Teil J
J 1)
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Vernehmungen, Folter und Mißhandlungen
Allgemein
Fast alle Gefangenen gaben an, daß sie schon bei der Verhaftung schwer geschlagen wurden. Bei den meisten ging das so weiter, bis sie entweder geständig wurden oder ein Urteil über sie gesprochen wurde. Gemäß der berüchtigten Maxime "Milde für die Geständigen, Härte für die Widerspenstigen" (tanbai congkuan, kangju songyan) wird in der PRC üblicherweise so verfahren.
Die persönlichen Berichte der Interviewten über die Schläge und Mißhandlungen sind entsetzlich. Ehemalige Gefangene gaben wieder, wie sie mit hinter dem Rücken gefesselten Händen an der Decke aufgehängt wurden, wie sie mit elektrischen Viehstöcken geschlagen und manchmal im Mund, den Ohren, der Vagina und dem Anus schockiert wurden, wie sie systematisch mit hölzernen Brettern und Knüppeln geschlagen wurden, wie Jagdhunde auf sie losgelassen wurden, wie sie manchmal bei den Torturen nackt dastehen mußten, wie Feuer unter ihnen entfacht wurden und der Rauch ihnen in den Augen brannte, wie sie bis zum Ohnmächtigwerden elektroschockiert wurden, wie sie auf Eis stehen mußten, bis ihre Fußsohlen anfroren... die Liste geht weiter und weiter. Die Art und Weise, wie mit den Gefangenen in der Untersuchungsphase umgegangen wird, ist nicht nur extrem gewaltsam, sondern soll sie auch erniedrigen und demütigen. So geben viele ehemalige Gefangene an, daß sie vor anderen nackt ausgezogen wurden. Mehrere berichteten, daß sie oft so fürchterlich geschlagen wurden, daß sie die Kontrolle über ihre Blase verloren.
Viele Gefangene wurden derart mißhandelt, daß sie ihren Verletzungen erlagen. Das TCHRD hat seit 1987 bis dato 67 Todesfälle durch Folterung nachgewiesen. 1998 starben einige Gefangene in Drapchi. Ngawang Dekyi, eine 25-jährige Nonne, starb am 21. Januar 1998 nach den im Gefängnis erlittenen Schlägen. Im Mai 1998 sollen nach den Gefängnisprotesten 11 Gefangene gestorben sein. Zwei davon erlagen den Schußverletzungen, drei starben nach den schweren Schlägen, drei scheinen den Erstickungstod gestorben zu sein, einer erhängte sich, während die Todesursache der zwei letzten nicht bekannt ist.
Weibliche Gefangene werden genauso wie die männlichen geschlagen und gefoltert. Dazu werden sie noch mit Stäben oder elektrischen Schlagstöcken sexuell mißbraucht. Einige weibliche Gefangene erfuhren eine besonders schlimme Erniedrigung, als sie bei den Vernehmungssitzungen nackt ausgezogen wurden.
Einhergehend mit der körperlichen Gewaltanwendung wurden die Gefangenen manchmal psychisch traumatisiert. So drohten ihnen die Gefängniswachen, daß ihre Angehörigen wegen ihres "Starrsinns" oder ihrer Unwilligkeit, zu gestehen, auch verhaftet oder ebenfalls der Verdächtigung anheimfallen würden. Die Vernehmungen wurden oft im Stil von "guter Kerl/schlechter Kerl" gehandhabt, wobei der erste Beamte den Gefangenen relativ höflich behandelte, aber wenn er keinen Erfolg hatte, kam ein anderer herein, der ihn zu schlagen begann. Die Dauer der Befragungsperioden variierte sehr bei den einzelnen Gefangenen. Einige wurden täglich zwei Stunden vernommen, andere fast ohne Unterbrechung über einen ganzen Monat.
Die Fragen selbst waren meist darauf abgerichtet, dem Gefangenen ein Geständnis zu entlocken und herauszubekommen, wer hinter der zur Verhaftung führenden Tat steht. Viele Gefangene wurden mit Fragen bedrängt, ob sie Kontakt zu der "Spalterclique des Dalai Lama" oder zu Ausländern hätten. Sie wurden unerträglichem mentalem und physischem Druck unterworfen, um den Dalai Lama zu denunzieren und die Personen zu nennen, die mit ihnen protestiert hatten.
Im Allgemeinen wurden die Verhaftungen von den Bediensteten des PSB vorgenommen, die ihre Opfer dann in eine Haftanstalt schleppten, wo die Vernehmungen von den Kräften der PAP (paramilitärische Einheiten) durchgeführt wurden. Frauen wurden gewöhnlich von Polizistinnen vernommen, aber nicht immer. In letzterer Zeit, wo Gerichtsverfahren häufiger geworden sind, werden die Gefangenen, wenn sie erst einmal ein Geständnis abgelegt haben, zuerst von der Prokuratur und dann von Gerichtsbeamten vernommen. Es scheint die Regel zu sein, daß die Gefangenen während der Vernehmung durch die Prokuratur geschlagen werden, während die Mißhandlungen bei der Vernehmung durch den Gerichtsbeamten seltener sind, obwohl sie auch stattfinden.
Es ist klar, daß die Foltertechniken in chinesischen Gefängnissen von Zeit zu Zeit geändert werden, aber es scheint kein Abweichen von den Schlägen und Mißhandlungen als einem feststehenden Bestandteil der Vernehmungen zu geben. In der Abhandlung von TIN Cutting off the Serpent's Head, welche den 1994/5 herrschenden Trend darlegte, ist die Rede von neuen Foltermethoden, die keine sichtbaren Spuren am Körper hinterlassen: "Es ist eine Zunahme bei solchen Methoden festzustellen, wie Aussetzen an extreme Temperaturen, Stehenlassen im kalten Wasser, oder langzeitiges Sitzenlassen in Verrenkungspositionen. Egal, was für eine Form sie annimmt, die Folterung stellt ganz deutlich eine ernste Verletzung der Menschenrechte einer Person dar und als solche unterliegt sie der strengen Verurteilung durch das Völkerrecht. Insbesondere der Art. 5 der Universal Declaration of Human Rights besagt, daß "niemand Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung ausgesetzt werden darf". Die Regel 31 der UN Standard Minimum Regeln für die Behandlung von Gefangenen sieht vor, daß die körperliche Züchtigung, die Einsperrung in einen dunklen Karzer und alle grausamen, unmenschlichen oder degradierenden Bestrafungsarten für Disziplinarvergehen vollständig ausgemerzt werden müssen.
Die Konvention gegen die Folter wurde am 10. Dezember 1984 von der Vollversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet und im Oktober 1988 von der PRC ratifiziert. Art. 1 der UN Konvention gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder herabwürdigende Behandlung oder Bestrafung definiert Folter als
"... einen Akt, durch den einer Person absichtlich schwerer physischer oder mentaler Schmerz beigebracht wird, um von ihr oder einer dritten Person Information oder ein Geständnis zu erzwingen, um sie für eine Tat zu bestrafen, die sie oder eine dritte Person begangen hat oder verdächtigt wird, begangen zu haben, um sie oder eine dritte Person einzuschüchtern und zu zwingen, oder aus irgendwelchen auf Diskriminierung jeglicher Art basierenden Gründen, wenn dieser Schmerz oder diese Qual von einem staatlichen Handlanger oder einer Person, die in offizieller Eigenschaft oder auf deren Anweisung oder mit deren Einverständnis handelt, zugefügt wird.”
Die Konvention gegen die Folter spezifiziert, daß die Unterzeichnerstaaten Folter aus ihrer nationalen Gesetzgebung verbannen, und stellt ausdrücklich fest, daß kein Befehl von einem Vorgesetzten oder außergewöhnliche Umstände als Rechtfertigung für Mißhandlung ins Feld geführt werden dürfen. Diejenigen Staaten, welche der Konvention gegen die Folter beitreten, verpflichten sich, wirksame legislative, administrative, juristische und andere Maßnahmen zu ergreifen, um Akte von Folterung in jedem Territorium ihres Hoheitsgebietes zu verhindern.
Die Art und Weise, wie mit Gefangenen in Tibet umgegangen wird, stellt eine grobe Verletzung des ICCPR (International Covenant on Civil and Political Rights) dar, der verfügt: "Niemand darf Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung ausgesetzt werden..." (Art. 7), "Alle ihrer Freiheit Beraubten sind mit Menschlichkeit und Achtung vor der dem Menschen eigenen Würde zu behandeln (Art. 10.1).
Dieses Abkommen wurde von der PRC noch nicht unterschrieben, obwohl sie es im März 1998 zugesagt hatte. Über die Unterzeichnung des Abkommens sagte der chinesische Regierungsvertreter Qian, daß China sich zwar auf den Vertrag festgelegt hätte, aber mehr Zeit zur Erwägung seiner Implikationen brauche, ehe er voll zur Anwendung kommen kann. "Nach der Unterzeichnung werden wir natürlich den Verträgen entsprechen, aber es gibt noch ein paar Punkte zu prüfen. Wir müssen noch untersuchen, ob es Bereiche gibt, die mit dem chinesischen Gesetz in Konflikt geraten oder unklar sind", meinte er. (Anm. 1999: Der ICCPR wurde inzwischen von der VR China unterschrieben, aber noch nicht ratifiziert).
Das Kriminalrecht und das Kriminalverfahrensgesetz der PRC enthalten verschiedene Vorkehrungen gegen Folter. Der Art. 32 des Kriminalverfahrensgesetzes verbietet die Anwendung der Folter, um Aussagen zu erzwingen, sowie die Beweisfindung durch Drohung, Verlockung, Täuschung oder andere ungesetzliche Methoden. Das Kriminalrecht sieht Bestrafung für Folterung oder Mißhandlung der Gefangenen vor. Der Art. 14 der Gefängnisverordnung der PRC verbietet, daß die Volkspolizei eines Gefängnisses "zur Erpressung von Geständnissen Folter einsetzt oder Gefangene körperlicher Züchtigung oder Mißhandlung aussetzt". Während solche Gesetze verfügen, daß Folter gesetzwidrig ist, steht fest, daß häufig zu ihr gegriffen wird und es keine Instanz gibt, der die Gefangenen über Mißhandlungen klagen könnten.
Aus der Vielzahl der UNO Resolutionen gegen Folter ist klar, daß die Abscheu vor der Folter die nationalen Grenzen und kulturellen Unterschiede überschreitet und daß der Anspruch auf eine humane Behandlung wahrhaft ein Menschenrecht ist. Dadurch wird es um so betrüblicher, daß derart häufige und heftige Akte von Folterung kennzeichnend für das chinesische Vernehmungssystems für politische Gefangene in Tibet sind. Folterung war schon immer ein verabscheuenswerter Zug des chinesischen Strafsystems. So berichte sogar China Legal News vom 31. Mai 1985, daß angesichts des Ausmaßes der Mißhandlung durch Polizeibeamte "dieses Problem in einigen Gebieten und Einheiten äußerst ernst ist, so daß das Volk den Eindruck bekommen könnte, daß man, sobald man das Öffentliche Sicherheitsbüro (Polizei) betrifft, unvermeidlich geschlagen wird". Die nachstehenden Berichte machen deutlich, daß Folter weiterhin eine allgemeine Technik zur Befragung in den chinesischen Haftzentren und Gefängnissen bildet.
1997 führte die Internationale Juristenkommission (ICJ) Interviews mit ehemaligen Polizisten, Richtern und Häftlingen in Tibet durch und bestätigte, daß Folter weitverbreitet in Tibet ist und daß die Mißhandlung politischer Häftlinge eine allgemeine Praxis ist. Amdo Sangye, ein ehemaliger Richter an dem Obersten Gericht von Qinghai in Xining bestätigte der ICJ, daß "kein einziger Fall vor Gericht kam, wo der Angeklagte nicht von der Polizei geschlagen worden wäre, wobei die Mißhandlung noch viel schlimmer war, falls es sich um einen tibetischen politischen Gefangenen handelte." Der Richter fügte hinzu, daß es üblich gewesen sei, die Angeklagten zu fragen, ob sie mißhandelt wurden, aber daß nichts getan werden könne, wenn dies der Fall war.
