, Programme zur Hebung des Bildungsstandards, und Leitthemen mögen teilweise dem Auftrag der Konvention gegen Folter entsprechen, sicherzustellen, dass Bildung und Information im Hinblick auf das Verbot von Folter in Fortbildungsprogramme für „Vollzugsbeamte, zivile oder militärische Beamte, medizinisches Personal, Angestellte des öffentlichen Dienstes und alle anderen mit Aufsicht, Vernehmung oder Behandlung von Festgenommenen befasster Personen aufgenommen werden“[93]. So erfüllen alle diese Maßnahmen mitnichten die sich für China aus der Folterkonvention ergebenden Verpflichtung, alle Formen der Folter aktiv und wirksam zu unterbinden.

Darüber hinaus und ungeachtet der Durchführung eines „Korrekturprogramms“ und von „Untersuchungsaktivitäten“, die „auf allen Gebieten machtvoll dazu ermutigen sollten, das begonnene Werk der Beseitigung von Folter zur Erpressung von Geständnissen durch Folter fortzusetzen“ und einer Ermahnung, in solchen Fällen von Folter unverzüglich „in Übereinstimmung mit dem Gesetz“ und ganz besonders in Fällen, die zum Tod oder der Verletzung der beteiligen Parteien geführt haben“, „in Übereinstimmung mit dem Gesetz“ eine „strenge Bestrafung“ herbeizuführen[94], erfüllt keine der genannten Vorsichtsmaßnahmen Chinas Verpflichtungen durch die Folterkonvention. Es ist sehr aufschlussreich, wie alle diese angeblichen Vorsichtsmaßnahmen verfehlten, im Anschluss an die Demonstrationen am 11. März 2008 die weitverbreitete Folterung von Tibetern zu verhindern.

Paragraph 120 von Chinas Viertem Bericht stellt fest, dass Artikel 5 der „Maßnahmen zur administrativen und strafrechtlichen Entschädigung“ eine Entschädigung für Folteropfer durch Justiz- und Verwaltungsorgane vorsieht. Der Vierte Bericht enthält jedoch keine statistischen Angaben über die Anzahl der Fälle seit dem Jahr 2000, in denen eine derartige Entschädigung jemals an ein Folteropfer in China, geschweige denn in Tibet gezahlt wurde.

4. Keinerlei statistische Belege für die Beseitigung der Folter tibetischer Häftlinge

Schließlich werden in Chinas Viertem Bericht (Fourth Report) Statistiken zitiert, die einen Rückgang bei den Gesamtzahlen von Fällen beweisen sollen, in denen staatliche Bedienstete ihre Amtsgewalt missbrauchten (was einen Missbrauch durch Verwendung der Folter zur Erpressung von Geständnissen und die Anwendung von Gewalt zur Erlangung von Zeugenaussagen mit einschließt). Nach diesen Statistiken ist die Anzahl der Fälle strafrechtlicher Anklageerhebung wegen des Einsatzes der Folter zur Erpressung von Geständnissen von 143 im Jahr 1999 auf einen Tiefstand von 52 in 2003 und 53 in 2004 zurückgegangen, was das letzte Jahr ist, über das berichtet wird.[95] Wie bereits im Vorhergehenden festgestellt, ist gemäß dem chinesischen Strafgesetzbuch nur den „Justizbeamten“ der Einsatz der Folter untersagt. Deshalb kann nicht geleugnet werden, dass die Anzahl der Leute, die die Folter einsetzen, um Geständnisse zu erpressen, wesentlich höher liegt als die in den Statistiken enthaltenen. Darüber hinaus weist keine der Statistiken über die Zahlen von Anklageerhebungen wegen des Einsatzes von Folter zur Erpressung von Geständnissen oder die Misshandlung von Insassen der Haftanstalten irgendeine geographische Aufschlüsselung auf. Weshalb es unmöglich ist herauszubekommen, ob überhaupt Klagen wegen der Anwendung von Folter zur Erpressung von Geständnissen in Tibet oder im Zusammenhang mit tibetischen Gefängnissen oder Häftlingen seit 1999 erhoben wurden.

Ebenso beschreibt Paragraph 117 von Chinas Viertem Bericht (Fourth Report) einen Rückgang bei den Fällen von Menschenrechtsverletzungen, bei denen es um Folter durch das Personal staatlicher Organe ging. Der Vierte Bericht (Fourth Report) stellt fest, dass die Anzahl der Leute, die auf Grund des Einsatzes von Folter zur Erpressung von Geständnissen verurteilt wurden, in der Zeit von 1999 bis 2002 von 178 auf 44 zurückging, um dann wieder bis 2004 auf 82 anzusteigen, dem letzten Jahr für das Statistiken erstellt wurden.[96] Wieder einmal ist keine dieser Statistiken zuverlässig, weil nach den 1997 erlassenen chinesischen Strafgesetzen Folter nur strafbar ist, wenn sie zur Erpressung von Geständnissen angewandt wird, und sogar dann nur bestimmte Täter bestraft werden und dies auch nur, wenn die Fälle „ernsthaft“ sind, was eine Menge Möglichkeiten offen lässt, Folter straffrei anzuwenden. Darüber hinaus ist keine der Statistiken geographisch spezifiziert. Deshalb ist es unmöglich, festzustellen, ob irgendwer in Verbindung mit Anwendung von Gewalt zur Erpressung von Geständnissen oder Zeugenaussagen von tibetischen Häftlingen verurteilt wurde.

5. Für inhaftierte Tibeter kein gültiges Recht auf einen Verteidiger

Der Vierte Bericht (Fourth Report) führt die folgenden Reformen an, die sich mit dem Recht auf einen Verteidiger beziehen.

a. Die Paragraphen 13-14 zitieren das Gesetz der Volksrepublik China zur Vermeidung jugendlicher Delinquenz, das angeblich „jugendlichen Straftätern“ unter 18 Jahren bestimmte Rechte garantiert. Diese Rechte schließen das Recht auf einen Rechtsbeistand, „im Allgemeinen“ das Recht auf ein nicht-öffentliches Verfahren vor dem Jugendgericht, das Recht auf den Schutz der Privatsphäre und auf die Verbüßung der Freiheitsstrafe getrennt von Erwachsenen und das Recht auf Weiterbildung mit ein.[97] Keine der Bestimmungen des Gesetzes zur Vermeidung jugendlicher Delinquenz untersagt oder erwähnt auch nur die Anwendung von Folter im Zusammenhang mit der Inhaftierung von Jugendlichen. Statt dessen erklärt der Bericht: „Diese Klauseln sind von Vorteil zur Vermeidung der Anwendung von Folter... bei Jugendlichen.“[98] Wie aus Berichten Jugendlicher, die seit Anfang März 2008 in Tibet geschlagen und gefoltert wurden, hervorgeht, wurde im Hinblick auf inhaftierte jugendliche Tibeter keines dieser Gesetze und auch keine dieser Bestimmungen beachtet.

