29. März 2003

Tibet Information Network
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China lässt Ngawang Sangdrol in die USA ausreisen

Die bekannte politische Gefangene, die Nonne Ngawang Sangdrol, erhielt Erlaubnis zum Zwecke ärztlicher Behandlung aus China auszureisen. Sie traf am Freitag, den 28 März, in den USA ein. Im Oktober 2002 war sie aus medizinischen Gründen aus dem Drapchi Gefängnis entlassen worden.

Ngawang Sangdrol hält ein Bild des Dalai Lama hoch nach ihrer Ankunft in Washington, D.C. (Photo von ICT)

Ngawang Sangdrol (Laienname: Rigchog) wurde 1977 in Lhasa geboren. Wegen Beteiligung an politischen Protesten wurde sie erstmals im Alter von 13 Jahren festgenommen. Neun Monate später wurde sie wieder freigelassen, durfte jedoch nicht mehr in ihr Kloster zurückkehren. Als sie wieder zu demonstrieren versuchte, wurde sie im Juni 1992 erneut verhaftet und zu drei Jahren verurteilt. In der Gefangenschaft nahm sie zusammen mit 13 anderen Nonnen insgeheim Lieder auf Band auf, in denen sie ihre Liebe zu ihren Angehörigen und ihrem Heimatland ausdrückte. Eine Tonkassette mit den Liedern wurde aus dem Gefängnis geschmuggelt. Als Strafe hierfür wurde sie schwer geschlagen, und ihr Strafmaß wurde um sechs Jahre verlängert. 1996 erhielt sie wegen mehrerer Vorfälle in Drapchi eine weitere Strafverlängerung. Eine dritte Verlängerung erfolgte im Oktober 1998, vermutlich wegen ihrer Teilnahme an den Protesten vom Mai 1998 in Drapchi. Im Oktober 2001 erhielt Ngawang wegen "guter Führung" eine Strafminderung um 18 Monate. Am 17. Oktober 2002 verfügte das Mittlere Volksgericht von Lhasa ihre Freilassung aus medizinischen Gründen. Bis zu diesem Zeitpunkt war Ngawang Sangdrol die weibliche politische Gefangene mit der längsten Haftstrafe in Tibet. Seit ihrer Freilassung wohnte sie bei ihrer älteren Schwester in Lhasa.

Ngawang Sangdrol ist wegen der Mißhandlung in der Haft seit einigen Jahren bei schlechter Gesundheit. Nach ihrer Entlassung stellte sich heraus, daß sie unter schweren Kopfschmerzen, Schwindelanfällen und Lähmungserscheinungen leidet. Während einige dieser Symptome allmählich nachließen, brachte ihr die örtliche Behandlung keine Linderung für die schweren Kopfschmerzen. Sie muß regelmäßig Scherztabletten nehmen.

Nachdem sie im Oktober freikam, ersuchte John Kamm, der Direktor der in San Francisco ansässigen Dui-Hua-Stiftung, der bereits die Entlassung mehrerer chinesischer und tibetischer politischer Häftlinge erwirkt hatte, die chinesische Regierung um die Erlaubnis, Ngawang Sangdrol in Lhasa besuchen zu dürfen. Nach langwierigen Verhandlungen mit den zuständigen Behörden konnte Kamm auf Einladung der Regierung der Autonomen Region Tibet (TAR) schließlich am 28. Februar 2003 nach Lhasa reisen. Er wurde von einem Vertreter der Zentralregierung begleitet. Am 1. März kehrte er nach Peking zurück und intensivierte seine Gespräche mit den zuständigen Stellen, um eine Möglichkeit für die medizinische Behandlung Ngawang Sangdrols in den USA zu finden. Wie von der Dui-Hua-Stiftung verlautet, wurden bei unlängst stattgefundenen Regierungsgesprächen zwischen dem US Staatssekretär im Auswärtigen Amt Lorne Craner und seinen chinesischen Kollegen die Modalitäten für Ngawang Sangdrols Ausreise in die USA zum Zwecke medizinischer Behandlung festgelegt.

(Siehe auch: TIN Publication: Rukhag 3: The Nuns of Drapchi Prison, www.tibetinfo.net/publications/bbp/rukhag_3.htm)