Trotz allem gegenteiligen Beweis leugnen die Vertreter der PRC weiterhin, daß es in China Folter gibt. 1992 berichtete die PRC dem UN Ausschuß gegen Folter, daß sie wirksame legislative, juristische, administrative und andere Maßnahmen ergriffen hätte, um "rigoros alle Akte der Folterung zu verbieten" und garantiere, "daß die Rechte ihrer Bürger unverletzt bleiben". Die PRC versicherte, daß "es für die Organe der öffentlichen Sicherheit und Justiz in China eine Sache von Prinzip und Disziplin sei, daß die Erzwingung von Geständnissen durch Mißhandlung streng geahndet wird."
Speziell in Bezug auf die Frage der Folterung in Tibet erklärte ein Sprecher für China dem UN Ausschuß gegen Folter im Mai 1996, daß "in Tibet die Menschen dieselben Rechte und denselben Schutz wie überall sonst wo in China genießen. Die Behauptung, daß Folter in Tibet weit verbreitet sei, käme hauptsächlich von einer gewissen Separatistengruppe in Tibet und von den gegen China voreingenommenen NGOs."
Im Mai 1998 wurde der EU Delegation von der Justizbehörde der PRC erklärt: "Wenn ein Gefängnisangestellter gegen die Gefängnisverordnung verstoßen würde, indem er einen Gefangenen beleidigt oder schlägt, dann wird gemäß dem Gesetz mit ihm verfahren." Im Drapchi Gefängnis versicherte der Gouverneur der Delegation, daß er zufrieden sei, wie dort die Gefängnisverordnung eingehalten werde. Er könne der Delegation versichern, daß es keine Todesfälle aus unrechten Gründen im Gefängnis gebe. Es hätte keine Fälle von Mißverhalten der Gefängniswärter gegeben. Überdies werde die Tätigkeit des Gefängnisses genau kontrolliert. Die lokale Prokuratur hätte einen Beschwerdekasten für Gefangene eingerichtet, wo sie ihre Klagen anbringen können, wenn sie welche haben, während der juristische Ausschuß des Regionalen Volkskongresses eine Reihe von gründlichen Untersuchungen in dem Gefängnis hinsichtlich der gebührenden Durchführung der Gefängnisverordnung durchgeführt hätte."
In direktem Widerspruch zu diesen Behauptungen geben die folgenden Berichte ein Zeugnis für eine ganze Reihe von Foltermethoden, die regelmäßig, sowohl zur Erpressung von Geständnissen als auch als zur Bestrafung, eingesetzt werden.
Gyaltsen Choetsoe erinnert sich an ihre Einsperrungen in der Gutsa Haftanstalt, jeweils nach ihrer Verhaftung 1987, 1988 und 1990: "Als ich zuerst nach Gutsa kam, zogen sie mich nackt aus und bearbeiteten meinen ganzen Körper mit elektrischen Viehstäben... Es gab etwa 60 bis 70 Gefängnishandlanger, die uns alle folterten und mit Eisenstangen und Holzstöcken zu peinigen pflegten. Sie schlugen uns mit allem, was ihnen unter die Hände kam. Danach wurde ich nicht mehr nackt ausgezogen, aber unter Schlägen mit Fragen bedrängt. Wenn immer sie mich vernahmen, schlugen und kniffen sie mich ins Gesicht und manchmal boxten sie mich auch. Es hing ganz von den Wachen ab, ob wir geschlagen wurden oder nicht, es gab auch anständige, die uns gar nicht schlugen und nur Fragen stellten. Andere prügelten uns dagegen bei den Befragungen. Ganz besonders grausame Vernehmungsbeamte ließen uns auf mit Eis überzogenem Boden stehen und gossen dann noch kaltes Wasser über uns, besonders auf unsere Füße. Es war gerade Winter, und ich litt entsetzlich. Sie ließen uns 15 Minuten auf dem Eis stehen. Unsere Füße froren am Eis fest und wir mußten sie dann ganz langsam und vorsichtig vom Eis lösen, was äußerst schmerzhaft war.
Als ich das zweite Mal verhaftet wurde, kamen wir zuerst in das Polizeihospital von Kunyin. Dann legten sie uns in Handschellen und warfen uns in einen Lastwagen, als wären wir Säcke... Nach der Ankunft in Gutsa wurden wir sofort gefoltert. Sie trieben uns hinaus in einen Hof, der ganz mit Kies bedeckt war. Darauf mußten wir knien, während unsere Hände auf den Rücken gefesselt waren. Dann befahlen sie uns, ganz schnell aufzustehen, aber wir konnten nicht mehr aufstehen. Weil das Knien auf dem Schotter so schmerzhaft war, fielen wir immer wieder um, worauf sie uns um so mehr züchtigten. Es waren etwa 100 Polizisten, die uns mit allem schlugen, was ihnen in die Finger kam. Wir bluteten alle am Kopf oder einem Körperteil und litten schreckliche Schmerzen. Keine war von dieser brutalen Mißhandlung verschont geblieben.
Von den 13 Nonnen war ich die einzige, die bereits früher mit Demonstrationen zu tun gehabt hatte. Deshalb zogen mich vier Offiziere von den anderen Nonnen weg und beschuldigten mich, daß ich den Protest angezettelt hätte und für die Demonstration verantwortlich sei. Dann wurde ich wieder geschlagen, sie fesselten mir die Hände auf dem Rücken und renkten mir fast die Schultergelenke aus. Einer von ihnen stieß mir sein Knie in den Rücken, während die anderen meine Arme nach hinten zerrten. Dann befahlen sie mir aufzustehen, aber ich konnte nicht mehr und so stampften sie mit ihren Stiefeln auf meinen Rücken. Sie traten mir auch auf den Kopf. Eine der anderen Nonnen, Gyaltsen Zedung, sah, was mit mir geschah und rief den Wachen zu: 'Wir protestierten von selbst, sie ist nicht schuld daran, hört auf, sie so zu quälen.' Daraufhin nahmen sie auch Gyaltsen Zedung von den anderen Nonnen weg und schlugen sie in derselben Weise wie mich. Gyaltsen Zedung war ziemlich füllig. Sie zogen die Stricke so fest um ihre Arme zu, daß sie ihr tief ins Fleisch schnitten und die Fetzen herunterhingen. Noch heute hat sie die Narben davon.
Dann wurde jede Nonne in ein separates Zimmer gebracht und von drei Vernehmern befragt. Außer einer Wärterin waren alle anderen Männer. Nun wurden uns einzeln Fragen gestellt, wobei wir schrecklich geschlagen wurden. Ich hatte schon vorsichtshalber dicke Kleidung angelegt, weil ich damit rechnete, nach dem Protest verhaftet zu werden. Sie zogen mir jedoch die Kleider über den Kopf und schlugen mich brutal mit Stöcken.
Wir antworteten niemals so, wie sie wollten, deshalb brachten sie nun abgerichtete Hunde herein, um uns anzugreifen. Alle Nonnen lagen auf dem Boden, und die Wachen ließen einen großen Hund auf uns los, aber weil wir flach lagen, konnte er uns nicht richtig verletzen. Er biß nur in unsere Kleider und zerrte daran. Dann befahlen sie uns, aufzustehen und zu rennen. Die meisten von uns konnten nicht aufstehen, weil uns die Hände hinter dem Rücken gebunden waren und wir zerschlagen waren. Da stand Ngawang Choedon auf und rannte so schnell sie konnte. Ein Hund verfolgte sie, griff sie an und biß ihr tief in die linke Schulter. Die Gefängniswachen schauten zu und lachten.
Am ersten Tag begannen sie uns etwa um halb zehn morgens zu mißhandeln und fuhren damit bis etwa halb sechs abends fort, dann wurden wir in separate Zellen gesperrt. Wir bekamen weder Wasser noch Essen. Einige der Nonnen schrieen verzweifelt nach Wasser, und so brachten sie schließlich etwas Wasser, aber gaben es uns nicht zu trinken, sondern schütteten es auf uns. In der ersten Woche bekamen wir überhaupt kein Wasser. Als wir darum flehten, antworteten sie, sie würden uns kein Wasser geben, weil wir ihnen nicht das sagten, was sie wissen wollten. Einige der kriminellen Gefangenen brachten uns manchmal ein wenig Wasser, wenn die Wachen nicht um den Weg waren.
Beim dritten Mal wurde ich zusammen mit 7 anderen Nonnen verhaftet und wir wurden in die Gutsa Haftanstalt gebracht. Von den 8 Nonnen waren fünf bereits schon einmal eingesperrt gewesen. Wir wurden geschlagen und gefoltert, wie ich es schon zuvor durchgemacht hatte, aber nun gab es noch eine neue Foltermethode. Sie hatten nun eine elektrische Vorrichtung, die an einen um meine Finger gewickelten Draht geschaltet war. Wenn sie den Hebel herunterdrückten, dann wurde mein ganzer Körper von Strom durchzuckt. Alle Gegenstände erschienen mir rot und mir war, als würden mir die Nerven von den Füßen aufwärts herausgezogen. Dann fiel ich bewußtlos um. Wir wurden alle auf diese Weise gefoltert. Dann wurden wir alle an den Händen aneinandergefesselt, so daß wir alle den Schock abbekamen, wenn eine von uns elektrisiert wurde. Das war die schrecklichste Foltermethode, die ich je in der Gefangenschaft erfuhr, denn sie hinterläßt keine Spuren. Es war viel schlimmer als die Mißhandlungen mit Holzstöcken, elektrischen Viehkeulen oder Eisenstangen. Es war so fürchterlich. Wir wurden über eineinhalb Stunden so gemartert. Ich nahm nur noch ein rotes Glühen wahr, nicht einmal mehr die Peiniger konnte ich sehen. Dann wurden wir alle ohnmächtig, aber sobald wir wieder zu Bewußtsein kamen, verabreichten sie uns weitere Elektroschocks.
Dorje Namgyal beschreibt Gutsa in 1989: "Drei Monate lang wurde ich in Gutsa vernommen. Jede Woche kam ich zwei- bis dreimal in die Vernehmungszelle, wo ich unter Fragen schwer geschlagen wurde, manchmal dauerte es eine Stunde lang und manchmal einen halben Tag. Sie stellten immerfort dieselben Fragen: 'Warum hast du mitdemonstriert? Was veranlaßte dich zu solchen konterrevolutionären Aktivitäten? Wer war sonst noch daran beteiligt? Nenne uns die Namen!' Dabei schlugen und quälten sie mich. Sie wußten, daß ich bei der Demonstration war, weil ich von einer Kugel ins Bein getroffen wurde... Meine Hände wurden an die Fensterstangen gefesselt, sie zogen mich nackt aus und dann elektrisierten sie mich mit den Viehkeulen an jedem Körperteil, sie steckten sie mir in die Körperöffnungen oder hauten sie auf mich. Mein rechtes Ohr wurde mit einem Holzstück mißhandelt. Nach dieser Tortur war mein Leib ganz blauschwarz und ich blutete am Kopf."
Bagdro wurde 1988 verhaftet und in die Gutsa Haftanstalt gebracht: "Ich wurde am Morgen verhaftet, drei Polizisten schlugen mich mit ihren Gewehrenden auf den Kopf... Dann legten sie mir Handschellen an, die sich von selbst zuzogen, was schrecklich schmerzte. Bei der geringsten Bewegung tat es weh. Dann nahmen sie mich nach Kloster Gaden mit, wo schon sehr viel Polizei war. Etwa 25 Männer schlugen mich grausam überall am Körper, sogar auf den Kopf. Sie mißhandelten mich mit Stahlstangen, Holzstücken und elektrischen Viehkeulen. Sie gaben mir überall Fußtritte, mein Gesicht blutete heftig...