b. Paragraph 15, der sich auf die Verordnungen über rechtlichen Beistand („Verordnungen“) bezieht, schreibt ohne weitere Durchführungsbestimmungen „den Anwendungsbereich, die Kriterien und die Einsetzung eines Rechtsbeistand ebenso vor, wie die Rechte und Pflichten der verschiedenen mit rechtlichem Beistand befassten Parteien und ihre gesetzliche Verantwortung.“

c. Paragraph 21, der sich auf die Verordnungen über die Volksprokuraturen zur Sicherung der gesetzmäßigen Praxis von Rechtsanwälten in Strafverfahren bezieht, erklärt die Stärkung der Stellung des Verteidigers in Strafverfahren zu seinem Ziel, damit die Rechte krimineller Handlungen Verdächtigter geschützt werden, was das Recht, nicht gefoltert zu werden, mit einschließt.[99] Wie unten angemerkt, straft die jüngste Aktion der chinesischen Regierung, die Erneuerung der Lizenzen von Anwälten, die sich für die Vertretung von Tibetern im Zusammenhang mit politischen Straftaten einsetzten, zu hintertreiben, die Glaubwürdigkeit jeglicher von der chinesischen Regierung anderweitig unternommener Maßnahmen zur Sicherung des Rechtes auf anwaltlichen Beistand Lügen.

d. Höchst eindrucksvoll beschreibt der Paragraph 146 die Bestimmungen in Chinas Strafgesetzbuch in der Weise, dass, außer in Fällen, wo „Staatsgeheimnisse“ involviert sind, die krimineller Handlungen Verdächtigten und Angeklagte in Untersuchungshaft nicht um eine Erlaubnis bitten müssen, um Hilfe von einem Anwalt zu erhalten. Ein Bericht über Menschenrechte in China von 2007 („HRIC“) schildert Chinas System der Staatsgeheimnisse folgendermaßen:

„Das System der Staatsgeheimnisse ermöglicht es, große Informationsmengen zu Staatsgeheimnissen zu erklären, umfangreiche technische, polizeiliche und soziale Kontrollen durchzuführen, um den Informationsfluss zu überwachen und alles politisch im Griff zu behalten. In diesem komplexen, willkürlichen und umfassenden System kann alles und jedes zu einem Staatsgeheimnis erklärt werden, besonders durch die nachträgliche Einordnung in eine Geheimhaltungsstufe, die dieses System ermöglicht.“[100]

Das Fehlen von Bestimmungen in Chinas Strafgesetzbuch (und im chinesischen Rechtssystem überhaupt), die eine Definition von „Staatsgeheimnis“ lieferten, macht in der Tat jedes beabsichtigte Recht auf einen Rechtsbeistand, vor allem bei Fällen, in denen es um politische Gefangene geht – wie es die meisten inhaftierten Tibeter sind – völlig bedeutungslos.

e) Schließlich sieht der Paragraph 147 vor, daß im Falle eines „Staatsgeheimnisses“ die Zustimmung des ermittelnden Organs erforderlich ist, falls ein Straftatverdächtiger einen Verteidiger hinzuzieht. Der Bericht erläutert dies so: „Das geschieht hauptsächlich, um den reibungslosen Ablauf eines Strafprozesses zu gewährleisten und sicherzustellen, daß die betreffenden Staatsgeheimnisse nicht preisgegeben und dadurch die nationale Sicherheit gefährdet wird.“[101] Wieder einmal werden die „Staatssicherheit“ und der Schutz der „nationalen Sicherheit“ beschworen, ohne dass diese Begriffe definiert würden, um das Recht der politischen Gefangenen – und bei den meisten inhaftierten Tibetern handelt es sich ja um solche – auf eine gesetzliche Verteidigung rechtskräftig zu beseitigen. In einem ähnlichen Sinne verfügt Art. 96 der Strafprozessordnung, dass der einer Straftat Verdächtigte erst nachdem die erste Vernehmung durch das ermittelnde Organ stattgefunden hat, einen Verteidiger hinzuziehen darf.[102] Diese spezielle Einschränkung beschneidet die Wirksamkeit jeglichen Rechtes auf einen Verteidiger, das in anderen Bestimmungen des Strafgesetzbuches angeblich enthalten sein soll, erheblich.

6. „Während der „Verlängerten Haftzeiten“ besteht eine erhöhte Gefahr für die Anwendung von Misshandlung und Folter

In den Paragraphen 24-39 des Vierten Berichts werden zahlreiche zusätzliche Maßnahmen genannt „um während der verlängerten Haftzeiten Folter zu verhindern und auszuschließen“.[103] Keine dieser Maßnahmen verbietet jedoch speziell die Anwendung von Folter in Bezug auf die Inhaftierung politischer Gefangener. Haftverlängerung, besonders als „Umerziehung durch Arbeit“, wird in China praktiziert, um politische Gefangene, insbesondere Tibeter, unter Umgehung der von der Verfassung und dem Strafgesetzbuch vorgesehenen Einschränkungen, zu bestrafen und mundtot zu machen.[104]

Um auf die Reform des Systems der verlängerten Strafzeiten hinzuweisen, wird zum Beispiel in dem Vierten Bericht die Herausgabe „Bestimmter Vorschriften in Bezug auf die Verhütung und Korrektur der Haftverlängerung bei der Arbeit der Prokuraturen“ („Bestimmte Vorschriften“) 2003 hervorgehoben. Diese „Bestimmten Vorschriften“ beinhalten die Einführung neuer Richtlinien für die Bekanntgabe der zeitlichen Begrenzung für die Inhaftierung, die Berichterstattung über die Haftbedingungen, die Angabe, wann die zeitliche Begrenzung der Haftzeit erreicht wurde, regelmäßige Inspektionsberichte, Beschwerde- und Korrekturverfahren für verlängerte Haftzeiten und eine Untersuchung, wer für die verlängerte Haftzeit verantwortlich war.[105] Wo eine Untersuchung der Umstände der verlängerten Haftzeit Handlungen aufdeckt, die den Tatbestand eines Verbrechens erfüllen, wird gemäß den Vorschriften über die Verbrechen von Amtsmissbrauch und Pflichtverletzung im Strafgesetz ermittelt, wer zur Verantwortung zu ziehen ist.[106] Im Zusammenhang mit diesen „Bestimmten Vorschriften“ ist es wichtig, festzustellen, dass die Anwendung der verlängerten Haftzeiten, einschließlich der Umerziehung-durch-Arbeit, in China schon früher beanstandet wurde, besonders was die Inhaftierung von Tibetern betrifft.[107] Zahlreiche Gremien, darunter auch der Sonderberichterstatter, forderten ihre Abschaffung.[108] Statt die verlängerten Haftzeiten abzuschaffen, beabsichtigt China hingegen, durch die „Bestimmten Vorschriften“ dieses Verfahren zu legitimieren.[109]

