26. Juni 2008

Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD)
Top Floor, Narthang Building, Gangchen Kyishong, Dharamsala 176215, H.P., India
Phone/Fax: +91 1892 23363 / 25874, e-mail: office@tchrd.org, www.tchrd.org


Seite drucken

Pressemitteilung

Das TCHRD erinnert an den 11. Internationalen Tag zur Unterstützung der Folteropfer

Heute erinnert das Tibetische Zentrum für Menschenrechte und Demokratie (TCHRD) daran, dass sich der von den Vereinten Nationen geschaffene Internationale Tag zur Unterstützung der Folteropfer zum elften Male jährt, um der Schmerzen und Leiden zu gedenken, die Opfer und Überlebende der Folter auf der ganzen Welt erdulden mussten.

1984 nahm die Generalversammlung der Vereinten das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (CAT) an, das am 26 Juni 1987 in Kraft trat. Dies war ein wichtiger Schritt in dem sehr notwendigen Prozess der Globalisierung der Menschenrechte und der Anerkenntnis, dass Folter und alle Formen von unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe überall und absolut ungesetzlich sind und nicht hingenommen werden können. Gegenüber Folter kann es keine Toleranz geben. 1997 entschied sich die Generalversammlung der Vereinten Nationen, dieses historische Datum hervorzuheben und sie haben den 26. Juni jeden Jahres als Internationalen Tag zur Unterstützung der Folteropfer festgesetzt. Das Übereinkommen verpflichtet die unterzeichnenden Staaten, Folter als Verbrechen zu betrachten und diejenigen, die sich dieser schuldig gemacht haben, zu verfolgen und zu bestrafen. Es stellt ausdrücklich fest, dass weder ein höherer Befehl, noch irgendein außergewöhnlicher Umstand die Folter rechtfertigen können.

Im von China besetzten Tibet ist die Geschichte schwerer Menschenrechtsverletzungen lang und abscheulich, sie wurde dadurch begünstigt, dass begangene Menschenrechtsverletzungen straflos blieben. In dem über das gesamte Hochplateau gespannte Netz der Gefängnisse und Haftzentren sind Folter und unmenschliche oder erniedrigende Behandlung endemisch. Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung scheinen ein zentrales Element des Umganges der Vertreter des Staates mit den Tibetern, die als in Opposition zu dem kommunistischen Regime stehend wahrgenommen werden, und derer zu sein, die versuchen, ihre Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit friedlich auszuüben. Tibeter, die das geistige Oberhaupt der Tibeter im Exil, den Dalai Lama, unterstützen oder abweichende Meinungen von denen des Regimes haben, waren die bevorzugten Opfer von Folter und anderer grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder anderen Formen von Menschenrechtsverletzungen. Das TCHRD stellt fest, dass das Chinesische Büro für öffentliche Sicherheit (PSB) und die Bewaffnete Volkspolizei (PAP) wiederholt Folter als Mittel zur Einschüchterung, Ermittlung und Erpressung von Informationen oder Geständnissen von wirklichen oder mutmaßlichen Tätern und Häftlingen eingesetzt haben.

Das TCHRD hat Berichte erhalten, nach denen seit den letzten Unruhen, die in Tibet ausbrachen, mehr als 6500 Tibeter willkürlich verhaftet wurden, mehr als 200 andere zu Tode kamen, die chinesischen Behörden die Menschen einfach verschwinden lassen, sie schlagen, foltern und misshandeln. Darüber hinaus bleiben seit dem 10. März tausende von Fällen verletzter Tibeter unbelegbar. Wie aus den Berichten hervorgeht, starben viele Tibeter kurz nachdem sie aus chinesischem Gewahrsam entlassen wurden, wo sie Folter und unmenschlicher Behandlung ausgesetzt waren. So starb zum Beispiel Nechung, eine 38jährige Frau und Mutter von vier Kindern aus dem Dorf Charu Hu im Bezirk Ngaba, "TAP"Ngaba in der Provinz Sichuan, ein paar Tage nachdem sie am 17. April 2008 in einem chinesischen Gefängnis brutal gefoltert worden war.

