16. August 2000
Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD)

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Presseerklärung

Neunundzwanzig tibetische Fremdenführer entlassen

29 tibetische Fremdenführer von der Shigatse Zweigstelle der "Tourist Travel Agency in Lhasa" wurden, wie verlautet, am 1. Juli im Anschluß an eine Fahndung nach im Exil ausgebildeten und nach Tibet zurückgekehrten tour guides entlassen. Die im Juni des Jahres eingerichtete Aufsichtsbehörde für Fremdenführer in der Autonomen Region Tibet (TAR) unterzog 18 Touristenagenturen, die dem "China International Tourist Service" (CITS) unterstehen, einer intensiven Kontrolle.

Einer der gefeuerten tibetischen guides Sonam Wangdu, der am 27. Juli 2000 in Nepal eintraft, berichtet: "Eine Abordnung, die von der neu gebildeten Aufsichtsbehörde für Fremdenführer geschickt wurde, führte in verschiedenen Agenturen in Lhasa, die dem International Tourist Service der TAR angegliedert sind, strenge Kontrollen durch. Diese erforschten den persönlichen Hintergrund der Fremdenführer, besonders wollten sie wissen, an welchen Erziehungseinrichtungen wir studiert haben und ob wir jemals politisch aktiv gewesen sind. Wir wurden auch geprüft, inwieweit wir die Verordnung für Fremdenführer kennen und wir mußten unsere Zeugnisse und Papiere vorlegen. Als Folge hiervon wurden 29 Touristenführer, die in Indien zur Schule gegangen waren, entlassen. Dies geschah 5 Tage vor der Geburtstagsfeier des Dalai Lama. Drei tibetische Absolventen chinesischer Universitäten verloren jedoch nicht ihren Job als tour guides."

Wangdu kehrte 1997 nach vierjährigem Besuch einer von der tibetischen Exilregierung geführten Schule nach Tibet zurück. Drei Jahre lang, vom August 1997 bis zu seiner Entlassung vor einem Monat, arbeitete er als Fremdenführer in der Shigatse Zweigstelle der "Tourist Travel Agency in Lhasa". Wangdu zufolge beschäftigte sein Büro 75 Personen mit 43 Büroangestellten und 32 Fremdenführern. Die Regierung der TAR brachte unlängst gemeinsam mit dem Untersuchungskomitee eine 13-Punkte umfassende Verordnung für Touristenführer heraus, die ihnen verbietet, ausländischen Touristen die wahre Lage Tibets und der Tibeter zu schildern, womit ihr individuelles Recht auf Meinungsfreiheit verletzt wird.

Diese Verordnung für tour guides untersagt ihnen auch, Gespräche mit Touristen über die Tibet Frage, politische Gefangene und Gefängnisse, Abholzung und Bergbau zu führen, und den Touristen das Photographieren von Schreinen, Bettlern und Armen in Tibet zu erlauben. Sowohl Touristen als auch ihren Führern ist es verboten, unter den ortsansässigen Tibetern Dalai Lama Bilder zu zeigen und zu verteilen. Die Führer dürfen ihre Touristen nicht in Sperrgebiete bringen. Kein Führer darf die Richtung weisen, in der ein Militärcamp liegt oder Gespräche über die Truppenstärke führen. Ebenso wenig darf mit Ausländern über die Verarmung der Tibeter und die Bevölkerungstransferierung von Chinesen nach Tibet geredet werden.

Von ähnlichen Maßnahmen wurde bereits 1997 berichtet, als 69 tour guides gefeuert wurden und ihnen die Erneuerung ihrer Lizenzen verweigert wurde. Diese Aktion erfolgte im Anschluß an die Verschärfung der Überwachung von Tibetern, die von Indienreisen zurückkehren, und reflektiert die Besorgnis des Staates über den Einfluß der separatistischen Kräfte aus dem Ausland im allgemeinen und insbesondere aus Indien. Bei dem sechsten "Volkskongreß der Autonomen Region Tibet" im Juni 1994 wurde verkündet, daß "dem Tun und Treiben einiger Touristenführer, die mit ausländischen Touristen zum Schaden der Staatssicherheit gemeinsame Sache machen", ein Ende bereitet werden muß.

Im Mai 2000 wurden, wie verlautet, über 100 chinesische Touristenführer eingestellt, was eine Bedrohung für die Arbeitsplätze der Tibeter darstellt. Tibetische Fremdenführer müssen eine politische Prüfung ablegen und einen Mittelschulabschluß entweder von einer chinesischen oder einer tibetischen Schule vorlegen.

Die Entlassung der tibetischen Touristenführer aus Indien steht beispielhaft für die Furcht der Chinesen vor den "spalterischen Kräften" und den "Stabilitätsrisiken". Tibeter aus Indien laufen noch mehr Gefahr als andere, verhaftet und eingesperrt zu werden, weil sie wegen eines möglichen politischen Engagements mit ständigem Argwohn betrachtet werden. Ein kürzlicher Bericht weist darauf hin, daß die Chinesen nun auch die Beziehungen der Tibeter zu ihren Verwandten und Freunden in der Exilgemeinde einschränkten.

Die Shigatse Zweigstelle der "Tourist Travel Agency in Lhasa", von der 29 Tibeter ihren Job verloren, ist eine der 18 Zweigstellen des Fremdenverkehrsamtes. Bisher gibt es noch keine Informationen hinsichtlich Entlassungen von tibetischen tour guides aus den 17 anderen Touristenagenturen in Lhasa.

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