Die Paragraphen 148 und 149 handeln von der Abschaffung der „Administrativhaft“ in Übereinstimmung mit den diesbezüglichen internationalen Standards. Was die Administrativhaft betrifft, so führt der Bericht aus: „Im chinesischen Strafgesetz gibt es keine Bestimmungen für ‚Straftaten mit geringer Strafandrohung’.[110] Straftaten, die den sogenannten ‚Übertretungen’ in den Strafgesetzbüchern anderer Länder gleichen, werden im chinesischen Recht als illegale administrative Delikte behandelt und es werden Administrativstrafen in Form von Verwarnungen, Bußgeldern oder Administrativhaft verhängt.“[111]

Schließlich behauptet der Paragraph 149, daß das chinesische Gesetz strenge Vorschriften für die Handhabung der Administrativstrafen vorsehe. Der Art. 30 legt fest: „Wo Bürger, juristische Personen oder andere Körperschaften die Verwaltungsordnung verletzen und gemäß dem Gesetz mit Administrativstrafen belegt werden sollten, müssen die Verwaltungsorgane die Tatsachen feststellen. Wenn die Umstände der Verletzung nicht klar sind, dann wird keine Administrativstrafe verhängt.“[112] Keine einzige dieser Bestimmungen über Ordnungsstrafen oder Inhaftierung wegen „politischer Vergehen“ liefert eine Garantie dafür, dass die Polizei die Gesetze respektieren wird.

7. Die Kriterien für „schwere“ Verbrechen sind vage und können Folter nicht wirksam verhindern

Nicht nur ist China seinen Verpflichtungen gemäß der Folter-Konvention nicht gerecht geworden und hat es unterlassen, alle Formen von Folter zu verbieten, es schwieg auch zu den vom dem Komitee auf die Begutachtung der bisherigen periodischen Berichte hin vorgebrachten Einwänden, besonders im Hinblick auf die fehlende Definition des Begriffes der „Schwere eines Verbrechens“ im Art. 248 des Strafgesetzbuches, das Strafen vorsieht für „Überwachungspersonal“, welches Gefangene misshandelt.[113]

Zwei strafrechtliche Interpretationen in dem Vierten Bericht beziehen sich auf dieses entscheidende Versäumnis. Die Bestimmunen zu den Kriterien über die Registrierung von Fällen, die direkt von den Volksprokuraturen angenommen, eingereicht und untersucht werden („Kriterien über die Registrierung von Fällen“) und die Kriterien für schwere und besonders schwere Fälle von Amtsmissbrauch und der Verletzung von Rechten, die von den Volksprokuraturen direkt angenommen, eingereicht und untersucht werden („Kriterien für schwere und besonders schwere Fälle“) heißt es, würden angeblich auch die Kriterien für die Einreichung von Fällen erklären, die durch Folter erpresste Geständnisse betreffen und daher eine legale Basis für die Untersuchung und Behandlung von Folterfällen liefern.[114]

Die „Kriterien über schwere und besonders schwere Fälle“, die am 6. August 1999 Gesetzeskraft erlangten, betreffen ernste Mängel der Bestimmungen (Artikel 248) des Strafgesetzes von 1997, die sich mit den Kriterien für die Definition von schweren und besonders schweren Fällen von Folter-Delikten befassen und so „eine legale Grundlage für die Untersuchung und Handhabung von Folterfällen bieten“.[115] Wie oben festgestellt, gilt der Art. 248 nur der Bestrafung „schwerer“ Fälle, doch das Strafgesetz von 1997 definiert gar nicht, was unter „schweren“ Fällen zu verstehen ist. Die „Kriterien über schwere und besonders schwere Fälle“ definieren „schwere“ Fälle folgendermaßen: „Schwere und besonders schwere Fälle sind solche, die zu einer ernsthaften Verletzung oder mentalen Störung führen… die den fünfmaligen oder noch häufigeren Einsatz von Folter zur Erpressung von Geständnissen betreffen… die ungerecht, falsch oder fehlerhaft sind… Besonders schwere Fälle sind solche, die den Tod herbeiführen… den siebenmaligen oder noch häufigeren Einsatz von Folter zur Erpressung eines Geständnisses betreffen… die Verurteilung einer unschuldigen Person zu zehn und mehr Jahren Gefängnis verursachen.“[116] Diese Definition liefert jedoch wenige oder keine sinnvollen Anhaltspunkte für die Zurechtweisung oder die Bestrafung eines der Folterung beschuldigten Beamten.

Der Paragraph 124 des Vierten Berichts stellt fest, daß am 2. Januar 2001 die Oberste Volksprokuratur ein Zirkular über das strenge Verbot der Verwendung von durch Folter erpresster Geständnisse von Straftaten Verdächtigter als Grundlage zur Ermittlung von Verbrechen herausgab. Das Zirkular „fordert, daß die Volksprokuraturen auf allen Ebenen sich streng an die gesetzlichen Vorschriften über das ausdrückliche Verbot der Verwendung von Folter zur Erpressung von Geständnissen halten müssen und die Regeln für den Ausschluss von illegalem Beweismaterial festzusetzen haben.“ Es heißt darin, dass es „keinen Spielraum“ geben darf hinsichtlich der Verwendung von Folter zur Erpressung von Geständnissen und ähnlicher illegaler Mittel zur Erlangung von Beweisen.[117] Aber wieder einmal wird in diesem Zirkular nicht deutlich gemacht, wie dieses weit gefasste Verbot durchgesetzt werden soll.

8. Todesstrafe-Statistiken werden immer noch als Staatsgeheimnis behandelt

Die chinesische Regierung gibt keine Zahlen über die Verhängung der Todesstrafe heraus. 68 Verbrechen werden allerdings damit bedroht. Obwohl die genaue Zahl der jedes Jahr vollstreckten Todesstrafen streng als ein Staatsgeheimnis gehütet wird, schätzt man, daß jedes Jahr bis zu 10.000 Menschen in China hingerichtet werden.[118] Amnesty International nannte ausgehend von öffentlich zugänglichen Daten in dem Bericht von 2008 die Zahl von 470 im Jahre 2007 vollstreckten Hinrichtungen.[119] Da die Todesstrafe-Statistiken immer noch als Staatsgeheimnis betrachtet werden, ist es äußerst schwierig, die offizielle Behauptung, daß durch die Wiedereinführung der Überprüfung von Todesurteilen durch den Obersten Gerichtshof die Zahl der Hinrichtungen zurückgegangen sei, zu verifizieren. Es wird angenommen, daß die wirklichen Zahlen weit höher liegen.[120]

Unserem Kenntnisstand entsprechend wurde kein Tibeter mehr wegen gewaltloser Delikte hingerichtet, seit im März 2000 in Lhasa bei einer öffentlichen Versammlung vor einem riesigen Publikum von 30.000 Menschen sieben Menschen hingerichtet wurden.[121] Viele Tibeter kamen jedoch im Gefängnis durch Folter und selbst vor dem März 2008 durch die Schüsse der Sicherheitskräfte bei friedlichen Demonstrationen ums Leben.[122]

Im Oktober 2004 berichtete Radio Free Asia, daß Polizisten in der Präfektur Golog in der Provinz Qinghai einen buddhistischen Geistlichen in Shetsul durch einen Schuß töteten, als dieser zusammen mit anderen Mönchen von ihnen verlangte, die Behandlungskosten für ihre im Polizeigewahrsam erlittenen Verletzungen zu übernehmen.[123] Ein 23jähriger tibetischer Bauer namens Jinpa wurde im März 2008 bei einer Protestaktion im Kreis Phenpo von chinesischen Militärpolizisten erschossen.[124] Und ein Nomade namens Choetop aus der Gemeinde Ponkor Toema fiel den Schüssen der chinesischen Sicherheitskräfte zum Opfer.[125] Ebenfalls im April 2008 kamen mindestens acht Personen im Kugelhagel der bewaffneten Volkspolizei ums Leben, die in die Menge der protestierenden Mönche und Laien des Klosters Tonghor in der Gemeinde Zithang schoß.

