13. Juli 2002

TIBET INFORMATION NETWORK

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Takna Jigme Zangpo trifft in den USA ein

Tanak Jigme Zangpo, ein tibetischer Lehrer in vorgerücktem Jahr Alter, der am längsten inhaftierte politische Gefangene in Tibet, erhielt die Erlaubnis, aus Tibet auszureisen und kam am 13. Juli in Chicago an. Der 74-jährige Jigme Zangpo (Tanak ist sein Familienname) wurde am 31. März aus medizinischen Gründen aus dem Drapchi Gefängnis entlassen.

Fünf weitere tibetische politische Gefangene, deren Fälle ebenfalls von Regierungen vieler Länder und NG0s zur Sprache gebracht worden waren, wurden dieses Jahr vor dem Ende ihrer Haftstrafen entlassen. Der tibetische Musiker Ngawang Choephel wurde nach Verbüßung von 6 Jahren seines auf 18 Jahre lautenden Urteils wegen Spionage im Januar entlassen, und in den vergangenen Monaten wurden vier tibetische Nonnen freigelassen.

Jigme Zangpos Entlassung, acht Jahre vor dem Ablauf seiner Haftstrafe, ist der Erfolg mehrerer Jahre intensiver Kampagnenarbeit durch NG0s in der ganzen Welt und des Drucks seitens westlicher Regierungen, besonders der USA und der Schweiz. Das gab es noch nie, daß China einen schon so lange einsitzenden tibetischen politischen Gefangenen freigelassen und ihm erlaubt hätte, in ein westliches Land auszureisen. Am 17. Juni wurde John Kamm, dem Direktor der in San Francisco ansässigen Dui Hua Stiftung, der bei den Verhandlungen um die Freilassung mitgewirkt hatte, gestattet, Jigme Zangpo während eines offiziellen Besuchs in der tibetischen Hauptstadt zu treffen. In einer heute veröffentlichten Erklärung berichtet Kamm, daß Jigme Zangpo seiner Haftentlassung "aus medizinischen Gründen" entsprechend seine Wohnung nicht verlassen durfte, abgesehen vom Gang zum Krankenhaus in Begleitung von PSB Personal. Er hatte offensichtlich Angst, daß er ins Gefängnis zurückgebracht werden könnte. Während des Gesprächs erwähnte Jigme Zangpo, der an hohem Blutdruck und einer Herzerkrankung leidet und an Händen und Füßen zitterte, Kamm gegenüber, daß er gerne zur Behandlung in die USA reisen würde.

Jigme Zangpo, der aus Chusur (chin. Chushui) in der Gegend von Lhasa stammt, wurde erstmals 1965 zu drei Jahren "Umerziehung durch Arbeit" verurteilt und, soweit TIN aus zuverlässigen Quellen bekannt ist, saß er ab 1970 weitere zehn Jahre wegen politischer Aktivitäten im Gefängnis. 1983 wurde er wegen "Verbreitens von und Anstiftung zu konterrevolutionärer Propaganda" zu 15 Jahren verurteilt, nachdem er erwischt worden war, wie er am 12. Juli jenes Jahres ein handgeschriebenes Wandplakat an den Toren des Jokhang Tempels in Lhasa befestigte. Jigme Zangpos Haftstrafe wurde wegen seiner politischen Aktivitäten in der Haft zweimal verlängert, einmal weil er während des Besuchs einer Schweizer Delegation in Drapchi 1991 "Free Tibet" gerufen hatte. Damit erhöhte sich seine Haftstrafe auf 28 Jahre. Jigme Zangpo ist eine sehr bekannte Persönlichkeit und wegen seiner Entschlossenheit und Hingabe an die Sache eines unabhängigen Tibets bei anderen politischen Gefangenen hoch angesehen.

Jigme Zangpo, der bei seinem heutigen Flug von Peking von einem Mitarbeiter der US Botschaft in China begleitet wurde, wird vorerst bei einem Familienangehörigen, der in den USA ansässig ist, wohnen und sich in ärztliche Behandlung begeben. Ein Sprecher des US State Department meinte TIN gegenüber: "Diese Entwicklung ist das Resultat aktiver Bemühungen verschiedener amerikanischer Verwaltungsorgane, des Department of State und unserer Diplomaten in China, des Kongresses, amerikanischer Privatpersonen und vieler NGOs." Freilassungen dieser Art sind eine Sache von heikler und geschickter Diplomatie, wobei der ganze Prozeß immer eine unerwartete Wendung nehmen kann, noch ehe er abgeschlossen ist. Jigme Zangpo war, wie es heißt, bei seiner Ankunft in den USA in Hochstimmung und überglücklich, mit seinem Verwandten vereint zu sein.

Bei der Freilassung tibetischer politischer Gefangener war in letzter Zeit ein bestimmtes Muster zu beobachten, was Anlaß zu der Spekulation gibt, daß man in Peking gar erwägt, ob es wirklich in Chinas Interesse ist, die wegen politischen Protestes für schuldig Befundenen für so lange Zeit einzusperren.

Weitere Informationen über in letzter Zeit erfolgte Freilassungen finden sich unter TIN News Updates: www.tibetinfo.net/news-updates/2002/2606.htm, www.tibetinfo.co.uk/news-updates/2002/2201b.htm, www.tibetinfo.net/news-updates/2002/1406.htm, www.tibetinfo.co.uk/news-updates/2002/2201b.htm.

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