25. April 2012
Tibetan Centre for Human Rights and Democracy, www.tchrd.org

Kontakt: Jampel Monlam (Tibetisch/Chinesisch), Dukthen Kyi (Englisch)
Tel. +91 1892 223363, 229225, 225874

Schon 17 Jahre sind vergangen, und immer noch ist der Panchen Lama verschwunden

Heute ist der 23. Geburtstag des 11. Panchen Lama, Gedhun Choekyi Nyima, der zweithöchsten spirituellen Persönlichkeit Tibets. Vor 17 Jahren verschwand er und wurde von der chinesischen Regierung in Gewahrsam genommen.

Am 14. Mai 1995 bestätigte Seine Heiligkeit der 14. Dalai Lama den damals sechsjährigen Gedhun Choekyi Nyima als die Wiedergeburt des 10. Panchen Lama. Drei Tage später, am 17. Mai 1995, entführte die chinesische Regierung den Knaben und seine Eltern, und seitdem sind sie verschwunden. Es gibt keine zuverlässige Informationen darüber, wie es ihnen geht, oder ob sie überhaupt noch am Leben sind.

Selbst nach 17 Jahren kann niemand außer der chinesischen Regierung wahrheitsgetreue Angaben über den derzeitigen Aufenthaltsort und den Zustand des 11. Panchen Lama und seiner Eltern machen. Trotz wiederholter Interventionen seitens des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen, der UN-Arbeitsgruppe über Verschwindenlassen unter Zwang und anderer staatlicher und nichtstaatlicher Gremien, die von der chinesischen Regierung eine Bekanntgabe von Informationen über den Panchen Lama forderten, weigerte diese sich bislang, auch nur die geringste Information, die Licht auf seinen gegenwärtigen Zustand werfen könnte, herauszugeben. Sie wiederholt nur fortwährend ihre stereotype Antwort, Gedhun Choekyi Nyima und seine Familie erfreuten sich bester Gesundheit, aber wünschten nicht, gestört zu werden.

Am 18. Oktober 2009 behauptete Zhu Weiqun, der Stellvertretende Minister der Einheitsfrontabteilung der Chinesischen Kommunistischen Partei, in einem Interview mit einem deutschen Reporter, der Dalai Lama habe die historischen und religiösen Rituale des Reinkarnationssystems unbrauchbar gemacht, weshalb seine Anerkennung von Gedhun Choekyi Nyima illegal und ungültig sei. Er fügte hinzu: „Was das vom Dalai Lama ausersehene Kind betrifft, so ist es unser Kind, ein tibetisches Kind und unser Bürger. Daher schaffen wir die Bedingungen für sein gesundes Aufwachsen“.

Der Reporter entgegnete daraufhin: „Wo findet denn das gesunde Aufwachsen des vom Dalai Lama anerkannten Knaben statt? Etwa in Tibet? Akzeptieren denn die tibetischen Gläubigen den von der Regierung auserkorenen Panchen Lama?“

Zhu antwortete: „Der vom Dalai Lama widerrechtlich anerkannte Knabe wächst natürlich in China auf und ist gesund. Er wird China und den Tibetern gute Dienste leisten.“

Gedhun Choekyi Nyima ist nun 23 Jahre alt und muß zu einem gesunden jungen Mann herangereift sein, wie Zhu Weiqun es versichert. Nach dem chinesischen Recht sind alle Personen, die 18 Jahre und darüber sind, erwachsen, fähig selbst Entscheidungen zu treffen und für ihr eigenes Leben verantwortlich.

Viele Jahre lang wiederholte die chinesische Regierung, Gedhun Choekyi Nyima befände sich im „schützenden Gewahrsam“ des Staates. Jetzt, wo der Junge erwachsen ist, sollte die chinesische Regierung, in treuer Befolgung der von ihr selbst gemachten Gesetze, Gedhun Choekyi Nyima gestatten, sein Recht auf Selbstbestimmung auszuüben und seine eigenen Entscheidungen zu treffen.

Heute, über zehn Jahre nach der Verbüßung seiner sechsjährigen Gefängnisstrafe vom Mai 2001 bleibt das Schicksal von Chadrel Jampa Thrinley Rinpoche, des vormaligen Abtes des Klosters Tashi Lhunpo und des Leiters der Suchkommission nach der Wiedergeburt des 10. Panchen Lama, immer noch im Dunkeln.

Kloster Tashi Lhunpo (Bildquelle: Khabdha)

Chadrel Rinpoche wurde am 14. Mai 1995 festgenommen, an dem Tag, als Seine Heiligkeit der Dalai Lama verkündete, daß der 10. Panchen Lama wiedergeboren wurde. Nachdem er zwei Jahre lang in Isolationshaft gehalten wurde, verurteilte das Mittlere Volksgericht der Präfektur Shigatse ihn am 21. April 1997 zu sechs Jahren Gefängnis und drei Jahren Entzug der bürgerlichen Ehrenrechte gemäß der Anklage, bei dem Suchprozeß nach dem 11. Panchen Lama „die Spaltung des Landes betrieben“ und „Staatsgeheimnisse weitergegeben“ zu haben.

Es gibt keine Informationen über Chadrel Rinpoche außer einer unbestätigten Meldung vom November 2011, er sei vergiftet worden und gestorben. Die chinesische Regierung hüllt sich, was das Schicksal von Chadrel Rinpoche und die derzeitigen Umstände angeht, in tiefes Schweigen.

Aus Anlaß des 23. Geburtstages des Panchen Lama möchte das TCHRD allen Einzelpersonen, Organisationen und Regierungen für ihren Einsatz und ihre stetige Unterstützung beim Kampf um die Freilassung des 11. Panchen Lama seinen Dank aussprechen.

Das Zentrum fordert die chinesische Regierung auf, die in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verankerten Freiheitsrechte zu achten und umzusetzen, wenn sie als eine verantwortungsbewußte und zivilisierte Weltmacht angesehen werden möchte. Sie sollte es, was die Lage und den Verbleib des 11. Panchen Lama angeht, nicht bei leeren Worten belassen, sondern konkrete, faßbare Beweise für ihre Behauptungen liefern.

Den Panchen Lama und seine Angehörigen jahrelang ohne Kontakt zur Außenwelt festzuhalten, ist ein schweres Verbrechen, das eine ganze Reihe von Menschenrechten verletzt, wie sie in den internationalen Menschenrechtsverträgen niedergelegt sind.

Aktionsvorschläge gibt es unter: http://www.freepanchenlama.org/