2004 starb Rinzin Wangyal, alias Rinwang, mit 59 Jahren im Gefängnis Pawo Tramo. Das TCHRD hatte bereits erfahren, daß sich sein Zustand infolge der ständigen Folterungen über viele Jahre drastisch verschlechtert hatte.[126] 2001 starb Ngawang Lochoe, eine 28jährige Nonne vom Sandrup Dolma Lhakang, im Gefängnis, nachdem sie neun Jahre ihrer Haftstrafe verbüßt hatte. Wegen konterrevolutionärer Propaganda und Volksaufhetzung war sie zu 10 Jahren Gefängnis verurteilt worden.[127]

Obwohl es auch vorkommt, daß Gefangene in der Haft an den Folgen der Folter sterben, entledigen sich die Behörden der weitaus größeren Zahl von Häftlingen, die in kritischem Zustand sind, und schicken sie nach Hause. Sonam Dorjee[128] schildert seine Rückkehr ins TAR-Gefängnis, nachdem er in schwerkrankem Zustand heimgeschickt worden war:

„Als ich im Gefängnis ankam, fragte mich ein Beamter, ob ich mir klar sei, welche große Fürsorge die Gefängnisleitung und der Staat mir gezeigt hätten, als ich vor zwei Jahren dem Tode nahe war… Ich antwortete, daß die Beamten mir gar keine Wohltat erwiesen hätten, als sie mich nach Hause schickten, weil ich ja dem Tode schon ins Auge blickte. Sie wollten nur nicht, daß das Gefängnis für den Tod eines Insassen verantwortlich gemacht würde. Ich sagte, ich sei gezwungen gewesen zurückzukehren, um den Rest meiner Strafe zu verbüßen, aber meine Ansichten würde ich nicht ändern. Ich weigerte mich, ein Dokument zu unterschreiben und dankte Buddha für seinen Segen. Dafür wurde ich schwer geschlagen und mit Einzelhaft bestraft.“[129]

9. Das Nicht-Vorhandensein einer unabhängigen Justiz

In unserer vorhergehenden Antwort auf Chinas „Dritten Periodischen Bericht“ legten wir ausführlich dar, daß es im chinesischen Rechtssystem für die tibetischen politischen Häftlinge keine fairen Gerichtsverfahren gibt. Einer der grundlegenden Mängel des chinesischen Justizsystems ist nach wie vor das Nicht-Vorhandensein einer unabhängigen Justiz. Die KPC bestimmt die Auswahl aller Richter und diese unterstehen wiederum der Überwachung durch die Partei. Deshalb gibt es keinerlei wirksame Überprüfung der Befugnisse von Polizei und Staatsanwaltschaft, Tibeter zu inhaftieren, zu foltern und zu bestrafen, die ebensowenig den Rechtsweg beschreiten könnten.

Wir haben guten Grund anzunehmen, daß die chinesische Regierung trotz einiger Ansätze im Hinblick auf eine bessere Ausbildung der Justizbeamten gar nicht gewillt ist, die Kontrolle der KPC über den Justizapparat zu lockern, im Gegenteil, sie verstärkt sie sogar noch. In einem Artikel vom August 2008 wird dargelegt, wie die Regierung von Präsident Hu Jintao die Loyalität gegenüber der Partei für alle Justiz- und Sicherheitsbeamten zum obersten Prinzip erklärt hat und wie sie dies durchsetzt.[130] Bei der Ausbildung von Polizisten, Staatsanwälten und Richtern scheint alleine schon die Idee der Unabhängigkeit der Justiz als unnötig und gar nicht erwünscht dargestellt zu werden.[131] Die chinesische Regierung überging bei der Besetzung des Amts des Präsidenten des Obersten Volksgerichts viele altgediente Rechtsgelehrte und erfahrene Staatsanwälte und ernannte Wang Shengjun zu dessen Präsidenten, obwohl er weder eine juristische Ausbildung vorzuweisen hat noch die geringste Erfahrung als Anwalt, Staatsanwalt oder Richter besitzt.

10. Chinesische Regierung droht Rechtsanwälten mit Disziplinarstrafen

Alle von China behaupteten Umsetzungen der Folterkonvention werden, wie aus neuesten Berichten hervorgeht, durch offizielle Drohungen gegen chinesische Rechtsanwälte unterlaufen, die verhafteten Tibetern rechtlichen Beistand angeboten hatten. Eine Gruppe von 21 Rechtsanwälten hatte einen Plan ausgearbeitet, um Tibeter vor Gericht zu vertreten. Sie wurden von den Behörden gemahnt, sich nicht in etwas einzumischen, was sie als den „Tibet-Zwischenfall“ bezeichnen. Berichten zufolge wurden Rechtsanwälte, die sich an dem Vorhaben beteiligt hatten, von den Behörden verhört, unter Überwachung gestellt und ihre Telefongespräche wurden abgehört.[132]

Die Schikanen gegenüber Rechtsanwälten haben in den letzten zwei Jahren zugenommen, das schließt die Bedrohung mit tätlichen Angriffen auf ihre Person, Einschüchterung und Überwachung der Rechtsanwälte mit ein. Zu den Behinderungen der Verfahren gehört auch der Rechtsmißbrauch.[133] Speziell der Art. 306 des Strafgesetztes sowie Art. 45 des Rechtsanwalt-Gesetzes der VR China gestatten Strafverfolgern, auf Grund von „Eidbruch“ oder „Falschaussagen“ Rechtsanwälte festzunehmen.[134] In Fällen von Staatsgeheimnissen werden Rechtsanwälten sogar noch größere Restriktionen auferlegt, insofern als Angeklagte, die ihren Rechtsbeistand treffen und Rat von ihm einholen möchten, die Zustimmung des Ermittlungsorgans benötigen. Sowohl im Gesetz über den Schutz von Staatsgeheimnissen der VR China als auch in der Bekanntmachung von 1995 des Ministeriums für Öffentliche Sicherheit und der „Nationalen Verwaltung für den Schutz der Staatsgeheimnisse“ werden die Umstände eines jeden Kriminalfalles, der sich in der Ermittlungsphase befindet, als „Staatsgeheimnisse“ klassifiziert. Das heißt, daß Strafverteidiger, besonders diejenigen, die politische Gefangene verteidigen, wie es die meisten tibetischen Häftlinge sind, Gefahr laufen, wegen der Weitergabe von Staatsgeheimnissen belangt zu werden.[135] Diese und zahlreiche andere restriktive Bestimmungen gefährden das Recht der Häftlinge auf anwaltlichen Beistand, besonders bei „Staatsgeheimnisse“ betreffenden Fällen. Somit untergraben sie alle potentiell existierenden gesetzlichen Schutzklauseln gegen den Gebrauch der Folter.

