11. November 2008

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China weist alle Forderungen nach Autonomie für Tibet strikt zurück

Ein Schlag ins Gesicht für die britische Tibet-Diplomatie

China gab heute bekannt, daß es „niemals“ der Forderung des Dalai Lama nach größerer Autonomie für Tibet stattgeben würde.

Links die Gesandten des Dalai Lama: Kelsang Gyaltsen und Lodi Gyari, rechts die Vertreter Chinas: Du Qinglin, Minister der Einheitsfrontabteilung, Zhu Weiqun, Vize-Minister derselben, am 4. November 2008 in Beijing.

Zhu Weiqun, der Vize-Minister der Einheitsfrontabteilung, desjenigen Ressorts der chinesischen Regierung, welches für die Gespräche mit den Gesandten des Dalai Lama zuständig ist, gebrauchte bei seiner heutigen Verlautbarung besonders harte Worte (1).

Zhus Feststellung ist bisher die kompromißloseste Erklärung, die jemals von der chinesischen Regierung nach einer sino-tibetischen Gesprächsrunde abgegeben wurde. Sie folgte auf die achte Gesprächsrunde, die vom 31. Oktober bis 5. November stattfand. Abgesehen von dieser mehr als deutlichen Stellungnahme zur Autonomie-Frage schob Zhu mit aggressiven Worten der tibetischen Seite die Schuld am Scheitern der Gespräche zu. Diese Kommentare eines hochrangigen Vertreters des chinesischen Verhandlungsteams, die vom staatlichen Fernsehen live übertragen wurden, lassen darauf schließen, daß die chinesische Seite dabei ist, jetzt tatsächlich die Tür für weitere Gespräche mit den Gesandten des Dalai Lama zuzuschlagen.

Chinas nachdrückliche Zurückweisung jeder Form von Autonomie für Tibet bringt die britische Regierung und ihre diplomatischen Demarchen im Zusammenhang mit den sino-tibetischen Gesprächen in ernste Verlegenheit.

Am 29. Oktober hatte der britische Außenminister David Miliband erklärt (2), Großbritannien sei an einer „langfristigen Stabilität in Tibet“ interessiert und diese könne nur „durch Achtung vor den Menschenrechten und größere Autonomie für Tibet“ erreicht werden. Der Außerminister lobte den Standpunkt des Dalai Lama, der eine „sinnvolle Autonomie innerhalb des Rahmens der chinesischen Verfassung“ anstrebe, was als „Basis für eine Lösung durch Verhandlungen“ dienen könnte. Gleichzeitig kündigte er an, daß die britische Position, die seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts zwar Chinas „Sonderstellung“ in Tibet betonte, aber die Oberhoheit Chinas über Tibet nicht ausdrücklich anerkannt hatte, geändert werde, und daß die britische Regierung fortan „Tibet als einen Teil der VR China“ betrachten würde. Miliband behauptete, eine solche Änderung würde Großbritannien befähigen, der chinesischen Seite „unsere Argumente“ zu Tibet und zur Autonomiefrage „besser zu vermitteln“.

Hierzu bemerkte Free Tibet in einer Erklärung (3), der jahrelange Standpunkt Großbritanniens, daß China „nichts als besondere Interessen in Tibet“ habe, sei von ungeheurer Wichtigkeit gewesen, weil es „die einzige Nation war, die vor Chinas Einmarsch in Tibet 1950 direkt mit der tibetischen Regierung zu tun hatte“, und Großbritannien habe daher eine einzigartige Ausgangsposition besessen, um über den völkerrechtlichen Status Tibets ein Urteil abzugeben. Durch eine Abänderung der offiziellen Position, daß Tibet „ein Teil der VR China“ sei, habe Großbritannien dem Autonomie-Argument, das von den Gesandten des Dalai Lama vorgetragen wurde, in der Tat die legale und politische Grundlage entzogen. Ein solcher Schritt bedeute, daß Großbritannien „seinen hauptsächlichen strategischen Vorteil und seine Möglichkeit der Einflußnahme aufgegeben hat, ohne irgend eine Gegenleistung dafür zu bekommen“.

Die Direktorin von Free Tibet, Stephanie Brigden, meinte zu Chinas Ablehnung der Forderung nach Autonomie für Tibet heute:

„Viel zu lange schon hießen die Regierung Großbritanniens und anderer Staaten die Gespräche einfach um der Gespräche willen willkommen. Nicht nur hat Großbritannien es versäumt, wirksamen Druck auf China auszuüben, der zum Erfolg der Gespräche hätte führen können, sondern jetzt beugte es sich gar noch der Forderung der Chinesen und erkannte Tibet als einen Teil Chinas an, ein Schritt, mit dem es sich jegliche Möglichkeit zur Einflußnahme nimmt. Nachdem Großbritannien, das Land, das die besten Voraussetzungen hatte, um über den Status Tibets zu urteilen, erklärte, daß es Tibet als einen Teil Chinas anerkennt, gab es kaum mehr eine Motivation für China, die Gespräche fortzuführen. Die Folge davon ist die heute aus Peking kommende heftige Reaktion.

Die heutige Verlautbarung Chinas muß die britische und andere Regierungen unbedingt wachrütteln: Ihre Politik der Befürwortung der Gespräche nur um der Gespräche willen ist gescheitert. Nachdem Großbritannien China den Anlaß gab, sich aus den Gesprächen zurückzuziehen, muß es nun bei der Erarbeitung neuer Strategien federführend sein, um China für die Verschlimmerung der Krise in Tibet zur Verantwortung zu ziehen und es an den Verhandlungstisch mit den Tibetern zu bringen, damit für diese Krise, die China selbst verursacht hat und an deren Beilegung es großes Interesse haben sollte, eine Lösung ausgehandelt werden kann“.

Anmerkungen:

(1) Reuters zufolge erklärte Zhu bei einer Pressekonferenz in Peking heute, daß China „niemals eine ethnische Spaltung im Namen echter Autonomie“ zulassen würde und daß der Dalai Lama eine ethnische Säuberung in Tibet anstrebe: „Wenn er [der Dalai Lama] eines Tages wirklich die Macht ergreifen sollte, wird er ohne die geringsten Gewissensbisse oder Sympathie für uns die ethnische Diskriminierung zulassen, zur Apartheit aufrufen und ethnische Säuberungen durchführen“.

(2)  Die Erklärung des britischen Ministeriums gibt es bei: http://www.freetibet.org/newsmedia/david-milibands-statement-291008

(3) Diese Erklärung von Free Tibet, siehe: http://www.freetibet.org/newsmedia/060508