Dann brachten sie mich nach Gutsa. Dort wurden Penpa Teshi und ich an einen Baum im Hof aufgehängt, während die PSB Offiziere einige Unterlagen holten. Etwa 10 Minuten hingen wir so, als einige weibliche Schergen vorbeikamen, uns anspuckten und 'Ihr seid nichts als Hunde' riefen. Dann wurden wir in Zellen eingeschlossen. Im Gefängnis hingen überall Plakate mit roter Aufschrift auf Tibetisch und Chinesisch: "Wer seine Schuld zugibt, wird entlassen, wer nicht, muß hier blieben. Wer nicht die Wahrheit sagt, wird gnadenlos geschlagen. Wir werden nicht aufhören, euch zu quälen und hier einzusperren'. Danach wurde eine Leibesvisite bei uns abgehalten. Der Hof war von einem Zaun umgeben, an dem Gefangene aufgehängt und von den Wachen geschlagen wurden. Mein Rücken schmerzte qualvoll durch die Schläge. Ich sah nur politische Gefangene dort. Die Peiniger erklärten mir, daß ich am nächsten Tag zu den am Zaun aufgehängten Gefangenen, deren Füße den Boden nicht berührten, kommen würde. Ihre Hände waren in Handschellen und an den Zaun gefesselt. Die Männer schrieen, sie wollten lieber sterben. Es war mir klar, daß die Chinesen uns nicht einmal als Menschen betrachteten. Sie verhöhnten mich: 'Das ist die Freiheit, die ihr begehrt!'
Dann wurde ich neben Penpa Teshi gestellt. Die Handschellen wurden gelöst, aber meine Gelenke bluteten. Ich mußte die ganze Nacht im Freien stehen. Nach Mitternacht verlangte ich so sehr nach Schlaf, aber die Wachen schlugen mich weiter und ließen mich nicht ruhen. Am nächsten Morgen brachten sie mich wieder in das Büro und quälten mich mit den Fragen. Auf dem Tisch vor mir lagen viele Folterinstrumente. Meine Antworten erzürnten sie. Sie legten mich wieder in Handschellen und schlugen und stießen mich. Sie steckten mir die Elektrowaffen in den Mund und legten sie an meinen Rücken. Ich blutete aus Mund und Nase und mein Bauch tat schrecklich weh. Sie steckten mir das Ding nun auch ins Ohr, das auch zu bluten begann. Dann wurde ich ohnmächtig. Sie gossen Wasser auf mich, damit ich wieder zu mir kam. Sie stellten mir viele weitere Fragen, ehe sie mich schließlich wieder zu dem Zaun im Hof brachten und mich dort aufhängten.
An einem Tag wurde ich zwei- bis dreimal von verschiedenen Offizieren vernommen. Ich antwortete, daß ich nichts über andere Personen sagen könnte, die bei den Demonstrationen mitgemacht hatten. Ich sagte, daß ich Freiheit wolle. Ich mußte aufstehen und die Hände über den Kopf halten, während sie mich auf den Rücken schlugen. Blut floß aus meinem Mund. Ein andermal mußte ich mit dem Gesicht nach unten auf dem Tisch liegen und sie setzten ihre Füße auf meinen Rücken und zerrten an meinen Handgelenken, um sie zu brechen.
Am vierten oder fünften Tag mußte ich die Schuhe ausziehen und barfuß auf Eis stehen. Über eine halbe Stunde ließen sie mich auf der gefrorenen Fläche stehen. Dann griffen sie nach meinen Armen und zogen mich weg, aber ich bewegte mich nicht, denn die Haut meiner Fußsohlen war angefroren und riß ab, als sie mich wegzerrten. Ich konnte nicht mehr gehen und mußte von anderen Gefangenen in meine Zelle getragen werden. Ob der schrecklichen Pein und Wunden konnte ich nicht mehr stehen. Das war das Schrecklichste, was ich in der Gefangenschaft durchmachte.
Am sechsten und am siebten Tag nahmen sie mir alle Kleider ab, hängten mich über dem Boden auf und gossen eiskaltes Wasser über mich. Es war gerade sehr kaltes Wetter und ich erstarrte. Es war entsetzlich: gleichzeitig die Demütigung des Nackt-Aufgehängt-Werden und die intensive Kälte! Manchmal wurde ich über eine Stunde in dieser Position gelassen. Jeder, der vorbeiging, sah meinen nackten Leib. Dann wurde ich in die Zelle zurückgebracht und dieselben Fragen begannen wieder. Die Fragen wurden ohne Ende wiederholt. Dann versuchten sie es mit dem um meine Finger gewickelten elektrischen Draht. Einige hohe Beamte kamen herein und verhörten mich, während mir Stromstöße versetzt wurden. Ich verlor die Kontrolle über meine Blase.
Die schweren Mißhandlungen und die Folterung gingen vier Monate so weiter. Es war äußerst brutal. Am letzten Tag in Gutsa kam eine Polizistin mit Handschuhen, die an den Fingerknöcheln mit Stahl belegt waren. Drei andere Peiniger hielten mich fest, während sie mich erbarmungslos mit diesen Handschuhen ins Gesicht schlug. Mein ganzes Gesicht war voller Schnitte und blutete über und über. Sie rauchte und drückte dann den Zigarettenstummel auf meinen Körper aus. Sie schlug mich überall und bearbeitete mich mit kung fu. Das machte mich schier verrückt. Ich wurde so fürchterlich geschlagen, daß ich tatsächlich allmählich den Verstand verlor. Oft fiel ich bei den Mißhandlungen nach hinten und wurde ohnmächtig. Als meine Eltern mich später besuchten, konnte ich sie nicht mehr erkennen."
Ngawang Choezom kam 1989 nach Gutsa: "Bei der Verhaftung wurde ich gleich geschlagen. Sie banden mir die Hände hinter dem Rücken fest und schlugen mich mit elektrischen Viehstöcken, sie boxten mich ins Gesicht, in den Rücken und die Seite. Sie hauten mich auch fest mit dem Pistolenlauf. Die Vernehmungen dauerten etwa 20 Minuten lang, und ich wurde unentwegt dabei geschlagen."
Lobsang Shakya wurde 1995 in dem Karkhang Militärlager bei Shigatse festgehalten: "Am ersten Tag nach der Verhaftung wurde ich noch nicht geschlagen, aber am zweiten Tag trafen einige hochgestellte Polizeibeamte aus Shigatse ein, um mich zu vernehmen. Zuerst stellten sie nur Fragen, aber dann banden sie einen Stoffstreifen und einen Strick um meine Beine und hängten mich mit dem Kopf nach unten an der Decke auf. Sechs Tage wurde ich täglich auf diese Weise mißhandelt, etwa zwei Stunden lang ließen sie mich umgekehrt hängen. Sie kamen etwa um 10 Uhr und ließen mich bis zum Mittag in dieser Position hängen. Dabei boxten sie mich ins Gesicht, so daß Blut aus meinem Mund floß. Oft stießen sich mich mit dem Knie in den Bauch. Nach der ersten Woche vernahmen sie mich alle fünf Tage oder so. Dabei befahlen sie mir, den von den Chinesen erwählten Panchen Lama anzunehmen und den, welchen Seine Heiligkeit, der Dalai Lama ernannt hatte, fallen zu lassen. Bei diesen Vernehmungen wurde ich immer wieder von den Gefängniswachen gestoßen, sie sprangen plötzlich auf und rammten mit voller Wucht ihre Stiefel in meinen Bauch. Ich wurde auch mit einer Menge Folterinstrumente bedroht, mit denen sie vor mir fuchtelten, aber sie nicht einsetzten."
Damchoe Palmo hatte eine Fehlgeburt nach der Vernehmung 1993: "Um etwa 18 Uhr brachten sie mich zurück in die Polizeistation von Lhasa. Bis 9 Uhr am nächsten Morgen mußte ich auf dem Zementfußboden stehen und durfte mich keinen Schritt bewegen. Damals war ich im vierten Monat. Das hatte ich ihnen bei der Verhaftung gesagt. Sie drohten mir die ganze Zeit, daß ich in der Luft aufgehängt würde, wenn ich nicht mehr Informationen liefern und ihnen zeigen würde, wo die Druckschriften sich befinden. Dann brachten sie die Seile, an denen sie mich aufhängen wollten. Vier Männer saßen neben mir auf dem Boden und stellten mir die ganze Nacht über Fragen, aber sie wechselten sich ab, um ausruhen zu können. In tiefer Nacht fuhren sie mich mit zwei Autos weg, sechs Männer in jedem. Mich sperrten sie in einen großen schwarzen Wagen mit dunklen Fenstern und fuhren mich zu einem Haus, wo sie mich wieder vernahmen. Einer schrieb alles nieder, was ich sagte. Die Vernehmer wechselten sich ab, aber alle ohrfeigten mich, zogen mich an den Haaren und schmetterten mein Gesicht gegen die Wand. Es war so fürchterlich, und ich hatte Angst, sie würden mich hinrichten. Ich antwortete, daß ich nichts wisse, aber sie fuhren mit den Fragen fort, packten mich an den Haaren und warfen mich in den Wagen zurück.
Um 9 Uhr morgens kam eine Frau herein und fragte, wer sonst noch bei dem Drucken der Schriften mitgemacht hätte. Sie sagte, ich könne mich nun setzen, aber meine Beine waren von dem langen Stehen so steif geworden, daß ich nicht einmal mehr die Knie beugen konnte. Ich war stocksteif, es war auch sehr kalt in jener Nacht und ich hatte keine warme Kleidung, weil ich auf dem Markt festgenommen wurde. Ich hatte Hunger, denn seit der Festnahme bekam ich nichts zu essen, obwohl ich schwanger war. Ich war völlig erschöpft. Die Frau schubste mich einfach auf den Stuhl, wo ich zusammenbrach. Dann gab sie mir ein Glas heißes Wasser zu trinken.
Ich wurde wieder vernommen. Sie brachten mich zu dem Sicherheitsbüro des Distrikts und dann in das Seitru Gefängnis. Mir war ganz übel, weil ich die ganze Nacht hatte stehen müssen und nichts zu essen bekam. Ich erklärte ihnen, wie schlecht es mir ginge, aber sie verhöhnten mich und meinten, als ich das Gesetz übertrat, hätte ich mich doch ganz wohl gefühlt, ich hätte früher nachdenken sollen. Die nächsten vier Tage war ich sehr krank, ich erbrach sogar Wasser und war ganz dehydriert. Sie sagten, ich sei gar nicht schwanger und würde nur lügen. Schließlich kam ich ins Krankenhaus, wo bestätigt wurde, daß ich schwanger war und dringend Nahrung und Flüssigkeit brauche. Der Arzt empfahl, mich im Krankenhaus zu behalten, aber das Gefängnispersonal von Seitru entgegnete, mein Fall sei noch unklar mit vielen Zweideutigkeiten und bedürfe weiterer Untersuchung. Sie nahmen mich zurück ins Gefängnis.
10 Tage lang konnte ich gar nichts essen, nur Wasser trinken. Meine Gesundheit verschlechterte sich immer mehr und ich verlangte dringend nach einem Arzt, aber niemand brachte mich hin. Als ich am Abend des 10. Tages zur Toilette ging, fiel ich ohnmächtig um und als ich wieder zu mir kam, stellte ich fest, daß ich eine Fehlgeburt hatte. Ich litt schreckliche Schmerzen und schrie und krümmte mich auf dem Boden. Mein Onkel, der in der Zelle neben mir war, hörte mich schreien und rief die Wachen. Sie fanden mich auf dem Boden liegen. Ich verlor so viel Blut, daß ich nicht mehr stehen konnte.
Nun kam der Gefängnisarzt, der bestätigte, daß ich mein Baby verloren hatte. Sie ließen auch die Person kommen, die mich zuerst vernommen hatte, aber keiner wollte die Verantwortung übernehmen. Auch im Gefängnishospital lehnten sie es ab, Verantwortung für mich zu übernehmen. Vier Männer trugen mich weg, und dann kam ich in das andere Krankenhaus, wo ich Glukose und Sauerstoff bekam. 7 Tage blieb ich dort. Bereits nach 2 Tagen, als ich noch sehr schwach war und mich noch nicht bewegen konnte, quälten mich die drei weiblichen Wachen wieder mit den Fragen. Am vierten Tag drängten sie mich, ich solle besser sagen, wer sonst noch Spiel gewesen sei, um meines eigenen Wohles willen. Das klang sehr bedrohlich. Diese drei Wachen waren Tag und Nacht bei mir, und jede Stunde kamen noch weitere Vernehmer herein, um mich zu erpressen.