Seitdem die Regierung ab dem März des vergangenen Jahres eine Großoffensive gegen die Tibeter startete, wurden Berichten zufolge die Gerichtsprozesse unter Ausschluß der Öffentlichkeit durchgeführt, und den Tibetern wurde der Zugang zu einer sinnvollen Verteidigung, also durch Anwälte ihrer Wahl, verweigert.[136]

IV. Abschluss und Empfehlungen

Die Zentraltibetische Administration fordert das Komitee dazu auf, eine Untersuchung über die Einhaltung der Folterkonvention durch China mit besonderer Berücksichtigung von Tibet durchzuführen. In Tibet setzt China Folter flächendeckend und systematisch als Mittel der politischen Repression ein. Die „spezifischen Bedingungen in Tibet“, insbesondere dessen Status als de facto Kolonie Chinas und die anhaltende Verweigerung des Rechts auf Selbstbestimmung für die Tibeter schaffen Bedingungen, unter denen Tibeter massiv von Folter bedroht sind. Seit dem 10. März 2008 konnten wir die Konsequenzen der gescheiterten chinesischen Tibetpolitik beobachten, insbesondere in Bezug auf die Verweigerung des Rechts auf freie Religionsausübung, auf ungehinderte Meinungsfreiheit und auf wirtschaftliche Wahlfreiheit für Tibeter.

Nachdem im Laufe der Zeit in Nepal und Indien immer mehr tibetische Flüchtlinge eintrafen, die der Folter ausgesetzt waren (und die noch immer an deren traumatischen seelischen und körperlichen Folgen zu leiden haben), richtete die zentraltibetische Administration 1995 in Dharamsala ein unter der Aufsicht der Gesundheitsabteilung der CTA stehendes Rehabilitationszentrum für Folteropfer ein. Dieses Zentrum bietet medizinische und psychologische Hilfe sowie soziale Unterstützung für Folteropfer. Ferner veranstaltet es Schulungen, in denen Mitarbeiter aus dem Gesundheitsbereich der tibetischen Exilgemeinschaften lernen, wie sie Folteropfern helfen können. Das Zentrum ist gerne bereit, dem Komitee detaillierte Informationen über tibetische Folteropfer zukommen zu lassen.

Aus diesen Gründen fordert die Zentraltibetische Administration das Komitee dringend dazu auf, die anhaltende Anwendung von Folter gegen das tibetische Volk zur Sprache zu bringen, und legt ihm die folgenden Empfehlungen vor, damit der Anwendung von Folter in Tibet ein Ende gesetzt werden kann.

  • China sollte seine Gesetze so ergänzen, dass sie exakt mit der in der Konvention festgelegten Definition von Folter übereinstimmen und unmissverständlich alle Formen von Folter verbieten, ganz gleich aus welchem Grund und ungeachtet aller weiteren Bestimmungen im chinesischen Recht.

  • China sollte unverzüglich unabhängigen Menschenrechtsbeobachtern Zugang zu den chinesischen Gefängnissen und Haftzentren in Tibet gewähren und dafür sorgen, dass sie ungestört mit den Häftlingen sprechen können, um sich ein Bild über ihre Haftbedingungen und eventuelle Folterungen zu machen. Anschlussbesuche sind unabdingbar, denn es muss sichergestellt werden, dass die Gefangenen nicht mit Konsequenzen zu rechnen haben.

  • China sollte strenge und deutliche Vorschriften für Verhöre und die Verfolgung von Straftaten erlassen, um sicherzustellen, dass alle Personen, die andere foltern, strafrechtlich verfolgt und bestraft werden.

  • China sollte ausländische Unterstützung für die Schulung von Polizei-, Gefängnis- und Sicherheitspersonal sowie für die verbesserte rechtliche Unterweisung und Sensibilisierung des Justizapparats erlauben.

  • China sollte die in den Artikeln 21 und 22 festgelegte Berechtigung des Komitees anerkennen, Informationen von anderen Staaten oder von Einzelpersonen über Verletzungen der Folterkonvention entgegenzunehmen.

  • China sollte die Unabhängigkeit der Justiz respektieren, indem es die Nominierung und Aufsicht von Richtern von der politischen Kontrolle der KPC abkoppelt.

  • China sollte seine Strafprozessordnung ergänzen, damit alle Angeklagten, insbesondere diejenigen, die „politischer“ Verbrechen beschuldigt werden, ab dem Zeitpunkt ihrer Festnahme umgehend Zugang zu kompetenter anwaltlicher Vertretung erhalten.

  • China sollte die Administrativhaft ohne Anklageerhebung abschaffen und zwar ungeachtet der Schwierigkeiten bei der Beweislage oder der „komplexen“ Natur bestimmter Fälle.

  • China sollte die Verwaltungsstrafe der „Umerziehung durch Arbeit“ abschaffen, die die Behörden dazu berechtigt, bis zu drei Jahren Aufenthalt in Arbeitslagern ohne gerichtliche Überprüfung zu verhängen.

  • China sollte detaillierte Informationen über den Vollzug der Todesstrafe in Tibet vorlegen. Diese Angaben sollten getrennt von den üblichen allgemeinen Statistiken über die Todesstrafe in China ausgewiesen werden.

  • China sollte den freiwilligen Fonds für Folteropfer der Vereinten Nationen finanziell unterstützen.

  • China sollte die Folterkonvention in Tibet mittels diverser Bildungsprogramme publik machen.

  • China sollte die Tibet betreffenden Abschliessenden Bemerkungen des Komitees sowohl in tibetischer als auch in chinesischer Sprache veröffentlichen.

  • China sollte in direkte und bedingungslose Verhandlungen mit Seiner Heiligkeit dem Dalai Lama und der tibetischen Regierung-im-Exil eintreten, um in gutem Einvernehmen eine friedliche Lösung der Tibet-Frage zu erarbeiten und die Rechte des tibetischen Volkes zu schützen und zu fördern.
  • China sollte umgehend und zum frühesten möglichen Zeitpunkt einen Besuch der Hochkommissarin für Menschenrechte in Tibet arrangieren.

Ferner fordern wir das Komitee auf, folgende Initiativen in dem System der Vereinten Nationen in die Wege zu leiten:

  • In Anbetracht der besonderen Lage in Tibet und der glaubhaften Anschuldigungen von Verletzungen in allen Bereichen des Schutzes  der Menschenrechte sollte das Komitee die Berichtsausschüsse all der Vertragswerke, denen China beigetreten ist, dazu auffordern, eine Sonderarbeitsgruppe zu Tibet einzurichten.

