7. Dezember 2016
Tibetisches Zentrum für Menschenrechte und Demokratie, www.tchrd.org

Lange Haftstrafen für Tibeter, weil sie den Geburtstag des Dalai Lama feierten

Die chinesischen Behörden verurteilten im Bezirk Ngaba der TAP Ngaba (Autonome Präfektur Ngaba der Tibeter und Qiang), ehemals Amdo, zehn Tibeter im Zusammenhang mit den Feiern zum 80. Geburtstag Seiner Heiligkeit des Dalai Lama zu verschieden langen Haftstrafen von sechs bis 14 Jahren.

Dem TCHRD zugegangene Informationen bestätigen, daß das Mittlere Volksgericht von Barkham kürzlich vier Mönche, zwei ehemalige Mönche, zwei Frauen und zwei Männer verurteilte, nachdem sie monatelang von der Außenwelt isoliert inhaftiert waren. Erst nach der Verurteilung erfuhren ihre Angehörigen etwas über ihren Aufenthaltsort.

Drukdra
Akya Kya

Am 21. Juni 2015 nach dem tibetischen Kalender (6. Juli nach westlichem Kalender) wurde der 80. Geburtstag des Dalai Lama in vielen Ländern und Kommunitäten in großem Stil gefeiert. Der tibetischen Tradition zufolge ist die Begehung des 80. Geburtstags ganz besonders wichtig, und bildet einen Meilenstein im Leben eines Menschen.

Sechs der zehn verurteilten Tibeter waren erst kürzlich aus politischen Gründen eingesperrt gewesen. Das zeigt wieder einmal, wie abwegig die chinesische Tibetpolitik ist, die durch Unterdrückung die Fügsamkeit und Loyalität der Tibeter erreichen will. Und die sechs ehemaligen politischen Gefangen wurden zu harten Strafen verurteilt – wieder ein Beweis dafür, daß die Chinesen nicht die Absicht haben, die Menschenrechtslage zu verbessern.

Der 50jährige Drukdra wurde zu 14 Jahren Gefängnis verurteilt, weil er zur Feier des 80. Geburtstags des Dalai Lama ein öffentliches Picknick in Ngaba organisiert hatte. Er wurde Ende November 2015 bei Nacht und Nebel in seinem Kloster willkürlich festgenommen. Gebürtig aus dem Dorf Soruma im Bezirk Ngaba, hatte er schon zuvor wegen seiner Rolle bei den Demonstrationen von 2008 ein Jahr und vier Monate im Gefängnis verbracht.

Bhonkho Kyi
Lodroe

Bhonkho Kyi, eine 48jährige Frau, erhielt sieben Jahre Gefängnis, weil sie bei der Organisation des Picknicks zum 80. Geburtstag des Dalai Lama mitgeholfen hatte. Ob sie und Drukdra bei demselben Picknick mitwirkten, ist nicht bekannt. Sie wurde um den 20. November 2015 herum willkürlich festgenommen. 2011 und 2012 war sie bereits aus unbekannten Gründen mehrere Monate inhaftiert gewesen. Mit der Hilfe von Verwandten kam sie damals wieder frei, doch stand sie fortan unter ständiger Bewachung.

Ein weiterer Mönch des Klosters Kirti, der 44jährige Lobsang Khedrup, wurde zu 13 Jahren verurteilt, weil er eine Chatgroup auf „WeChat“ geschaffen hatte, wo sich Ortsansässige eintragen konnten, die am 80. Geburtstag des Dalai Lama Gebete darbringen wollten. Im Dezember 2015 wurde er willkürlich festgenommen, und bis zu seiner Verurteilung galt er als verschollen. Aus unbekannten Gründen war er schon 2011 zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Dann wurde er so krank, daß die Behörden ihn aus Sorge, er könnte im Gefängnis sterben, freiließen (1). Seine Familie mußte danach Unsummen für seine Behandlung ausgeben. Angesichts seines prekären Gesundheitszustandes befürchten seine Verwandten nun, daß er das Ende seiner jetzigen Haftstrafe nicht mehr erleben wird. Zur Zeit seiner Festnahme bereitete er sich gerade auf die Prüfung für den Geshe Grad, einen buddhistischen Doktortitel, vor.

Ein Kirti-Mönch namens Lobsang Gephel, 29, wurde wegen seiner vermuteten Beteiligung an der Feier des Geburtstags des Dalai Lama zu 12 Jahren Gefängnis verurteilt. Er wurde in der Nacht des 30. Novembers 2015 auf dem Rückweg zu seinem Kloster festgenommen. Bis zu der Verurteilung befand er sich ohne Kontakt zur Außenwelt im Bezirkshaftzentrum vom Ngaba. Davor war er schon einmal 2011 festgenommen und zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Wenige Monate vor dem Ende der Haftzeit wurde er Ende 2013 entlassen. Er war der „Apotheker“ am Medizin-Kolleg im Kloster Kirti.

Lobsang Khedrup
Lobsang Gephel

Auch Akya-kya, 30, wurde wegen seiner Rolle bei der Organisation der Geburtstagsfeierlichkeiten in Ngaba zu fünf Jahren verurteilt. Der ehemalige Mönch des Klosters Kirti war ein Mitglied der von einem ehemaligen politischen Gefangenen in Ngaba geschaffenen „WeChat“ Chatgroup, in der Informationen über die Geburtstagsfeier ausgetauscht wurden. Diese Gruppe stellte dann ein Picknick im tibetischen Stil zur Feier des Geburtstags auf die Beine. Akya-kya wurde schon 2011 im Zusammenhang mit der Selbstverbrennung von Lobsang Phuntsok festgenommen und zu drei Jahren Haft verurteilt.

Lodroe, 41, ein Mönch des Klosters Kirti, wurde aus denselben Gründen wie Akya-kya zu neun Jahren Haft verurteilt. Es gibt Hinweise, daß Lodroe am 18. November 2015 festgenommen und in ein Haftzentrum im Bezirk Lunggu der TAP Ngaba gebracht wurde. Zuvor, nach seiner Festnahme im Oktober 2011, hatte Lodroe bereits drei Jahre im Gefängnis abgesessen. Als Künstler interessierte er sich sehr für klassische und moderne Malerei.

Dasselbe Gericht verurteilte noch vier weitere Tibeter aus Ngaba. Tsultrim, ein ehemaliger Mönch aus dem Dorf Dowa in der Gemeinde Trotsik, wurde zu sechs Jahren, die beiden anderen Männer, Tsendra und Tsultrim, je zu acht und sechs Jahren verurteilt. Eine Frau namens Tarey Kyi wurde zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Mehr ist im Augenblick nicht über sie bekannt.

Die Quellen des TCHRD können die Anklagen, die gegen diese Tibeter erhoben wurden, nicht genau benennen. Es scheint, daß sie wegen „Aufhetzung zum Separatismus“ verurteilt wurden, eine vage und dehnbare Klausel, die ständig verwendet wird, um die Freiheit der Meinungsäußerung in Tibet einzuschränken.

Im Juni 2015 erstickten die chinesischen Behörden die verzweifelten Versuche der Bevölkerung, den 80. Geburtstag des Dalai Lama zu feiern. Letztes Jahr berichtete das TCHRD von der willkürlichen Festnahme einer Frau und eines Mannes im Zusammenhang mit dem Geburtstag des Dalai Lama.

(1) 24. Januar 2012, Tibetischer Gefangener infolge schwerer Folter in gelähmtem Zustand entlassen,