Nach einer Woche wurde ich zurück nach Seitru gebracht, wo ich bis zur Fällung des Urteils, was erst ein Jahr und vier Monate nach meiner Verhaftung erfolgte, blieb. Die Fragen waren immer wieder dieselben. Nach einiger Zeit kam der Prokurator und stellte mir Fragen. Diese Vernehmungen dauerten den ganzen Tag, von 9 Uhr morgens bis 1 Uhr mittags und von 3 bis 6 Uhr nachmittags. Sie waren immer sehr intensiv und gingen zuweilen sogar über die Mittagspause hinweg. Ich wurde immer noch geohrfeigt und an den Haaren gezogen. Niemand wurde je zur Verantwortung herangezogen wegen meiner Fehlgeburt. Meine Angehörigen wandten sich an einige offizielle Stellen und verlangten, daß eine Untersuchung durchgeführt würde, als aber schließlich der für die Untersuchung Zuständige kam, fragte er mich gar nicht danach, was mit mir geschehen war."
Yeshe Damdul war vor seiner Verurteilung in Tsethang inhaftiert: "Als ich zuerst nach Tsethang kam, wurde ich vier Monate lang zweimal täglich vernommen und mehrere Male fürchterlich geschlagen. Meistens dauerten die Vernehmungen zwei Stunden, aber es konnten auch drei sein. Ich wurde auf jede nur mögliche Weise gepeinigt. Manchmal fesselten sie mir die Hände auf dem Rücken oder legten mich in Handschellen mit den Armen hinter dem Kopf und boxten mich am ganzen Körper. Oder ich wurde auf einen Tisch gestellt und dann hinuntergestoßen und getreten und gestoßen. Die Folterer schlugen mir elektrische Viehstöcke auf Gesicht und Kopf. Jedes Mal war die Tortur anders, manchmal wurde ich auch nach der Vernehmung in Handschellen in die Zelle zurückgebracht. Wenn sie besonders wütend waren, dann fesselten sie mir auch noch die Beine. Die Chinesen hatten zweierlei Befragungsmethoden. Zuerst kam eine höfliche Person, die einen nicht quälte und nur Fragen stellte, aber danach folgte die brutale Art der Vernehmung.
In den ersten vier Monaten wurde ich hauptsächlich vom PSB Personal vernommen, während es vor dem Prozeß dann meist die Beamten der Prokuratur waren. Zwei Monate lang wurde ich von diesen vernommen. Die Art der Befragung war ähnlich, nur wurden nun die vom PSB erstellten Akten zur Grundlage genommen. Sie behandelten mich besser und schlugen mich nicht. Andere politische Gefangene wurden auch von der Prokuratur mißhandelt, aber ich nicht."
Sonam Dolkar, die 1990 nach Seitru kam, erzählte: "In den ersten drei Tagen wurde ich nicht vernommen, aber ab dem vierten Tag begannen dann die Fragen. Zwei Tage lang wurde ich ganz manierlich gefragt: 'Wer steht hinter dir? Welche Ausländer kennst du?' Dann erklärten sie mir, daß sie die Dokumente in Händen hätten, die ich Seiner Heiligkeit, dem Dalai Lama, übermitteln wollte, und daß sie über alles Bescheid wüßten, was ich getan hätte. Sie mahnten mich, unverzüglich alles zu gestehen, weil ich sonst eine Menge zu leiden hätte.
Zuerst wurden die Vernehmungen in höflichem Stil geführt. Aber dann zeigten sie mir einige Folterinstrumente, wie Handschellen und elektrische Viehstöcke. Sie fuhren mit den Fragen fort und begannen, mich mit den Elektrowaffen zu quälen und mich heftig zu schlagen. Vier Folterer, zwei Tibeter und zwei Chinesen, kniffen mich ins Gesicht, banden meine um eine Stuhllehne gelegten Arme zusammen und bearbeiteten mich dann am ganzen Leib mit den Elektrostöcken: Überall schlugen sie mich, auf die Brüste, auf den Bauch. Langsam verlor mein Körper die Empfindung und wurde ganz taub. Ich blutete aus dem Mund. Schließlich sagte einer der Chinesen: 'Das ist genug für heute. Wir geben dir drei Tage Zeit zum Überlegen, was du uns sagen willst. Wir werden dich schon noch drankriegen, denke doch an deinen Mann und deine Tochter!'
Sie ließen mich zwei Tage lang in Ruhe. Eine Kieferverletzung machte mir zu schaffen, und mein ganzer Körper war wund und steif. Dann riefen sie mich wieder ins Vernehmungszimmer und wollten wissen, was ich mir nun überlegt hätte. Ich antwortete, daß ich nichts weiteres zu sagen hätte. Dann gingen sie zu meinen Eltern und fragten diese, mit wem ich Umgang pflege, wer meine Freunde seien und wohin ich gerne ginge. Nun drohten sie mir, daß sie auch mein Kind holen würden.
Als ich mich immer noch weigerte, Auskunft zu geben, schlugen sie mich wieder mit den elektrischen Schockwaffen, fesselten meine Hände und boxten mich. Besonders einer geriet in Rage, weil ich einfach keine Antwort gab. Er stand auf, ergriff eine der Elektrokeulen und haute sie mit voller Wucht auf meinen Nacken. Der Schlag drang durch meine Haut und eine Menge Blut floß. Ich verlor das Bewußtsein und kam erst im Krankenhaus wieder zu mir. Einen Monat lang lag ich einfach nur in meiner Zelle. Eine große Narbe habe ich nun an meinem Nacken, wo ich getroffen wurde. Als die Wunde etwas geheilt war, wurde ich noch einmal vier Monate lang vernommen. Sie stießen mich brutal in die Schenkel. 22 Tage lang wurde ich mit den automatischen Handschellen gefesselt, die bei jeder Bewegung enger wurden und mir in die Handgelenke schnitten."
Dawa Kyizom wurde 1990 verhaftet und zuerst in das Polizeirevier des Landkreises gebracht, dann in das Militärlager von Taktse und schließlich nach Gutsa. Sie berichtete: "Zwei Polizisten, ein Tibeter und ein Chinese, kamen in meine Wohnung und holten mich zum an quan chus (Kreis-PSB). Sie fragten, wer mir die Flagge gegeben hätte. Zuerst waren sie höflich, aber am nächsten Tag bedrohte mich Lobsang Gile, der tibetische Polizist, und mißhandelte mich. Er schlug und trat mich und band meine Hände hinter dem Rücken zusammen. Dann hängte er mich an der Decke auf, so daß meine Füße über den Boden nicht berührten, und ließ mich 15 Minuten so baumeln.
In dem Militärlager von Takste war ich vier Tage lang in Handschellen. Die Beine waren mir 12 Tage lang gefesselt. Einen Monat lang bekam ich nichts zu essen außer einem Schüsselchen tsampa und schwarzem Tee. Zu der Zeit war ich schrecklich verängstigt wegen der vielen Fragen, die sie mir stellten. Manchmal wurde ich höflich behandelt, und ein andermal wieder gefoltert. Meistens gaben sie mir Ohrfeigen ins Gesicht und Fußtritte in die Rippen...
Fünf Personen vernahmen mich, wovon drei Männer und zwei Frauen waren. Gewöhnlich war es das tibetische Personal, das mich peinigte, und das chinesische, das höflich mit mir umging, aber ich denke, daß es absichtlich die Aufgabe der Tibeter war, mich zu schlagen, damit Tibeter auf Tibeter losgehen sollten. Während die Chinesen stets durch allerlei Tricks das aus mir herauszuholen versuchten, was sie wissen wollten. Jeden Tag wurde ich morgens 3 Stunden und nachmittags 3 Stunden lang mit den Fragen gequält, außer an Sonntagen. Nach der Verlegung nach Gutsa wurde ich erneut vernommen, acht Monate lang bis zu meinem Prozeß und Urteilsspruch."
Ngawang Choedon kam 1989 nach Gutsa: "In dem zentralen Polizeirevier wurden mir viele Fragen gestellt: 'Warum hast du nach Freiheit für Tibet gerufen? Wer hat die Demonstration angeführt? Hast du Freunde, die dich unterstützen? Von welchem Kloster bist du?' Bei diesen Fragen schlugen sie mich mit den Pistolenläufen auf die Brüste und den Oberkörper. In Gutsa wurden unter Mißhandlungen dieselben Fragen wiederholt. Mit einem Strick wurde ich am ganzen Körper gefesselt, an den Händen an der Zimmerdecke aufgehängt und dabei geschlagen und gestoßen. Am ersten Tag wurde ich bis fünf Uhr nachmittags vernommen, und dann von 5 Uhr bis Mitternacht mußte ich im Freien stehen. Danach wurde ich täglich zwei Stunden lang ausgefragt. Manchmal preßten sie mir den Elektroschockstab in den Mund und bearbeiteten mich am ganzen Rücken und den Brüsten damit. Vier Tage später wurde das Urteil gesprochen, danach wurde ich nicht mehr vernommen. Bei der Verhaftung und anfänglichen Vernehmung waren es Männer, aber nach der Verurteilung waren es Frauen, die mir Fragen stellten."
Lhundup Monlam wurde nach seiner Verhaftung 1990 anfangs in dem Gefängnis von Gyaltse festgehalten: "Bei der Vernehmung mußte ich stehen, Hände und Füße wurden mir in Schellen gelegt. Zuerst wurde ich nicht geschlagen. Sechs Monate war ich in Gyaltse. In den ersten 5 Monaten war ich in Handschellen, auch meine Beine waren in Ketten, und mir wurden viele Fragen über die Zeit von 1987 bis zur Gegenwart gestellt. Die Fußketten wogen 3 gyama und das Schloß noch mal 2 gyama. Nachdem sie mich gefesselt hatten, gingen sie mit einem Cassetten-Recorder zur Wohnung meiner Eltern und forderten sie auf, mich zum Eingestehen meiner Taten zu bewegen. Dann spielten sie dieses Tonband vor mir ab, aber weil ich ahnte, daß meine Eltern zum Sprechen gezwungen worden waren, wurde ich nicht geständig. Daraufhin wurde ich zwei Tage lang mit 28 gyama Gewicht an den Füßen gefesselt. Diese Fußschellen seien sehr alt und schon 1959 im Einsatz gewesen, erklärte man mir.
Als ich in Gyaltse oder Ngari war, wurde ich nicht geschlagen, aber in Drapchi dafür. In Gyaltse wurde ich jeden Tag 16 Stunden lang vernommen, außer zur Essenszeit. Nachdem ich gestanden hatte, wurde ich nur noch alle 2-3 Tage vernommen."
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Teil K |
Medizinische Behandlung
Ehemalige politische Gefangene klagten einmütig darüber, daß sie keine angemessene medizinische Fürsorge erhielten. Eine alarmierende Zahl der Interviewten wurden aus gesundheitlichen Gründen in die Obhut eines Krankenhauses entlassen, weil die Gefängniskliniken nicht imstande waren, sie zu behandeln. Es scheint, daß alle Gefängnisse eine sanitäre Abteilung haben, aber oft gab das Personal dort ohne Untersuchung der Kranken einfach Arznei aus. Was diese betrifft, so war sie oft datumsmäßig verfallen oder für das Leiden gar nicht zutreffend. Viele Gefangene berichteten, daß die Krankenstationen nur ein oder zwei Arten von Medikamenten hatten und daß, egal was die Beschwerden des Patienten waren, nur Schmerz- oder Schlaftabletten ausgegeben wurden. Viele meinen, daß sie in der medizinischen Behandlung benachteiligt wurden, weil sie politische Gefangene waren.
