4. Juni 2007
Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD)
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Pressemitteilung

Chinas neue Religions-Verordnung für die TAR in Kraft getreten: PAP zerstört eine riesige Padmasambhava-Statue im Kloster Samye

Das TCHRD erhielt aus zuverlässiger Quelle Mitteilung, daß die PAP (Bewaffnete Volkspolizei) Mitte Mai 2007 im Kloster Samye eine kolossale Statue von Padmasambhava, der beim Volk auch unter dem Namen Guru Rinpoche verehrt wird, zerstört und den Schutt der Statue an einen unbekannten Ort abtransportiert hat.

In dem den Buddhisten heiligen Monat Saka Dawa erschien im Kloster Samye, Kreis Dranang, Präfektur Lhoka, TAR eine ganze Kolonne chinesischer Militärpolizisten. Sie rissen eine nahezu vollendete, riesige, mit Kupfer und Blattgold versehene Statue von Guru Padmasambhava nieder, die dank der großzügigen Spende (800.000 Yuan) von zwei chinesischen Gläubigen aus der Industriestadt Guangzhou (Kanton) in der Provinz Guangdong angefertigt worden war. Die Förderer und die Leute vor Ort waren schockiert und tief betrübt über diesen gewalttätigen und unvorstellbaren Akt der Zerstörung eines Kunstwerks von solch hoher religiöser Bedeutung.

Das Kloster Samye, das am Ufer des Yarlung Tsangpo im Kreis Dranang der Präfektur Lhoka liegt und als das erste jemals auf tibetischem Boden errichtete buddhistische Kloster gilt, geht auf das Jahr 779 zurück, als der tibetische König Trisong Detsen mit seinem Bau begann. Später übergab er es dem berühmten buddhistischen Meister Padmasambhava, der das Bauwerk vollendete.

Um zu verhindern, daß etwas über ihre Tat nach außen dringe, hinderte die PAP Pilger, Gläubige und ausländische Touristen daran, das Kloster Samye zu besuchen. Ungeheuer viele chinesische Militärpolizisten wurden um das Klostergelände herum postiert. Einige dort wohnende Tibeter, die die Mönche wegen der Zerstörung gefragt hatten, wagten nicht die Information weiterzugeben. Die Klosterbeamten antworteten den Gläubigen auf ihre Fragen, die Statue sei niedergerissen worden, weil kein neues religiöses Bauwerk ohne offizielle Genehmigung errichtet werden dürfe. Ein Tibeter vor Ort äußerte sich dem TCHRD gegenüber so: „Die Tibeter in Lhoka, besonders im Kreis Dranang, wagten nicht den Offiziellen offen die Meinung zu sagen, aber in ihrem Herzen sind sie äußerst besorgt und fürchten, daß die Demolierung der Statue Guru Rinpoches und der Abtransport des Schutts wieder die finsteren Zeiten der Kulturrevolution heraufbeschwören könnte.“

Am 1. Januar 2007 traten neue „Maßnahmen für die Regelung der religiösen Angelegenheiten“, die in 56 Artikeln festgelegt und am 29. September 2006 von dem 11. Ständigen Ausschuß der TAR-Regierung beschlossen wurden, in Kraft. Anstatt die Religionsfreiheit zu schützen, zielen diese neuen Bestimmungen darauf ab, die Regierungspolitik gegenüber religiösen Vereinigungen, deren Mitarbeitern und den einzelnen Gläubigen strikt durchzusetzen. Insbesondere ermächtigt die neue Verordnung die Beamten, die Restriktionen und staatlichen Kontrollen nach Belieben zu intensivieren.

Der Art. 13 der neuen „Maßnahmen für die Regelung der religiösen Angelegenheiten“ sieht vor , daß „religiöse Organisationen oder die für Stätten religiöser Aktivitäten Verantwortlichen, die den Bau eines religiösen Bauwerks wie etwa eines Standbildes im Freien, einer Stupa oder eines Mani Lhakhang (Häuschen, das einen großen Gebetszylinder enthält) planen, nach Einholung der Zustimmung des Amtes für religiöse Angelegenheiten ihrer betreffenden Präfektur- oder Stadtverwaltung beim Department für religiöse Angelegenheiten der Autonomen Region einen Antrag auf Prüfung und Genehmigung einreichen müssen. Das Department der Volksregierung der Autonomen Region für religiöse Angelegenheiten hat seine Entscheidung, ob es den Antrag genehmigt oder nicht, innerhalb von 30 Tagen nach dessen Erhalt bekanntzugeben.

