21. April 2009

Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD)

Top Floor, Narthang Building, Gangchen Kyishong, Dharamsala 176215, H.P., India,
phone/fax: +91 1892 223363 / 225874 / 229225, e-mail: office@tchrd.org, www.tchrd.org


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Harte Urteile gegen drei Tibeterinnen: Todesurteil, lebenslänglich, zehn Jahre Gefängnis

Das Tibetische Zentrum für Menschenrechte und Demokratie (TCHRD) ist schockiert und entsetzt über die drastischen Strafen, die das Mittlere Volksgericht von Lhasa über drei Tibeterinnen verhängte.

Laut einer Meldung der offiziellen chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua vom 21. April 2009 verurteilte das Mittlere Volksgericht von Lhasa „einen Mann“ [in Wirklichkeit handelt es sich hier um eine junge Frau] wegen Brandstiftung mit Todesfolge während der Ausschreitungen vom vergangenen Jahr in Lhasa zum Tode mit einem Vollstreckungsaufschub von zwei Jahren und zwei weitere Personen zu extrem langen Strafen.

Die 21jährige Penkyi aus dem Dorf Norbu, Gemeinde Dogra im Bezirk Sakya, Präfektur Shigatse (chin. Xigaze), TAR, wurde zum Tode mit zweijährigem Aufschub verurteilt, während die 23jährige Penkyi, aus dem Dorf Thantoe, Gemeinde Margkyang, Kreis Nyemo (chin. Nimo Xian), Bezirk Lhasa, TAR, zu lebenslänglichem Freiheitsentzug und die 20jährige Chime aus dem Bezirk Namling (chin. Nanmuli Xian), Präfektur Shigatse, TAR, zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt wurden. Sie werden beschuldigt, letztes Jahr bei den Unruhen ein Kleidergeschäft in Lhasa in Brand gesetzt zu haben, wobei sechs Menschen ums Leben gekommen seien.
Penkyi - Todesurteil
Penkyi - lebenslänglich
Chime Lhamo - 10 Jahre

Das TCHRD hegt schwere Zweifel daran, ob das Verfahren gemäß den internationalen Normen für einen fairen Prozeß abgewickelt wurde, wie es sich auch wegen der Behandlung der Angeklagten, die sich über ein Jahr in Gewahrsam befanden, ehe sie vor Gericht gestellt wurden, große Sorgen macht. Daß Gerichtsverhandlung und Verurteilung geheimgehalten wurden sowie die Tatsache, daß keine Informationen über die Angeklagten, ihre Aussagen, das Datum der Verhandlung und des Urteilsspruches zur Verfügung gestellt wurden, geben um so mehr Anlaß zur Sorge. Derartige Geheimverfahren werfen viele Zweifel im Hinblick auf die Fairneß und Transparenz des Verfahrens die Zuverlässigkeit und Unabhängigkeit der Rechtsprechung auf, was ja gerade die Grundlage für eine gerechte Urteilsfindung ist. Das Zentrum betont, daß das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren ein grundlegendes Menschenrecht ist und einen universell anwendbaren Grundsatz darstellt, der von der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (UDHR) anerkannt wird und einen Eckpfeiler des internationalen Menschenrechtssystems bildet.

Während die offizielle Xinhua beteuert, die Verfahren seien öffentlich und unter strenger Befolgung der Strafprozeßordnung der VR China von statten gegangen und den Angeklagten seien tibetische Dolmetscher beigestellt worden, wurde das Recht der Angeklagten auf Verteidigung durch einen Anwalt ihrer Wahl, ebenso wie bei früheren Fällen, in Anbetracht der politischen Natur des Prozesses von den Justizbehörden komplett ignoriert. Auf die Demonstrationen vom März 2008 hin wurden mehrere Anwälte in China mit dem Entzug ihrer Lizenzen bedroht, sollten sie die Verteidigung der tibetischen Häftlinge übernehmen.

Daß die Gerichtsverfahren dem Diktat der Politik folgen, läßt sich aus den von hohen Funktionären in der Vergangenheit gemachten Äußerungen entnehmen. Nach einer Reihe von Demonstrationen in Tibet im vergangenen Jahr rief Pema Trinley, der Vizegouverneur der TAR, zugleich der stellv. Sekretär des Ständigen Ausschusses für politische und gesetzliche Angelegenheiten der Kommunistischen Partei der TAR, am 2. April 2008 bei einer Sitzung in Lhasa die Justizorgane auf, schnell zu handeln und hart gegen die „Dalai Clique“ vorzugehen. Er fügte hinzu, daß im Einklang mit der Parteipolitik wirksame juristische Schritte unternommen werden müssen, damit das endgültige Urteil „politischen, rechtlichen und gesellschaftlichen Gewinn“ bringe, womit er die Festigung der sozialen und politischen Stabilität in der Region meinte.

Im Februar dieses Jahres zitierte Xinhua den Vize-Vorsitzenden des Ständigen Ausschusses des Volkskongresses der TAR mit der Aussage, die chinesischen Gerichte hätten wegen der Unruhen von 2008 insgesamt 76 Personen zu Strafen von drei Jahren Gefängnis bis zu lebenslänglichem Freiheitsentzug verurteilt. Den Unterlagen des TCHRD zufolge sind bislang  ungefähr 235 Tibeter aus der TAR und den außerhalb davon liegenden tibetischen Gebieten durch Gerichte verschiedener Ebenen wegen ihrer Teilnahme an den Frühjahrsprotesten im letzten Jahr zu Gefängnisstrafen unterschiedlicher Länge verurteilt worden.

Das TCHRD betrachtet die Verurteilung von Penkyi mit einem aufgeschobenen Todesurteil, von Penkyi zu lebenslänglichem Freiheitsentzug und von Chime zu 10 Jahren Gefängnis als sehr willkürlich und summarisch, denn die Mindeststandards, die international für ein faires Verfahren maßgeblich sind, wurden nicht eingehalten. Das Zentrum bittet um die Intervention der internationalen Gemeinschaft und der zuständigen Sonderbeauftragten der Vereinten Nationen, damit den drei tibetischen Angeklagten Gerechtigkeit zuteil werde. Das Zentrum ist der Ansicht, daß die Behörden solche Gerichtsurteile als eine Taktik benutzen, um Tibeter einzuschüchtern, die es wagen sollten, sich gegen die Politik des Staates aufzulehnen.