Wie niedrig der Standard der zur Verfügung stehenden ärztlichen Fürsorge in den Gefängnissen ist, wird deutlich aus der Art der Behandlung, die Gefangene erfuhren, wenn sie ernstlich krank waren. Wenn sie das Glück hatten, überhaupt behandelt zu werden - und leider starb eine ganze Reihe wegen unzureichender oder zu spät erfolgter Behandlung - dann wurden sie in eines der Krankenhäuser Lhasas eingeliefert, wo sie bis zum Zeichen einer Besserung blieben. Ein Beispiel für einen Todesfall in der Gefangenschaft ist Lhakpa Tsering, der im Dezember 1990 starb, wahrscheinlich wegen unterlassener medizinischer Versorgung nach den auf die Mißhandlungen zurückzuführenden inneren Verletzungen. Auf seinen Tod hin protestierten die Gefangenen von Drapchi. Einige der Interviewten erwähnten auch den Tod von Tsamla, einer etwa dreißigjährigen Geschäftsfrau aus Lhasa, die im August 1991, wenige Monate nach ihrer vorzeitigen Entlassung starb. Die genaue Todesursache ist nicht bekannt, aber durch die wiederholten und brutalen Prügel im Gefängnis waren ihre inneren Organe schwer geschädigt worden. Kurz vor ihrer Entlassung wurde sie angeblich als "Belohnung für gutes Benehmen" zu einer Explorations-Operation in die Klinik eingeliefert. Es ist anzunehmen, daß man sie nicht im Gefängnis sterben lassen wollte.
Ein kürzlicher Fall einer im Gefängnis gestorbenen Gefangenen ist der von Ngawang Dekyi, einer 25-jährigen Nonne, die nach 16 Tagen Krankenhausaufenthalt im Januar 1998 starb. Sie leistete eine Haftstrafe von 6 Jahren im Drapchi Gefängnis ab. Der topden, der die Himmelsbestattung durchführte, erklärte: "Nach den Verletzungen zu urteilen, scheint es, daß die Verstorbene schwer mißhandelt worden ist, Blut war aus den Gehirnvenen ausgetreten und hatte es rot und blau gefärbt, ebenso wies die rotblaue Farbe der Schulterblätter auf schwere Schläge hin". Als sie ins Hospital kam, war es bereits zu spät.
Art. 54 der Gefängnisverordnung der PRC legt fest: "Jedes Gefängnis muß eine medizinische Einrichtung haben, sowie für die tägliche Gesundheitspflege sorgen. Sanitäre Einrichtungen für die hygienische Unterbringung der Insassen müssen gewährleistet sein."
Während Art. 26 der Verordnung für Haftzentren der PRC festlegt: "Ein Haftzentrum muß mit den notwendigen medizinischen Instrumenten und üblichen Arzneimitteln ausgerüstet sein. Sollte ein Insasse erkranken, so muß er rechtzeitige Behandlung erfahren, und wenn er der Hospitalisierung bedarf, muß er unverzüglich in ein lokales Spital gebracht werden. Im Falle schwerer Erkrankung kann der Häftling auf Bürgschaft entlassen werden, bis er vor Gericht gestellt wird, gemäß dem Gesetz."
Die Gefangenen wurden gewöhnlich in Begleitung von Gefängniswärtern ins Hospital gebracht, in einigen Fällen wurden sie sogar an das Krankenhausbett gefesselt. Wenn die Gefangenen dort keine Zeichen von Genesung zeigten, dann ließ man meistens ihre Angehörigen unterschreiben, daß sie die Verantwortung für sie übernehmen. Mit solch einer "Verantwortung" ist die Entrichtung der gesamten Kosten für die ärztliche Fürsorge ab dem Datum der Unterschrift gemeint. Erschreckend viele der Interviewten gaben an, daß sie nach den erlittenen Mißhandlungen ins Krankenhaus eingeliefert werden mußten. Um so absurder klingt es, daß die Familien der Gefangenen für die medizinische Behandlung aufkommen müssen. Wenn ein hospitalisierter Gefangener genas, dann wurde er in dasselbe Gefängnis zurückgebracht, wo er vorher einsaß.
Die Gefangenen litten entweder an den Folgen der Verletzungen durch Mißhandlung oder an Krankheiten, die durch die unhygienischen Verhältnisse in der Haft verursacht wurden. Ehemalige Gefangene klagten auch, daß sie im Krankheitsfall fast nicht das miserable Gefängnisessen zu sich nehmen konnten, aber es gab nichts anderes. Eine Reihe berichteten, daß sie, als sie im Krankenhaus lagen, in ihrem erbärmlichen Zustand von ihren Angehörigen kaum mehr wiedererkannt werden konnten.
Schrecklich ist auch die Blutentnahme in den Haftanstalten. Fast alle interviewten politischen Gefangenen berichteten, daß ihnen Blut abgezapft wurde, und daß niemand vorher um ihre Einwilligung fragte. Die Menge variierte von 200 ml bis zu 1 l. Keine plausible Erklärung wurde für diese Prozedur gegeben, manchmal wurde den Häftlingen erklärt, daß sie medizinisch untersucht würden, aber die Menge des abgenommenen Blutes und die Tatsache, daß nur tibetischen politischen Gefangenen Blut entnommen wurde, läßt dies bezweifeln. Der Art. 7 des ICCPR sieht vor: "Insbesondere darf niemand ohne seine freie Einwilligung zu medizinischen oder wissenschaftlichen Experimenten benutzt werden."
Angesichts der Tatsache, daß keiner der Gefangenen je erfuhr, warum ihnen Blut entnommen wurde und niemals irgendein Ergebnis der angeblichen "Tests" bekam, ist anzunehmen, daß die Blutentnahme entweder zu experimentellen Zwecken oder zur Bestrafung der Gefangenen vorgenommen wurde. Beides ist deutlich ein Rechtsverstoß, weshalb die Praxis, den Gefangenen Blut zu entnehmen, unverzüglich eingestellt werden muß.
Die Regel 22 der UN Standard Minimum Regeln für die Behandlung von Gefangenen sieht vor: "Kranke Gefangene, die eine spezielle Behandlung brauchen, müssen in die geeigneten Institutionen oder öffentliche Krankenhäuser eingewiesen werden. Wo es Krankenstationen gibt, muß ihre Ausrüstung, Einrichtung und der Arzneimittelvorrat für die ärztliche Versorgung von kranken Gefangenen geeignet und ein Stab von ausgebildeten Sanitätern vorhanden sein."
Ehemalige Gefangene berichteten im Gegensatz dazu, daß sie überhaupt nicht untersucht wurden, wenn sie an einer Krankheit oder Verletzung litten. Wenn man ihnen überhaupt glaubte, daß sie krank sind, dann wurden ihnen höchstens Schlaftabletten oder Schmerzmittel gegeben, weit entfernt von den Standard-Minimum-Regeln. Statt die geeigneten Medikamente zu beschaffen, gab man ihnen häufig Arzneimittel, deren Verfallsdatum längst überschritten war. Sehr viele der Interviewten leiden immer noch an den Folgen der Verletzungen und Krankheiten, die sie während ihrer Gefangenschaft bekommen hatten.
Sonam Dolkar sagte hinsichtlich ihrer Behandlung nach den Mißhandlungen: "Einer der Vernehmer ergriff einen der elektrischen Viehstöcke und schlug mich damit heftig auf den Nacken. Blut begann zu fließen. Ich verlor das Bewußtsein und wachte erst im Hospital wieder auf. In der Zwischenzeit hatten die Wachen mein Hemd abgenommen und eine tibetische Ärztin hatte mich in die Klinik gebracht, wo die Wunde genäht wurde. Die Ärztin erklärte, in diesem Zustand könne ich nicht vernommen werden. Ich wurde in meine Gefängniszelle zurückgebracht, denn ich hatte sehr viel Blut verloren und fühlte mich sehr schwach. Ich bekam einige Schmerz- und Schlaftabletten. Am Abend gab mir die Wärterin noch mehr Schmerztabletten. Am nächsten Morgen hatte ich die Kontrolle über meine Nackenmuskeln verloren. Über einen Monat blieb ich in der Zelle, die Wunde heilte sehr langsam, weil nur alle 8-10 Tage der Verband gewechselt wurde. Er war immer voller Blut, und alle meine Kleider waren blutverschmutzt. Ich habe immer noch eine riesengroße Narbe an der Stelle, wo ich getroffen wurde.
Eines Tages weigerte ich mich zu essen, weshalb der Koch zornig wurde und auf mich losging. Ich fiel hin und er trat mich immer wieder in den Bauch. In den nächsten vier Monaten wurde mein Zustand immer schlimmer, bis ich schließlich Blut erbrach und wieder ins Spital kam. Zuerst kam ich in die Gefängniskrankenstation, aber dort wollten sie mich nicht behalten, weil ich zu krank war. So kam ich in das Mentsekhang (tibetisches Spital), wo ich zwei Monate blieb. Ich litt unter schweren Rückenschmerzen, ich konnte nicht zur Toilette gehen und erbrach Blut. Zwei Gefängniswachen waren bei bis zum 12. Tag bei mir. Dann kamen meine Eltern in das Krankenhaus. Ihnen wurde erklärt, daß sie nun für mich verantwortlich seien, und die Gefängnisleitung mit ihnen in Verbindung bleiben würde. Meine Eltern mußten von diesem Tag an für alle medizinischen Ausgaben aufkommen. Als sie mich besuchen kamen, war meine Mutter sehr niedergeschlagen und weinte, weil ich so abgemagert war: Ich sehe gar nicht mehr wie ein Mensch aus und sei dem Tod nahe, meinte sie."
Lhundup Monlam trug vor: "Einmal wurde ich in Lhasa ins Hospital gebracht, aber nicht einmal dort erhielt ich richtige Behandlung. Der Gefängnisarzt begleitete mich, eine Stunde lang wurde ich untersucht und kehrte dann zurück. In Drapchi gab es eine Krankenstation, aber ich ging dort nicht hin, weil sie nur verfallene Arzneien hatten. Ob wir nun eine Erkältung oder Kopfweh hatten, sie gaben uns immer einerlei Medizin. Die politischen Gefangenen bekamen nicht die richtigen Medikamente".
Damchoe Palmo erwähnte: "Als ich in Gutsa war, wurden mir etwa 250 ml Blut abgenommen. Zu viert wurden wir zu einer ärztlichen Kontrolle gebracht, weil wir gesundheitliche Probleme hatten; Tsamla, die später starb, war auch dabei. Nach der Blutabnahme waren wir so schwach, daß wir uns kaum bewegen konnten. Was mit dem Blut geschah, erfuhren wir nicht, aber manche sagten, es sei für Armee bestimmt."
Lukar Jam, der aus gesundheitlichen Gründen im April 1995 entlassen wurde, erinnert sich: "Ich befand mich in sehr schlechtem Zustand, vor allem wegen der mangelhaften Ernährung und den unhygienischen Verhältnisse, aber auch wegen der stickigen Luft in der Zelle besonders im Winter, wenn wir ein Kohlefeuer unterhielten, um uns zu wärmen, und viel Kohlenmonoxid in der Luft war. Vielleicht wurde ich auch durch die Mißhandlungen so krank. Aber erst 5-6 Monate später, als ich schon fast tot war, kam ich ins Krankenhaus. Zuerst brachten mich die Wärter in das Hai-shi Volksspital. Tagsüber wurde ich dorthin gebracht und am Abend wieder zurück in die Terlengkha Haftanstalt. Nach zwei Monaten hatte sich mein Zustand nicht gebessert und ich war dem Tode nahe. Es war ein langer, schwieriger Prozeß, bis sie mich freiließen. Schließlich wurde ich zur medizinischen Behandlung entlassen, von da ab mußten meine Angehörigen für mich sorgen. Das bedeutete, daß sie von nun an für alle ärztlichen Ausgaben für mich aufkommen mußten. Meine Eltern brachten mich zur Untersuchung in das Militärhospital von Xining und danach lag ich lange in dem Volkshospital von Chabcha. Als ich dort eingeliefert wurde, wog ich nur noch 30 kg. Die Krankenhausrechnung belief sich auf 80.000 Yuan (10.000 US$). Alle meine Verwandten und Freunde halfen, das Geld zusammenzukratzen."
