5. April 2008
Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD)
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Pressemitteilung

Mindestens acht Tibeter im Kloster Tongkor in Kardze erschossen

Einer bestätigten dem TCHRD zugegangenen Information zufolge kamen mindestens acht Personen ums Leben, als am 3. April 2008 Milizen der bewaffneten Volkspolizei (PAP) und Polizisten des Büros für Öffentliche Sicherheit (PSB) mit scharfer Munition auf demonstrierende Mönche und andere Tibeter schossen. Zu dem Protest kam es, als die Mönche des Klosters Tongkor (chin. Donggu) in der Gemeinde Zithang, Bezirk Kardze, Tibetisch-Autonome Präfektur Kardze, Provinz Sichuan, die Freilassung von zwei Mönchen forderten, die wegen ihres Widerstandes gegen die Maßnahmen zur „patriotischen Umerziehung“ am Vortag festgenommen worden waren. Es wird berichtet, daß im dem Feuer der Polizei Dutzende von Tibetern verletzt wurden. Es kam auch zu zahlreichen Festnahmen.

Das offizielle Sprachrohr der Regierung, Xinhua, erwähnte zwar den Vorfall, bezeichnete ihn aber als „Krawall“ und sprach nur von der Verletzung eines Regierungsbeamten, nicht aber über die vielen Toten, Festnahmen und Verletzungen bei den tibetischen Demonstranten.

Einer zuverlässigen Quelle zufolge brach der Protest in dem Kloster Tongkor in der Gemeinde Zithang, Bezirk Kardze, am 2. April aus, als ein sogenanntes Arbeitsteam der Regierung anrückte, um die „patriotische Erziehung“ durchzuführen. Dabei handelt es sich um Sitzungen zur politischen Indoktrination, bei denen die Mönche aufgefordert werden, den Dalai Lama zu verleumden und sich von den derzeitig an vielen Orten stattfindenden Protesten zu distanzieren. Der Oberlama des Klosters Tongkor, Lobsang Jamyang, verweigerte dem Arbeitsteam seine Kooperation. Der Mönch Yeshi Nyima wandte sich offen gegen die Kampagne, andere Mönche taten es ihm gleich, sie weigerten sich dem Arbeitsteam Folge zu leisten und sagten: „Wir können den Dalai Lama einfach nicht kritisieren, und sollte es uns das Leben kosten“. Am folgenden Tag kehrten die Kader des Arbeitsteams ins Kloster zurück und brachten Hunderte von PAP und PSB-Kräften mit, welche die Zimmer der Mönche auf der Jagd nach Dalai Lama Bildern durchwühlten; sie konfiszierten auch Bilder des früheren Oberlamas des Klosters, Tongkor Shabdrung, Mobiltelefone und andere Gegenstände. Augenzeugen zufolge nahm das Personal von PAP und PSB einen etwa 70jährigen Mönch namens Geshe Tsultrim Tenzin und einen 26jährigen Laien Tsultrim Phuntsok fest.

Daraufhin machte sich die über 300 Köpfe zählende Mönchsgemeinschaft in Richtung der Bezirksverwaltung auf den Weg, um die Freilassung der beiden zu fordern. Hunderte von Tibetern schlossen sich ihnen unterwegs an. Schließlich zerstreuten sie sich auf die Zusage der Beamten hin, daß die beiden um 8 Uhr abends freigelassen würden, aber als sie merkten, daß das Versprechen nicht eingehalten wurde, kehrten sie zurück. Da wurden sie von einem großen Aufgebot an PAP- und PSB-Polizisten aufgehalten; es kam zu einem Handgemenge zwischen den Protestierenden und den Polizeikräften, woraufhin letztere in die Menge schossen und mindestens acht Personen töteten und Dutzende anderer verletzten.

Einige der Erschossenen wurden von den Quellen identifiziert als: Zangden, ein 27jähriger Mönch aus dem Dorf Tsangyoe, Phurbu Delek, 30, Tseyang Kyi, 23, eine junge Frau, Druklo Tso, 34, eine Frau aus dem Dorf Gugra, Tenlo, 32, eine Frau aus dem Dorf Gugra; die Identität der übrigen konnte nicht festgestellt werden. Drei Mönche aus dem Kloster Tongkar, Nyima, Kalpo (alias Kabhuk) und Thupten Gelek, ursprünglich aus dem Dorf Sheru, befinden sich infolge der Schußverletzungen in kritischem Zustand. Andere Berichte sprachen vom Tod von mindestens 8 Tibetern, außerdem wird der Zuchtmeister des Klosters, Tsewang Rinzin, vermißt.

In den letzten Wochen haben die chinesischen Behörden ihre Verleumdungskampagne gegen den Dalai Lama mit bösartigen Redensarten beständig verschärft, um die Tibeter zur Aufgabe der Loyalität ihm gegenüber zu bringen. Die Wiederaufnahme der „patriotischen Erziehung“ in den monastischen Institutionen soll genau diesem Zweck dienen.

Ebenso geschah es im August 2007: Nachdem der 52jährige Nomade Ronggye Adrak bei dem jährlichen Pferderennen-Fest in Lithang als Einzelner friedlich protestiert hatte, wurde die „patriotische Erziehung“, mit der die Tibeter dem Dalai Lama entfremdet werden sollen, in dem gesamten Bezirk von Lithang intensiviert. Es kam zu etlichen Fällen willkürlicher Festnahmen von Tibetern, die sich der Kampagne mutig widersetzten.

Das TCHRD verurteilt auf das Schärfste die brutale Gewaltanwendung der chinesischen Sicherheitskräfte gegen friedliche tibetische Demonstranten. Es ruft die Regierung der VR China auf, alle Tibeter freizulassen, die verhaftet wurden, nur weil sie ihre grundlegenden Menschenrechte wahrnahmen, die in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, der chinesischen Verfassung und vielen anderen internationalen Verträgen niedergelegt sind, denen China beitrat. Das Zentrum ruft die VR China weiterhin auf, die Kampagne zur „patriotischen Erziehung“ in allen religiösen Einrichtungen Tibets sofort einzustellen. Die Regierung sollte sicherstellen, daß die Festgenommenen keiner Mißhandlung und Folter unterzogen werden, wie sie in den von China betriebenen Haftzentren und Gefängnissen in ganz Tibet gang und gäbe ist.