In einem anderen Fall starb ein 31jähriger tibetischer Bauer, Dawa, aus dem Ortsteil Dedrong, der zu der Gemeinde Jangka im Bezirk Phenpo Lhundup, Stadt Lhasa, gehört, am 1. April 2008, nachdem er von Gefängniswärtern heftig geschlagen worden war. Am 8. Juni wurde die 27jährige Nonne Tsering Tsomo vom Kloster Samtenling (alias Watak) heftig geschlagen und gefoltert, indem sie mit Eisenstangen geschlagen, getreten und mit Fäusten bearbeitet wurde, weil sie eine friedliche Solodemonstration im Bezirk Kardze organisiert hatte. Um ihre Freilassung zu erwirken, demonstrierten mehr als 200 Nonnen ihres Klosters friedlich, doch die chinesischen Sicherheitskräfte griffen hart durch, schlugen sie mit elektrischen Schlagstöcken, traten und schlugen sie mit den Fäusten und verletzen eine größere Anzahl von ihnen.

Bei einem anderen Vorfall wurden drei Mönche aus dem Bezirk Drango in der "TAP" Kardze von den Sicherheitskräften brutal zusammengeschlagen, weil sie friedlich vor der Bezirksverwaltung demonstriert hatten, so dass sie ernsthafte Verletzungen davontrugen. Einer von ihnen, Tsewang Dakpa aus der Gemeinde Jangtha, Bezirk Drango, erhielt nach Augenzeugenberichten so schwere Verletzungen, dass seine Überlebenschancen gering sein dürften. Es gab sogar Gerüchte über den Tod von Tsewang Dakpa an den Folgen der Folter, die sich aber bisher nicht bestätigen ließen.

Thabkey, ein 30jähriger Mönch aus dem Kloster Labrang, der zusammen mit sieben anderen Mönchen festgenommen worden war, weil sie sich unter Herausforderung der Staatsmacht den Journalisten einer von der Regierung organisierten Besichtigungstour in Labrang genähert und diese in gedrängter Form von ihrer Sicht der Dinge informiert hatten, wurde nach einigen Tagen Haft wieder entlassen. Thabkey befand sich in einem psychisch labilen Zustand und hatte von den heftigen Schlägen im Polizeigewahrsam am ganzen Körper blaue Flecken.

Folter und unmenschliche oder erniedrigende Behandlung gehören in den von Chinesen verwalteten Gefängnissen und Haftanstalten zum normalen Haftbetrieb, weshalb das TCHRD auch zutiefst um den Gesundheitszustandes und die Sicherheit von politischen Häftlingen und wegen politischer Aktivitäten Festgenommener besorgt ist. Bei Letzteren werden häufig die schlimmsten Formen der Folter angewandt. Es ist wichtig zu betonen, dass Folter völkerrechtlich jetzt als zwingende Norm betrachtet wird, was bedeutet, dass sie absolut verboten ist. Das Völkerrecht erklärt deutlich, dass es keinerlei Umstände geben kann, unter denen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe gerechtfertig werden können. Artikel 2 und 3 des Übereinkommens gegen Folter (CAT) legen dies unmissverständlich fest.

Art. 2. Außergewöhnliche Umstände gleich welcher Art, sei es Krieg oder Kriegsgefahr, innenpolitische Instabilität oder ein sonstiger öffentlicher Notstand, dürfen nicht als Rechtfertigung für Folter geltend gemacht werden.

Art 3. Eine von einem Vorgesetzten oder einem Träger öffentlicher Gewalt erteilte Weisung darf nicht als Rechtfertigung für Folter geltend gemacht werden.