Entlassungsschein des PSB Haftzentrums für Lukar Jam:
Akten-Nr. 090 des Terlengkha Büros für Öffentliche Sicherheit:
Der Sträfling Lukar Jam, männlichen Geschlechts, gebürtig aus Kreis Shinghai, Provinz Qinghai, wurde am 3. September 1993 verhaftet und nach gründlicher Untersuchung aus gesundheitlichen Gründen gegen Kaution freigelassen. Public Security Bureau, Terlengkha, am 28. April 1995.
Dorje Namgyal berichtet: "Als ich nach Drapchi kam, war ich sehr elend und schwach infolge der Peinigungen bei den Vernehmungen in Gutsa. Bereits nach einem Monat wurde ich so krank, daß ich drei Tage lang in der Krankenstation des Gefängnisses lag, weil ich nichts mehr zu mir nehmen konnte. Sie wußten nicht, was mit mir tun, weshalb ich von drei Wachen in das Volkshospital gebracht wurde. Ein Soldat der PAP beobachtete mich ständig, während die Wachen abwechselnd auf mich aufpaßten. Meine Hände waren in Handschellen, und ich wurde an das Bett gefesselt. Als ich nach 2 Wochen keine Zeichen der Besserung zeigte, wurden meine Eltern gerufen. Der Arzt erklärte ihnen, daß er kaum an meine Genesung glaube. Meine Eltern mußten unterschreiben, daß sie mich nach Hause mitnehmen, für mich verantwortlich sind und mich ins Gefängnis zurückbringen, falls ich genese. Das Gefängnis zahlte nur solange für meinen Krankenhausaufenthalt, bis meine Eltern die Erklärung unterschrieben und die Verantwortung für mich übernahmen. Nun mußten sie das Geld für die Behandlung auftreiben. Nach zwei Wochen brachten sie mich in ein tibetisches Krankenhaus, wo ich noch mal drei Monate lag. Als es mir ein wenig besser ging, durfte ich nach Hause zurückkehren, aber jeden Monat mußte ein Arzt dem Gefängnis erklären, daß ich noch zu schwach für die Rückkehr dorthin sei. Ich stand immer noch unter schwerer Medikation. Mein Leiden kam von den vielen Prügeln, ich war äußerst schwach und krank. Wenn die Häftlinge durch die Mißhandlungen bei den Vernehmungen Verletzungen oder Verwundungen davontrugen, wurden diese gewöhnlich ignoriert und keine Behandlung geleistet. Nur wenn eine Verletzung besonders schwer oder infiziert zu sein schien, dann wurde der Betreffende in eine kleine Krankenstation gebracht."
Gyaltsen Choetsoe berichtet: "Als ich im Gefängnis war, hatte ich manchmal Durchfall. Die Arznei, die ich bekam, war ohnehin nutzlos, denn ob wir erkältet waren oder Durchfall hatten, wir bekamen immer nur eine Art. Wegen der Atembeschwerden und inneren Verletzungen wurde ich überhaupt nicht behandelt. Wenn immer wir um Arznei baten, bekamen wir nur eine oder zwei Tabletten, nicht mehr. In Gutsa gab es eine Krankenstation, aber keinen Arzt, nur Sanitäter.
Nach der Entlassung fühlte ich mich sehr krank, weshalb ich drei Monate lang ambulant von dem örtlichen Krankenhaus behandelt wurde. Dann hieß es, eine Röntgenaufnahme sei nötig, aber weil diese an jenem Ort nicht gemacht werden konnte, bat ich bei dem Gemeinderat um Erlaubnis, nach Lhasa fahren zu dürfen. Dort sagte mir der Arzt, daß meine Lungen geschädigt seien und ich innere Verletzungen hätte. Natürlich wäre es sehr unklug gewesen, wenn der Arzt gesagt hätte, daß diese ein Resultat der Mißhandlungen sind, aber ich weiß, daß sie daher kamen. Als ich aus dem Gefängnis herauskam, konnte ich kaum atmen. Auch jetzt habe ich noch Probleme beim Atmen. In Dharamsala war ich dann drei Monate lang in dem Delek Hospital. Danach besserte sich mein Zustand, aber die inneren Verletzungen durch die brutalen Schläge bereiten mir immer noch Schwierigkeiten."
Yeshi Damdul erklärte: "Ich trug physische Verletzungen davon, besonders in der Bauchgegend und von da an litt ich unter Magengeschwüren. Einige Male ging ich in die Gefängnisambulanz, aber war nicht zufrieden. Die Arznei, die sie mir dort gaben, war bereits verfallen. Ein tibetischer Arzt, der die Zelle mit mir teilte, stellte die Diagnose. Außer Magengeschwüren habe ich nun auch Nierenbeschwerden und die Schulter tut mir weh. Ich wollte tibetische Medizin nehmen, aber es war sehr schwer sie zu bekommen... Jedes Jahr wurde den politischen Gefangenen Blut abgenommen, manchen zapften sie sogar 1 l ab. Von mir nahmen sie nur ein Röhrchen voll. Ich weiß nicht, warum sie unser Blut haben wollten. Nach der Blutentnahme gaben sie uns heißes Zuckerwasser zu trinken und erklärten, sie wollten eine Blutuntersuchung durchführen."
Ngawang Choedon besann sich: "Als ich in Gutsa war, hatte ich schreckliche Nierenschmerzen von den Folterungen. In der Krankenstation gaben sie mir nur Schlaftabletten und Schmerzmittel. In Trisam wurde ich zur Untersuchung in die Gefängnisambulanz gebracht. Eine Woche bekam ich täglich Injektionen und Schmerztabletten. Nach einem Monat genas ich. 1996 begann dasselbe Leiden wieder, aber diesmal konsultierte ich einen tibetischen Arzt und jetzt geht es mir gut. In Gutsa waren wir etwa 60 tibetische weibliche Gefangene und allen wurde Blut entnommen. Man sagte uns, wir würden zu einer medizinischen Untersuchung gebracht, aber das einzige war, daß sie jedem etwa 200 ml Blut abzapften. Zwei Nonnen wurden ohnmächtig, aber ich fühlte keinen besonderen Schmerz dabei... Da war eine weibliche Gefangene namens Tsamla, die zweimal Injektionen bekam. Sie litt sehr und mußte ins Krankenhaus eingeliefert werden. Später wurde uns erzählt, Tsamla sei entlassen worden, aber in Wirklichkeit ist sie gestorben."
Lobsang Shakya stellte fest: "Ich bat nie darum, ins Krankenhaus zu kommen, aber meine Eltern arrangierten es. Zuerst kam ich in das Volkshospital von Shigatse. Zwei Wachen begleiteten mich, die mich den ganzen Monat über, den ich dort war, bewachten. Dann wurde ich in das tibetische Hospital verlegt, wo die Wachen ebenfalls immer bei mir waren, bis etwa eine Woche vor meiner Flucht. Ich glaube, meine Krankheit war ein Resultat der Schläge, verbunden mit der dürftigen Ernährung. Irgend etwas stimmte nicht mit meinen inneren Organen und dem Darm: Es hieß, ich hätte eine Wunde im Bauch. Meine Familie mußte für die ganze Behandlung aufkommen."
Ngawang Choezom berichtete: "In Gutsa erklärten sie mir, daß ich in der Gefängnisklinik untersucht werden müsse. Als ich dorthin kam, entnahmen mir die Sanitäter eine volle Flasche Blut. Den Grund dafür nannte man uns nicht, aber unter Tibetern in Lhasa ging das Gerücht, daß dieses Blut für den chinesischen Grenzschutz bestimmt sei. In Gutsa gab es sowohl tibetische als auch chinesische Gefangene, aber nur ersteren wurde Blut entnommen. Eine Nonne wurde ohnmächtig dabei. Am Tag der Blutentnahme hatte ich keine Beschwerden, aber zwei bis drei Tage danach begannen Kopfschmerzen, die immer schlimmer wurden, bis ich eines Tages hinfiel, meinen Kopf aufschlug und das Bewußtsein verlor. Ich blutete am Kopf. Danach brach meine Gesundheit zusammen. Ich kam zuerst in eine chinesische Klinik, wo sie mir sagten, ich hätte eine bestimmte Krankheit, aber als sie merkten, daß ich aus dem Gefängnis komme, behaupteten sie, ich sei gesund und schickten mich zurück nach Gutsa. Dort litt ich entsetzlich, ich konnte die Schmerzen nicht mehr aushalten. Dann schickten sie mich in ein tibetisches Krankenhaus, wo sie erklärten, daß ich an Blutmangel leide, wodurch mein Nervensystem und Gehirn geschädigt seien. Die Wachen begleiteten mich, aber ich konnte sie weder sehen noch hören, weil mir immer wieder schwarz vor den Augen wurde.
In der Gefängnisklinik bekam ich als einzige Arznei Schlaftabletten. Meine Familie mußte für meine ganze Behandlung aufkommen. Ich blieb 4 Monate im Krankenhaus. Auch danach war ich noch nicht völlig genesen, so daß ich nach Hause zu meinen Eltern geschickt wurde. Ich kam nie mehr ins Gefängnis zurück... Ich bin immer noch nicht auf der Höhe und muß noch Arznei einnehmen. Bei jeder Aufregung bekomme ich rechtsseitige Migräne, so daß ich mich nicht mehr bewegen kann.
Da war eine Gefangene, Tsamla, 33 Jahre alt, die im Gefängnis starb. Sie wurde vor mir verhaftet und wurde dabei heftig in die Nieren getreten. Sie durfte nicht ins Krankenhaus zur Behandlung, sondern mußte im Gefängnis bleiben, wo sie große Schmerzen litt. Als ihr Zustand dann sehr ernst wurde, schickte man sie nach Hause. Sie bekam nun Behandlung, aber es war zu spät und sie starb. Im Gefängnis wurde sie zwar operiert, aber an der falschen Seite, nicht dort wo die Verletzung war. Sie erholte sich nie mehr."
Dawa Kyizom erinnert sich: "1992 schlugen sie mich mit einem Stock auf den Kopf und verletzten mich schwer. Meine Eltern kamen und erklärten der Gefängnisleitung, daß ich krank sei und dringend Behandlung brauche. Sie erhielten Erlaubnis, mich zum Tibetischen Medizininstitut zu bringen, vorausgesetzt daß sie die Kosten übernahmen. Dreieinhalb Monate blieb ich dort. Durch die Mißhandlungen war so sehr mitgenommen, daß ich überhaupt nichts mehr sehen konnte, aber ich hörte, wie ich bewacht wurde. Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus kam ich wieder ins Gefängnis. Dort gab es zwar eine Art Ambulanz, aber alle Arzneien, die sie hatten, waren bereits verfallen. Ob ich Kopfweh oder Magenschmerzen hatte, ich bekam dort immer dieselbe Arznei. In der Ambulanz sagten sie, wir seien ja gar nicht krank, sondern wollten nur der Arbeit entgehen. Sie gaben uns nur Tabletten, aber untersuchten uns überhaupt nicht."
Thupten Tsering erinnerte sich: "Allen politischen Gefangenen wurde eine Flasche Blut entnommen, während die chinesischen Straftäter verschont blieben. Man sagte uns, es sei eine Blutprobe zur Untersuchung, aber wir hatten den Verdacht, sie verwendeten es zu ihren eigenen Zwecken. Nach der Blutentnahme fühlte ich mich unwohl und mußte die Klinik aufsuchen... Die Sanitäter dort gaben mir einfach Zucker."
