15. Februar 2007
Tibet Bureau, Genf
Nichtautorisierte Übersetzung

Seite drucken

Europäisches Parlament nimmt Tibet-Resolution an

Sitzungsprotokoll
13.02.2007

Entschließungsantrag des Europäischen Parlaments

mit der Bitte um Aufnahme in die Tagesordnung für die Debatte über Fälle von Verstößen gegen die Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit

gemäß dem § 115 der Geschäftsordnung

eingereicht von Thomas Mann, Bernd Posselt, Charles Tannock, Piia-Noora Kauppi, Eija-Riitta Korhola, im Namen der PPE-DE Gruppe [Group of the European People's Party and European Democrats in the European Parliament]

über die Gespräche zwischen der chinesischen Regierung und den Gesandten des Dalai Lama.

Das Europäische Parlament

  • unter Hinweis auf die Erklärung des EU-Präsidiums vom 22. Februar 2006, in der die EU ihre uneingeschränkte Unterstützung für den Dialog zwischen der chinesischen Regierung und den Gesandten des Dalai Lama zum Ausdruck brachte, sowie ihre Hoffnung darauf, dass beide Parteien bereit sein mögen, aufrichtig und mit bester Absicht die wesentlichen Themen zu behandeln, damit pragmatische und für beide Seiten akzeptable Lösungen gefunden werden, die eine friedliche und dauerhafte Beilegung des Tibetproblems ermöglichen;

  • unter Hinweis auf die Erklärung, welche der Vizepräsident der EU-Kommission, Günter Verheugen, am 15. Dezember 2005 im Namen der Kommissarin für Auswärtige Beziehungen, Benita Ferrero-Waldner, abgab, und in der es heißt, dass die Kommission auf eine mit der chinesischen Souveränität und den Bedürfnissen der tibetischen Bevölkerung vereinbare Lösung der Tibetfrage hoffe, wobei der einzige Weg, um dieses Ziel zu erreichen, ein friedlicher Prozess auf der Grundlage offener und direkter Gespräche ohne irgendwelche Vorbedingungen sei;

  • unter Hinweis auf die vorangegangenen fünf Gesprächsrunden zwischen der Regierung der Volksrepublik China und den Gesandten Seiner Heiligkeit des Dalai Lama, deren erste im September 2002 stattfand;

  • unter Hinweis auf die Regel 115(5) seiner Geschäftsordnung

A.     indem es den guten Willen der Regierung der Volksrepublik China und Seiner Heiligkeit des Dalai Lama, die Tibetfrage durch einen Gesprächsprozess zu lösen, begrüßt;

B.     indem es auf die unterschiedlichen Auffassungen bei maßgeblichen Punkten hinweist, insbesondere, dass die beiden Parteien bisher zu keinem gemeinsamen Standpunkt zu den historischen Beziehungen zwischen Tibet und China gekommen sind;

C.     indem es die Besorgnis der Volksrepublik China um die Einheit und Stabilität des Landes sowie um die Zustimmung der Europäischen Union zur „Ein-China-Politik“ zur Kenntnis nimmt, womit die Autonome Region Tibet und die autonomen tibetischen Präfekturen und Kreises automatisch als ein Teil Chinas anerkannt werden.

D.     indem es auf die wiederholten Erklärungen des Dalai Lama, er versuche nicht, die Unabhängigkeit herbeizuführen, sondern wolle für Tibet nur echte Autonomie, unterstreicht;

E.     indem es erneut die gemeinsame ethnische, sprachliche, religiöse und kulturelle Identität des tibetischen Volkes, dessen Wohnraum ein zusammenhängendes in etwa der Autonomen Region Tibet und den tibetischen autonomen Präfekturen und Landkreisen innerhalb Chinas entsprechendes Gebiet bildet, sowie dessen Streben nach einem einheitlichen Verwaltungssystem betont;

F.      in der Erwägung, dass am 17. Januar 2007 in Peking die offiziellen Verhandlungen für ein neues Rahmenabkommen über die Zusammenarbeit der EU mit China aufgenommen wurden;

    1. fordert die Regierung der Volksrepublik China und den Dalai Lama – ungeachtet ihrer unterschiedlichen Positionen zu bestimmten maßgeblichen Punkten – auf, ihre Gespräche ohne Vorbedingungen wiederaufzunehmen und mit auf die Zukunft gerichtetem Blick fortzusetzen, um zu pragmatischen Lösungen zu gelangen, welche die territoriale Integrität Chinas respektieren und gleichzeitig dem Streben des tibetischen Volkes nach einem vereinten und von der Zentralmacht autonomen Tibet gerecht werden;

    2. begrüßt die von der Regierung der Volksrepublik China verabschiedeten Gesetze und Bestimmungen zur ethnischen Autonomie, wobei es allerdings besorgt ist wegen der in vielen dieser Gesetze enthaltenen Bedingungen, die ihre Umsetzung erschweren oder untergraben;

    3. ruft die Europäische Kommission, den Europarat und die Mitgliedsstaaten der EU zur aktiven Unterstützung und Förderung der Gespräche auf. Da bisher in maßgeblichen Punkten keine Fortschritte erzielt werden konnten, sollte in Absprache mit beiden Seiten geprüft werden, welche Rolle die Europäische Union bei einer Verhandlungslösung für Tibet spielen könnte, und ob die Ernennung eines EU-Sonderbeauftragten für Tibet sinnvoll wäre;

    4. ruft den Hohen Beauftragten/Generalsekretär des Rats dazu auf, in den jährlichen CFSP [Common Foreign and Security Policy] Bericht an das Parlament auch das Thema Gespräche zwischen der Volksrepublik China und den Gesandten Seiner Heiligkeit des Dalai Lama im Jahre 2007 und den Folgejahren aufzunehmen;

    5. ruft die Europäische Kommission dazu auf, die Tibetfrage und die Wiederaufnahme der Gespräche zwischen den beiden Parteien bei den Verhandlungen über das neue Rahmenabkommen für die Zusammenarbeit zwischen der EU und China zur Sprache zu bringen und dem Parlament über die Entwicklung des Dialogs zwischen der Regierung der Volksrepublik China und den Gesandten Seiner Heiligkeit des Dalai Lama im Jahr 2007 und den Folgejahren Bericht zu erstatten;

    6. fordert das EU-Präsidium zur Verabschiedung einer Erklärung auf, in welcher Weise die EU zum Fortschritt einer gewaltlosen Lösung für Tibet auf dem Verhandlungswege beitragen könnte;

    7. ruft die Europäische Kommission, den Europarat und die Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten auf, mit den Vereinigten Staaten und anderen Nicht-EU-Ländern zusammenzuarbeiten und sich um eine erfolgreiche Fortführung der Gespräche zwischen der Volksrepublik China und dem Dalai Lama zu bemühen.

    8. weist seinen Präsidenten an, diese Resolution dem Europarat, der Europäischen Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedsstaaten, dem Präsidenten, der Regierung und dem Parlament der Volksrepublik China und Seiner Heiligkeit dem Dalai Lama zu übermitteln.