30. Januar 2021
Tibetan Centre for Human Rights and Democracy, www.tchrd.org

Der Verfechter der tibetischen Sprache Tashi Wangchuk wird nach fünf Jahren aus dem Gefängnis entlassen, bleibt jedoch in Isolation

Der bekannte Befürworter der Rechte der tibetischen Sprache Tashi Wangchuk, der wegen „Anstiftung zum Separatismus“ zu fünf Jahren Haft verurteilt worden war, wurde nach Beendigung seiner Haftstrafe aus dem Gefängnis entlassen. Er bleibt jedoch für seine Anwälte unerreichbar, auch wenn berichtet wird, daß er sich im Haus seiner Schwester in der Tibetisch-Autonomen Präfektur Yushu in der Provinz Qinghai (ehemalige tibetische Provinz Kham) aufhalte.

Tashi Wangchuk wurde am 27. Januar 2016 willkürlich festgenommen. In einem Dokumentarfilm der New York Times wurde über seine Bemühungen berichtet, gegen die lokalen chinesischen Behörden Klage zu erheben, weil diese es versäumt hatten, die tibetische Kultur und Sprache zu schützen und zu fördern. Er befand sich fast zwei Jahre in Untersuchungshaft, wo er Folter und Schlägen ausgesetzt war.

Einer seiner Anwälte, Liang Xiaojun, teilte über Twitter mit, daß Tashi Wangchuk freigelassen wurde und er von Mitarbeitern der Justizbehörde des Kreises Chenduo in der Provinz Qinghai nach Yushu gebracht worden sei und nun im Haus seiner zweiten Schwester wohne. Familienmitgliedern zufolge sei er bei guter Gesundheit.
Liang war jedoch nicht in der Lage, ein Foto von Tashi zu bekommen oder seine Familie in Yushu direkt zu kontaktieren. „Ich weiß nicht, in wieweit er wirklich frei ist“, sagte Liang.

Selbst nach seiner Freilassung muß Tashi eine zusätzliche fünfjährige Strafe des „Entzugs der politischen Rechte“ verbüßen, die mit dem Tag seiner Freilassung beginnt. In klarer Verletzung internationaler Menschenrechtsnormen bedeutet diese Zusatzstrafe eine verstärkte Einschränkung und den Verlust des aktiven und passiven Wahlrechts, der Rede-, Presse-, Versammlungs-, Vereinigungs-, und Demonstrationsfreiheit, sowie des Rechts, eine Position in einem staatlichen Organ zu bekleiden oder eine leitende Funktion in einer staatlichen Firma, einem Unternehmen, einer Institution oder einer Volksorganisation einzunehmen. Tashi Wangchuk erhielt das höchste Strafmaß von fünf Jahren, welches das chinesische Strafrecht für den Entzug der politischen Rechte vorsieht.

Der derzeitige abgeschottete Zustand von Tashi Wangchuk und damit die Unmöglichkeit, daß seine Anwälte ihn kontaktieren, sind ein Anzeichen dafür, daß er weiterhin unter intensiver Überwachung steht, was mit Hausarrest im Haus seiner Schwester gleichzusetzen ist.

Die harte Behandlung gemäßigter tibetischer Aktivisten wie Tashi Wangchuk macht deutlich, daß China der Assimilierung seiner zahlreichen nationalen Minderheiten zu einer „einzigartigen nationalen Identität“ Priorität einräumt. Das Mittel dazu ist die Kampagne der „ethnischen Verschmelzung“, die eine Reihe von Menschenrechtsverletzungen zur Folge hat wie etwa die Unterbringung in Lagern zur politischen Umerziehung, die gezielten Angriffe auf den Unterricht in Minderheitensprachen, die religiöse Unterdrückung und die explizite Verfolgung von Aktivisten und Dissidenten, die sich im sozialen und kulturellen Bereich engagieren.

Das TCHRD fordert die chinesischen Behörden auf, die Einschränkungen der Rechte von Tashi Wangchuk zu lockern und seinen Anwälten und Verwandten zu erlauben, ihn ohne Überwachung zu kontaktieren. Die chinesischen Behörden sollten genaue Informationen über seinen aktuellen Zustand und sein Wohlergehen veröffentlichen und ihm ungehinderten Zugang zu medizinischer Behandlung oder anderweitiger Unterstützung ermöglichen. Die chinesische Regierung ist aufgrund ihrer Ratifizierung internationaler Menschenrechtsverträge völkerrechtlich verpflichtet, sicherzustellen, daß die Tibeter ihre Menschenrechte und Grundfreiheiten genießen und ausüben können, um ihre politische, kulturelle und sprachliche Identität zu schützen und zu fördern.