12. Oktober 2001

TIBET INFORMATION NETWORK

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Ausländische Touristen protestieren in Lhasa

Zuverlässigen Berichten aus der tibetischen Hauptstadt zufolge wurden in Lhasa mindestens drei ausländische Touristen und drei Tibeter verhaftet, die vor einigen Tagen eine tibetische Flagge ausrollten und Unabhängigkeitsparolen riefen. Der friedliche Protest, der sich anscheinend vor dem Potala Palast ereignete, währte mehrere Minuten, bevor die Sicherheitspolizei die beteiligten Ausländer und Tibeter festnahm. Weder die Staatsangehörigkeit der Touristen noch die Identität der Tibeter sind bisher bekannt geworden. In einem Bericht heißt es, der Vorfall hätte sich am 5. Oktober ereignet. TIN konnte nicht bestätigen, ob die Protestleistenden noch inhaftiert sind und ob gegen sie Klage erhoben wurde.

Chinas Hauptaugenmerk gilt nach wie vor der Aufrechterhaltung der "Stabilität" in Tibet und den anderen Grenzregionen mit nationalen Minderheiten. Friedliche Dissens-Bekundungen wie etwa das Zeigen der tibetischen Flagge oder das Rufen von Freiheitsparolen werden von den Chinesen als Bedrohung der Staatssicherheit mit dem Zweck der "Spaltung des Mutterlandes" empfunden. Als solche werden sie dem Strafgesetz Chinas zufolge als Straftaten behandelt, auf denen Umerziehung-durch-Arbeit oder Gefängnis steht. Die Sicherheitsmaßnahmen sind weiterhin sehr hart, um derartige Vorkommnisse in Lhasa von vornherein zu verhindern, und wenn es doch zu sporadischen Vorfällen kommt, wird mit den Urhebern drastisch abgerechnet.

Häufig wird dem Dalai Lama und den "feindlichen anti-China Kräften" vorgeworfen, in tibetischen Gebieten Unruhe zu stiften. Während des 6. Parteikongresses der Autonomen Region Tibet (TAR) erklärte der Parteisekretär der TAR Guo Jinlong letzten Monat, daß "die internationalen Aktivitäten und die der Dalai Clique in unserer Region wie Infiltration, Aufstachelung zur Rebellion und Zerstörung zunehmen" (Tibet Daily, 13. September). Die Beteiligung von Ausländern an dem Protest vergangener Woche in Lhasa wird gewiß eine noch ernstere Reaktion bei den Behörden auf den Vorfall hervorrufen, wobei die Folgen für die Tibeter wohl viel schlimmer als für die Touristen sein werden".

In den letzten Tagen setzten die Behörden die Bestimmungen für ausländische Touristen, die offiziell nur als Mitglieder von geführten Gruppen in die TAR einreisen dürfen, mit größerer Strenge durch. Die Sicherheitsvorkehrungen an der Nepal-Tibet-Grenze waren besonders während der siebentägigen Ferien, die auf den chinesischen Nationalfeiertag am 1. Oktober folgten, sehr straff. Touristengruppen wurden an der Grenze zu Tibet bis zu 2 Tagen aufgehalten, als die Einreise nach Tibet in den letzten zwei Wochen mindestens viermal gesperrt war.

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