26. Februar 2004
TIN News Update
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Phuntsog Nyidrol aus dem Gefängnis entlassen

Phuntsog Nyidrol, die politische Gefangene mit der längsten Haftstrafe in Tibet, wurde heute aus dem Drapchi Gefängnis entlassen und befindet sich, wie berichtet, bei ihren Angehörigen in Lhasa.

Phuntsog Nyidrol wurde zuerst im Oktober 1989 wegen Teilnahme an einer friedlichen Demonstration in Lhasa festgenommen und zu 9 Jahren Gefängnis und Verlust der bürgerlichen Rechte verurteilt. Ihre Strafe wurde auf 17 Jahre verlängert, nachdem sie zusammen mit 13 weiteren Nonnen heimlich Loblieder auf den Dalai Lama und Lieder mit dem Ruf nach Freiheit für Tibet auf eine Tonkassette aufgenommen hatte, die dann aus dem Gefängnis und schließlich sogar aus Tibet geschmuggelt wurde. Im April 2001 reduzierte das Mittlere Volksgericht des Bezirks Lhasa ihre Strafe um ein Jahr, weil sie "in den letzten Jahren Zeichen der Reue gezeigt hatte" womit ihre Entlassung für 2005 bevorstand (siehe TIN News Update vom 14. Juni 2002).

In einem Bericht von Associated Press (AP) sagte John Kamm, der Vorsitzende der Dui Hua Stiftung, der maßgeblich an den Verhandlungen zur Freilassung von Phuntsog Nyidron beteilt war, er glaube, ihre vorzeitige Freilassung sei vor allem dem von den USA ausgeübten Druck zuzuschreiben, insbesondere einer Resolution (H.Res.157) des Repräsentantenhauses, in der die chinesische Regierung aufgefordert wird, alle tibetischen politischen Häftlinge freizulassen. In dieser Resolution wurde Phuntsog Nyidrons Fall besonders hervorgehoben. Ihre Freilassung erfolgte am selben Tag, an dem das US State Department seinen Länderbericht 2003 zur Menschenrechtslage in China (wozu auch Tibet, Hongkong und Macau zählen) herausgab. In diesem Bericht wird deutlich schärfere Kritik an der chinesischen Regierung geübt als in den vorangegangenen Jahren, während sich der Abschnitt über Tibet nicht nur auf die Autonome Region Tibet (TAR), sondern auch auf die tibetischen Gebiete, die den chinesischen Provinzen Qinghai, Yunnan, Gansu und Sichuan einverleibt wurden, bezieht.

Phuntsog Nyidrons Gesundheit gab immer wieder Anlaß zu ernster Besorgnis, seit sie bei den Gefängnisprotesten in Drapchi 1998 schwer mißhandelt wurde (TIN News Updates vom 14. Juni 2002 und TIN Publication Rukhag 3: The Nuns of Drapchi Prison, www.tibetinfo.net/publications/bbp/rukhag_3.htm). Einem Sprecher der Dui Hua Stiftung zufolge wurde jedoch nichts darüber bekannt, daß ihre Freilassung mit ihrem Gesundheitszustand im Zusammenhang stehen würde.

Ngawang Sangdrol, die ebenfalls an der Aufnahme der Tonkassette 1993 beteiligt war und die im Oktober 2002 freigelassen wurde, erklärte heute TIN, sie sei "so glücklich" und könne die Nachricht über Phuntsog Nyidrols Freilassung "kaum glauben". Aus ihrer eigenen Erfahrung als ehemalige politische Gefangene sprechend, meinte sie, Phuntsog Nyidrol stünden wahrscheinlich weitere Repressalien von den chinesischen Behörden bevor (siehe TIN Invisible Chains: Life after Release for Tibetan Political Prisoners, www.tibetinfo.net/publications/bbp/invisible-chains.htm).

Weitere Lektüre:

TIN Special Report 6 February 2004: Current Trends in Tibetan Political Imprisonment: Increase in Sichuan; Decline in Qinghai and Gansu, http://www.tibetinfo.co.uk/news-updates/2004/0602.htm

TIN News Update 14 June 2002: New reports on Tibetan prisoners following May
1998 Drapchi protests, http://www.tibetinfo.co.uk/news-updates/2002/1406.htm

TIN Publication: Rukhag 3: The Nuns of Drapchi Prison, http://www.tibetinfo.co.uk/publications/bbp/rukhag_3.htm.