Adhe Tapontsang erzählte: "In dem Gefängnis Minyak Ra Nga Gang kam eines Tages ein Arzt und nahm uns eine Blutprobe aus dem Ohrläppchen, wobei er unsere Namen notierte. Wenige Tage später kamen eine Reihe Sanitäter und riefen uns namentlich auf. Dann entnahmen sie 20 Personen Blut, obwohl sie zuvor 100 Proben genommen hatten. Wir wurden in eine Klinik gebracht, wo wir auf Stühlen neben dem Ofen sitzen mußten. Sie gaben uns eine Menge Zuckerwasser zu trinken, und wir mußten neben dem Ofen sitzenbleiben, bis unser Gesicht ganz rot von der Hitze war. Ich konnte mir nicht erklären, warum es uns so gut ging: Wir hatten es warm und eine Menge zu trinken. Dann kamen plötzlich die Sanitäter herein und entnahmen uns Blut. Ich weiß nicht, wieviel es war, vielleicht 500 ml. Dann gaben sie uns wieder Zuckerwasser zu trinken und zapften erneut Blut ab. Danach waren wir furchtbar geschwächt. Sogar jene von uns, die vorher relativ gesund waren, wurden nun schwach und unsere Haut färbte sich gelblich. Zwei Frauen starben nach diesen Prozeduren."
Bagdro gab an: "Ich war oft krank im Gefängnis. Als ich in Drapchi war, wurde ich einen Monat in das Polizeihospital außerhalb des Gefängnisses gelegt. Ich war die meiste Zeit sehr krank. Meine Lage war so ernst, daß ich beinahe starb. Mein ganzer Körper zitterte unwillkürlich. Im Polizeihospital bekam ich Injektionen, Sauerstoff und Glukose... Ununterbrochen waren die Gefängniswachen bei mir. Nach einem Monat ging es mir ein wenig besser. Sowohl in Drapchi als auch in Gutsa gab es eine kleine Krankenstation, von der wir bereits veraltete Medikamente bekamen, einige trugen als Verfallsdatum 1970 oder gar 1960. Wir konnten zwar zu dieser Ambulanz gehen, aber das einzige, was wir dort bekamen, waren Spritzen, die uns nichts halfen. Einmal gab mir eine Frau dort eine Arznei, nach deren Einnahme mein Körper ganz schwarz wurde... 1990 wurde mir Blut abgezapft. Zuvor wurde uns erzählt, alle politischen Gefangenen kämen zur Kontrolle ins Hospital, aber das war eine Lüge. Den Grund für die Blutentnahmen erfuhren wir nie. Sie entnahmen mir etwa 250 ml. Danach mußten wir heißes Zuckerwasser trinken. Lhakpa Tsering starb im Gefängnis. Ich kannte ihn nicht. Die Gefängnisleitung erklärte, er sei aus natürlichen Ursachen gestorben, aber die Wahrheit ist, daß er starb, weil er gefoltert wurde und dann die falschen Medikamente bekam."
Gyaltsen Pelsang erinnert sich: "Ich war sehr krank. Meine Eltern kamen mich besuchen, aber sie konnten mich nicht einmal mehr erkennen. Mein Vater sagte, ich sei nicht sein Kind, so entsetzlich sah ich aus. Im Gefängnis gab es eine kleine Ambulanz, wo wir Arznei bekommen konnten, aber die half uns nicht, sie war nutzlos. Mein ganzer Körper war wund und ich fühlte mich schrecklich, aber im Gefängnis bekam ich nie etwas, was mir geholfen hätte. Bei geringeren Leiden kamen die Gefangenen nicht ins Krankenhaus, sondern man gab ihnen einfach ein paar Tabletten. Nur bei ernstlichen Erkrankungen wurden sie in ein Hospital gebracht. Häftlingen über 15 Jahre wurde jedes Jahr Blut entnommen. Weil ich noch zu jung war, entging ich diesem Schicksal."
Leusang gab an: "Ich litt an Diarrhoe und hatte Blut im Stuhl. Ich wurde sehr schwach und magerte ab. Ich konnte nichts mehr zu mir nehmen. Als ich mich so übel fühlte, ging ich in die Gefängnisklinik, und sie gaben mir 12 Flaschen Glukose. Ich wurde auch zu einem tibetischen Arzt außerhalb des Gefängnisses geführt, der mir etwas tibetische Medizin gab. Nach einem Monat war ich wiederhergestellt.
Es waren so viele Kranke im Gefängnis infolge der Mißhandlungen, die sie erlitten hatten; manche versuchten sogar Selbstmord zu begehen. Wenn jemand sehr übel dran war und die Wärter dachten, daß er sterben könnte, dann wurde der Betreffende aus dem Gefängnis nach Hause entlassen.
Bei meiner Verhaftung waren wir 13 politische Gefangene. Einer davon war mein Vetter Pasang. Er kam in ein anderes Gefängnis und wurde zu 4 Jahren verurteilt. Seine Gesundheit brach zusammen, er wurde immer schwächer und starb schließlich in der Gefangenschaft. Im Kloster war er immer bei bester Gesundheit gewesen. Zuerst war er in Einzelhaft ohne Kleidung, Matten oder Decken. Pasang wurde vor allen andern gedemütigt und gezwungen, nackt aus seiner Zelle zu gehen, um seinen Nachttopf zu leeren. Er kam zwar in die Gefängniskrankenstation, aber dort behandeln sie die politischen Gefangenen nicht richtig und die Arznei half nichts. Nach meiner Entlassung hörte ich, daß er gestorben ist."
Jampal Monlam sagte: "Ich war nicht krank im Gefängnis. Ich kannte jedoch viele andere politische Gefangene, die sogar noch nach ihrer Entlassung ernste Beschwerden hatten. Später erklärten ihnen die Ärzte, daß sie jetzt gesund wären, wenn sie gleich zu Anfang die richtige Behandlung erfahren hätten. In der Gefängniskrankenstation gab es zwar Ärzte und Pfleger, aber wir wurden sehr verschieden von den anderen Gefangenen behandelt; sie fragten zwar, was uns fehle, aber waren dann sehr gegen uns voreingenommen. Manchmal, wenn wir Beschwerden hatten und kamen, erklärte das medizinische Personal uns nur: 'Ihr schaut doch so jung und gesund aus, euch fehlt überhaupt nichts!'
Allen politischen Gefangenen wurde Blut entnommen und erklärt, das sei zur medizinischen Untersuchung nötig. Bei mir waren es etwa 400 ml. Viele politische Gefangene starben, weil sie keine richtige Behandlung erfuhren. Während ich in Drapchi war, starb der 20-jährige Lhakpa Tsering infolge unterlassener medizinischer Fürsorge und danach starb noch ein Mönch, der 49-jährige Kalsang Thutop."
Gaden Tashi berichtet: "Am 8. November 1992 wurde ich ins Krankenhaus gebracht. Als ich bei der Demonstration verhaftet wurde, schlug mich die Polizei so brutal, daß ich Verletzungen erlitt. Danach kam ich in die Gutsa Haftanstalt, wo ich aber nicht ärztlich versorgt wurde. Erneut wurde ich bei der Befragung schwer geschlagen. Am 4. März 1989, als ich in das Drapchi Gefängnis verlegt wurde, mißhandelten sie mich grausam, und dann wieder bei der Aufdeckung unserer kleinen Gruppe, als sie mich verdächtigten, diese organisiert zu haben. Danach verbrachte ich 34 Tage in einem dunklen Karzer in Einzelhaft, meine Arme und Beine waren über ein Jahr in Schellen und dennoch mußte ich in meiner Gefängniseinheit wie die anderen arbeiten. All dies trug dazu bei, daß meine Gesundheit völlig zusammenbrach, aber trotz allem wurde ich immer noch nicht medizinisch behandelt. Oft fiel ich vor Schwäche um, ich befand mich wirklich in einem kritischen Zustand. Als die anderen politischen Gefangenen sahen, wie schwach ich war, flehten sie die Obrigkeit an, mich zur Behandlung in ein Krankenhaus zu bringen, weshalb ich in das Volkshospital der TAR kam. Ich hatte alles Gefühl in meinen Beinen verloren, und aus dem ärztlichen Bericht war es klar, daß ich einen Gehirnschaden hatte. Über zwei Monate blieb ich in dem Krankenhaus und wurde dann in das Tibetan Medical Institute verlegt. Im September empfahl ein Angestellter der Arbeitsbehörde der TAR und ein weiterer beim Volksgericht, mich aus medizinischen Gründen freizulassen, falls mein Vater die Garantie für mich übernehme. Siebzehn Monate war ich im Krankenhaus, bis mein Zustand sich ein wenig gebessert hatte. Auch danach mußte ich mich jeden Monat im Gefängnis melden, damit sie sicher waren, daß ich keiner politischen Aktivität mehr nachgehe... Bei meiner Entlassung mußte mein Vater ein Dokument unterschreiben, daß er vor Gericht gestellt würde, falls ich wieder politisch aktiv würde. Als dann die Polizisten in unser Haus kamen, erinnerten sie mich an diese Erklärung, und mein Vater mußte sie davon zu überzeugen, daß ihre Verdächtigungen nunmehr unbegründet seien."
Yeshe Togden erinnert sich: "Wie viele Gefangene hatte ich Dysenterie wegen der miserablen Nahrung und dem Fehlen richtiger sanitärer Anlagen. Ich konnte das Essen nicht verdauen und litt unter schweren Bauchkrämpfen. Seit ich bei der Verhaftung geschlagen wurde, konnte ich auch nicht mehr richtig hören. Wenn immer ich zur Gefängnisambulanz ging, bekam ich außer Schmerztabletten nichts, ganz egal was mein Leiden war. Die Gefangenen hatten entweder durch die vielen Prügel oder wegen der mangelnden Hygiene gesundheitliche Probleme."
Palden Gyatso gab an: "Lange Zeit war ich sehr leidend, bis ich endlich ins Krankenhaus kam. Jedes Gefängnis hatte eine Krankenstation, obwohl nicht alle die gebührende ärztliche Versorgung liefern konnten. Wenn jemand krank war, dann wurde er nicht sofort in die Krankenstation aufgenommen, weil die Zulassung einige Zeit brauchte. Wenn der Gefangene in dieser Krankenstation nicht geheilt werden konnte, dann wurde er in ein Polizeihospital gebracht, wo die Gefangenen besser behandelt werden konnten. Während meiner Zeit im Gefängnis gab es große Veränderungen: Ab 1987 änderte sich sehr viel, und politische Gefangene wurden nun anders behandelt als zuvor. Manchmal bekamen sie nicht einmal genug Wasser, um ihren Durst zu löschen. Auch die Leistung der Gefängniskrankenstation war nicht mehr die gleiche, denn nach 1987 gab es viel mehr Gefangene, weshalb es unmöglich war, daß sie gebührend medizinisch versorgt wurden.... Als ich 1990 in Outridu eingesperrt war, kam ich mit den zwei anderen politischen Gefangenen zur Blutuntersuchung. Ich war überrascht, daß sie zu diesem Zweck so viel Blut brauchten, denn sie nahmen uns etwa 1 l ab. Einer von uns, der Chinesisch verstand, hörte sie sagen: 'Zapfe den politischen Gefangenen so viel wie möglich ab, denn sie sind Spalter'. Als wir uns erhoben, war uns sehr schwindelig. Im März 1990, als ich in das Drapchi Gefängnis kam, lagen eine ganze Reihe von politischen Gefangenen auf ihren Pritschen, weil ihnen gerade Blut entnommen worden war."
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Teil L |
Einzelhaft
Wenn die von uns Interviewten in Einzelhaft gesteckt wurden, dann geschah es zur Bestrafung von Beteiligung an Protesten bis zum Singen von Freiheitsliedern. Sie berichteten, daß ihnen dabei oft noch Arme und Beine gefesselt wurden und ihre Essensrationen beträchtlich schmäler als die üblichen waren. Die Ausmaße der Karzer variierten je nach Gefängnis, aber in Drapchi sind die Einzelhaftzellen noch kleiner, sie bieten nur gerade einem Gefangenen zum Hinliegen Platz und sie sind völlig dunkel ohne Fenster oder elektrisches Licht.
Einige andere der Interviewten wurden nicht zur Strafe in Einzelhaft gesteckt, sondern vielmehr gleich nach ihrer Verhaftung mehrere Monate lang alleine in einer Zelle eingeschlossen. Nur zu den Vernehmungen wurden sie herausgelassen oder wenn sie Glück hatten, um ihren Toiletteneimer zu leeren. Einige dieser Fälle, wo die Zellen allerdings größer und die Bedingungen nicht so drastisch waren, werden nun beschrieben, ebenso wie jene, wo die Gefangenen als Strafmaßnahme in Einzelhaft kamen.
