24. April 2005
Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD)
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Gedhun Choekyi Nyima, der 11. Panchen Lama Tibets: immer noch vermisst

Das Jahr 2005 wurde zum internationalen Jahr des 11. Panchen Lama Tibets, Gedhun Choekyi Nyimas, erklärt. Am 25. April wird er 16 Jahre alt. Dies ist nun das 10. Jahr, daß er an unbekanntem Ort in chinesischem Gewahrsam ist, seitdem er und seine Eltern am 17. Mai 1995 von der Bildfläche verschwanden.

Am 14. Mai 1995 erkannte der Dalai Lama den damals sechsjährigen Gedhun Choekyi Nyima als die Reinkarnation des 10. Panchen Lama an. Die Regierung der VR China erklärte diese Bekanntgabe für unrechtmäßig und ungültig. Drei Tage später wurden Gedhun Choekyi Nyima und seine Eltern verschleppt und sind seither nie mehr gesehen worden. Die VR China unterzeichnete am 29. August 1990 die UN Konvention über die Rechte des Kindes und ratifizierte sie am 2. März 1992. Daß sie den Panchen Lama immer noch festhält, ist eine eindeutige Verletzung der Konvention über die Rechte des Kindes, zudem ein Verstoß gegen die eigenen und internationalen Gesetze.

Im Oktober 2000 wurde einer britischen Delegation von den Chinesen mitgeteilt, der Junge sei wohlauf und besuche eine Schule. Seine Eltern wünschten nicht, daß Besucher aus dem Ausland und die Medien Unruhe in sein Leben brächten. Zwei Photos, die einen Knaben von annähernd demselben Alter zeigten - angeblich der Panchen Lama - wurden den britischen Delegierten gezeigt. Es war ihnen jedoch nicht möglich, den darauf abgebildeten Jungen oder den Ort, an dem er sich befindet, zu identifizieren, und die Bilder wurden ihnen auch nicht ausgehändigt.

Im August 2001 bekam eine polnische Parlamentarier-Delegation, die Lhasa besuchte, auf wiederholtes Nachfragen hin zu hören, Gedhun Choekyi Nyima sei bei guter Gesundheit. Bilder des Jungen wurden ihr innerhalb von sechs Wochen versprochen, doch trafen diese nie ein. Später erhielt die polnische Regierung einen Brief von der chinesischen Botschaft in Warschau, in dem es erneut hieß, Gedhun Choekyi Nyima und seine Eltern wünschten nicht, daß ihr friedliches Leben von fremden Leuten gestört würde, außerdem respektiere die chinesische Regierung die Freiheit ihrer Bürger, ihre eigene Wahl zu treffen, und hoffe, das polnische Volk verstehe dies.

Im März 2002 traf eine Regierungsdelegation der Autonomen Region Tibet (TAR) mit einer Delegation des Europäischen Parlaments zusammen, wobei die TAR-Vertreter wieder betonten, Gedhun Choekyi Nyima wünsche nicht gestört zu werden. Die TAR-Delegation wollte jedoch keine Fragen hinsichtlich den der polnischen Delegation versprochenen Bilder beantworten. Angesichts der Weigerung der Chinesen, Fotos, auf denen Gedhun Choekyi Nyima eindeutig zu erkennen ist, zur Verfügung zu stellen oder unabhängigen Personen Zugang zu dem Jungen und seiner Familie zu gewähren, kann das tibetische Volk nur das Schlimmste befürchten.

Die Tatsache, daß der zweithöchste Würdenträger des tibetischen Buddhismus, der Panchen Lama, immer noch versteckt gehalten wird, steht in direktem Widerspruch zu Chinas Behauptung, in Tibet würde die Religionsfreiheit respektiert. Es ist sehr betrüblich, daß solch einer prominenten Gestalt des religiösen Lebens, falls sie überhaupt noch am Leben ist, die Möglichkeit für ein traditionelles Studium und die ihr gebührende Ausbildung vorenthalten wird.

In den letzten 10 Jahren, seitdem der Junge zusammen mit seinen Eltern entführt wurde und verschwand, erhielten internationale Gremien und Menschenrechtsorganisationen keinerlei Information über ihren Aufenthaltsort und ihr Befinden. Chadrel Rinpoche, der ehemalige Abt des Stammklosters des Panchen Lama, Tashi Lhunpo, und sein Assistent Champa Chungla verschwanden am 14. Mai 1995 vom Flugplatz von Chengdu in der Provinz Sichuan. Am 21. April 1997 verurteilte das Mittlere Volksgericht von Shigatse Chadrel Rinpoche unter der Anklage der "Verschwörung zur Spaltung des Mutterlandes" und der "Weitergabe von Staatsgeheimnissen" zu sechs Jahren Gefängnis. Er wurde beschuldigt, bei der Suche nach dem 11. Panchen mit dem Dalai Lama zusammengearbeitet zu haben. Obwohl seine 6-jährige Gefängnisstrafe am 13. Mai 2001 zu Ende ging, steht er vermutlich immer noch unter Hausarrest. Über seinen genauen Aufenthaltsort oder seinen Gesundheitszustand ist nichts bekannt. Jampa Chungla, der 56-jährige ehemalige Assistent von Chadrel Rinpoche, wurde 1995 verhaftet, weil er dem Suchkomitee nach dem 11. Panchen Lama angehörte. Er wurde zu vier Jahren Gefängnis und zwei Jahren Entzug der politischen Rechte verurteilt. Sogar nach Verbüßung seiner ursprünglichen Strafe von vier Jahren wird er immer noch in Gewahrsam gehalten.

Das Tibetische Zentrum für Menschenrechte und Demokratie (TCHRD) ist tief besorgt darüber, daß die chinesische Regierung fortfährt, einen 15-jährigen Jungen gefangenzuhalten. Da es unabhängigen Stellen bisher nicht gelang, den 11. Panchen Lama Gedhun Choekyi Nyima zu Gesicht zu bekommen, wendet sich das TCHRD an die Vereinten Nationen und ihre diversen einschlägigen Gremien, sie möchten auf die chinesische Regierung Druck ausüben, damit diese dem Komitee für die Rechte des Kindes erlaubt, Gedhun Choekyi Nyima zu besuchen, um sich seines Wohlbefindens und seiner Lebensumstände zu vergewissern. Das TCHRD fordert die bedingungslose Freilassung des Panchen Lama und seiner Familie.

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