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Tibeter zu viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt, weil er für die Freiheit des Panchen Lama laut betete
Zwei Tibeter in Osttibet erhielten Haftstrafen, weil sie zu einer Gruppe gehörten, die sich anläßlich des 30. Geburtstags des Panchen Lama versammelt hatte.
Der 20jährige Wangchen und seine Tante Dolkar, beide aus dem Bezirk Sershul in der TAP Kardze, wurden am 8. Mai von einem örtlichen Gericht zu viereinhalb, bzw. eineinviertel Jahren Gefängnis verurteilt.
Die Anklage bezieht sich auf eine friedliche Zusammenkunft im Bezirk Sershul am 29. April. An diesem Tag brachten vier Tibeter, Wangchen, seine Freunde Lobsang und Yonten und ein vierter, dessen Name unbekannt ist, auf einem zum Kloster von Sershul gehörenden Hügel Gebetsfähnchen an. Sie riefen Slogans und forderten die Freilassung des Panchen Lama, des zweithöchsten religiösen Würdenträgers im tibetischen Buddhismus, der verschwunden ist, seit die chinesischen Behörden im Mai 1995 ihn und seine Familie festnahmen. „Mögen der Panchen Lama und der Dalai Lama eines Tages in Tibet wiedervereint sein“, riefen sie.
Als sie gegen elf Uhr vom Kloster zurückkehrten, wurden die vier von der Polizei gefaßt. Wangchen, Lobsang und Yonten wurden daraufhin festgenommen, während die vierte Person gehen gelassen wurde.
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Dolkar und Wangchen |
Die Behörden warnten die Angehörigen davor, mit den Verhafteten bis zu ihrem Prozess in Kontakt zu treten, es wurde ihnen auch verboten, irgend etwas über die Festnahme nach außen verlauten zu lassen.
Am 3. Mai lud das Volksgericht von Sershul Wangchens Tante Dolkar vor, denn sie stand unter dem Verdacht, die Information über seine Festnahme weitergegeben zu haben. Das Gericht warnte sie davor, zu lügen, denn sie sei in den vergangenen Tagen genau beobachtet worden.
Am Morgen des 8. Mai erschienen Wangchen, Dolkar, Lobsang und Yonten vor Gericht. Nur fünf Familienmitglieder durften anwesend sein, standen jedoch während der Verhandlung unter Überwachung.
Wangchen wurde schuldig gesprochen, weil er das Gesetz übertreten und einen Protest angeführt habe, während Dolkar „Staatsgeheimnisse verraten“ und „die Wohlfahrt des Staates gefährdet habe“.
Lobsang und Yonten bekamen eine Geldstrafe von je 15.000 Yuan, und müssen sich nun beim nationalen Bildungsressort von Sershul melden, wo sie einer sechsmonatigen Umerziehung unterzogen werden.
Beobachtern fiel auf, daß Wangchen schwankte, als er zu der Gerichtsverhandlung geführt wurde, was vermuten läßt, daß er in der Polizeihaft gefoltert wurde. Keiner durfte sich ihm nähern, um etwaige Anzeichen von Traumata bei ihm feststellen zu können.
Ihre Familien wissen nicht, wohin Wangchen und Dolkar nach der Verurteilung gebracht wurden, und sie durften auch keinen Anwalt hinzuziehen, um sie vor Gericht zu vertreten.
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