11. Mai 2005
Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD)
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Mönche wegen tibetischer Flagge zu elf Jahren Haft verurteilt

Zwei Mönche aus der Tibetisch Autonomen Präfektur (TAP) Kardze, Provinz Sichuan, wurden zu Gefängnisstrafen von 11 Jahren verurteilt, weil sie die verbotene tibetische Nationalflagge aufgezogen hatten, wie aus bestätigten, dem TCHRD zugegangenen Informationen hervorgeht. Der 22-jährige Lobsang Khedrup ist aus der Gemeinde Dado, Distrikt Kardze, gebürtig, während der 26-jährige Mönch Gyalpo aus der Gegend Shungten in Kardze kommt.

In den letzten Jahren ist die Region Kardze immer mehr zu einem Brennpunkt der Repression durch die chinesischen Behörden geworden. Die meisten Fälle von Festnahmen und Menschenrechtsverletzungen von Tibetern werden aus dieser Region gemeldet. Oftmals geht es dabei um die tibetische Nationalflagge, die einmal sogar auf dem Mast eines Störsenders gesehen wurde.

Nach der dem TCHRD zugegangenen Mitteilung wurde Gyalpo im Januar 2004 verhaftet, während Lobsang Khedrup einen Monat später an seinem Heimatort festgenommen wurde. Viele Monate lang waren die Angehörigen ohne jegliches Wissen über den Verbleib oder das Befinden der beiden Mönche, denn diese wurden ohne Verbindung zur Außenwelt festgehalten. Erst als sie kürzlich vom Mittleren Volksgericht von Kardze verurteilt wurden, hörte man von ihnen. Sie sind jetzt im Gefängnis von Dartsedo in Kardze inhaftiert.

Die Festnahme und Verurteilung von Lobsang Khedrup und Gyalpo stellt einen Verstoß gegen eine ganze Reihe von Bestimmungen des chinesischen Strafgesetzes dar. Sie wurden willkürlich verhaftet und und angeklagt, ohne daß ihnen die Möglichkeit zu einem fairen Verfahren und zur Verteidigung gegeben wurde. Ihre Familien wurden beinahe ein Jahr lang ohne Kenntnis von ihrer Verhaftung gelassen. Auch wurde ihnen das Recht auf Verwandtenbesuch vorenthalten.

Der Fall von Lobsang Khedrup und Gyalpo stellt eine eindeutige Verletzung einer Verfügung des Internationalen Abkommens über Bürgerliche und Politische Rechte (ICCPR) dar, zu dessen Unterzeichnerstaaten auch die VR China gehört. Art. 9 des ICCPR lautet: "Jedermann hat ein Recht auf persönliche Freiheit und Sicherheit. Niemand darf willkürlich festgenommen oder in Haft gehalten werden...". Ebenso liegt eine Verletzung des Art. 9 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (UDHR) vor, wo es heißt: "Niemand darf willkürlich festgenommen, in Haft gehalten oder des Landes verwiesen werden." Weiterhin ein Verstoß gegen den Art. 10 der UDHR, der vorsieht: "...Jeder Mensch hat in voller Gleichberechtigung Anspruch auf ein der Billigkeit entsprechendes und öffentliches Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Gericht, das über seine Rechte und Verpflichtungen oder über irgendeine gegen ihn erhobene strafrechtliche Beschuldigung zu entscheiden hat."

Für die Regierung der VR China sind die nationale Einheit und die soziale Stabilität vorrangig. Wegen der politischen Brisanz der Tibetfrage geht sie äußerst scharf gegen jegliche Manifestation von Nationalismus oder gegen Aktivitäten vor, die ihr als die Unabhängigkeit befürwortend erscheinen. In diesem Sinne haben die Behörden die tibetische Nationalflagge sowie Bilder des Dalai Lama und Schriften politischen Inhalts verboten. Alle derartigen Aktivitäten werden als Verbrechen, welche "die Staatssicherheit gefährden", schwer geahndet.

Mit Stand Dezember 2004 waren dem TCHRD 146 Fälle von politischen Gefangenen bekannt, die ihre Strafe in Gefängnissen und Haftanstalten in Tibet verbüßen. Fast alle wurden sie wegen der Wahrnehmung ihrer grundlegenden Menschenrechte und Freiheiten verurteilt, insbesondere wegen des Delikts der "Gefährdung der nationalen Sicherheit".

Es ist unbedingt erforderlich, daß die VR China die Reichweite des Begriffs "Gefährdung der nationalen Sicherheit" in ihrem Strafgesetz klärt und ihn genauer spezifiziert, um die legitimen Rechte ihrer Bürger nicht weiter zu verletzten. Das TCHRD bittet die Behörden in der VR China, Lobsang Khedrup und Gyalpo ein faires Gerichtsverfahren, sowie eine ordentliche und angemessene gesetzliche Vertretung, wie sie vom chinesischen Strafgesetz vorgesehen wird, zukommen zu lassen. Da die Aktivitäten der beiden Mönche in nichts weiter bestanden, als daß sie ihre Meinung und ihre Gedanken zum Ausdruck brachten und ihre grundlegenden Menschenrechte ausübten, ruft das TCHRD die VR China dazu auf, sie unverzüglich freizulassen.