Religiöse Organisationen und Stätten religiöser Aktivitäten, die ein großes, religiöses Standbild außerhalb des eigentlichen Gebäudes für die religiösen Aktivitäten errichten wollen, müssen sich an die diesbezüglichen Bestimmungen des Staatsrates über religiöse Angelegenheiten halten. Gruppen und Einzelpersonen, die keiner religiösen Organisation oder Stätte für religiöse Aktivitäten angehören, dürfen keine religiösen Bauwerke wie große religiöse Standbilder im Freien oder Mani Lhakhang (Häuschen für Gebetszylinder) errichten.“

Im Art. 48 heißt es in Ergänzung dazu: „Wo in Verletzung der Bestimmungen des Art. 13 dieser Maßnahmen ein religiöses Bauwerk wie etwa eine religiöse Statue im Freien, eine Stupa oder ein Mani Lhakhang außerhalb des Gebäudes für religiöse Aktivitäten ohne Genehmigung gebaut wird, wird das Amt für religiöse Angelegenheiten auf Kreis- oder übergeordneter Ebene einschreiten und den Abbruch der Bauarbeiten oder die Demolierung innerhalb einer festgesetzten Frist gemäß den einschlägigen Gesetzen und Bestimmungen anordnen“.

Das TCHRD ist der Ansicht, daß dieser jüngste Akt der Zerstörung einer Statue des Guru Padmasambhava im Kloster Samye darauf hinweist, daß die neuen Maßnahmen nach ihrer Ankündigung nun gewaltsam in die Tat umgesetzt werden, was eine Verletzung des Grundrechts des tibetischen Volkes auf Religionsfreiheit bedeutet. Das TCHRD befürchtet, daß in den kommenden Tagen im ganzen Land auch noch in anderen religiösen Einrichtungen Ähnliches geschehen wird.

Solche heftigen Einschränkungen der politischen und religiösen Aktivitäten werden auf höchster Ebene angeordnet. Die jüngsten Maßnahmen besagen also, daß die Aussichten auf größere religiöse Freiheit, wie sie von der chinesischen Verfassung großzügig garantiert wird, düster sind, besonders wenn man an Chinas bisheriges Verhalten in Sachen Religionsfreiheit denkt. Während die Verfassung Chinas den Bürgern die „Freiheit der religiösen Überzeugung“ garantiert, schützt sie nicht das Recht, den religiösen Glauben auch offen zu praktizieren. Dies zeigt, wie wichtig es ist, daß China den Internationalen Vertrag über Bürgerliche und Politische Rechte (ICCPR), den es am 5. Oktober 1998 unterzeichnet hat und der ausdrücklich das Recht auf die Freiheit des Denkens, des Gewissens und der Religion verfügt, auch ratifiziert.

Jetzt, wo China die ganze Welt umwirbt, wo es eine Unmenge von politischen Kontakten knüpft und als ein aktiver Mitspieler in der internationalen Arena auftritt, wo es sich anschickt, durch die Ausrichtung der Olympischen Spiele im nächsten Jahr der Öffentlichkeit seine Kraft und Stärke vor Augen zu führen, wo es seinen Einfluß ausweitet und in seiner Diplomatie raffinierter vorgeht, um zu einer Großmacht zu werden, sollte die freie Welt sich daran erinnern, daß sie in der Verantwortung steht und dafür sorgen muß, daß China die Menschenrechte seines eigenen Volkes, der Tibeter und anderer Völker auf seinem Boden respektiert.

Bilder

der fast fertigen Statue vor der Zerstörung gibt es auf der Website von Phayul:
http://www.phayul.com/news/article.aspx?id=16839&article=Guru+Rinpoche's+colossal+statue+before+being+demolished+in+Tibet