  • Das Komitee sollte die Berichtsausschüsse der von China ratifizierten Konventionen dazu auffordern, im Rahmen ihrer Mandate mit ihm gemeinsam um ein Gutachten des internationalen Gerichtshofes über den völkerrechtlichen Status von Tibet zu ersuchen.

  • Das Komitee sollte den Sonderberichterstatter für Folter um seine Beteiligung bei den Beratungen zu Chinas „Viertem Periodischen Bericht“ ersuchen.

Fußnoten

[1] “Convention Against Torture and Other Cruel, Inhuman or Degrading Treatment or Punishment”, 10. Dezember 1984, in Kraft getreten am 26. Juni 1997, G.A. Res. 39/46 (Annex), U.N. GAOR, 39th Sess., Supp. No. 51, at 197, U.N. Doc. A/39/51 (1985).

[2] Abschließende Bemerkungen des Ausschusses gegen Folter, 19. Mai 2000, Abs. 116-122, U.N. Doc. A/55/44 (2000); Abschließende Bemerkungen des Ausschusses gegen Folter, 9. Sept., 1996, Abs. 138-50, U.N. Doc. A/51/44 (1996).

[3] Chinas Revision seiner Strafprozessordnung und seines Strafrechts von 1979, in Kraft getreten am 1. Januar 1997, bzw. am 1. Oktober 1997, siehe: Tibet Information Network, Hostile Elements: A Study of Political Imprisonment in Tibet: 1987-1998, at 6 (1999) [in der Folge TIN].

[4] Chinas revidierte Strafprozessordnung ersetzt das frühere Verbrechen der „konterrevolutionären“ Aktivitäten durch die Delikte der “Gefährdung der Staatssicherheit”, “Subversion” und des “versuchten Sturzes der Regierung”. Aber in der Praxis „blieb der zugrundeliegende Tenor des Gesetzes derselbe und wenig weist darauf hin, dass dieser Schritt etwas anderes ist, als die strafrechtlichen Begriffe den internationalen Normen anzugleichen“. Ibid. at 6 (1999). Besonders relevant für Tibet sind die Art. 102 und 106, die den Umfang der Verbrechen gegen die Staatssicherheit, dem neuen praktischen Äquivalent für „konterrevolutionäre Verbrechen“, erneut definieren und ausweiten. China verbietet eine formelle Anfrage nach den gegen politische Häftlinge vorgebrachten Anklagen, doch von den 114 Tibetern, über die TIN Gerichtsdokumente erhalten konnte, waren 83 “konterrevolutionärer” Verbrechen angeklagt worden. Siehe allgemein „Human rights in China & Human Rights Watch/Asia, China: Whose Security? State Security in China’s new criminal code (1997)”. Der Art. 103 des neuen Strafrechts befasst sich ausdrücklich mit den Verbrechen des “Separatismus”, eine Bestimmung, die “deutlich gegen die Unabhängigkeitsbewebungen und die Aktivisten in den widerspenstigen ethnischen Minderheitenregionen wie Tibet, Xinjiang und Innere Mongolei gerichtet ist“. Ibid. unter 17.

[5] Siehe allgemein: International Committee Of Lawyers For Tibet, Tibet’s Sovereignty And The Tibetan People’s Right To Self Determination (1998); International Commission Of Jurists, Tibet: Human Rights And The Rule Of Law (1997) [ICJ]; Warren Smith, Tibetan Nation (1996); Dawa Norbu, Self-determination in the Post-Soviet Era: A Case Study of Tibet, 34, 3 J. Int’l Stud. 237 (1997). Siehe auch: Tibet: The Position in International Law, Report of the Conference of International Lawyers on Issues Relating to Self-Determination and Independence for Tibet, London, Jan. 6-10, 1993 (McCorquodale, et al., eds. 1994), at 147.

[6] Siehe: Internationaler Pakt über Wirtschaftliche, Soziale und Kulturelle Rechte, 16. Dez. 1966, in Kraft getreten am 3. Januar 1976, 993 U.N.T.S. 3, art. 1(1).

[7] Siehe z.B. G.A. Res. 1732 (XVI) vom 20. Dezember 1961: „Die Vollversammlung… wiederholt feierlich ihre Aufforderung nach einer Einstellung der Praktiken, welche das tibetische Volk seiner Grundrechte und Freiheiten berauben, vor allem ihres Rechtes auf Selbstbestimmung“. Wir weisen darauf hin, dass die darauf folgende Resolution der Vollversammlung (Resolution 2079 (XX) von 1965) die Resolution 1732 „bestätigt“.

[8] Siehe Bericht von International Campaign for Tibet, ”Tracking the Steel Dragon: How China’s Economic Policies and the Railway are transforming Tibet”, www.savetibet.org.

[9] Bericht von der International Campaign for Tibet (ICT), August 6, 2008: “Tibet at a Turning Point: The Spring Uprising and China’s New Crackdown” (ICT: Tibet at a Turning Point) S. 5, 7.

[10] ICT, “Tibet at a Turning Point”, S. 5-6, 19-23, 25-29, 66, 68, 73. Augenzeugenberichte unter: “ICT Tibet at a Turning Point”, S. 50-61.

[11] ICT, “Tibet at a Turning Point”, S. 2, 50-61, 70.

[12] http://www.stoptibetcrisis.net

[13] IbIbid.

[14] IbIbid. SS. 30-32.

[15] IbIbid. SS. 31-32.

[16] IbIbid. S. 46.

[17] IbIbid. S. 46.

[18] IbIbid. S. 16.

[19] IbIbid.

[20] HRW: China and Tibet: “China’s Forbidden Zones”: Shutting the Media out of Tibet and Other “Sensitive” Stories (2008) at p. 44, zitiert wird Nicholas D. Kristof, “The Terrified Monks,” in The New York Times (New York), May 16, 2008.  S. auch ICT Report auf SS. 85-86.

[21] IbIbid. S. 60.

[22] IbIbid. S. 75.

[23] IbIbid. S. 76.

[24] IbIbid. S. 79.

[25] IbIbid. S. 81.

[26] IbIbid. S. 119.

[27] IbIbid.

[28] IbIbid. „In offiziellen Berichten ist von der Freilassung von mehr als 3.000 der mehr als 4.400 festgenommenen tibetischen “Randalierern” die Rede“, s. Congressional Executive Commission on China (“CECC”), July 9, 2008, www.cecc.org. Nach dem ICT Report, S. 119, enthält die Zahl von 4.434 Festgenommenen die in Lhasa in der TAR Inhaftierten, die der Gannan TAP in der Provinz Gansu ebenso wie die aus der Präfektur Ngaba in der Provinz Sichuan, aber nicht die aus jedem von Tibetern bewohnten Gebiet in der Volksrepublik China.

[29] IbIbid..

[30] IbIbid. S. 122.

[31] IbIbid. S. 122.