Der Art. 62 der "Detaillierten Regeln für die Disziplinararbeit von Gefangenen und Einheiten zur Reform-durch-Arbeit" der PRC von 1982 sieht vor: "Außer im Falle von Verurteilten, bei denen der endgültige Befehl zur Hinrichtung noch nicht erfolgte, und außer im Falle von Gefangenen, die sich in der Prozeßphase befinden, darf die Einzelhaft im allgemeinen sieben bis zehn Tage nicht überschreiten. Die höchste zulässige Zeitdauer beträgt 15 Tage."
Aus den Berichten der ehemaligen Gefangenen geht leider hervor, daß diese Regeln in der TAR nicht eingehalten werden. Die UN Standard Minimum Regeln für die Behandlung von Gefangenen sehen vor:
Art 31. "Körperliche Züchtigung, Bestrafung durch Einschließen in einen dunklen Karzer, sowie alle grausame, unmenschliche oder entwürdigende Art der Vergeltung sind als Strafe für disziplinäre Übertretungen völlig verboten."
Art. 32 (1) "Bestrafung durch Einkerkerung oder Reduzierung der Nahrung darf niemals auferlegt werden, wenn der Amtsarzt den Gefangenen nicht untersucht und schriftlich bestätigt hat, daß er physisch dazu in der Lage ist."
Tibetische Gefangene werden in direktem Widerspruch zu den Verordnungen der PRC selbst, als auch zu den von der UNO empfohlenen Richtlinien unter verminderter Essensration routinemäßig in finstere Karzer eingeschlossen. Ganz gewiß wurde keiner der Interviewten jemals von einem Arzt untersucht, ehe er in Einzelhaft gesetzt wurde, selbst wenn er schon Verletzungen hatte. Zusätzlich wurden viele Gefangene noch in Hand- und Fußschellen gelegt, als sie in Einzelhaft kamen, was zu ihrer vermehrten Demütigung und Pein gedacht war.
Ein Beispiel dafür, wie die chinesischen Machthaber fortfahren, Einzelhaft als eine Züchtigungsmaßnahme für tibetische politische Gefangene in direkter Verletzung der UNO Richtlinien und ihrer eigenen anzuwenden, ist die Art und Weise, wie mit Chadrel Rinpoche umgegangen wird. Im September 1997 berichtete Human Rights in China, daß Chadrel Rinpoche, der frühere Abt von Kloster Tashilhunpo in Shigatse und der Leiter der offiziellen Suchkommission nach der Reinkarnation des Panchen Lama, in dem Chuandong Gefängnis No. 3 des Distrikts Dazu, Provinz Sichuan, festgehalten wird. Es wird angenommen, daß er in einer Zelle eingesperrt ist, zu der nur drei Personen Zugang haben: zwei Kommissare, die direkt dem Justizministerium in Peking unterstehen, und ein als Koch und Wärter fungierender Gefangener, der sich nie entfernen darf. Chadrel Rinpoche wurde nach seiner Einlieferung in Chuandong No. 3 jeglicher Kontakt mit der Außenwelt untersagt, er darf nicht einmal zu körperlicher Bewegung seine Zelle verlassen. Sein Gesundheitszustand soll sehr schlecht sein. Seit dieser Pressemeldung von Human Rights in China gab es keine weitere Nachricht über seine Verfassung.
Nun folgen die Berichte der von uns Interviewten über ihre Erfahrungen, als sie zur Strafe in Einzelhaft gesetzt wurden:
Yeshi Damdul beschrieb die Einzelhaft 1991 in Drapchi so: "Dann wurde ich einen Monat und 6 Tage in Einzelhaft gehalten, während welcher Zeit ich die ganze Zeit in Hand- und in Fußschellen lag. Der Karzer war winzig. Es gab kein Fenster, und die elektrische Birne, die zwar vorhanden war, wurde nie angeknipst. Die ganze Zeit, die ich dort war, konnte ich den Himmel nicht sehen. Die Zelle war so klein, daß ich gerade Platz hatte, mich auszustrecken, die Decke war sehr hoch. Das Essen war viel schlechter als sonst in Drapchi; normalerweise bekamen wir dreimal täglich etwas zu essen, aber in der Einzelhaft nur zweimal: morgens bekam ich um etwa 11 Uhr ein tingmo mit einem Becher schwarzen Tee und um 4 oder 5 Uhr wieder das gleiche. Ich verhungerte beinahe. In dem Karzer sah ich nicht einmal die Wachen, ich konnte zu keinem Fenster hinaussehen oder mich bewegen, weil die Zelle so eng war, daß ich in meiner Bewegung gänzlich behindert war. Die Wachen sah ich nur, wenn sie mir das Essen gaben."
Gaden Tashi berichtete: "Als ich mich im Outridu Gefängnis in Einzelhaft befand, waren meine Hände und Füße 34 Tage lang in Fesseln. Der Karzer war dunkel und winzig. In den ersten drei Tagen hatte ich so unerträgliche Angst, daß ich nahe daran war, Selbstmord zu begehen. Diese Art von Dunkelzelle war für die meisten Gefangenen das Schrecklichste, was ihnen passieren konnte. Es ging das Gerücht, daß viele sich darin das Leben genommen hätten. Die Zelle war aus Metall und bei heller Witterung konnte ich den Umriß meiner Hände sehen. War trübes Wetter, so wußte ich nicht, ob es Tag oder Nacht war, weil es immer gleich dunkel war. Als ich aus dieser Zelle kam, war ich einige Stunden lang wie blind und konnte nichts sehen."
Dorje Namgyal war zwar selbst nie in Einzelhaft, aber erzählte: "Andere Gefangene kamen wegen Übertretung der Gefängnisregeln oder weil sie den Wachen widersprochen hatten da hinein. Als sie herauskamen, sahen wir, daß ihre Hände in Schellen waren, aber wir durften ja nicht mit ihnen reden."
Adhe Tapontsang erinnerte sich, als sie in den 60er Jahren in Einzelhaft war: "Als ich in Dhartsedo war, kamen zwei Männer, die durch einen Beinschuß verletzt waren, aus Lhasa und berichteten, daß Seine Heiligkeit der Dalai Lama nach Indien geflohen war. Ich war sehr ergriffen von dieser Nachricht. So glücklich war ich darüber, daß ich beim Schweinehüten ein Lied sang, das davon handelte, daß wir nicht traurig sind, obwohl wir nun leiden, denn die Zeit der Freiheit wird gewiß kommen. Die Aufseher hörten, was ich gesungen hatte, und ich wurde dafür geschlagen und dann eine Woche lang in Einzelhaft gesteckt. Nach zwei Tagen wurde ich zur Vernehmung herausgeholt, was mich dazu veranlaßt hätte, solch ein Lied zu singen und was meine Gedanken seien. Jeden zweiten Tag wurde ich befragt und als ich in die Zelle zurückgebracht wurde, erklärten sie mir, daß ich wieder einen Tag zum Nachdenken hätte. Das Essen war dasselbe, wie sonst auch. Die Wachen behandelten mich in dieser Woche sehr schlecht und die Amtspersonen beschuldigten mich, eine Aufwieglerin zu sein. Sie ließen mich mit den Händen auf dem Rücken auf zwei Holzklötzen so lange knien, bis ich es nicht mehr aushalten konnte. Es gab kein Licht in der Zelle, sie war ganz leer."
Gyaltsen Pelsang sagte: "Eine meiner Freundinnen wurde in Einzelhaft eingeschlossen, weil sie im Gefängnis protestiert hatte. Sie wurde etwa eine Stunde lang mit Elektroschocks gefoltert und dann über sechs Monate in Einzelhaft gehalten."
Die folgenden Berichte stammen von Gefangenen, die gleich nach ihrer Festnahme in Einzelhaft kamen.
Bagdro kam alleine in eine Zelle: "Im Gutsa Gefängnis war ich alleine in der Zelle, die etwa 1 ½ auf 6 Fuß maß. Es drang kein natürliches Licht hinein, aber bei Nacht brannte immer eine Birne. Als ich in diesem Karzer war, wollte ich mir das Leben nehmen, indem ich mich an meinem Gürtel erhängte, aber die Decke war zu hoch, so daß ich nicht hinaufreichen konnte. Es gab auch kein Bett darin, nur eine schmutzige, löchrige Decke. In einer Ecke war eine kleine Öffnung für den Essensnapf und das Nachtgeschirr. Etwa 10 Tage lang war ich darin mit gefesselten Händen und Beinen eingeschlossen. Ich wurde tatsächlich verrückt. Als ich dem Wahnsinn nahe war, ließen sie mich heraus, um meine Eltern zu sehen. Als diese mich sahen und mich umarmten, brachten sie in Tränen aus..."
Tenzin Choedon wurde 1988 zwei Monate lang in Gutsa festgehalten: "Die ganze Zeit in Gutsa war ich alleine in der Zelle. Sie war ziemlich groß, es war eigentlich ein Zimmer für 10 Personen, etwa 15 x 20 Fuß. Zwei Gefangenentrakte mit je 8 Zellen langen nebeneinander, die verschiedene weibliche Gefangene enthielten, aber wir durften nicht miteinander reden. Ich mußte auf dem Boden schlafen. Das Zimmer war ganz leer, es gab kein Möbelstück darin, der Boden war mit Blut und eingetrockneten Exkrementen bedeckt. Ich bekam nur eine dünne, blutverschmierte Steppdecke, die voller Löcher war. Als ich eingeliefert wurde, konnte ich die ersten drei Tage überhaupt nicht zur Toilette gehen. Ein Metallbehälter als Klo stand in der Ecke, den ich alle drei Tage leeren mußte. Wenn ich dazu hinausgelassen wurde, mußte ich zu der Toilette rennen, damit ich keine Gefangenen in den anderen Zellen sehen sollte. Die Wachen warfen Steine nach mir, um mich anzutreiben. Nur wenn ich zu den Vernehmungen herausgeholt wurde, durfte ich zur Toilette gehen, sonst nicht."
Leusang wurde nach seiner Verhaftung zuerst 4 Monate alleine eingesperrt. Damals war er 15 Jahre alt: "Anfänglich, nachdem ich wegen meiner Beteiligung an den Demonstrationen verhaftet wurde, wurde ich ganz alleine eingekerkert. Auf dem Boden lag nur eine Matratze, alles sonst mußte entweder von meinen Angehörigen gestellt werden oder hatte ich bei der Verhaftung schon bei mir. So waren die einzigen Decken jene, die ich von zu Hause mitgebracht hatte. Zum Essen bekamen wir nur einmal täglich tsampa und eine Thermosflasche schwarzen Tee. In der Zelle gab es kein Licht, trotz des winzigen vergitterten Fensters war es sehr dunkel."
Lobsang Shakya, der einen Monat in dem Gefängnis Karkhang bei Shigatse eingesperrt war, ehe er ins Krankenhaus kam, bemerkte: "Die ganze Zeit, die ich alleine eingekerkert war, hatte ich überhaupt keinen Kontakt mit anderen Gefangenen. Wenn ich zur Toilette hinausgelassen wurde und mich auch nur ein wenig umwandte, um in eine andere Zelle hineinzuschauen, schlugen mich die Wachen mit ihrem Stock."
Ngawang Choedon, die in Gutsa eingeschlossen war, erinnert sich: "Nach der Verurteilung wurde ich 20 Tage lang ganz alleine in eine Zelle gesetzt. Eine andere Nonne, die am Tag vor mir verhaftet und zu 7 Jahren verurteilt wurde, war ebenfalls 20 Tage lang in Einzelhaft. In den ersten zwei Tagen bekam ich morgens gar nichts zu essen, nur mittags und abends ein wenig. Die Nahrung war dieselbe wie die übliche Gefängniskost, aber weil ich gewohnt war, ziemlich viel zu essen, fühlte ich mich in der Anfangszeit sehr hungrig. Nur einmal abends durfte ich die Zelle verlassen, um den Toiletteneimer zu leeren."
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