19. Juli 2018
Free Tibet, www.freetibet.org

Keine religiösen Aktivitäten für Schulkinder in Lhasa in den Sommerferien

In Lhasa werden die Eltern gezwungen, während der Sommerferien die Aktivitäten ihrer Kinder drastisch einzuschränken. Bald werden die Schulkinder in Tibet zu ihren Sommerferien aufbrechen, doch wurden ihnen eine ganze Reihe von Betätigungen von den Behörden verboten.

Die Eltern der Schüler an der Höheren Mittelschule Nr. 3 (Higher Middle School No. 3) in Lhasa wurden gezwungen, durch ihre Unterschrift einer schriftlichen Benachrichtigung zuzustimmen, in der die Handlungen ihrer Kinder in den Ferien beschränkt werden.

Notifikation (auf Tibetisch)

In der Benachrichtigung, die unserem Research-Partner Tibet Watch zugespielt wurde, heißt es:

1. Während der Ferien müssen sich die Schulkinder auf ihre Studien und ihre physische und psychische Gesundheit konzentrieren.

2. Während der Ferien müssen Kinder von religiösen Tätigkeiten ausgeschlossen werden. Ihre Familien müssen für eine gesunde Lebensführung sorgen und gegen Krankheiten vorbeugende Maßnahmen ergreifen. Wenn irgendwelche Krankheiten auftreten, müssen sie einem staatlichen Krankenhaus der TAR gemeldet werden.

3. Schulkindern muß die Benutzung von Telefonen verboten werden, und ebenso die Teilnahme an illegalen Aktivitäten wie der Ausstreuung von Gerüchten.

4. Die Eltern müssen ihren Kindern den Besuch von Internet-Cafés und Diskotheken sowie andere Betätigungen, die ihre Entwicklung beeinträchtigen könnten, verbieten. Sie müssen während der Sommerferien auch am Schwimmen gehindert werden.

5. Da in den Ferien an der Schule Reparaturarbeiten stattfinden, müssen alle Gegenstände wie Bettzeug und Lehrmaterial mit nach Hause genommen werden.

6. Die unterzeichneten Dokumente verbleiben bei der Schule. Für eine Übertretung der Richtlinien übernimmt diese keine Verantwortung.

Der zweite Punkt der Verordnung paßt zu der wachsenden Tendenz der chinesischen Behörden, religiöse Aktivitäten immer mehr einzuschränken. Obwohl hier keine spezifischen religiösen Aktivitäten genannt werden, läßt sich, ausgehend von ähnlichen Forderungen in anderen Städten und an anderen Schulen, schließen, daß sich das Verbot auf den Besuch von Klöstern und Tempeln bezieht.

Das „Ausstreuen von Gerüchten“, von dem im dritten Punkt die Rede ist, scheint sich auf den Artikel 105 von Chinas Strafgesetzbuch zu beziehen, der im November 2015 ergänzt wurde, um besser gegen Personen vorgehen zu können, die „vorsätzlich Gerüchte fabrizieren oder in Umlauf setzen, welche Unruhe im öffentlichen Leben stiften oder das normale Leben durcheinanderbringen“.

Schon früher in diesem Jahr berichtete Free Tibet von einem ähnlichen Fall in der Stadt Chamdo in der TAR, wo die Lokalbehörden eine Verordnung herausgaben, in der den Familien verboten wurde, religiösen Aktivitäten nachzugehen. In der fünf Punkte umfassenden Bekanntmachung wurde Kindern der Besuch von Klöstern während des heiligen Monats Saga Dawa verboten.

Auch in der staatlichen englischsprachigen Zeitung Global Times wurde dieser Sachverhalt bestätigt. Der Leiter der Abteilung für politische Erziehung an der Höheren Mittelschule von Lhasa sagte: „Wir schickten sowohl an die Schüler als auch an ihre Eltern Mitteilungen und ließen die Schüler eine Verpflichtung unterschreiben, daß sie während der Sommerferien an keinerlei religiöser Aktivität teilnehmen werden“.