[32] Radio Free Asia (RFA): “Tibetan Monks Still Held in Qinghai,” August 28, 2008.

[33] ICT Report, SS. 132-134.

[34] Commission on Human Rights, Sixty-second Session, Item 11(a) “Civil and political rights, including the question of torture and detention: Summary of Mission Report of the Special Rapporteur on torture and other cruel, inhuman or degrading treatment or punishment, Manfred Nowak, Mission to China (“Nowak Report”) auf S. 1.

[35] Ibid. in Paragraph 41.

[36] Siehe: http://savetibet.org/news/newsitem.php?id=1065

[37] Siehe: U.S. Department of State China Country Reports on Human Rights Practices – 2004, 28 February 2005: Tibet (“der Sicherheitsapparat [in Tibet] griff zu Folter und unmenschlicher und erniedrigender Behandlung im Umgang mit einigen Festgenommenen und Häftlingen. 2003 freigelassene Häftlinge berichteten glaubwürdig, dass Vernehmungsbeamte Elektroschocks einsetzten, über verlängerte Einzelhaft, Isolationshaft, Schläge und andere Arten von Misshandlungen.”). http://www.state.gov/g/drl/rls/hrrpt/2004/41640.htm. Siehe auch: Tibetan Centre for Human Rights & Democracy (TCHRD): Kuxing: Torture in Tibet (TCHRD: Kuxing).

[38] Amnesty International (AI) “People’s Republic of China: Miscarriage of Justice? The trial of Tenzin Deleg
Rinpoche and related arrests”, AI Index: ASA 17/029/2003.

[39] Ibid., siehe: Radio Free Asia: “Tibetans were denied lawyers in bomb trial – Chinese Judge Says Men Confessed to Bombings”, 6 December 2002.

[40] Ibid. Siehe auch: Human Rights Watch (HRW), Trials of a Tibetan Monk: The Case of Tenzin Delek, February 2004, Vol. 16. no. 1 (C).

[41] Ibid.

[42] AI Index ASA 17/003/2005, 26 January 2005. Siehe auch: Human Rights Watch (HRW): Trials of a Tibetan
Monk: The Case of Tenzin Delek, February 2004, Vol. 16, No. 1 (C) (“Trials of a Tibetan Monk”), auf den Seiten 20-21.

[43] Ibid. Siehe: Human Rights Watch, “Tibetans Lost in Chinese Legal System: Activist Released, But Others Still Held”, 15 July 2003.

[44] Trials of a Tibetan Monk, S. 24.

[45] Ibid. SS. 24-28, 62-63.

[46] HRW, “No One Has the Liberty to Refuse” vol. 19, No. 8, June 2007 (“Tibetan Herders”) S. 50.

[47] Tibetan Herders, SS. 70-71.

[48] AI Report 2008 “Tibet Autonomous Region and other ethnic Tibetan areas”, http://savetibet.org/news/newsitem.php?id=1170.

[49] HRW: China: Tibetan Schoolboys Detained as Crackdown Worsens, Teenage Students Held Incommunicado for Graffitti, September 20, 2007, http://hrw.org/english/docs/2007/09/20/china16924.htm.

[50] AI Index: ASA 17/003/2007, 06 February 2007.

[51] Ibid.

[52] International Herald Tribune: Asia-Pacific, Joseph Kahn, “Video contradicts China on shooting of Tibetans,” Sunday, October 15, 2006. Siehe auch: The New York Times: Asia Pacific, Joseph Kahn, “Video Disputes China’s Claim Shooting was in Self-Defense, October 16, 2006.

[53] Zeugnis eines ehemaligen tibetischen Häftlings, S. 114.

[54] Nowak Report at Appendix 2, Section V, paragraph 16. Siehe auch: http://www.savetibet.org/news/newsitem,php?id=1147.

[55] ICT Tibet News: Display of Tibetan flag leads to death of detainee: An account of imprisonment after rare 1990’s rural protest, ICT, 27 June 2007.

[56] Ibid.

[57] Ibid.

[58] Ibid.

[59] Ibid.

[60] Ibid.

[61] Ibid.

[62] Ibid.

[63] Ibid.

[64] Ibid.

[65] Ibid.

[66] Human Rights in China News Update June 15, 2002.

[67] AI Press Release, “China: Tibet’s longest-serving female prisoner of conscience finally released”, 27 February 2004.

[68] Siehe z.B.:, Jigme Sangpo, AI Index ASA 17/016/2002; Chadrel Rinpoche HRIC Action April 17, 2001; Ngawang Sangdrol, HRIC News Update February 16, 2003; Lobsang Dhargyal, HRIC News Update February 16, 2003; Ngawang Choephel, AI Index: ASA 17/03/00 “Health Concern”, Ngawang Choephel, China (Tibet); Jigme Gyatso, report to Tibet Information Network (“TIN”) dated 21 December 2006; Geshe Sonam Phuntsok, TIN 15 April 2008; Dawa Gyaltsen, Criminal Justices Challenges: Tenzin Tsundue “The Testimony of a Former Tibetan Prisoner”. Im Juli 2006 dem spanischen Obersten Gericht zur Verfolgung von Jiang Zemin und Li Peng wegen Völkermords und anderer Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Tibet vorgelegt (SS. 113-114).

[69] Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche, erniedrigende Behandlung oder Strafe: Teil I, Artikel 1, Paragraph 1: „Im Sinne dieses Übereinkommens bezeichnet der Ausdruck „Folter“ jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich grosse körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmasslich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen, um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden. Der Ausdruck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind.“

[70] Id Teil I, Artikel 4.

[71] Concluding Observation of the Committee against Torture, Sept. 9, 1996, paras. 149(a) (im folgenden “1996 Concluding Observations”), zitiert in “Torture in Tibet, A Report Submitted to the United Nations Committee Against Torture” vom Secretary Department of Information and International Relations, Central Tibetan Secretariat, Dharamsala, April 2000, Fußnote 12 (“April 2000 Report”).

[72] Third Periodic Report of the People’s Republic of China on Implementation of the Convention against Torture and Other Cruel, Inhuman or Degrading Treatment or Punishment, Sept. 19, 1999, U.N. Doc. CAT/C/39?Add.2 (future), paras. 59-64 (“Third Periodic Report”)

[73] Bericht bezüglich der Strafgesetze der Volksrepublik China vom April 2000, dem der Ständige Ausschuss des Fünften Nationalen Volkskongresses in der zweiten Sitzung am 1. Juli 1997 zustimmte und der in der fünften Sitzung (des Ständigen Ausschusses) des Achten Nationalen Volkskongresses am 14. März 1997 verbessert wurde, Art. 247 (“Strafgesetze von 1997”).

[74] Bericht vom April 2000 Abschnitt 2. A.

[75] Fourth Report (Vierter Periodischer Bericht) S. 3.

[76] Fourth Report at paras. 59-64, 94-109.

[77] RFA, News, „Tibetan Monks Still Held in Qinghai“, August 8, 2008.

[78] Fourth Report at para. 95.