Indes sind der Einsatz des elektrischen Viehstabes, heftige Schläge, das Ausdrücken brennender Zigaretten im Gesicht, Handschellen und Daumenfesseln, Fußfesseln, das Aufhängen in der Luft, das extremen Temperaturen Ausgesetzt-Sein, langanhaltende Einzelhaft, Schlafentzug, Zwangsarbeit und Zwangsexerzieren nur einige der von den chinesischen Behörden für gewöhnlich angewandten Techniken, um das Nationalgefühl der Tibeter zu zerstören und die individuelle Persönlichkeit zu brechen. Wie schlimm die körperlichen Wunden auch sein mögen, die psychischen und emotionalen sind normalerweise die schlimmeren und sehr viel schwieriger zu heilen. Gegenüber ehemaligen politischen Gefangenen wird in Tibet eine subtile Form der psychischen Folter angewandt. Nach ihrer Entlassung wird ihnen ihr Leben extrem schwer gemacht, sie werden nicht mehr in ihrem Kloster aufgenommen, sozial ausgegrenzt, ständig von den Behörden schikaniert und haben keine Aussicht, ein normales Leben zu führen, weshalb viele von ihnen ins Exil fliehen, um endlich frei zu sein und ein neues Leben zu beginnen. Nichtsdestotrotz nehmen die Berichte über Folterungen und Misshandlungen zu, Einschüchterung und Menschenrechtsverletzungen haben einen subtileren Charakter angenommen, die Gewalt wird verdeckt angewandt, weshalb sich unter der tibetischen Bevölkerung ein greifbares Klima der Furcht ausbreitet.

Die Volksrepublik China (PRC) unterzeichnete das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (CAT) am 12. Dezember 1986 und ratifizierte das Übereinkommen am 4. Oktober 1988. Die chinesische Verfassung enthält kein ausdrückliches Verbot der Folter. Die relevanten Bestimmungen der Verfassung sind in diesem Zusammenhang die Artikel 37 und 38, die die persönliche Würde der chinesischen Bürger schützen. Das zweite Kapitel der chinesischen Verfassung schützt einige grundlegende bürgerliche und politische, wie auch wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, enthält aber kein ausdrückliches Verbot der Folter und anderer Formen von Misshandlung. Obgleich die Volksrepublik bestimmte Formen der Folter in dem revidierten Chinesischen Strafprozessrecht, das 1997 in Kraft trat, für ungesetzlich erklärt, wurde keine einzige Veränderung im Strafvollzugsrecht vorgenommen. Ungeachtet dessen, dass der Sonderberichterstatter der UN für Folter in seinem Bericht von 2006 Änderungen empfahl, fand keine davon Eingang in das Gesetz. Diese notwendigen Änderungen müssten eine Bestimmung enthalten, welche mit der umfassenden Definition von Folter in Artikel 1 des Übereinkommens übereinstimmt, sowie die Annahme der Garantie für faire Gerichtsverfahren, wie sie der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte (ICCPR) vorsieht, den die Volksrepublik unterzeichnet hat.

In Anbetracht der augenblicklichen Menschenrechtssituation in Tibet bittet das TCHRD die Regierung der Volksrepublik ausdrücklich, die vom Sonderberichterstatter der UN für Folter empfohlenen Änderungen vorzunehmen, die Folter abzuschaffen und "den Überlebenden der Folter das volle Recht auf Wiedergutmachung unter besonderer Berücksichtigung ihrer medizinischen und psychischen Bedürfnisse" sicherzustellen. Außerdem gegen diejenigen, die sich der Folter schuldig gemacht haben gründlich zu ermitteln, sie gerichtlich zu verfolgen und zu bestrafen, wenn ihnen ein derartiger Amtsmissbrauch nachgewiesen werden kann. Die Volksrepublik sollte die weitverbreitete Kultur der Straflosigkeit abschaffen und diejenigen, die Menschenrechtsverletzungen begehen, vor Gericht bringen. Das TCHRD bittet ebenfalls die internationale Völkergemeinschaft dringend, Druck auf die Volksrepublik China auszuüben, dass diese das Zusatzprotokoll zur Folterkonvention der Vereinten Nationen ratifiziert.