16. April 2004
Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD)
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China blockiert die US-Menschenrechtsresolution bei der 60. UNHRCR-Versammlung

Das TCHRD äußert hiermit seine Bestürzung über die Zurückweisung des Resolutionsentwurfs zur Menschenrechtslage in China, der vor kurzem der 60. Versammlung der UN-Menschenrechts-Kommission (UNHCHR) in Genf vorgelegt wurde.

Eine auf der 60. Versammlung des UNHCHR von den USA eingebrachte Resolutionsvorlage (E/CN.4/2004/L.37) wurde auf Grund eines chinesischen Nicht-Befassungsantrags verworfen. Dem Antrag zufolge mußten alle 53 Mitgliedsstaaten über die Zulassung der Resolution abstimmen. Die am 15. April um 18.00 Uhr durchgeführte Abstimmung über Chinas Nicht-Befassungsantrag ergab bei 3 Enthaltungen 28 Stimmen zugunsten des Antrags und 16 dagegen.

Von 1990 bis 2004 wurden den jährlich stattfindenden Versammlungen der UNHCHR insgesamt 11 Resolutionen vorgelegt, deren Verabschiedung durch chinesische Nicht-Befassungsanträge vereitelt wurde. Im Jahr 1995 führte die chinesische Strategie zuerst zu einer Blockierung des Gremiums, später wurde die Resolution mit einer Stimme Mehrheit abgewiesen. An der diesjährigen Abstimmung nahmen 53 Staaten teil, wobei es sich dem TCHRD zufolge bei 28 um neue Mitglieder handelte.

Das Abstimmungsmuster im vergangenen Jahrzehnt bezeugt die Unterstützung der Resolutionen durch Nordamerika und die europäischen Länder sowie durch einige wenige südostasiatische und afrikanische Staaten, während sich die Mehrzahl der lateinamerikanischen und karibischen Staaten neutral verhielt.

Der amerikanische Resolutionsentwurf, welcher der Kommission vorgelegt wurde, wiederholt die "Verpflichtung der Mitgliedsstaaten zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten gemäß der UN-Charta und der universellen Erklärung der Menschenrechte (UDHR)", wobei erauch einen "Wandel in der chinesischen Gesellschaft" feststellt. In der Resolution heißt es weiter, China habe während der letzten beiden Jahrzehnte zwar einige Schritte in Richtung Menschenrechte getan, dennoch bestehe Besorgnis wegen der "ständigen Berichte über gravierende Einschränkungen der Versammlungs-, Rede-, Gewissens- und Religionsfreiheit" sowie des Mangels an angemessenem Rechtsverfahren und Transparenz. Diejenigen, welche ihre Grundrechte ausübten, würden verhaftet und zu strengen Strafen verurteilt. Weiter wird China in der Resolution dazu aufgefordert, Besuche von UN-Delegationen zu gestatten und "zusätzliche Schritte zur Zusammenarbeit mit der internationalen Gemeinschaft auf dem Gebiet der Menschenrechte" zu unternehmen.

Nach Auffassung des TCHRD war 2003 für Tibet ein Jahr mit sehr schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen, wie man aus der Hinrichtung von Lobsang Dhondup und dem immer noch aufrechterhaltenen Todesurteil gegen Tulku Tenzin Delek sowie der Verhaftung von 27 Tibetern, der Schließung einer Klosterschule und der im Namen der "Entwicklung" betriebenen Zwangsvertreibung von tibetischen Nomaden und Hirten aus ihren traditionellen Gebieten ersehen kann. Vom Planungsstadium bis zur Durchführung laufen die so sehr gepriesenen Entwicklungsprojekte in Tibet bar jeder tibetischer Beteiligung ab.

Viele Menschenrechtsorganisation, so etwa Amnesty International, Human Rights Watch, Tibet Information Network und International Campaign for Tibet, haben über die chinesischen Menschenrechtsverletzungen berichtet. Des weiteren haben mehrere Regierungsvertreter bei den Vereinten Nationen die chinesische Regierung dringend zur Einhaltung der internationalen Menschenrechtsverträge, zu denen sie sich durch ihre Unterschrift verpflichtet hat, aufgefordert.

Am 14. April 2004, einen Tag vor der Abstimmung über den Nicht-Befassungsantrag, veröffentlichten drei Untersuchungs-Experten der Kommission, der Sonderberichterstatter für das Recht auf Meinungs- und Redefreiheit, Ambeyi Ligabo, der für die Unabhängigkeit der Gerichte und Rechtsanwälte zuständige Leandro Despony sowie die Sonderberichterstatterin des Generalsekretärs für die Menschenrechte, Hina Jilani, eine Verlautbarung zu den Menschenrechten. Darin drückten sie ihre "tiefe Besorgnis" über die Lage von Tenzin Delek Rinpoche aus, der "jederzeit ab dem 3. Dezember 2004, an dem die Frist für die Aussetzung seines Todesurteils ausläuft, hingerichtet werden könnte". Des weiteren äußerten sich die Experten besorgt, weil "das Gerichtsverfahren offenbar schwere Mängel aufwies", und sie forderten die chinesischen Behörden dringend dazu auf, "ihm (Tenzin Delek) einen neuen Prozeß zu gewähren, bei dem die Einhaltung der internationalen Normen für ein faires Gerichtsverfahren gewährleistet ist".

Die kläglichen Abstimmungsergebnisse der China-Resolutionen spiegeln das Versagen der UN-Mitgliedsstaaten bei der prinzipientreuen Verteidigung der erklärten Ideale der grundlegenden Freiheiten und Menschenrechte, wie sie in der Universellen Erklärung der Menschenrechte niedergelegt sind, wieder. Obendrein sind sie ein Zeichen für den Erfolg der ausgefeilten und aggressiven Lobbytaktik der Chinesen und des von ihnen ausgeübten diplomatischen Drucks, der sich sowohl wirtschaftlicher als auch politischer Mittel bedient. Der zweite Faktor zeigt sich in der Unterstützung, die China sich in den letzten Jahren von afrikanischen und südostasiatischen Entwicklungsländern zu verschaffen wußte.

Das TCHRD verurteilt Chinas immer wiederkehrenden Griff zu den Nicht-Befassungsanträgen. China ist ein ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrates und trotzdem hintertreibt es permanent die erklärten Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen. Diese Vorgehensweise stellt die Legitimität und die Effektivität der Vereinten Nationen und ihres Menschenrechtsausschusses in Frage. Das TCHRD ersucht die UN-Mitgliedsstaaten dringend, auf multinationaler Ebene ihre Besorgnis im Hinblick auf die Menschenrechte wirkungsvoll und unmißverständlich zum Ausdruck zu bringen, um sicherzustellen, daß alle Mitgliedsstaaten die grundlegenden Menschenrechte und Freiheiten, wie sie im internationalen und nationalen Recht verankert sind, achten. Zum Schluß ruft das TCHRD die chinesische Regierung zur Einstellung aller Menschenrechtsverletzungen in Tibet auf.