25. April 2004
Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD)
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Das TCHRD gedenkt des 15. Geburtstags des XI Panchen Lama

Gedhun Choekyi Nyima, der 11. Panchen Lama Tibets, wurde am 25. April 2004 fünfzehn Jahre alt. Es ist dies nun sein neuntes Jahres in chinesischem Gewahrsam an unbekanntem Ort, nachdem er und seine Eltern 1995 verschleppt wurden.

Am 14. Mai 1995 verkündete Seine Heiligkeit der Dalai Lama, daß Gedhun Choekyi Nyima die Wiedergeburt des 10. Panchen Lama sei. Die Regierung der PRC erklärte diese Ankündigung für ungültig und gesetzwidrig. Drei Tage später verschwanden der sechs Jahre alte Knabe und seine Eltern und wurden seitdem nicht mehr gesehen.

Ein paar Monate nach seiner Entführung ernannte die Regierung der PRC ihren eigenen Panchen Lama, einen Jungen namens Gyaltsen Norbu. Ein Jahr später, im Mai 1996, gab die PRC zu, daß sie Gedhun Choekyi Nyima "auf Bitten seiner Eltern" in Gewahrsam halte, denn "er laufe Gefahr von Separatisten entführt zu werden und seine Sicherheit sei bedroht". Es mutet seltsam an, daß die chinesischen Behörden für ein Kind, das sie als einen gewöhnlichen Jungen betrachten, derartige Sicherheitsvorkehrungen ergreifen.

In den folgenden Jahren verfügte die PRC, daß nur der von China ernannte Panchen Lama in Tibet verehrt werden dürfe; Mönche, Nonnen und Laien wurden angewiesen, Gedhun Choekyi Nyima zu denunzieren. Es gab viele Festnahmen, Inhaftierungen, Verurteilungen und Ausweisungen aus religiösen Institutionen von Mönchen und Nonnen, die sich von dem echten Panchen Lama nicht abwenden wollten. Flüchtlinge aus Tibet und westliche Touristen berichten, daß Bilder des von China auserkorenen Panchen Lama in den Hauptklöstern und Touristenhotels in Tibet an sichtbarer Stelle aufgehängt seien. Dagegen sind Bilder Seiner Heiligkeit des Dalai Lama und von Gedhun Choekyi Nyima in den meisten Teilen Tibets verboten.

Viele UN-Vertreter und Regierungsdelegationen aus der ganzen Welt brachten ihre Besorgnis darüber zum Ausdruck, daß der Panchen Lama in Gewahrsam gehalten werde und riefen die chinesische Regierung auf, einer unabhängigen Person, die sowohl für sie als auch die Tibeter akzeptabel ist, Zugang zu dem Knaben zu gewähren, um sich seiner Gesundheit und seiner Lebensumstände zu vergewissern. Die PRC bleibt jedoch hart und verweigert weiterhin jeden Besuch Außenstehender bei dem Knaben oder seinen Eltern.

Im Oktober 2000 wurde einer britischen Delegation von den Chinesen erklärt, dem Jungen gehe es gut und er besuche eine Schule. Sie sagten, seine Eltern wünschten nicht, daß internationale Medien und fremde Personen in sein Leben eindrängen. Zwei Photos, auf denen ein Junge von annähernd demselben Alter, der angeblich der Panchen Lama sein sollte, zu sehen war, wurden der britischen Delegation gezeigt. Es war ihr jedoch unmöglich, die Identität des Jungen festzustellen oder den Ort, wo er sich befand, auszumachen, und die Briten durften die Bilder auch nicht mitnehmen.

Im August 2001 wurde einer polnischen Parlamentarierdelegation, die Lhasa besuchte, als Antwort auf ihre wiederholten Fragen erklärt, Gedhun Choekyi Nyima sei bei guter Gesundheit. Der Delegation wurden innerhalb von sechs Wochen Bilder versprochen, aber diese trafen nie ein. Später wurde der polnischen Regierung von der chinesischen Botschaft in Warschau brieflich mitgeteilt, Gedhun Choekyi Nyima und seine Eltern wünschten nicht, daß ihr friedliches Leben von Fremden gestört werde, außerdem respektiere die chinesische Regierung "die freie Entscheidung ihrer Bürger und hoffe, das polnische Volk würde dies verstehen".

Im März 2002 traf eine offizielle Delegation aus der TAR mit einer Delegation des Europäischen Parlaments zusammen. Die TAR-Delegation erklärte einmal mehr, Gedhun Choekyi Nyima wünsche nicht gestört zu werden. Ebensowenig beantwortete sie die Fragen wegen der Photos, die der polnischen Delegation versprochen worden waren. Angesichts der Weigerung, Photos zu liefern, auf denen Gedhun Choeyki Nyima eindeutig zu identifizieren ist, oder einer unabhängigen Person Zugang zu ihm und seiner Familie zu gewähren, muß das tibetische Volk das Schlimmste befürchten.

Die Verschleppung des zweithöchsten Würdenträgers in der tibetischen geistlichen Hierarchie widerspricht total Chinas Behauptung, in Tibet würde die Freiheit der Religion respektiert. Es gibt wirklich Anlaß zu großer Sorge, daß eine so prominente religiöse Gestalt, selbst wenn sie am Leben sein sollte, der Möglichkeit zu traditionellem religiösem Studium und zur geistlichen Ausbildung beraubt wird.

Die chinesischen Behörden haben religiöse Persönlichkeiten in Tibet schon immer verfolgt, weil sie meinen, in gewissen Regionen würde der Buddhismus die politische Instabilität fördern. Tulku Tenzin Delek, ein angesehener religiöser Würdenträger aus Sichuan, sitzt mit einem Todesurteil im Gefängnis - doch eher wegen seines sozialen und religiösen Engagements als wegen seiner vermeintlichen politischen Aktivitäten. Geshe Sonam Phuntsok, eine weitere prominente religiöse Gestalt, verbüßt fünf Jahre wegen ihrer Loyalitätsbezeugung für den Dalai Lama.

Das TCHRD ist entsetzt, daß die chinesische Regierung einen 15-jährigen Knaben immer noch festhält. Es forderte die PRC auf, einer unabhängigen Person zu gestatten, Gedhun Choekyi Nyima zu besuchen und sich seiner Gesundheit und Lebensumstände zu vergewissern. Es bittet die internationale Gemeinschaft, den Umgang Chinas mit den Menschenrechten allgemein strenger zu beurteilen und Druck auf die chinesische Regierung auszuüben, den jungen Panchen Lama freizulassen und ihm Zugang zu einem angemessenen religiösen Studium und der traditionellen Ausbildung zu gewähren. Es appelliert an die UN und ihre verschiedenen einschlägigen Gremien, in dieser Sache zu intervenieren und mit ihrem Druck auf die Chinesen nicht nachzulassen, um den jungen Panchen Lama freizubekommen.