[79] Ibid. in Paragraph 124.

[80] Ibid.

[81] Ibid.

[82] See Nowak Report para. 37 (“während solche Geständnisse [die durch den Einsatz von Folter erhalten wurden], nicht die Grundlage von Anklagen und Verurteilungen bilden sollen, schließt die Entscheidung des Supreme Poeple’s Court (SPC) (Obersten Volksgerichtes) ihre Zulässigkeit in juristischen Verfahren nicht aus. Darüber hinaus sind die Richtlinien des SPC nur für Organe der Rechtsprechung bindend, nicht für Verwaltungsorgane. Siehe auch: Folterkonvention: Liste der Fragen, die bei der Prüfung des Vierten Periodischen Berichts China zu beachten sind, 8. August 2008, Art. 15, Paragraph 25, Vierter Bericht Paragraph 123.

[83] Vierter Bericht, Paragraph 123.

[84] Fourth Report at para. 6 (Vierter Bericht, Paragraph 6)

[85] Ibid. at para. 7. (IbIbid. in Paragraph 7)

[86] Fourth Report at para. 16.(Vierter Bericht, Paragraph 16)

[87] Ibid. at para. 19 (IbIbid. in Paragraph 19.)

[88] Ibid. at para. 19.(IbIbid., s. Paragraph 19.)

[89] Ibid. at para. 22. (IbIbid. in Paragraph 22.)

[90] Ibid. at paras 22, 39, 40 76-86. (IbIbid. in den Paragraphen 22, 39, 40 76-86.)

[91] Ibid. at para. 41.(IbIbid. in Paragraph 41.)

[92]Ibid. at para 41.

[93] Konvention gegen Folter, 1.Teil, Art. 10.

[94] Fourth Report at para. 39. (Vierter Bericht, Paragraph 39)

[95] Fourth Report at para 108. (Vierter Bericht, Paragraph 108.)

[96] Fourth Report at para. 17.(Vierter, Paragraph 17.)

[97] Fourth Report at para. 14. (Vierter Bericht, Paragraph 14.

[98] Fourth Report at para. 14. (Vierter Bericht, Paragraph 14.

[99] Fourth Report at para 21. ((Vierter Bericht, Paragraph 21.)

[100] HRIC – State Secrets: China’s Legal Labyrinth (2007) at p. 3 and generally pp. 5-44. (HRIC – Staatsgeheimnisse: Chinas Gesetzeslabyrinth, bes. Paragraph 3 u. allg. SS. 5-44.)

[101] Vierter Bericht, Paragraph 147.

[102] Vierter Bericht, Paragraph 146.

[103] Vierter Bericht, Paragraph 24-38.

[104] Nowak Bericht, Paragraphen 33, 35, 60-64. Siehe auch UN-Konvention gegen Folter: Liste der bei der Prüfung von Chinas Viertem Periodischen Bericht, 8. August 2008 („CAT-List of Issues“), Art 2.2 (h) und (i) zu berücksichtigenden Punkte. Siehe auch Report vom April 2000: Abschließende Bemerkungen und Empfehlungen.

[105] Vierter Bericht, Paragraph 26.

[106] Idem.

[107] Nowak Report at para. 82 Recommendations (s) through (v); See also, CAT-List of Issues Article 2. 2. (g) and
(h); HRIC - State Secrets: China’s Legal Labyrinth (2007) at pp. 38-39 (“HRIC - State Secrets”).

[108] Nowak Report at Recommendation (u); CAT-List of Issues Article. 2. 2. (h).

[109] Vierter Bericht, Paragraph 26, 148-149.

[110] Vierter Bericht, Para. 148-149.

[111] Idem Para 148.

[112] Idem Para 149.

[113] Bericht vom April 2000, Abschnitt IIA.

[114] Vierter Bericht, Para. 20, 65, 66.

[115] Idem Para 20.

[116] Vierter Bericht, Para 66.

[117] Vierter Bericht, Para 124.

[118] HRW, 7. Juli 2008: „Human Rights Abuses Shadow Countdown to 2008 Beijing Games“.

[119] AI Report 2008 „Death Penalty“, „Secrecy surrounds Death Penalty, 15. April 2008.

[120] Idem.

[121] Amnesty International: China, The Death Penalty 2000, September 2002, ASA 17/032/2002.

[122] Für die Jahre 1987-2007 sind die Todesfälle durch Folter beispielsweise im Jahresbericht des TCHRD „Human Rights Situation in Tibet, Annual Report“ auf S. 127-132, Anhang 3, aufgeführt. Auch die Publikation „Kuxing - Folter in Tibet“ enthält eine Liste der bekannt gewordenen Fälle, in denen Tibeter erschossen wurden oder infolge extremer Folterung Selbstmord begingen.

[123] Länderbericht des US-Außenministeriums zur Lage der Menschenrechte 2004, Abschnitt Tibet.

[124] TCHRD Press Release 2 May 2008: “Many Tibetans Shot Dead during Phenpo Crackdown”; http://www.tchrd.org/press/2008/pr20080502.html.

[125] TCHRD, 29. April 2008: „Nomade in Amdo Golog erschossen, Hunderte von Tibetern festgenommen“.

[126] TCHRD, Kuxing, S. 138-139.

[127] U.S. Department of State: China Country Reports on Human Rights Practices, 31 March 2003, http://www.state.gov/g/drl/rls/hrrtp/2002/18239.htm.

[128] Am 23. November 1998 wurde er aus medizinischen Gründen auf Bewährung entlassen, damit der Staat nicht für die Ausgaben für seine Behandlung aufzukommen brauchte. Doch nach der Entlassung konnte er sich aus finanziellen Gründen nicht in ärztliche Behandlung begeben und mußte zu Hause bleiben. Am 22. November 2000 wurde er wieder ins Gefängnis geholt, wo er seine Strafe weiter zu verbüßen hatte.

[129] ICT: Tibet News: “Display of Tibetan flag leads to death of detainee: An account of imprisonment after rare 1990’s rural protest”, http://www.savetibet.org/news/newsitem.php?=1147.

[130] Willy Lam, “The CCP Strengthens Control over the Judiciary,” China Brief (Jamestown Foundation), August 4, 2008.

[131] Idem.

[132] Human Rights in China (HRIC) Press Advisory: Chinese Lawyers Offer Legal Help to Detained Tibetans,
April 4, 2008.

[133] Human Rights in China (HRIC) Trends Bulletin, February 2007: Setback for the Rule of Law – Lawyers under Attack in China (“HRIC Setback”); HRIC-State Secrets at pp. 29-31.

[134]  HRIC Setback

[135] Ibid. Siehe auch: Human Rights Watch (HRW): “Walking on Thin Ice: Control, Intimidation and Harassment of Lawyers in China”, HRW “China: Rights Lawyers Face Disbarment Threats”, 30 May 2008, http://hrw.org/english/docs/2008/05/29/China/8970.html; HRW China: Restrictions on Lawyers Fuel Unrest, 29April 2008.

[136] ICT Bericht, S. 121.