24. April 2002

Tibetan Centre for Human Rights and Democracy
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Das TCHRD gedenkt des 13. Geburtstages des 11. Panchen Lama

Der 11. Panchen Lama, Gedhun Choekyi Nyima, feiert am 25. April 2002 seinen 13. Geburtstag; es sind nun sieben Jahre her, seit er und seine Eltern verschwanden.

Am 14. Mai 1995 erkannte Seine Heiligkeit, der Dalai Lama, Gedhun Choekyi Nyima als die Wiedergeburt des 10. Panchen Lama an. Die Regierung der VR China erklärte diese Anerkennung für ungültig und widerrechtlich. Ein paar Monate nach dem Verschwinden des Knaben ernannte die chinesische Regierung ihren eigenen Panchen Lama, einen Jungen namens Gyaltsen Norbu. Ein Jahr später, im Mai 1996, gab die VRC zu, daß sie Gedhun Choekyi Nyima "auf Ersuchen seiner Eltern" in Gewahrsam halte, denn er "stünde in Gefahr, von den Separatisten entführt zu werden und seine Sicherheit sei bedroht". Es mutet seltsam an, daß die Chinesen so viel daransetzen, jemanden zu "schützen", den sie nur als einen gewöhnlichen Jungen betrachten.

In den auf diese Erklärung folgenden Jahren verlangte die VRC, daß nur der von ihr ausgewählte Panchen Lama in Tibet anerkannt werde, und sie schreibt Mönchen, Nonnen und allen anderen Tibetern vor, sich von Gedhun Choekyi Nyima zu distanzieren. Aus Tibet kommende Flüchtlinge und westliche Touristen erzählen, Bilder des chinesischen Panchen Lamas würden überall in den Hauptklöstern und Touristenhotels in Tibet an sichtbarer Stelle zur Schau gestellt. Andererseits sind Bilder Seiner Heiligkeit, des Dalai Lamas, und Gedhun Choekyi Nyimas in ganz Tibet verboten.

Viele UN Vertreter und Regierungsdelegationen aus der ganzen Welt äußerten ihre Besorgnis über die fortgesetzte Gefangenhaltung des Panchen Lama und appellierten an die chinesische Regierung, einer unabhängigen Person, die sowohl für sie als auch für die Tibeter akzeptabel ist, Zugang zu dem Knaben zu gewähren, um sich seines Wohlergehens und seiner Lebensumstände zu vergewissern. Die VRC läßt jedoch weiterhin keine Außenstehenden zu dem Knaben und seinen Eltern. Im Oktober 2000 wurde einer britischen Delegation mitgeteilt, dem Knaben gehe es gut und er besuche die Schule. Seine Eltern wünschten nicht, daß die internationale Öffentlichkeit und die Medien sich in sein Leben einmischen. Zwei Photos, die angeblich vom Panchen Lama stammen sollen und auf denen ein Junge im etwa richtigen Alter zu sehen ist, wurden der britischen Delegation gezeigt. Es war ihr jedoch unmöglich, die Identität des Jungen oder den abgebildeten Ort zu bestimmen, noch wurden die Photos den britischen Regierungsvertretern gestattet, die Photos mitzunehmen.

Im August 2001 wurde einer polnischen parlamentarischen Delegation, die auf Besuch in Lhasa weilte, als Antwort auf ihre wiederholten Fragen erklärt, Gedhun Choekyi Nyima sei gesund. Es wurden ihr auch Photos des Jungen versprochen, die sie innerhalb von 6 Wochen bekommen sollte, aber diese trafen nie ein. Unlängst erhielt die polnische Regierung einen Brief von der chinesischen Botschaft in Warschau, in dem es heißt, Gedhun Choekyi Nyima und seine Eltern wollten nicht, daß ihr friedliches Leben von Fremden gestört werde; die chinesische Regierung respektiere überdies "die freie Willensentscheidung ihrer Bürger und hoffe, das polnische Volk würde es sicher verstehen".

Im März 2002 traf eine offizielle Delegation der Autonomen Region Tibet (TAR) mit Repräsentanten des Europäischen Parlaments zusammen und wieder einmal wurde erklärt, Gedhun Choekyi Nyima wünsche nicht, gestört zu werden. Die Delegation der TAR weigerte sich auch, auf Fragen hinsichtlich der den polnischen Delegierten versprochenen Photos zu antworten.

Angesichts der Weigerung, Bilder zu liefern, auf denen Gedhun Choekyi Nyima eindeutig zu erkennen ist, oder eine unabhängige Person den Knaben und seine Familie besuchen zu lassen, kann das tibetische Volk nur noch das Schlimmste befürchten. Das Tibetische Zentrum für Menschenrechte und Demokratie ist entsetzt über die fortgesetzte Gefangenhaltung eines 13-jährigen Knaben. Wir appellieren erneut an die VRC, einer unabhängigen Person zu erlauben, Gedhun Choekyi Nyima zu besuchen und sich seiner Gesundheit und Lebensumstände zu vergewissern.

Die Verschleppung und das fortgesetzte Versteckthalten des zweithöchsten Lamas in der tibetischen Hierarchie widerlegt gänzlich Chinas Behauptung, die Religionsfreiheit in Tibet zu respektieren. Während wir es begrüßen, daß sich Länder in der ganzen Welt um das Schicksal des Panchen Lamas bemühen, kann das TCHRD nicht verstehen, warum in diesem Jahr kein Land den Mut aufbrachte, eine Resolution gegen Chinas Menschenrechtsverstöße bei der UN Menschenrechtskommission einzubringen. Ohne internationale Verurteilung wird China fortfahren, bedeutende religiöse Persönlichkeiten in Haft zu halten und die Religionsfreiheit in Tibet zu verweigern.