20. März 2010
Department of Information & International Relations (DIIR), www.tibet.net
Radio Free Asia, www.rfa.org

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Der Potala Palast – der Inbegriff der tibetischen Identität ist in Gefahr

Seit einigen Monaten wird eine Fußgängerunterführung, die den Platz auf der Westseite des Potala mit dem auf der Ostseite verbinden soll, gebaut. Der ausgehobene Graben hat sich mit Wasser gefüllt, was Anlaß zu ernsten Bedenken hinsichtlich der Stabilität des Bauwerks gibt. Durch die unterirdische Flutung bildeten sich in seiner Nähe Risse im Boden, so daß der Potala nun ernsthaft bedroht ist.

Beim Bau der Unterführung, mit dem am 16. Dezember 2009 begonnen wurde, „bildete sich eine Menge Wasser in der ausgeschachteten Grube“, sagte ein Einwohner der Stadt, der anonym bleiben möchte am 8. März.

„Der Boden sackte ein und die Straßen senkten sich“. „Der Wasserspiegel in dem Areal sank und viele Pflanzen verdorrten. Sogar große Bäume in dem Lukhang Stadtpark, der ziemlich nahe bei der Baustelle ist, trockneten aus und fielen um“. „Die größte Sorge der hier ansässigen Tibeter ist natürlich, wie sich die Untertunnelung auf den Potala Palast auswirken wird“, fügte er hinzu.

Das Bauprojekt, das bis zum 30. April beendet sein soll, wird von der Baufirma „Tian Lu Tibet“ betrieben, die unter Vertrag mit dem Stadtentwicklungsamt von Lhasa arbeitet. Dai Kaiwen, der Chef von „Tian Lu Tibet“, der um einen Kommentar gebeten wurde, antwortete: „Ohne Erlaubnis der zuständigen Abteilung kann ich Ihre Fragen nicht beantworten“. Der Nachrichtenagentur Xinhua zufolge sei an der Baustelle, als diese eine Tiefe von 10 m erreichte, plötzlich sehr viel Wasser hervorgebrochen, so daß Pumpen herbeigeschafft werden mußten. Trotzdem werden die Bauarbeiten fortgesetzt.

Ausgehobener Graber, der sich mit Wasser füllte, Bild: DIIR

Robert Barnett, ein Tibet-Experte an der Columbia-Universität, kommentierte, daß China bei der Modernisierung der historischen Hauptstadt Tibets „wenig Interesse an den Bauwerken und dem kulturellen Erbe, das die Stadt für die Welt darstellt, gezeigt hat“. „Ein wenig von dem alten Lhasa ist noch übrig, aber es liegt im Schatten dieser großen, formlosen, man könnte sagen, häßlichen Stadt, die in den letzten 20 Jahren darum herum entstanden ist“. „All das hat die Gestalt und den Charakter der Stadt radikal verändert“.

Von 1988 bis 1993 hat die chinesische Regierung eine Reihe von Veränderungen am Potala-Palast vorgenommen, die angeblich der Renovierung dienen sollten. 2000 wurden die traditionellen Wandgemälde und Fresken erneuert. Chinesische Künstler, die extra nach Tibet gebracht wurden, jedoch keine Ahnung von tibetischer Malerei und deren speziellen Techniken hatten, verunstalteten einige der Gemälde.

Viele tibetische Kulturgüter und Artefakte werden von der chinesischen Regierung unter dem Vorwand einer modernen Stadtplanung zerstört, der Potala scheint davon nicht ausgeschlossen zu sein.

Die Tibeter in Tibet machen sich große Sorgen und verurteilen die Willkür und Achtlosigkeit, mit der die chinesische Regierung die Symbole ihres kulturellen Erbes zerstört. China zeige keinen Respekt für die Kultur des tibetischen Volkes und die besonderen Gegebenheiten des Landes.

Die Tibeter appellieren an die internationale Gemeinschaft, alles zu unternehmen, damit dieses einzigartige kulturelle Erbe der Menschheit erhalten bleibt. 1994 wurde der Potala Palast von der UNESCO zum Welt-Kulturerbe erklärt.