6. September 2019
Tibetisches Zentrum für Menschenrechte und Demokratie (TCHRD), www.tchrd.org

Mönch nach über einem Jahr in Isolationshaft zu drei Jahren Gefängnis verurteilt

Die chinesischen Behörden verurteilten in der Tibetisch-Autonomen Präfektur Ngaba in der Provinz Sichuan einen tibetischen Mönch nach der Anklage wegen „Weitergabe von Staatsgeheimnissen“ zu drei Jahren Gefängnis.

Lobsang Dorjee, 36, ein Mönch des Klosters Kirti im Kreis Ngaba, wurde am 3. September verurteilt, nachdem er im Juli vergangenen Jahres festgenommen worden war. Die Lokalpolizei hatte ihn mitten in der Nacht aus seiner Klosterzelle abgeführt und ihn an einem unbekannten Ort festgehalten, bis er im September dieses Jahres verurteilt wurde.

Man nimmt an, daß er wegen Kontakten zu Personen außerhalb Tibets festgenommen wurde. Wie die genaue Anklage gegen ihn lautet, ist nicht bekannt. Allerdings ist es nicht ungewöhnlich, daß die Anklage der „fahrlässigen Preisgabe von Staatsgeheimnissen“ im chinesischen Strafgesetz eine Strafe von drei Jahren Gefängnis nach sich zieht.

Lobsang Dorjee

Lobsang Dorjee aus der Nomadensiedlung Chukle Gabma wurde in jungen Jahren Mönch. 2008 wurde er schon einmal verhaftet und verbüßte danach eine zweijährige Gefängnisstrafe.

Am 23. Mai 2008 war er zusammen mit einem anderen Mönch aus dem Kloster Kirti, Kunga, festgenommen worden. Beide hatten sich den Weisungen der chinesischen Kader, die die patriotische Umerziehung in ihrem Kloster durchführten, widersetzt. Deshalb wurden sie zu Gefängnisstrafen von je zwei Jahren verurteilt. Wie ein Augenzeuge meinte, zeigte die trotzige Haltung der Mönche damals, daß sie das Gefängnis der Kapitulation vorzogen. „Sich den Befehlen und Zwängen der chinesischen Offiziellen zu beugen, ist nämlich genau so, wie inhaftiert zu werden“.

Wegen der repressiven Maßnahmen der Behörden in den tibetischen Gebieten erreichen Nachrichten über Proteste und Festnahmen die Außenwelt meistens sehr verspätet.

Seit 2017 kriminalisieren die chinesischen Behörden Tibeter, die sie der Unterstützung für tibetische Eigenständigkeit, der Treue zum Dalai Lama oder des Kontaktes mit anderen Tibetern im Exil verdächtigen.

Diese Kriminalisierung ist Teil von Pekings hartem Vorgehen gegen „Unterweltkräfte“ in Tibet und in China, einem Feldzug, der Human Rights Watch zufolge vor allem dazu dient, den Dissens zum Schweigen zu bringen.

Am 5. September richteten die Behörden in Osttibet, in der Provinz Qinghai, eine Warnung an die Bürger, daß sie mit bis zu acht Jahren Gefängnis bestraft werden können, wenn sie „illegale Informationen“, die der KPC abträglich sind, über das Netzwerk WeChat weitergeben oder veröffentlichen.

Eine große Zahl von Tibetern wurde bereits auf Grund der Gesetze gegen die „Unterweltkräfte“ kriminalisiert, wobei die Regionalbehörden besonders jene ins Visier nehmen, die bereits in der Vergangenheit etwas mit „politischen Aktivitäten“ zu tun hatten.  

Das Tibetische Zentrum für Menschenrechte und Demokratie hält Lobsang Dorjee’s ungerechte Gefangensetzung für eine Folge der systematischen Verfolgung der Tibeter wegen ihrer politischen und religiösen Überzeugungen und appelliert an die chinesische Regierung, ihn und andere Tibeter unverzüglich und bedingungslos freizulassen. Die chinesische Regierung muß die in den eigenen nationalen Gesetzen und den internationalen Menschenrechtsgesetzen verankerten Grundrechte garantieren und respektieren.