5. Juli 2008

Department of Information & International Relations (DIIR)
Central Tibetan Adminstration
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Erklärung des Sondergesandten Seiner Heiligkeit des Dalai Lama, Kasur Lodi Gyaltsen Gyari

Der Sondergesandte Lodi Gyari argumentiert während des Treffens am 1. Juli mit Du Qinglin, dem zweiten Vorsitzenden der Politischen Konsultativkonferenz des Chinesischen Volkes, zugleich Minister der Zentralen Einheitsfrontabteilung. Rechts von Lodi Gyari der Gesandte Kelsang Gyaltsen während links von Du Qinglin der Exekutiv-Vize-Minister der Zentralen Einheitsfrontabteilung sitzt. Bild (CTA)

Der Gesandte Kelsang Gyaltsen und ich, in Begleitung von unseren langjährigen Assistenten Sonam N. Dagpo und Bhuchung K. Tsering, die beide dem Arbeitsausschuß für die sino-tibetischen Beziehungen angehören, sowie von Jigmey Passang vom Sekretariat dieser Task Force, besuchten Peking vom 30. Juni bis zum 3. Juli 2008. Am 1. Juli 2008 trafen wir mit Du Qinglin, dem zweiten Vorsitzenden der Politischen Konsultativ-Konferenz des Chinesischen Volkes und zugleich dem Minister für die Zentrale Einheitsfrontabteilung zusammen. Dies war unsere erste Begegnung mit Minister Du, der diese Position seit dem 17. Parteikongreß innehat. Er gab uns einen kurzen Überblick über die innen- und außenpolitische Lage Chinas sowie über die chinesische Tibet-Politik. Wir nahmen die Gelegenheit wahr, um die grundlegenden Ansätze Seiner Heiligkeit des Dalai Lama zur Lösung der Tibet-Frage zu erläutern und zugleich den Opfern der Erdbebenkatastrophe in Sichuan unser aufrichtiges Beileid auszusprechen.

Danach besuchten wir das chinesische Zentralinstitut für Tibet-Studien, wo wir von dessen Direktor Lhakpa Phuntsok und dem stellvertretenden Direktor Zhu Xiaoming empfangen wurden. Wir führten ein interessantes Gespräch mit den Gelehrten, die uns von ihren Forschungsprojekten erzählten. Wir begrüßten ihre Arbeit auf verschiedenen Gebieten und betonten dabei, wie wichtig es sei, daß über Themen wie die Geschichte Tibets in unvoreingenommener und unabhängiger Weise Forschung betrieben werde, was zu einem besseren Verständnis der unterschiedlichen Auffassungen beitragen wird.

Am 2. Juli 2008 führten wir den ganzen Tag Gespräche mit Exekutiv-Vize-Minister Zhu Weiqun und Vize-Minister Sithar. Dieses Treffen erfolgte zu einem entscheidenden Zeitpunkt in unseren Beziehungen. Die jüngsten Ereignisse in Tibet machen die echtempfundene und tiefsitzende Unzufriedenheit des tibetischen Volkes über die politischen Maßnahmen der Volksrepublik China deutlich. Es ist offensichtlich, wie dringend notwendig ernsthafte und aufrichtige Bemühungen sind, um diese Probleme mit Mut und Weitblick, im Interesse der Stabilität, Einheit und Harmonie unter den Nationalitäten der VR China, in Angriff zu nehmen. Obwohl Seine Heiligkeit der Dalai Lama eine Lösung der Tibet-Frage innerhalb des staatlichen Gefüges der VR China anstrebt, ist es eine Tatsache, daß diese Probleme eine Angelegenheit großer weltweiter Besorgnis geworden sind. In diesem Zusammenhang hatten wir gehofft, daß die chinesische Führung unsere Bemühungen erwidern und bei dieser Gesprächsrunde konkrete Schritte unternehmen würde. Das Gegenteil war jedoch der Fall, und auf Grund von übermäßigen Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit stimmte die chinesische Seite nicht einmal unserem Vorschlag zu, eine gemeinsamen Erklärung abzugeben mit dem Ziel, beide Parteien auf den Dialog-Prozeß zu verpflichten.

Während die chinesische Seite nun verstanden zu haben scheint, daß ihre Anschuldigungen gegen Seine Heiligkeit, er habe zu den Ereignissen der letzten Zeit in Tibet angestiftet und würde die Olympischen Spiele sabotieren, allmählich nicht mehr haltbar sind, fordert sie nun von Seiner Heiligkeit, keine Gewaltakte, Terrorismus und die Sabotage der Olympiade zu unterstützen. Wir erklärten mit den deutlichsten Worten, die uns möglich waren, daß niemand uns dazu anzuhalten brauche, weil nämlich Seine Heiligkeit und der tibetische Kampf gerade wegen ihrer konsequenten Ablehnung und ihrer Opposition gegen solche Gewaltakte weltweit anerkannt seien und allgemeine Wertschätzung genössen. Während der Tibetische Jugendkongreß den Ansatz des Mittleren Weges Seiner Heiligkeit des Dalai Lama ablehnt und für Unabhängigkeit für Tibet eintritt, wiesen wir den Versuch der chinesischen Seite, den Jugendkongreß als eine gewalttätige und terroristische Organisation hinzustellen, kategorisch zurück. Seine Heiligkeit hingegen hat wiederholt und in aller Öffentlichkeit erklärt, daß er nicht die Unabhängigkeit für Tibet und keine Trennung von China anstrebe.

Immer wieder haben wir während unserer Gespräche unseren chinesischen Amtskollegen gegenüber betont, daß die Kernfrage, um die es hier geht, das Wohl des tibetischen Volkes sei, und nicht der persönliche Status und die Angelegenheiten Seiner Heiligkeit des Dalai Lama oder die der Tibeter im Exil.

Die Gespräche gestalteten sich so, daß wir uns gezwungen sahen, unseren Gesprächspartnern offen zu erklären, daß in Abwesenheit eines ernsthaften und aufrichtigen Engagements ihrerseits eine Weiterführung des gegenwärtigen Dialogs keinen Zweck mehr habe.

Die chinesische Seite äußerte die Auffassung, der Dialogprozeß sei dennoch produktiv und wir müßten bedenken, daß ein äußerst kompliziertes, seit einem halben Jahrhundert bestehendes Problem keine Sache sei, die in ein paar Jahren gelöst werden könne.

Im Sinne der Politik des Engagements der tibetischen Führung vereinbarten wir mit unseren Amtskollegen, daß die nächste Gesprächsrunde im Oktober stattfinden würde, und besprachen dabei einige Punkte im Hinblick auf deren Tagesordnung.  

Heute erstatteten wir Seiner Heiligkeit dem Dalai Lama Bericht. Heute früh unterrichteten wir auch den Sprecher der Abgeordnetenversammlung Karma Chophel und die zweite Sprecherin Dolma Gyari. Gleich nach unserer Ankunft in Dharamsala am 4. Juli berichteten wir dem Kalon Tripa Samdhong Rinpoche.

Schließlich möchten wir unserem Gastgeber, der Zentralen Einheitsfrontabteilung der Chinesischen Kommunistischen Partei, für ihre Gastfreundschaft und ihren Beistand danken.