10. Dezember 2004
Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD)
Top Floor, Narthang Building, Gangchen Kyishong, Dharamsala 176215, H.P., India
Phone/Fax: +91 1892 223363/225874, e-mail: dsala@tchrd.org, www.tchrd.org

Pressemitteilung zum Tag der Menschenrechte

Der 10. Dezember 1948 ist der Tag, an dem die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verabschiedet wurde. Eine Resolution der UN-Vollversammlung erklärte die Deklaration zum "allgemein verbindlichen Standard, den alle Völker und Nationen erreichen sollen", wenn es um die Menschenrechte geht.

Die UN-Mitgliedsstaaten, darunter auch China, haben sich verpflichtet, in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen für die weltweite Achtung und Einhaltung der Menschenrechte und Grundfreiheiten zu sorgen. Die Erklärung war ursprünglich eine Vorgabe von Zielen, die von den einzelnen Regierungen verwirklicht werden sollen. Die Tatsache, daß sie von so vielen Staaten angenommen wurde, hat ihr indessen ein beachtliches moralisches Gewicht verliehen. 1968 kam die Internationale Menschenrechtskonferenz der UNO überein, daß die Erklärung "für die Mitglieder der internationalen Gemeinschaft eine Verpflichtung darstelle".

Am 10. Dezember 1989 wurde dem Dalai Lama für Seine anhaltenden Bemühungen um Frieden und Menschenrechte auf dem Wege der Gewaltlosigkeit der Friedensnobelpreis verliehen. Hinsichtlich der Wertung durch die internationale Gemeinschaft bedeutet dieses Ereignis einen wichtigen Wendepunkt in der Geschichte des tibetischen Freiheitskampfes.

Als Mitglied der Vereinten Nationen und der internationalen Gemeinschaft hat China es versäumt, den in der Erklärung der Menschenrechte niedergelegten Prinzipien den gebührenden Respekt entgegenzubringen. Die chinesischen Behörden verweigern dem tibetischen Volk weiterhin systematisch die Menschenrechte.

Folgende Vorkommnisse wurden 2004 u. a. durch das TCHRD dokumentiert:

• Dem TCHRD liegen Informationen über 13 neue Fälle von Verhaftungen von Tibetern vor, denen politische Aktivitäten zur Last gelegt werden.

• Der Mönch Tsering Pal aus dem Distrikt Machen in Amdo wurde während eines verbalen Streites von einem chinesischen Polizisten erschossen.

• Der politische Gefangene Yeshi Gyatso verstarb innerhalb eines Monats nach seiner Entlassung aus einem Gefängnis in der Nähe von Lhasa. Allgemein wird angenommen, daß sein Tod auf die in der Haft erlittene Folter zurückzuführen ist.

• Am 4. September 2004 wurden drei Tibeter verhaftet, weil sie gegen ein von den chinesischen Lokalbehörden des Distrikts Sog (chin: Suo Xian) genehmigtes Bergbauvorhaben protestiert hatten.

• Der "terroristischer Akte" angeklagte Tulku Tenzin Delek wurde vor Gericht gestellt und zum Tode verurteilt. Sein weiteres Schicksal ist ungewiß, denn sein zweijähriger Hinrichtungsaufschub läuft demnächst aus.

• Immer noch werden über 150 Tibeter in verschiedenen Gefängnissen in Tibet festgehalten, weil sie ihr Recht auf Redefreiheit wahrgenommen haben; der Verbleib des Panchen Lama Gedhun Choekyi Nyima und manch anderer hochrangiger buddhistischer Würdenträger bleibt weiterhin unbekannt.

• Im Oktober 2004 kündigte China eine Neuauflage der Kampagne des Harten Durchgreifens in Lhasa an. Im Rahmen dieser Kampagne erhält die Polizei unbeschränkte Handlungsvollmacht, um gegen Tibeter vorzugehen.

Der Nationale Volkskongreß hat bei seiner zweiten Sitzung im März 2004 durch die Einfügung des Wortes "Menschenrechte" eine historische Änderung der chinesischen Verfassung vorgenommen. So heißt es nun dort: "Der Staat respektiert und schützt die Menschenrechte". Der Begriff "Menschenrechte" wurde in diesem Verfassungszusatz jedoch nicht genauer erläutert, wodurch die Interpretation des Begriffs offen und mehrdeutig bleibt.

Das TCHRD bringt an dieser Stelle seine Bedenken bezüglich der chinesischen Definition der Begriffe "Staatssicherheit", "soziale Stabilität", "gegen die öffentliche Ordnung gerichtete Straftaten" und ähnliche zum Ausdruck, denn immer mehr Tibeter werden unter derartigen Anschuldigungen inhaftiert. Solange die Behörden sich solcher Rechtfertigungen bedienen, wird nach Auffassung des TCHRD kein Verfassungszusatz, wie auch immer sein Wortlaut sein mag, auch nur die geringste Änderung bewirken.

An diesem 56. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte möchte das TCHRD die internationale Gemeinschaft dazu auffordern, der Politik und Praxis Chinas in Sachen Menschenrechte in Tibet gegenüber wachsam zu bleiben. Zudem ruft das TCHRD die chinesische Regierung auf, die internationalen Menschenrechtsnormen zu achten und sich an sie zu halten.

Das TCHRD ist die erste tibetische NGO, die sich zur Aufgabe gemacht hat, "auf die Menschenrechtssituation in Tibet hinzuweisen und die Prinzipien der Demokratie in der tibetischen Gemeinschaft zu fördern". Das TCHRD, das im Januar 1996 gegründet wurde, ist unabhängig von der Tibetischen Regierung-im-Exil und hat seinen Sitz in Dharamsala, Indien.