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Pressemitteilung
Geshe Sonam Phuntsok, ein beliebter tibetischer Geistlicher, in Kardze verstorben
Bestätigten Informationen an das TCHRD zufolge erlag der ehemalige politische Gefangene Geshe Sonam Phuntsok am 5. April in Kardze seinen zahlreichen Leiden, die er sich als Folge der in der Gefangenschaft erlittenen Mißhandlungen zugezogen hatte. Er war im Oktober 1999 wegen seiner religiösen Aktivitäten und einer öffentlich abgehaltenen Gebetszeremonie für ein langes Leben des Dalai Lama zu fünf Jahren Haft verurteilt worden.
Der beim Volk auch als der „Kardze Geshe“ bekannte Geshe Sonam Phuntsok war seit seiner Entlassung aus dem Gefängnis Chuandong Nr. 3 (Bezirk Tazhu) im Oktober 2004 bei schlechter Gesundheit. Der vor allem in Kardze ungemein beliebte 57-jährige stand seit seiner Haftentlassung faktisch unter Hausarrest. Seine Bewegungsfreiheit war extrem eingeschränkt und er benötigte sogar eine offizielle Genehmigung, um sich ärztlicher Behandlung unterziehen zu können. Er wurde bei allem, was er tat, insbesondere bei seinen religiösen Aktivitäten, streng überwacht.
Das TCHRD trauert um den beliebten religiösen Würdenträger Geshe Sonam Phuntsok aus Kardze und bedauert seinen unzeitigen Tod, der direkt auf seine langjährige Gefangenschaft, die in der Haft erlittenen Mißhandlungen und die unzureichende medizinische Betreuung nach seiner Entlassung zurückzuführen ist. Auch die ständigen psychischen Schikanen, unter denen er bis zu seinem letzten Atemzug zu leiden hatte, haben das ihre zu seinem Tod beigetragen.
Hintergrund
Geshe Sonam Phuntsok wurde 1951 im Dorf Choesa, Gemeinde Shusar, Kreis Rongbatsa, Bezirk Kardze, TAP Kardze, Provinz Sichuan, geboren. Schon in früher Kindheit wurde er als Mönch ordiniert; im Alter von 18 Jahren wurden ihm Initiationen und Belehrungen hervorragender buddhistischer Lehrmeister zuteil. In den 80er Jahren lehrte er Mönche aus 35 Klöstern tibetische Literatur. Ferner zeichnete er die Geschichte von 35 Klöstern in der TAP Kardze auf. Der Geshe gehörte dem Kloster Dhargay im Kreis Rongbatsa an und besuchte zahlreiche weitere Klöster und entlegene Dörfer in der TAP Kardze, um dort religiöse Zeremonien und Belehrungen durchzuführen. 1996 begab er sich auf Pilgerfahrt nach Indien und suchte dort heilige Orte auf. Anschließend kehrte er nach Tibet zurück und widmete sich die nächsten drei Jahre vor allem der Durchführung von religiösen Zeremonien.
Verhaftung
Am 25.Oktober 1999 erschienen rund 20 Sicherheitsbeamte des Public Security Bureau (PSB) im Kloster und verhafteten ihn gemeinsam mit den beiden anderen Mönchen Sonam und Agya Tsering mit vorgehaltener Waffe. Er wurde "heimlicher Kontakte" mit der tibetischen Regierung-im-Exil bezichtigt. Bei seiner Festnahme war der Geshe kaum bekleidet und barfuß. Einige Zeit zuvor hatte er eine Gebetszeremonie für ein langes Leben Seiner Heiligkeit des Dalai Lama abgehalten. In einer Ansprache, die er ungefähr zu dieser Zeit hielt, rühmte er Seine Heiligkeit und riet den Leuten, ihr Leben nach seinen Belehrungen auszurichten. Im vollen Bewußtsein dessen, was auf ihn zukommen würde, erklärte er vor allen Anwesenden, daß er das niemals bereuen werde.
Am 31.Oktober 1999 versammelten sich ca. 3000 Tibeter aus der Gegend vor dem örtlichen Verwaltungsgebäude und verlangten seine bedingungslose und unverzügliche Freilassung. Über 600 Polizisten vom PSB und paramilitärische Kräfte der PAP stellten sich ihnen entgegen. Um die Proteste zu unterdrücken, setzten sie Tränengas ein und schossen wild in die Menge. Viele Tibeter wurden anschließend verhaftet oder erhielten Geldstrafen. Der Demonstrant Tsering Wangchuk verstarb im Polizeigewahrsam.
Urteil
Ein Jahr und fünf Monate saß der Geshe im Gefängnis des Bezirks Dartsedo, TAP Karze, in Untersuchungshaft, ehe er vor Gericht gestellt wurde. Der Mittlere Volksgerichtshof Kardze verurteilte ihn zu fünf Jahren Haft wegen "Aufhetzung der Massen zu separatistischen Aktivitäten", "Reisen mit einem in Lhasa ausgestellten illegalen Dokument, um in Indien eine Audienz beim Dalai Lama zu erhalten und sich mit ihm fotografieren zu lassen", "Mehrfacher illegaler Durchführung religiöser Zeremonien in Kardze" sowie der "Durchführung eines Gebets für ein langes Leben des Dalai Lama in Rongbatsa".
Gesundheitszustand im Gefängnis
Bei ihren Besuchen im Gefängnis, die unabhängig voneinander stattfanden, waren der Vater des Geshe und ein anderer Verwandter schockiert über seinen schlechten Gesundheitszustand. Sein Vater, Agya Phuntsok, berichtete damals, er sei bis auf die Knochen abgemagert, nur halb bei Bewußtsein und könne sich kaum noch bewegen. Im Dezember 2001 hatte der Geshe hohes Fieber, Durchfall, Schwindel und war lethargisch. Obwohl man ihn zweimal in ein nahegelegenes Militärhospital brachte, er drei Infusionen erhielt und sieben Stunden lang im Krankenhaus behalten wurde, verbesserte sich sein Zustand kaum. Im Juni 2002 wurde bekannt, daß der Geshe an einem Geschwür und Kreislaufbeschwerden litt, was jedoch nicht als lebensbedrohlich beschrieben wurde.
Haftentlassung
Nach Vollendung seiner fünfjährigen Haftstrafe wurde Geshe Sonam Phuntsok aus der Haft entlassen. Gleich nach seiner Ankunft im Bezirk Dartsedo am 24. Oktober 2004 begab er sich in medizinische Behandlung; am 26. Oktober wurde er in einem PSB-Fahrzeug in seinen Geburtsort Rongbatsa zurückgebracht.
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